BMF, Schreiben v. 3.6.2004, IV B 7 - S 7104 - 18/04, BStBl I 2004, 737
1. Urteil des EuGH vom 26.6.2003, Rs C-305/01 (MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring-GmbH)
2. Urteil des BFH vom 4.9.2003, V R 34/99
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 26.6.2003, Rs C-305/01, BStBl 2004 II S. … entschieden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer (Factor), der Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos aufkauft und seinen Kunden (Anschlusskunden) dafür eine Gebühr berechnet, eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Art. 2 und 4 der 6. EG-Richtlinie (Leistung im wirtschaftlichen Sinne) ausführt, so dass er die Eigenschaft eines Steuerpflichtigen hat und daher gemäß Art. 17 der 6. EG-Richtlinie zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Weiterhin stellt diese wirtschaftliche Tätigkeit eine Einziehung von Forderungen im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-Richtlinie dar und ist damit von der mit dieser Bestimmung eingeführten Steuerbefreiung ausgeschlossen. Darüber hinaus können nach Auffassung des EuGH das echte Factoring und das unechte Factoring sowohl hinsichtlich der Unternehmereigenschaft des Factors als auch hinsichtlich der Steuerpflicht der Factoringleistung nicht ungleich behandelt werden.
Der BFH hat sich mit Folgeurteil vom 4.9.2003, V R 34/99, BStBl 2004 II S. 2004 S. … dieser Rechtsauffassung angeschlossen und ergänzend ausgeführt, dass beim echten Factoring umsatzsteuerrechtlich keine Umsätze des Anschlusskunden an den Factor, sondern Umsätze des Factors an den Anschlusskunden vorliegen und diese als Einzug von Forderungen im Sinne von § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerpflichtig sind sowie nicht zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der o.a. Urteile sowie zum Forderungskauf (§ 453 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB) und zum Forderungseinzug Folgendes:
I. Abgrenzung des Factoring von anderen Fallgestaltungen beim Forderungskauf oder Forderungseinzug
1. Infolge des Urteils des EuGH vom 26.6.2003 (a.a.O.) ist der Forderungskauf, bei dem der Forderungseinzug durch den Forderungskäufer in eigenem Namen und für eigene Rechnung erfolgt, wie folgt zu beurteilen:
- Im Fall des echten Factoring liegt eine unternehmerische Tätigkeit des Forderungskäufers (Factor) vor, wenn seine Dienstleistung im Wesentlichen darin besteht, dass der Forderungsverkäufer (Anschlusskunde) von der Einziehung der Forderung und dem Risiko ihrer Nichterfüllung entlastet wird (vgl. Rzn. 49 und 52 des EuGH-Urteils).
- Im Fall des unechten Factoring (der Anschlusskunde wird aufgrund eines dem Factor zustehenden Rückgriffsrechts bei Ausfall der Forderung nicht vom Ausfallrisiko der abgetretenen Forderung entlastet), gilt das Gleiche, wenn der Factor den Forderungseinzug übernimmt (vgl. Rzn. 52 und 54 des Urteils).
2. Im Falle des Forderungskaufs ohne Übernahme des tatsächlichen Forderungseinzugs durch den Forderungskäufer (Forderungseinzug durch den Forderungsverkäufer in eigenem Namen und für fremde Rechnung) übt der Forderungskäufer unabhängig davon, ob ihm ein Rückgriffsrecht gegen den Forderungsverkäufer zusteht oder nicht, zwar unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG eine unternehmerische Tätigkeit aus; diese ist jedoch keine Factoringleistung i.S.d. o.g. EuGH-Urteils. Dies gilt insbesondere für die Abtretung von Forderungen in den Fällen der stillen Zession, z.B. zur Sicherung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, oder für den entsprechend gestalteten Erwerb von Forderungen „a forfait”, z.B. bei Transaktionen im Rahmen sog. „Asset-Backed-Securities (ABS)”-Modelle.
3. Der Einzug einer Forderung durch einen Dritten in fremdem Namen und für fremde Rechnung (Inkasso) fällt ebenfalls nicht unter den Anwendungsbereich der o.a. Urteile. Es liegt gleichwohl eine unternehmerische Tätigkeit vor.
II. Leistung des Forderungsverkäufers
4. Beim Forderungskauf mit Übernahme des tatsächlichen Einzugs und ggf. des Ausfallrisikos durch den Forderungskäufer (Tz. 1) erbringt der Forderungsverkäufer (Anschlusskunde) mit der Abtretung seiner Forderung keine Leistung an den Factor (BFH-Urteil vom 4.9.2003, a.a.O.). Vielmehr ist der Anschlusskunde Empfänger einer Leistung des Factors. Die Abtretung seiner Forderung vollzieht sich im Rahmen einer nicht steuerbaren Leistungsbeistellung.
5. Dies gilt nicht in den Fällen des Forderungskaufs ohne Übernahme des tatsächlichen Einzugs der Forderung durch den Forderungskäufer (Tz. 2). Die Abtretung einer solchen Forderung stellt einen nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfreien Umsatz im Geschäft mit Forderungen dar. Mit dem Einzug der abgetretenen Forderung (Servicing) erbringt der Forderungsverkäufer dann keine weitere Leistung an den Forderungskäufer, wenn er aufgrund eines eigenen, vorbehaltenen Rechts mit dem Einzug der Forderung im eigenen Interesse tätig wird. Beruht seine Tätigkeit dagegen auf einer gesonderten Vereinbarung, ist sie regelmäßig als Nebenleistung zu d...