Entscheidungsstichwort (Thema)
VGA bei inländischer Betriebsstätte
Leitsatz (amtlich)
1. Überträgt eine Kapitalgesellschaft einer mit ihr verbundenen Gesellschaft die Leitung ihrer Geschäfte, so kann ein dafür gezahltes Entgelt eine verdeckte Gewinnausschüttung sein. Müssen die für die Auftragnehmerin tätig werdenden Personen in zeitlicher Hinsicht den Einsatz eines in Vollzeit beschäftigten Geschäftsführers erbringen, so ist die Angemessenheit des Entgelts nach den Maßstäben zu bestimmen, die für die Ermittlung angemessener Geschäftsführerbezüge gelten.
2. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen, wenn sie auf einem Vorgang beruht, der sich im Aufwand dieser Betriebsstätte niedergeschlagen hat.
3. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Gewinn eines in den Niederlanden ansässigen Unternehmens aus dessen inländischer Betriebsstätte für die Jahre 1993 und 1995 einem Körperschaftsteuersatz von mehr als 30 % unterworfen werden durfte (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 9. August 2006 I R 31/01, BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838, und zum BMF-Schreiben vom 17. Oktober 2007, BStBl I 2007, 766).
Normenkette
KStG 1990 § 8 Abs. 3 S. 2, § 27 Abs. 1, § 54 Abs. 10a; EStG 1990 § 36 Abs. 2 Nr. 3, § 50 Abs. 5 S. 2; DBA NLD Art. 3 Abs. 5, Art. 5 Abs. 1, Art. 13, 20 Abs. 1; EGV Art. 52, 58
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine niederländische Kapitalgesellschaft. Ihre alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin ist die ebenfalls in den Niederlanden ansässige C-BV. Deren Anteile werden von zwei anderen niederländischen Kapitalgesellschaften, der A-BV und der B-BV gehalten. Alleinige Anteilseigner und Geschäftsführer sind bei der A-BV A und bei der B-BV B. Geschäftszweck der Antragstellerin ist die Durchführung von Beratungsleistungen. In den Streitjahren beriet die Antragstellerin u.a. ein deutsches Bundesland; in diesem Zusammenhang unterhielt sie in Deutschland Betriebsstätten.
Im August 1993 schloss die Antragstellerin gleich lautende Verträge mit der A-BV und der B-BV, in denen sie diese beauftragte, ihr Management zu betreiben. Dabei wurde unter "Management" die tägliche Leitung des Unternehmens der Antragstellerin durch von den Auftragnehmerinnen zu stellende Geschäftsführer verstanden. In den Managementverträgen heißt es, dass die Arbeitsverhältnisse von A und B bei der A-BV und der B-BV bestehen blieben. Ferner sehen die Verträge u.a. die Fortzahlung der Managementvergütungen für 30 Urlaubstage pro Jahr sowie im Krankheitsfall die Fortzahlung der Bezüge für 12 Monate vor. Die Verträge wurden im März 1995 dahin ergänzt, dass für die Jahre 1995 bis 1997 für jede Auftragnehmerin ein Leistungsumfang von insgesamt 9 300 Stunden und Stundensätze von 200 DM (1995 und 1996) und 240 DM (1997) vereinbart wurden.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) sah die Zahlung der Managementvergütungen u.a. für die Jahre 1995 und 1996 als verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) an, soweit die gezahlten Vergütungen 80 % der vereinbarten Beträge überstiegen. Das führte für das Jahr 1995 zu einer Gewinnerhöhung und für das Jahr 1993 zum Fortfall eines Verlustrücktrags. Auf dieser Basis erließ das FA Steuerbescheide, wobei es die zu versteuernden Einkommen Steuersätzen von 46 % (1993) und 42 % (1995) unterwarf. Gegen diese Bescheide erhob die Antragstellerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Das Klageverfahren ist noch beim Finanzgericht (FG) anhängig.
