Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselkredite als Dauerschulden
Leitsatz (NV)
1. Ein einheitlich gewährter Kredit kann nur dann in einzelne, steuerlich für sich zu beurteilende Kreditgeschäfte aufgelöst werden, wenn ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Kreditgewährungen, den einzelnen Warengeschäften und deren Abwicklung festgestellt werden kann.
2. Eine gedankliche und wirtschaftliche Zuordnung von Warengeschäften reicht nicht aus, um einen in einer Summe gewährten Kredit als Einzelkredite für Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs zu beurteilen. Auch die Tilgungsrangfolge entsprechend § 366 Abs. 2 BGB gestattet dies nicht.
Normenkette
GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beteiligten sind mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 31. Oktober 1990 davon unterrichtet worden, daß der Senat einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Sie hatten Gelegenheit, sich dazu zu äußern.
Der Senat hat über die Revision unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vom 8. November 1990 in der Sitzung vom 4. Dezember 1990 beraten. Er hält einstimmig daran fest, daß die Revision unbegründet ist und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist.
Das Finanzgericht (FG) hat zutreffend entschieden, daß der Wechselkredit über . . . sfr eine Dauerschuld i. S. von § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist. Es handelt sich um einen Wechselkredit, der vereinbarungsgemäß jeweils nach Ablauf von 3 Monaten erneuert wurde und dessen Laufzeit über die für die Annahme von Dauerschulden maßgebende Laufzeit von einem Jahr hinausgeht.
Ein einheitlich gewährter Kredit kann nur dann in einzelne, steuerlich für sich zu beurteilende Kreditgeschäfte aufgelöst werden, wenn ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Kreditgewährungen, den einzelnen Warengeschäften und deren Abwicklung festgestellt werden kann (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 5. Dezember 1939 I 132/39, RStBl 1940, 27; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Februar 1967 IV 344/65, BFHE 88, 134, BStBl III 1967, 322 m. w. N.). Der Zusammenhang muß von den Beteiligten begründet und bei der Abwicklung des Geschäfts auch tatsächlich gewahrt werden. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang kommt insbesondere darin zum Ausdruck, daß die Erlöse aus den kreditfinanzierten Geschäften zur Abdeckung des Kredits zu verwenden sind (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1986 IV R 185/83, BFHE 149, 248, 252, BStBl II 1987, 443 m. w. N.).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Der erforderliche Zusammenhang des Wechselkredits über . . . sfr mit einzelnen Warengeschäften ist nicht gegeben. Die Laufzeit der Wechsel betrug jeweils 3 Monate. Sie wurde durch den Eingang der Erlöse aus dem Warenverkauf der Klägerin nicht beeinflußt. Die Lieferantenrechnungen wurden unabhängig vom Eingang der Erlöse aus dem Verkauf der Waren und unabhängig von der Laufzeit der Wechsel bei Fälligkeit der Lieferantenrechnungen bezahlt.
Die Kreditsumme, die in ihrer Höhe stets gleichbleibend . . . sfr betrug, war von den einzelnen Warengeschäften lediglich in der Weise abhängig, daß die Summe der Warengeschäfte nicht unter den bewilligten Kredit sinken durfte. Auch darin kommt zum Ausdruck, daß es sich bei diesem Kredit nicht um Einzelkredite für laufende Verbindlichkeiten, sondern um einen allgemeinen Geschäftskredit handelt. Die Kreditsumme konnte sich frühestens am Ende der Laufzeit eines Dreimonatswechsels verändern. Bis zu diesem Zeitpunkt blieb die Kreditsumme in unveränderter Höhe bestehen. Sie wurde durch einzelne Warengeschäfte während des Dreimonatszeitraums weder gemindert noch erhöht. Zahlungen auf einzelne Warengeschäfte beeinflußten bis zum Ende der Laufzeit des Wechsels nicht die Höhe des Kredits.
Eine gedankliche oder wirtschaftliche Zuordnung von Warengeschäften unter den sfr-Wechsel reicht - entgegen der Revisionsbegründung - nicht aus, um einen in einer Summe gewährten Kredit als Einzelkredite für Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs zu beurteilen. Auch die Tilgungsrangfolge entsprechend § 366 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gestattet dies nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht es auch nicht aus, daß die Möglichkeit besteht, zu ermitteln, in welchem Maß eine neue Warenrechnung durch den sfr-Wechsel kreditiert wurde. Der erforderliche Zusammenhang wird schließlich nicht dadurch hergestellt, daß die im jeweiligen Quartal tatsächlich abgewickelten Lieferaufträge in Höhe von 50 v. H. der Rechnungsbeträge durch Übergabe eines Schecks oder durch Überweisungen ausgeglichen oder in Höhe dieser 50 v. H. DM-Wechsel mit einer dreimonatigen Laufzeit ausgestellt wurden. Derartige Umstände und Überlegungen können den engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Kredit und einzelnen Geschäften nicht in dem Ausmaß herstellen und nachweisen, das in der Rechtsprechung für erforderlich gehalten wird.
Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob das Urteil des FG, das in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1990, 71 veröffentlicht ist, auch insoweit zutreffend ist, als es den Dauerschuldcharakter der Wechselkredite über den Betrag von . . . sfr hinaus verneint hat, denn die Revision der Klägerin darf nicht zu einer Verböserung des FG-Urteils führen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1970 VI R 313/68, BFHE 102, 202, BStBl II 1971, 591 m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 417488 |
BFH/NV 1991, 478 |