Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des Verfahrens bei vorgreiflicher Gewinnfeststellung
Leitsatz (NV)
Ergeben sich im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren Hinweise darauf, daß eine Mitunternehmerschaft der zusammen Veranlagten möglich ist (gewerblicher Grundstückshandel von einigem Umfang), ist die Aussetzung des Verfahrens geboten, bis über das Bestehen der Mitunternehmerschaft entschieden ist.
Normenkette
FGO § 74
Verfahrensgang
Tatbestand
In dem noch nicht abgeschlossenen Klageverfahren war zunächst nur streitig, ob und inwieweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel erzielt hat. Nachdem eine Vereinbarung der Klägerin mit ihrem Ehemann (Kläger) vom 25. August 1981 vorgelegt worden war, ging das Finanzgericht (FG) davon aus, daß die Kläger das Grundstücksunternehmen in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Mitunternehmer betrieben hätten. Das FG setzte das Verfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aus, um dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) ,,Gelegenheit zu geben, das erforderliche Feststellungsverfahren gemäß §§ 179 ff. der Abgabenordnung (AO) durchzuführen".
Die Kläger machen mit der Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluß geltend, der Vertrag vom 25. August 1981 habe keine Gesellschaft begründet; sie seien auch nicht Mitunternehmer geworden.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG kann gemäß § 74 FGO die Aussetzung des Verfahrens anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Ein solches vorgreifliches Rechtsverhältnis ist ein anhängiges oder noch einzuleitendes Gewinnfeststellungsverfahren gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a, § 182 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) im Verhältnis zu einem Einkommensteuer-Folgebescheid (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Oktober 1989 IV B 135/88, BFH/NV 1990, 485; BFH-Urteil vom 19. Juli 1990 IV R 11/89, BFH/NV 1991, 649 m. w. N.). Die Annahme des FG, daß im Hinblick auf den Vertrag vom 25. August 1981 vorgreiflich zu prüfen ist, ob für die Kläger eine Gewinnfeststellung in Betracht kommt, ist nicht zu beanstanden.
Es braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden, ob die Kläger Mitunternehmer waren (so FG) oder nicht (so die Kläger). Die Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Mitunternehmerschaft kann verbindlich nur in dem noch einzuleitenden Grundlagenverfahren getroffen werden. Falls das FA entsprechend der Anregung des FG einen (positiven) Gewinnfeststellungsbescheid erläßt, werden die Kläger Gelegenheit haben, diesen anzugreifen und ihre Einwendungen gegen eine Mitunternehmerschaft vorzubringen. Die Aussetzung des Verfahrens gegen den Folgebescheid ist bereits dann geboten, wenn das Bestehen einer Mitunternehmerschaft als möglich erscheint (BFH-Urteil vom 9. Mai 1984 I R 25/81, BFHE 141, 252, 253, BStBl II 1984, 726). Hierfür hat das FG genügend Anhaltspunkte angeführt. Das FA teilt seine Auffassung. Ein Fall von geringer Bedeutung (§ 180 Abs. 3 AO 1977) ist bei dem hier gegebenen finanziellen Interesse auszuschließen.
Fundstellen
Haufe-Index 423137 |
BFH/NV 1992, 762 |