Parallel zu dem Rechtsbehelfsverfahren beantragte die Antragstellerin, die Vollziehung der genannten Bescheide auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das FA ab. Das daraufhin angerufene FG setzte die Vollziehung der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide aus, soweit darin ein höherer Steuersatz als 33,5 % berücksichtigt war; den weiter gehenden Antrag lehnte es ebenfalls ab.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie beantragt, den Beschluss des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide 1993 und 1995 sowie des Gewerbesteuerbescheids 1996 in bestimmtem, in der Antragsschrift näher bezeichnetem Umfang auszusetzen. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist, soweit sie den Gewerbesteuerbescheid 1996 betrifft, unzulässig. Denn jener Bescheid ist nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des FG. Soweit sie die Bescheide wegen Körperschaftsteuer 1993 und 1995 betrifft, ist die Beschwerde nur zum Teil begründet: Bei summarischer Betrachtung besteht kein ernstlicher Zweifel daran, dass das FA die Zahlungen der Antragstellerin an die A-BV und die B-BV zu Recht teilweise als verdeckte Gewinnausschüttungen angesehen und dass es die Höhe dieser verdeckten Gewinnausschüttungen nicht zum Nachteil der Antragstellerin rechtsfehlerhaft bemessen hat. Ernstlich zweifelhaft ist aber, ob es mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, das zu versteuernde Einkommen der Klägerin einer Körperschaftsteuer von 33,5 % zu unterwerfen.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist der Fall, wenn bei summarischer Überprüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (Senatsbeschluss vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351, m.w.N.).
2. Die Antragstellerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, die in den Streitjahren in Deutschland Betriebsstätten unterhielt. Sowohl die Verfahrensbeteiligten als auch das FG gehen augenscheinlich davon aus, dass sich auch die Geschäftsleitung der Antragstellerin in den Niederlanden befand; dies kann deshalb im summarischen Verfahren zu Gunsten der Antragstellerin unterstellt werden. Ungeachtet dessen unterliegen die Einkünfte der Antragstellerin, soweit sie den deutschen Betriebsstätten zuzurechnen sind, gemäß § 2 Nr. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Körperschaftsteuer. Der Besteuerung der Betriebsstätteneinkünfte in Deutschland steht das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete (DBA-Niederlande) vom 16. Juni 1959 (BGBl II 1960, 1782) nicht entgegen (Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande).
3. Ausgangspunkt für die Ermittlung der Betriebsstätteneinkünfte, die hiernach der deutschen Besteuerung unterliegen, sind die jeweiligen Gesamteinkünfte der Antragstellerin. Diese sind nach Maßgabe des deutschen Rechts zu ermitteln. Die so ermittelten Einkünfte sind sodann, soweit sie durch die deutschen Betriebsstätten erzielt worden sind, diesen Betriebsstätten zuzurechnen. Dabei sind jeder Betriebsstätte diejenigen Einkünfte zuzuweisen, die sie erzielt hätte, wenn sie sich als selbständiges Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Geschäften unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen befasst und Geschäfte wie ein unabhängiges Unternehmen getätigt hätte (Art. 5 Abs. 2 DBA-Niederlande).
4. Im Streitfall hat die Antragstellerin die A-BV und die B-BV mit "Managementleistungen" beauftragt. Die von den Auftragnehmerinnen zu erbringende Leistung bestand in der Leitung des Unternehmens der Antragstellerin. Die A-BV und die B-BV, die zugleich alle Geschäftsanteile an der alleinigen Gesellschafterin der Antragstellerin --der C-BV-- hielten, haben diesen Auftrag vereinbarungsgemäß durch den Einsatz ihrer Geschäftsführer A und B erfüllt und dafür nach Stundensätzen bemessene Vergütungen erhalten. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass diese Vergütungen verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein können und dass sie insoweit an dem Maßstab zu messen sind, der für die Überprüfung von Geschäftsführerbezügen gilt.
a) Verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i.S. des § 4 Abs. 1 EStG auswirkt und nicht mit einer offenen Ausschüttung zusammenhängt. Zudem muss der Vorgang geeignet sein, einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (Senatsurteile vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 22. August 2007 I R 32/06, BStBl II 2007, 961). Diese Voraussetzungen können auch Leistungen erfüllen, die eine Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter ihres eigenen Gesellschafters (mittelbarer Gesellschafter) erbringt (Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 I R 247/81, BFHE 145, 165, 173 f., BStBl II 1986, 195, 199). Um einen solchen Sachverhalt geht es im Streitfall.
