Rz. 35
Ein Mutter-Tochter-Verhältnis wird auch dann stets angenommen, wenn ein MU das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Unt zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter des Unt ist. Die Mehrheit bezieht sich auf die gesamte Anzahl etwa der Aufsichtsräte, wodurch es bei mitbestimmungspflichtigen Unt notwendig ist, dass alle von der Anteilseignerseite gewählten Vertreter bestimmt werden müssen, um die Mehrheit (durch das Doppelstimmengewicht des Aufsichtsratvorsitzenden) zu erlangen. DRS 19.29 fordert zudem, dass die Möglichkeit der Bestellung der Mehrheit der Mitglieder der Organe rechtlich abgesichert ist – eine faktische Möglichkeit scheidet somit aus.
Rz. 36
Die Aufzählung der Organe sind den weltweit unterschiedlichen Unternehmensverfassungskonzepten geschuldet. Entscheidend ist das Organ, welches die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmt, d. h. es reicht das Organbestellungsrecht für das Leitungs- oder Aufsichtsorgan aus.
Eine US-amerikanische Public Corporation weist ein monistisches System auf. Hier muss das MU die Mehrheit des "Board of Directors" bestimmen können.
Rz. 37
Bei dem in Deutschland verbreiteten dualistischen System, d. h. einer Geschäftsführung und einem getrennten Aufsichtsgremium, reicht es aus, wenn das MU die Mehrheit der Mitglieder an einem Organ bestellen und abberufen kann.
Bei einer AG reicht es aus, die Mehrheit des Aufsichtsrats bestimmen zu können.
Rz. 38
Üblicherweise werden die Kriterien in § 290 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HGB zusammenfallen. Dennoch ist es denkbar, dass das MU als Gesellschafter unabhängig vom Stimmrecht die Möglichkeit hat, die Mehrheit der Mitglieder eines Organs zu bestimmen.
Ist das MU einziger Komplementär einer KG, steht ihr nach § 164 HGB die Geschäftsführung bzw. das Besetzungsrecht zu.
Rz. 39
Voraussetzung für die Relevanz dieses Tatbestandsmerkmals ist, dass das MU oder eines von ihr beherrschten Unt in der Stellung eines Gesellschafters sein muss.
Rz. 40
Zeitlich gesehen muss allein durch die Ausübung der Stimmrechte des MU die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des TU, die während des aktuellen Gj sowie des vorhergehenden Gj bis zur Erstellung des Konzernabschlusses im Amt sind, bestellt worden sein.
Rz. 41
Bei einer KapCoGes kann die KomplementärKapG die Mitglieder des Leitungsorgans zwar nicht bestellen oder abberufen, sie ist jedoch selbst Leitungsorgan. Damit verfügt sie nach IDW RS HFA 7.67 n. F. über ein stärkeres Recht als die Bestellung und ist daher vorbehaltlich satzungsgemäßer Beschränkungen als Leitungsorgan anzusehen.