Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Restschuldbefreiung kann dem Schuldner versagt werden, wenn er schuldhaft seine Verfahrensobliegenheiten nicht erfüllt. Eines Gläubigerantrages bedarf es nicht.

2. Die Versagung von Amts wegen setzt voraus, dass die dem Schuldner auferlegte Verfahrensobliegenheit rechtmäßig ist, er sie schuldhaft nicht erfüllt und er zuvor über die Folgen des § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO ausreichend belehrt wurde.

 

Tenor

1. Die vom Schuldner beantragte Restschuldbefreiung wird versagt.

2. Der Schuldner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf EUR 1.200,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde am 20.10.2004 eröffnet und nach Durchführung der Schlussverteilung und Abhalten des Schlusstermins am 2.12.2005 aufgehoben. Zugleich wurde angekündigt, dass der Schuldner die Restschuldbefreiung erlangt, wenn er während der bis zum 20.10.2010 andauernden Wohlverhaltensperiode seinen Obliegenheiten gemäß § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen der §§ 297, 298 InsO nicht vorliegen. Mit Schriftsatz vom 9.1.2009 beanstandete der Treuhänder, dass der Schuldner bislang die Mindestvergütung für 2008 nicht entrichtete, weshalb er ihm Frist bis zum 19.12.2008 setzte, andernfalls er die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 298 InsO beantragen werde, ferner bemängelte er, dass der Schuldner ihm keine Auskünfte über seine aktuellen Einkommensverhältnisse erteile, insbesondere eine Verdienstbescheinigung nicht vorlege (Bl. 131).

Mit Verfügung vom 14.1.2009 forderte die Rechtspflegerin den Schuldner unter Hinweis auf die Verpflichtung gemäß § 295 InsO zur Auskunftserteilung auf und stellte die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 296 InsO in Aussicht.

Der Schuldner entrichtete am 27.1.2009 die Mindestvergütungen für die Jahre 2007 und 2008 in bar an den Treuhänder, zu seinen Einkommensverhältnissen machte er weiterhin keine Angaben (Bl. 135). Auch die Mindestvergütung für das vierte Berichtsjahr wurde nicht entrichtet. Die Rechtspflegerin hat darauf den Antrag des Schuldners auf Verfahrenskostenstundung zurückgewiesen, da er seinen Auskunftspflichten nicht genüge. Nach Rechtskraft des Beschlusses forderte die Rechtspflegerin den Schuldner am 18.2.2010 auf, die Mindestvergütung sofort an den Treuhänder zu bezahlen, dem der Schuldner am 9.3.2010 nachkam.

Mit weiterer Verfügung vom 15.3.2010, welche dem Schuldner am 27.3.2010 zugestellt wurde (Bl. 144), erteilte die Rechtspflegerin dem Schuldner die Auflage, binnen dreier Wochen Auskünfte und Belege über seine Einkünfte seit Dezember 2008 zu erteilen bzw. zu übergeben. Zugleich wurde der Schuldner für den Nichterfüllungsfall darauf hingewiesen, dass er mit der Versagung der Restschuldbefreiung rechnen müsse. Die dem Schuldner gesetzte Frist ist spätestens am 20.4.2010 abgelaufen, ohne dass der Schuldner den Aufforderungen nachkam.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Dem Schuldner war gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen.

1. Der Schuldner hat seine Auskunftspflichten innerhalb der ihm gesetzten Frist gegenüber dem Gericht schuldhaft missachtet, ihm war von Amts wegen und ohne Antrag eines Gläubigers die Restschuldbefreiung zu versagen (BGH, ZInsO 2010, 391f.; NZI 2009, 481f.;AG Hamburg, ZInsO 2010, 444f.).

§ 296 Abs. 2 Satz 3 InsO sieht eine Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen vor; ein Gläubigerantrag ist nicht erforderlich (BGH, NZI 2009, 481, 482, Rdnr. 14; ZInsO 2010, 391, 392, Rdnr. 22). Dagegen spricht zum einen die Äußerung desBGH(NZI 2007, 297, Rdnr. 8, „von Amts wegen darf das Gericht das Versagungsverfahren nicht auf andere Versagungsgründe – als, welche vom Gläubiger geltend gemacht wurden – erstrecken. Das Verfahren auf Versagung der Restschuldbefreiung unterliegt der Gläubigerautonomie.” Zweifel ergeben sich zum anderen aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 12/2443 S. 193 zu § 245), denn danach dient die Vorschrift der Erleichterung der Sachaufklärung, was sich im Hinblick auf den Begründungszusammenhang auf die Sachaufklärung eines zulässigen Gläubigerantrages beziehen könnte. Beides trifft für das Versagungsverfahren des § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO nicht zu.

2. Richtig daran ist, dass in Fällen, in denen ein zulässiger Versagungsantrag gestellt ist, vielfach geeignete Ermittlungsansätze nur gefunden werden können, wenn der Schuldner seiner Auskunftspflicht genügt (BGH, NZI 2009, 481, 482, Rdnr. 9). Allerdings sind auch andere Fallgestaltungen denkbar, in denen der Schuldner Auskünfte erteilen muss. Das ist etwa, wie im Streitfall, dann erforderlich, wenn der Schuldner zu seinen Einkommensverhältnissen schweigt und der Treuhänder deshalb seiner jährlichen Verteilungspflicht nicht genügen kann (§ 292 Abs. 1 Satz 1 InsO), oder der Schuldner keine Angaben zu einem Wohnsitzwechsel macht und abtaucht (AG Hamburg, ZIns...

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