b) Eine Leistung einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sie unter vergleichbaren Umständen einem gesellschaftsfremden Dritten nicht gewährt hätte. Der demnach anzustellende Fremdvergleich muss im Streitfall davon ausgehen, dass die A-BV und die B-BV bei der Antragstellerin diejenige Funktion übernommen haben, die bei Kapitalgesellschaften regelmäßig ein angestellter Geschäftsführer ausübt. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die ihnen gestellte Aufgabe, die darin bestand, das Unternehmen der Antragstellerin zu leiten. Es gilt vielmehr ebenso für den zeitlichen Einsatz, der vertraglich dadurch vorgegeben war, dass in den Jahren 1995 bis 1997 jede Auftragnehmerin insgesamt 9 300 Arbeitsstunden leisten musste. Dem entsprechend wurden auch krankheits- und urlaubsbedingte Ausfalltage in einer Weise vergütet, wie dies im Verhältnis zu angestellten Geschäftsführern üblich ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass A und B in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der A-BV und der B-BV ohnehin Leitungsmacht bei der Antragstellerin innehatten, die Einschaltung der Auftragnehmerinnen also den Kreis der tatsächlich handelnden Personen letztlich nicht veränderte. Bei dieser Sachlage ist es zweifelsfrei gerechtfertigt, die von der Antragstellerin gezahlten Entgelte aus steuerrechtlicher Sicht an den Kriterien zu messen, die für die Überprüfung von Geschäftsführerbezügen gelten. Wie die maßgeblichen Verträge zivilrechtlich einzuordnen sind, ist dabei ebenso ohne Belang wie die Frage, ob Gestaltungen der in Rede stehenden Art in den Niederlanden üblich sind.
c) Im Streitfall müssen die von der Antragstellerin geleisteten Zahlungen an den Bezügen der Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften gemessen werden, die von den betrieblichen Kennzahlen her dem inländischen Tätigkeitsbereich der Antragstellerin entsprechen. Denn es geht hier nur um denjenigen Aufwand, den die Antragstellerin selbst ihren inländischen Betriebsstätten zugeordnet hat, der also nach ihren Angaben auf die Leitung dieser Betriebsstätten entfällt. Es ist indessen nicht ernstlich zweifelhaft, dass die an die A-BV und an die B-BV gezahlten Vergütungen diejenigen Beträge übersteigen, die unter vergleichbaren Umständen als Gesamtausstattung der Geschäftsführung anzuerkennen wären:
Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung belief sich der entsprechende Aufwand der Antragstellerin im Jahr 1995 auf 1 299 600 DM und in 1996 auf 997 200 DM. Damit überstieg er bei weitem die Größenordnung, in der sich in den Streitjahren die Bezüge von Geschäftsführern vergleichbarer Unternehmen bewegten. Denn nach Aktenlage ist der inländische Tätigkeitsbereich der Antragstellerin mit einer "kleinen" Kapitalgesellschaft (Gesamtumsatz bis 10 Mio. DM) vergleichbar, und ausweislich der verfügbaren Gehaltsstrukturuntersuchungen beliefen sich die Gesamtbezüge von Geschäftsführern solcher Gesellschaften im Streitzeitraum im Durchschnitt auf 221 000 DM (Tänzer, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1996, 40, 41). Ferner zeigen jene Untersuchungen, dass ein Drittel dieser Geschäftsführer bis zu 150 000 DM, ein weiteres Drittel bis zu 225 000 DM bezog und dass nur 6 % der Geschäftsführer mehr als 400 000 DM erhielten (Tänzer, GmbHR 1996, 40). Schließlich ist zu beachten, dass die inländischen Betriebsstätten der Antragstellerin nicht überdurchschnittlich profitabel arbeiteten, sondern unter Berücksichtigung der vereinbarten Managementvergütungen in den Streitjahren 1995 und 1996 Verluste auswiesen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände (vgl. dazu Senatsurteile vom 27. Februar 2003 I R 46/01, BFHE 202, 241, BStBl II 2004, 132; vom 4. Juni 2003 I R 24/02, BFHE 202, 494, BStBl II 2004, 136) besteht kein ernstlicher Zweifel daran, dass die in Rede stehenden Vergütungen einem Fremdvergleich nicht standhalten.
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die von der Antragstellerin vereinbarten Stundenhonorare denjenigen entsprechen mögen, die in den Streitjahren allgemein für Leistungen vergleichbar qualifizierter Berater gezahlt wurden und in diesem Sinne marktüblich waren. Die dahin gehende Argumentation der Antragstellerin verkennt, dass der steuerrechtlich maßgebliche Fremdvergleich nicht nur auf einzelne Elemente, sondern auch auf den Gesamtbetrag der in Rede stehenden Vergütung abstellen muss. So kann es einen Unterschied machen, ob eine Kapitalgesellschaft ein bestimmtes Stundenhonorar für den zeitlich begrenzten Einsatz eines externen Beraters vereinbart oder ob sie denselben Stundensatz im Zusammenhang mit der umfassenden und dauerhaften Beschäftigung einer vergleichbar qualifizierten Person zahlt; dieser Unterschied tritt jedenfalls dann zu Tage, wenn --wie im Streitfall-- jene Zahlungen für die Kapitalgesellschaft erkennbar zu einem Verlustrisiko führen. Der entscheidende Punkt ist daher im Streitfall nicht die Höhe der vereinbarten Stundensätze; er liegt vielmehr darin, dass durch die Kombination von Stundensätzen und vereinbarter Arbeitszeit für die Antragstellerin ein Aufwand entstand, der das Maß des Fremdüblichen übersteigt und im Ergebnis zu einer Gewinnabsaugung führen konnte. Das ist kennzeichnend für eine Vereinbarung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Ob das niederländische Steuerrecht vergleichbare Vereinbarungen als fremdüblich behandelt, ist für die Beurteilung des Streitfalls ebenso unerheblich wie der von der Antragstellerin hervorgehobene Umstand, dass der notwendige Arbeitsumfang durch ihren Auftraggeber vorgegeben gewesen sei.
