0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 69 ist durch Art. 1 PflegeVG v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) eingeführt und mit Wirkung zum 1.1.1995 in Kraft getreten. Satz 2 wurde durch Art. 1 Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG) v. 9.9.2001 (BGBl. I S. 2320) mit Wirkung zum 1.1.2002 und mit Wirkung zum 1.7.2008 durch Art. 1 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 12 Abs. 1 Satz 1 weist den Pflegekassen als wesentliche Aufgabe die Verantwortung für die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung ihrer Versicherten zu. Zur Erreichung dieses Ziels haben sie hierbei mit allen an der pflegerischen, gesundheitlichen und sozialen Versorgung Beteiligten eng zusammenzuarbeiten und auf die Beseitigung von Mängeln der pflegerischen Versorgungsstruktur hinzuwirken (vgl. im Einzelnen auch die Erläuterungen zu § 12). Der in § 12 allgemein umschriebene Sicherstellungsauftrag erfährt unter weiterer Berücksichtigung der leistungsrechtlichen Regelung des § 28 Abs. 3 durch § 69 eine nähere Konkretisierung. Die Vorschrift ist Bindeglied zwischen dem Leistungsrecht des 4. Kapitels und dem Leistungserbringerrecht des 7., 8. und 12 Kapitels und umreißt die Verantwortung der Pflegekassen im Dreiecksverhältnis zwischen Pflegekassen, Versicherten und Leistungserbringern (Schütze, in: Udsching/Schütze, SGB XI, 5. Aufl., § 69 Rz. 2).
Satz 1 beschreibt den Inhalt des Sicherstellungsauftrags. Satz 2 gibt die rechtlichen Mittel für die Umsetzung des Sicherstellungsauftrags vor und schreibt für das Vorgehen in diesem Zusammenhang in Satz 3 die Beachtung des Grundsatzes der Trägervielfalt fest.
Im Zusammenhang mit dem Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen sind auch die Landespflegegesetze der Länder zu sehen, deren erklärtes Ziel es ist, eine leistungsfähige und wirtschaftliche ambulante, teilstationäre, vollstationäre und komplementäre Angebotsstruktur für alle Pflegebedürftigen zu gewährleisten (vgl. § 1 Landespflegegesetz NRW v. 19.3.1996, GV.NRW S. 137, i. d. F. v. 9.5.2000).
2 Rechtspraxis
2.1 Träger und Inhalt des Sicherstellungsauftrags (Satz 1)
Rz. 3
Träger und Adressat des Sicherstellungsauftrags sind ausschließlich die Pflegekassen. Demgegenüber sind die Pflegeeinrichtungen nach dem Willen des Gesetzgebers von der unmittelbaren gesetzlichen Verantwortung für die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung ausgenommen. Dies unterscheidet die Regelung des Satzes 1 von der im Übrigen aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zum dort normierten Sicherstellungsauftrag wortgleich übernommenen Regelung des § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V, die auch den Leistungserbringern inhaltsgleiche Verpflichtungen zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrags auferlegt. Lediglich mittelbar werden die Pflegeeinrichtungen und sonstigen Leistungserbringer über die in Versorgungsverträgen gemäß § 72 und in Verträgen nach § 77 Abs. 1 zu treffenden Vereinbarungen zur (Mit-) Verantwortung für die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags herangezogen (zur generellen Qualitätsverantwortung der Träger der Pflegeeinrichtungen vgl. auch § 112).
Rz. 4
Inhalt des Sicherstellungsauftrags ist nach Satz 1 die den Pflegekassen übertragene Gewährtragungspflicht, für eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse entsprechende pflegerische Versorgung Sorge zu tragen. Zur Erreichung dieses Ziels stellt das Gesetz qualitative Anforderungen an die Pflegeeinrichtungen. Nach der Begriffsdefinition des § 71 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 handelt es sich nur dann um Pflegeeinrichtungen im Sinne des Gesetzes, wenn diese Einrichtungen unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft stehen (vgl. auch § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1). Entsprechendes gilt für die gemäß § 71 Abs. 1a seit 11.5.2019 durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz v. 6.5.2019 (BGBl. I S. 646) als weitere Leistungserbringer zugelassenen ambulanten Betreuungsdienste.
Nicht mehr unmittelbarer Gegenstand des gesetzlichen Sicherstellungsauftrags ist der nach früherem Recht vorgesehene und durch Aufhebung des § 80a durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz mit Wirkung zum 1.6.2008 ersatzlos weggefallene Abschluss von Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen. Der Gesetzgeber hat damit aber sein Anliegen, bei der Pflege einen Mindeststandard zu garantieren, der den Vorgaben des § 2 Abs. 1 entspricht (so schon BSG, Urteil v. 6.8.1998, B 3 P 8/97 R, zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Pflegequalitätssicherungsgesetzes zum 1.1.2002), nicht aufgegeben. Zum einen sind die Pflegekassen und deren Verbände nämlich neben den zugelassenen Pflegeeinrichtungen seit 1.7.2008 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 10 unmittelbar den nach dieser Vorschrift auf Spitzenebene zu treffenden Vereinbarungen über Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Pflege sowie den bundesweiten Vereinbarungen zur Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements unterworfen; zum anderen dürfen gemäß § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 4 Versorg...