BMF, Schreiben vom 18.9.2020, IV C 7 – S 2230/19/10003 :007 (DOK 2020/0937829), BStBl I 2020, 952
Zur Tarifermäßigung nach § 32c Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl 2019 I S. 2451) nehme ich im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:
I. Inkrafttreten und Betrachtungszeiträume
1. Inkrafttreten
[1] Die Europäische Kommission hat am 30. Januar 2020 durch Beschluss festgestellt, dass es sich bei § 32c EStG in der o. g. Fassung um eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe handelt. Die steuerabschnittsübergreifende Tarifermäßigung ist daher nach Artikel 39 Absatz 8 Satz 2 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl 2019 I S. 2451) am 30. Januar 2020 in Kraft getreten (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 18. März 2020, BGBl 2020 I S. 597). Sie ermöglicht eine durchschnittliche Besteuerung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren.
[2] Die Tarifglättungsregelung (§§ 32c, 36 Absatz 2 Nummer 3 EStG) in der Fassung des Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl 2016 I S. 3045) ist mangels Genehmigung der Europäischen Kommission nicht in Kraft getreten und wurde mit Artikel 31 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (a. a. O.) zur Beseitigung des von ihr ausgehenden Rechtsscheins aufgehoben.
2. Betrachtungszeiträume
[3] Nach § 52 Absatz 33a EStG sind ausschließlich drei Betrachtungszeiträume zu bilden. Die Betrachtungszeiträume umfassen die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016, 2017 bis 2019 und 2020 bis 2022. Die Tarifermäßigung erfolgt jeweils im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums, d. h. nur in den Veranlagungszeiträumen 2016, 2019 und 2022.
II. Zugangsvoraussetzungen
1. Antrag
1.1. Allgemeines
[4] Die Tarifermäßigung kann gemäß § 32c Absatz 1 Satz 1 EStG für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG nur auf Antrag gewährt werden. Hierfür stehen das Antragsformular „Anlage 32c„ und die dazugehörige „Anlage zur Anlage 32c” mit beihilferechtlichen Erläuterungen und Unterrichtungen zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten zur Verfügung. Der Antrag kann grundsätzlich i. R. d. Steuererklärung oder bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung gestellt (und auch zurückgenommen) werden. Es besteht weder eine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung des Antragsformulars „Anlage 32c”, noch zur elektronischen Übermittlung an das Finanzamt.
[5] Der Antrag kann grundsätzlich auch formlos gestellt werden. Voraussetzung ist, dass alle benötigten beihilferechtlichen Erklärungen (vgl. Rn. 9) abgegeben werden. Eine pauschale Erklärung (z. B. „Ich erkläre, dass ich die Voraussetzungen des § 32c Absatz 5 EStG erfülle.”) genügt den beihilferechtlichen Anforderungen nicht.
[6] Der Antrag auf Tarifermäßigung muss von der jeweiligen antragstellenden Person höchstpersönlich unterschrieben werden. Sammelanträge von Angehörigen der steuerberatenden Berufe für ihre Mandanten sind nicht möglich.
[7] Bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern genügt die Unterschrift desjenigen Ehegatten/Lebenspartners, der die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat. Sofern beide im Betrachtungszeitraum land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielt haben, müssen beide Ehegatten/Lebenspartner unterschreiben.
[8] Im Falle von gesondert sowie gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ist der Antrag auf Tarifermäßigung durch den jeweiligen Steuerpflichtigen bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen.
1.2. Beihilferechtliche Erklärungen
1.2.1. Erstmalige Erklärung
[9] Der Steuerpflichtige muss bzw. bei Zusammenveranlagung – wenn beide Ehegatten/Lebenspartner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen – müssen beide Steuerpflichtigen bei Beantragung der Tarifermäßigung für beihilferechtliche Zwecke erklären, dass folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der Steuerpflichtige ist/die Steuerpflichtigen sind kein/e „Unternehmer in Schwierigkeiten” i. S. d. Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014-2020 (2014/C 204/01) (ABl. C 204 vom l. Juli 2014, S. 1) (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 EStG).
- Sollte(n) der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen zu einer Rückzahlung von Beihilfen auf Grund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit ...