Rz. 22

Für den Begriff "immaterieller Vermögensgegenstand" existiert keine einheitliche bzw. konkrete Definition.[1] Die Definition wird jeweils zweckgerichtet betrachtet. Als ein zweckentsprechendes Abgrenzungskriterium immaterieller Güter dient vielfach das Vorhandensein bzw. Nicht-Vorhandensein einer physischen Substanz. Immaterielle Güter umfassen alle Güter, die nicht materiell und zusätzlich – in Abgrenzung zum Finanzvermögen – nicht monetär sind. DRS 24.8 definiert einen immateriellen Vermögensgegenstand wie folgt: "Nichfinanzieller Vermögensgegenstand ohne bedeutende physische Substanz." IAS 38.8 definiert immaterielle Vermögenswerte als identifizierbare, nicht-monetäre Vermögenswerte ohne physische Substanz, über die eine Verfügungsmacht des Unt besteht und aus denen in Zukunft ein Nutzenzufluss resultiert.

 

Rz. 23

Die Abgrenzung der materiellen von den immateriellen VG ist in bestimmten Fällen schwierig, weil häufig immaterielle Komponenten in materielle Vermögenswerte integriert sind (funktionale Einheit), z. B. die Steuerungssoftware von Maschinen oder das Betriebssystem eines Computers. Wenn ein Gut beide Merkmale erfüllt, sind für die Zuordnung die Wertrelation, das wirtschaftliche Interesse, die Vervielfältigungsmöglichkeiten oder das relative Funktionenverhältnis ausschlaggebend.[2]

IDW RS HFA 11.3 unterscheidet drei Arten von Software: Firmware, Systemsoftware und Anwendungssoftware. Bei Firmware handelt es sich um eine Software, die fest mit einem elektronischen Gerät (Hardware) verbunden und nur zusammen mit diesem lauffähig ist. Insofern erfolgt eine Zuordnung zum SAV. Zu solchen Programmbausteinen gehören bspw. Steuerungssoftware einer Maschine oder das BIOS (Basic-Input/Output System) eines Computers. Dagegen gelten Systemsoftware (Betriebssysteme wie bspw. Windows, Linux oder Mac OS X) und Anwendungssoftware (Programme zur Lösung von Datenbearbeitungsaufgaben in Form von Individualsoftware und davon zu unterscheiden Standardsoftware, wie z. B. Microsoft Office) grundsätzlich als immaterielles AV.

 
Praxis-Beispiel

Bspw. hat bei Anwendungssoftware das Speichermedium keine eigenständige Bedeutung, sodass es sich i. d. R. um einen immateriellen VG handelt. Dagegen ist eine eigenständige Bedeutung gegeben, wenn die besondere Art der Speicherung für den Erwerber wichtig ist.[3]

VG, die sowohl aus immateriellen und materiellen Komponenten bestehen, sind immer dann den immateriellen Gütern zuzuordnen, wenn die materiellen Komponenten nur eine untergeordnete Bedeutung haben und vornehmlich Transport-, Dokumentations-, Speicherungs- und Lagerungszwecken dienen.[4]

 

Rz. 24

Entsprechend dem Vollständigkeitsgebot gem. § 246 Abs. 1 HGB besteht für immaterielle VG des AV eine Aktivierungspflicht, wenn den Definitionskriterien entsprochen wird (abstrakte Aktivierungsfähigkeit). Gem. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB besteht jedoch ein Ansatzwahlrecht für selbst geschaffene Immaterialanlagen, wenn die Eigenschaften eines VG erfüllt sind. Zusätzlich gilt gem. § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB für bestimmte Positionen von selbst geschaffenen immateriellen VG des AV ein Ansatzverbot (§ 248 Rz 42 ff.). Selbsterstellte Immaterialanlagen sind gem. § 266 Abs. 2 A. I. HGB innerhalb des Postens "Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte" auszuweisen. Das Gliederungsschema des § 266 Abs. 2 A. I. unterscheidet die folgenden vier Unterpositionen der immateriellen Anlagen:

  1. selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte;
  2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;
  3. Geschäfts- oder Firmenwert;
  4. geleistete Anzahlungen.
[1] Vgl. von Keitz, Immaterielle Güter in der internationalen Rechnungslegung: Grundsatz für den Ansatz von immateriellen Gütern in Deutschland im Vergleich zu den Grundsätzen in den USA und nach IASC, 1997, S. 43; Arbeitskreis "Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der SG, DB 2003, S. 1233; zu Besonderheiten vgl. Moxter, BB 1979, S. 1102.
[2] Vgl. z. B. Dawo, Immaterielle Güter in der Rechnungslegung nach HGB, IAS/IFRS und US-GAAP, 2003, S. 76 ff.
[3] Vgl. Frizlen/Möhrle, KoR 2001, S. 237.
[4] Vgl. Arbeitskreis "Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der SG, DB 2001, S. 990; Wulf, Immaterielle Vermögenswerte nach IFRS – Theorie und Praxis der DAX-30-, MDAX- und SDAX-Unternehmen, in Müller, IFRS-Praktikerreihe, 2007, S. 22.

3.1.2.1 Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte (Abs. 2 A. I. 1.)

 

Rz. 25

Eine Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens kommt erst in Betracht, wenn die VG-Eigenschaften des selbst geschaffenen immateriellen VG des AV bejaht werden können.[1] In diesem Zusammenhang bestimmt DRS 24.45[2] – vergleichbar zu IAS 38 –, dass ein in der Entstehung befindliches immaterielles Gut des AV aktiviert werden darf, sofern die fünf Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Demnach dürfen diese nur aktiviert werden, wenn sich das zu aktivierende Gut in der Entwicklung befindet, die VG-Eigenschaften nach ...

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