Rz. 149

[Autor/Stand] Wird eine Vorteilsgewährung unmittelbar zwischen zwei Personen vollzogen, ist regelmäßig klar, wer Erwerber und wer Schenker ist. Sind mindestens drei Personen an einem Bereicherungsvorgang beteiligt, stellt sich die Frage nach den Steuerschuldnern:

  • Wer wurde auf wessen Kosten bereichert?
  • Oder anders: Zwischen welchen Personen wurde eine unentgeltliche Leistung vorgenommen?

Die richtige Antwort hierauf lässt sich nur unter Beachtung der zivilrechtlichen Rechtslage geben.[2] Maßgebend ist grundsätzlich die tatsächlich gewählte Vertragskonstruktion der Beteiligten.[3] Ihr gilt, gerade in der Gestaltungsberatung, höchste Aufmerksamkeit.[4] Der "zivilrechtlich eingeschlagene Weg"[5] determiniert aber auch über den Gegenstand der Bereicherung den Zeitpunkt der Steuerentstehung mit entsprechender Wirkung auf den Steuerwert des Erwerbs (§§ 10 ff ErbStG).

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.01.2016
[3] BFH v. 20.1.2005 – II R 20/03, BStBl. II 2005, 408 = ErbStB 2005, 144 m. Komm. Kirschstein; v. 10.3.2005 – II R 54/03, BStBl. II 2005, 412 = ErbStB 2005, 145 m. Komm. Kirschstein.
[4] Sehr lesenswert Gebel, ZEV 2000, 173.
[5] BFH v. 23.10.2002 – II R 71/00, BStBl. II 2003, 162 = ErbStB 2003, 76 m. Komm. Hartmann; Noll, DStR 2003, 968.

a) Verträge zugunsten Dritter

 

Rz. 150

[Autor/Stand] Derartige Verträge lassen sich gezielt zur Ausführung mittelbarer Schenkungen einsetzen: Der Schuldner verspricht seinem Vertragspartner, dem Schenker, an eine "dritte" Person, den Erwerber, zu leisten (§ 328 Abs. 1 BGB). Hierbei entsteht ein Dreiecksverhältnis, in dem die Rechtsbeziehungen der Beteiligten streng zu unterscheiden sind:

 

Rz. 151

[Autor/Stand] Hat die im Deckungsverhältnis vereinbarte Leistung(spflicht) des Schuldners Gegenleistungscharakter, kann sie Entgelt auf der Basis eines gegenseitigen Vertrags sein; z.B. Auszahlung einer Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls,[3] Rentenzahlung nach Beendigung eines Arbeits- oder Gesellschaftsverhältnisses,[4] Kaufpreisrente,[5] Schuldübernahme anstelle einer Zahlungsverpflichtung,[6] Lieferung in Erfüllung eines Kaufvertrags[7] oder Leistung aufgrund eines anderen Vertrags.[8] Als solches kann ihr aber auch, verknüpft mit einer unentgeltlichen Zuwendung des Schenkers an den Schuldner, lediglich die Funktion einer Bereicherungsminderung zukommen. Zwischen beiden Partnern wird dann entweder ein teil(un)entgeltliches Geschäft, d.h. eine gemischte Schenkung, verwirklicht; typisch bei Vermögensübertragungen im Wege vorweggenommener Erbfolge und hier oft ertragsteuerlich motiviert (Gleichstellungsgelder, Versorgungsleistungen an Dritte).[9] Oder dem Schuldner wird, meist zur optimalen Ausnutzung der persönlichen Freibeträge, die riskante (partielle) Weitergabe des Vermögens auferlegt (s. auch oben Anm. 51).[10] Wenn und soweit die Leistung(spflicht) des Schuldners nicht die Qualität einer Gegenleistung hat, ist eine (gemischte) Schenkung in umgekehrter Richtung denkbar. Selbstverständlich kann sich der Schuldner seinerseits gegenüber dem Versprechensempfänger freigebig verpflichten, an den Erwerber zu leisten, z.B. in Fällen der Schuldübernahme oder bei Sicherung/Tilgung fremder Schulden (s. Anm. 34–36 und 171, 178 f.).[11]

 

Rz. 152

[Autor/Stand] Damit die aus dem Deckungsverhältnis resultierende Vermögensmehrung des Erwerbers als freigebige Zuwendung des Schenkers behandelt werden kann, muss sie zwischen ihnen – im Valutaverhältnis – zumindest teilweise objektiv unentgeltlich sein (zur Unentgeltlichkeit s. Anm. 54 f.). Im Falle eines notariellen Schenkungsvertrags oder eines nachweisbaren Schenkungsversprechens ist dies natürlich unproblematisch. Da entsprechende Abreden jedoch nicht erforderlich sind, genügt faktisch jede objektive Bereicherung des Vorteilsempfängers, soweit sie nicht gegenüber dem Schenker auf einem konkreten entgeltlichen Rechtsanspruch beruht oder mit einer wertadäquaten Gegenleistung(sverpflichtung) rechtlich verknüpft ist.[13] Konsequent muss daher auch eine im Valutaverhältnis ohne Rechtsgrund erfolgte Bereicherung schenkungsteuerbar sein,[14] jedenfalls solange der Erwerber den Erwerbsgegenstand nicht in Erfüllung eines geltend gemachten Bereicherungsanspruchs an den Schenker herausgibt (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – s. auch Anm. 49, 61 m.w.N.).[15]

 

Rz. 153

[Autor/Stand] Die Entstehung des Schenkungsteueranspruchs hängt von der Ausführung der Zuwendung ab, wobei es entscheidend auf den Eintritt der tatsächlichen Bereicherung des Bedachten und damit den Gegenstand des Erwerbs ankommt (§§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG – s. Anm. 10 ff.). Dies bestimmt sich in den hier relevanten Dreiecksbeziehungen danach, ob der Erwerber vom Schuldner, d.h. im Vollzugsverhältnis, die im Deckungsverhältnis versprochene Leistung unmittelbar fordern kann oder nicht:

  • Beim echten Vertrag zugunsten Dritter erwirbt er einen solchen Rechtsanspruch grundsätzlich bereits m...

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