0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 79 Abs. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 in Kraft getreten und seither nicht geändert worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 3 bestimmt als Grundsatz- und Einweisungsvorschrift die solidarische Finanzierung der Krankenkassen durch Beiträge. Dabei umfasst die Finanzierung sowohl die Leistungsausgaben für die Versicherten als auch die sonstigen notwendigen Aufwendungen für Personal und Verwaltung und die Zuführungen zu den Rückstellungen. Dies entspricht den Grundsätzen der RVO, die jedoch eine solche generelle Vorschrift nicht enthielt. Hingewiesen wird auf die Beitragsentrichtung durch Versicherte und Arbeitgeber nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Damit wird, zusammen mit der Überschrift, deutlich, dass unter solidarischer Finanzierung die Beitragsbemessung nach Einnahmen und nicht nach dem versicherten Risiko zu verstehen ist. Eher deklaratorisch und die Solidarität ausweitend bestätigend bestimmt Satz 3, dass für versicherte Familienangehörige Beiträge nicht erhoben werden.
Rz. 3
In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/2237 S. 158) wird bereits die Problematik der solidarischen Finanzierung nach beitragspflichtigen Einnahmen angesprochen, indem darauf hingewiesen wird, dass die Zunahme von Teilzeitbeschäftigungen und die Tendenz zu mehr Freizeit und geringeren Entgeltzuwächsen dazu führen könne, dass bei trotzdem unverändert vollem Versicherungsschutz damit die Beitragssatzstabilität auf Dauer gefährdet sein könne. Auch die beitragsfreie Familienversicherung für nicht erwerbstätige Ehegatten, die keine Kinder erziehen und betreuen, erscheine problematisch. Allerdings sind aus diesen erkannten Problematiken keine Folgerungen gezogen worden, indem die Beitragspflicht Versicherungspflichtiger ausgeweitet oder die Familienversicherung von der Kindererziehung oder -betreuung abhängig gemacht wurde.
2 Rechtspraxis
2.1 Solidarische Finanzierung
Rz. 4
Die Vorschrift verweist einleitend auf die Finanzierung der Leistungen und Ausgaben der Krankenkassen als Sozialversicherungsträger durch Beiträge der Mitglieder und Arbeitgeber hin. Diese Begrenzung der Beitragspflicht durch Mitglieder und Arbeitgeber ist unvollständig, weil sonstige beitragszahlungspflichtige Dritte (Rentenversicherungsträger, Bundesagentur für Arbeit und der Bund) nicht erwähnt werden, obwohl diese für einen nicht geringen Anteil an Pflichtversicherten Beiträge zu entrichten haben. Umfassender und präziser ist dies in § 20 Abs. 1 SGB IV für die Sozialversicherung (vgl. Komm. dort) dahin gehend bestimmt, dass neben den Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber die Finanzierung auch durch Dritte, staatliche Zuschüsse und sonstige Einnahmen erfolgt. So haben gerade in der Krankenversicherung neben den Mitgliedern und Arbeitgebern auch Dritte Beiträge zu entrichten, was die Beitragszahlung und Beitragstragung (zur Differenzierung vgl. Komm. § 252) umfassen kann. Sowohl die Rentenversicherungsträger, die Rehabilitationsträger, die Einrichtungen für Behinderte, die Künstlersozialkasse, die Bundesagentur für Arbeit sowie der Bund entrichten Beiträge zur Krankenversicherung (§§ 249a, 251). Darüber hinaus bestimmte § 220 in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung für die Finanzierung weitergehend, dass die Krankenkasse die Beiträge so zu bemessen hat, dass diese zusammen mit sonstigen Einnahmen die Ausgaben und auch die Betriebsmittel und Rücklagen decken. Seit dem 1.1.2011 bestimmt die Vorschrift vor dem Hintergrund der Einführung des Gesundheitsfonds lediglich, dass die Mittel der Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht werden. Zu diesen sonstigen Einnahmen zählen seit 2004 auch die Staatszuschüsse nach § 221 und ab 2011 nach § 221a, so dass der Hinweis auf die Beitragsfinanzierung der Leistungen und sonstigen Ausgaben durch Mitglieder und Arbeitgeber irreführend ist (so Hänlein, in: Hänlein/Schuler, LPK-SGB V, 6. Aufl., § 3 Rz. 3).
Rz. 5
Mit Satz 2 wird der Grundsatz der solidarischen Finanzierung durch die Beibehaltung des Grundsatzes der Beitragsbemessung nach beitragspflichtigen Einnahmen, der in den Beitragsvorschriften der §§ 223ff. konkretisiert wird, bestimmt. Dies bedeutet im Kern, dass die dem Begriff der Versicherung an sich immanente Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungen und dem versicherten Risiko innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gilt; jedenfalls nicht zwingend.
Rz. 6
Rechtssystematisch besteht in der gesetzlichen Krankenversicherung zwischen Beitragszahlung und Leistungsansprüchen nicht einmal ein Gegenseitigkeitsverhältnis. Die Leistungsansprüche entstehen allein aus der Versicherung (Mitgliedschaft oder Familienversicherung – vgl. § 11 und Komm. dort). Aus der Mitgliedschaft folgt dann zwar auch grundsätzlich die Beitragspflicht (§ 223 Abs. 1). Für die Leistungsansprüche der Versicherten kommt es jedoch nicht darauf an, dass diese auch gezahlt wurden und werden. Den Krankenkassen ste...