Rz. 4
Nach § 24d Satz 1 hat die Versicherte Anspruch auf eine ärztliche Betreuung
- während der Schwangerschaft,
- bei der Entbindung und
- nach der Entbindung.
Die Inhalte und den Umfang dieser ärztlichen Betreuung regeln die gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 beschlossenen Mutterschafts-Richtlinien (Fundstelle: Rz. 25). Sie dienen der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen ärztlichen Betreuung der Versicherten während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (§ 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 70 Abs. 1 und § 73 Abs. 2). Dadurch sollen mögliche Gefahren für Leben und Gesundheit von Mutter oder Kind abgewendet sowie Gesundheitsstörungen rechtzeitig erkannt und der Behandlung zugeführt werden. Vorrangiges Ziel ist zugleich das frühzeitige Erkennen von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten (vgl. Abschnitt "Allgemeines" der Mutterschafts-Richtlinien). Im Einzelnen regeln die Richtlinien insbesondere den Umfang und Zeitpunkt der Leistungen, das Zusammenwirken mit Hebammen und die Dokumentation im sog. Mutterpass.
Der Arzt bzw. die Hebamme stellt bei der erstmaligen Feststellung einer Schwangerschaft einen Mutterpass aus. In diesen Pass werden vom Arzt bzw. von der Hebamme die Untersuchungsergebnisse und andere Daten wie Blutgruppe und Laborbefunde eingetragen. Ausgenommen von der Aufzeichnungspflicht sind Untersuchungen, die im besonderen Maße dem Daten- und Persönlichkeitsschutz unterliegen (z. B. Lues-Suchreaktion sowie HIV-Untersuchung). Einzelheiten zu den Dokumentationspflichten des Arztes ist Abschnitt H der Mutterschafts-Richtlinien (Rz. 25) zu entnehmen.
Der Mutterpass enthält zwar Angaben über den voraussichtlichen Tag der Entbindung. Da die Feststellung des Tages der voraussichtlichen Entbindung jedoch nicht mit einer Unterschrift des feststellenden Arztes oder der feststellenden Hebamme etc. versehen ist, gilt der Mutterpass nicht als Bescheinigung/Zeugnis des voraussichtlichen Entbindungstermins i. S. d. § 24i Abs. 3 Satz 4 SGB V oder i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 3 MuSchG (Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht des GKV-Spitzenverbandes v. 20./21.3.2013, TOP 5).
Rz. 5
Der Begriff der ärztlichen Betreuung unterscheidet sich von dem bei der Krankenbehandlung verwendeten Begriff der ärztlichen Behandlung i. S. d. §§ 27, 28: Die ärztliche Betreuung enthält nach dem allgemeinen Sprachgebrauch insbesondere Elemente wie beschützen, behüten und vorbeugen. Der Schwerpunkt der von § 24d erfassten Maßnahmen liegt dementsprechend vor allem im präventiven Bereich. Das gilt auch für die noch unter Vorsorgegesichtspunkten zu sehenden "Nachsorgeuntersuchungen" für die Zeit nach der Entbindung.
Nach dem Abschnitt "Allgemeines", Ziff. 7 der Mutterschafts-Richtlinien (Rz. 25) gehören zur ärztlichen Betreuung i. S. d. § 24d solche Maßnahmen, welche der Überwachung des Gesundheitszustandes der Schwangeren bzw. Wöchnerinnen dienen, soweit sie nicht ärztliche Behandlung i. S. d. § 28 Abs. 1 darstellen. Im Einzelnen gehören gemäß den Richtlinien zu der ärztlichen Betreuung:
- Untersuchungen und Beratungen während der Schwangerschaft,
- Frühzeitige Erkennung und besondere Überwachung von Risikoschwangerschaften, amnioskopische und kardiotokographische Untersuchungen, Ultraschalldiagnostik, Fruchtwasseruntersuchungen usw.,
Serologische Untersuchungen während der Schwangerschaft z. B.
aa) |
zwecks Prüfung auf Röteln-Antikörpern, Lues, Hepatitis, |
bb) |
zum Ausschluss einer HIV-Infektion (auf freiwilliger Basis nach vorheriger ärztlicher Beratung der Schwangeren), |
cc) |
zwecks Feststellung des fetalen Rhesusfaktors D bei RhD-negativen Schwangeren, |
- Blutgruppenserologische Untersuchungen nach Geburt oder Fehlgeburt und Anti-D-Immunglobulin-Prophylaxe,
- Untersuchungen und Beratungen der Wöchnerin (= nach der Entbindung),
- Medikamentöse Maßnahmen und Verordnungen von Verband- und Heilmitteln,
- Aufzeichnungen und Bescheinigungen (z. B. Ausstellen des Mutterpasses oder einer Bescheinigung über den Tag der voraussichtlichen Entbindung).
Die vielfältigen Untersuchungen und Beratungen sowie sonstige Maßnahmen während der Schwangerschaft werden in den Abschnitten A bis F der Mutterschafts-Richtlinien vorgeschrieben (Fundstelle: vgl. Rz. 25).
Im Rahmen der ärztlichen Betreuung ist die Schwangere auch
- über die Bedeutung der Mundgesundheit für Mutter und Kind (§ 24d Satz 3) und
- bei Bedarf über regionale Unterstützungsangebote für Eltern und Kind (§ 24d Satz 4)
zu informieren.
Rz. 6
Die ärztliche Betreuung beginnt grundsätzlich nach der Untersuchung zur Feststellung der Schwangerschaft (vgl. § 24d). Diese Untersuchung zur Klärung des Ausbleibens der Regelblutung wird der ärztlichen Krankenbehandlung i. S. d. § 28 zugeordnet und zählt noch nicht zur ärztlichen Betreuung i. S. d. § 24d.
Bei der ärztlichen Betreuung unterscheidet man zwischen
- der präventiven ärztlichen Betreuung (als vorsorgende Maßnahme; Rz. 7 f.),
- der kurativen ärztlichen Betreuung (als heilende Maßnahme, Rz. 9),