d) Die übrigen Merkmale einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG liegen im Streitfall vor. Das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner Erläuterung. Die demnach gegebenen verdeckten Gewinnausschüttungen dürfen nach der genannten Vorschrift das Einkommen der Antragstellerin nicht mindern; sie sind deshalb außerbilanziell gewinnerhöhend zu erfassen. Die Gewinnerhöhungen sind den inländischen Betriebsstätten der Antragstellerin zuzuordnen, da die verdeckten Gewinnausschüttungen auf Vorgängen beruhen, die sich im Aufwand dieser Betriebsstätten niedergeschlagen haben. Daher dürfen sie auch aus abkommensrechtlicher Sicht unabhängig davon bei der deutschen Besteuerung berücksichtigt werden (Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande), ob sich die Geschäftsleitung der Antragstellerin --und damit ihr Wohnsitz im abkommensrechtlichen Sinne (Art. 3 Abs. 5 DBA-Niederlande)-- in den Niederlanden befunden hat.
5. Den Umfang der von ihm angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen hat das FA aus einem Vergleich der von der Antragstellerin vorgelegten Eingangs- und Ausgangsrechnungen abgeleitet. Dazu hatte der Prüfer festgestellt, dass die Antragstellerin ihren Abnehmern in den Jahren 1995 und 1996 Stundensätze von 200 holländischen Gulden (hfl) berechnet habe, während ihre Eingangsrechnungen Stundensätze von 225 hfl auswiesen. Die Antragstellerin zieht die darauf aufbauende Berechnung zwar in methodischer Hinsicht in Zweifel. Insbesondere macht sie geltend, dass die Eingangsrechnungen ganz überwiegend Leistungen der besonders hoch qualifizierten A und B beträfen; dagegen sei in die Ausgangsrechnungen ein höherer Anteil von Leistungen eingegangen, die von weniger qualifizierten Arbeitnehmern erbracht worden seien. Sie trägt aber nicht konkret vor, in welcher Weise die vom Prüfer angestellte und vom FA übernommene Berechnung in diesem Punkt korrigiert werden müsste. Angesichts dessen muss es im summarischen Verfahren bei der vom FA angestellten Berechnung verbleiben.
6. Schließlich hat das FG zutreffend erkannt, dass ernstliche Zweifel daran bestehen, ob die zu versteuernden Einkommen der Antragstellerin den vom FA angewandten Steuersätzen unterworfen werden durften. Es durfte sich aber nicht darauf beschränken, die Vollziehung der Bescheide insoweit auszusetzen, als die festgesetzte Steuer auf der Anwendung eines Steuersatzes von mehr als 33,5 % beruhte. Vielmehr besteht die ernstliche Möglichkeit, dass der anzuwendende Steuersatz für beide Streitjahre auf 30 % begrenzt werden muss. Insoweit muss die Vollziehung der streitigen Bescheide daher in einem weiteren Umfang ausgesetzt werden als dies mit der angefochtenen Entscheidung geschehen ist.
a) Die vom FA berücksichtigten Steuersätze entsprechen der für die Streitjahre geltenden Gesetzeslage. Jedoch hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) diese Gesetzeslage insoweit für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar erklärt, als danach der Gewinn aus einer deutschen Betriebsstätte eines in einem anderen EU-Staat ansässigen Unternehmens mit einer höheren Steuer belastet wird als der Gewinn, den eine deutsche Tochtergesellschaft eines solchen Unternehmens unter sonst vergleichbaren Bedingungen erzielt hätte (EuGH-Urteil vom 23. Februar 2006 Rs. C-253/03, "CLT-UFA", EuGHE I 2006, 1831). Dieser Rechtsprechung ist der beschließende Senat gefolgt (Senatsurteil vom 9. August 2006 I R 31/01, BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838). Sie ist auch im Streitfall einschlägig, da es um die Besteuerung eines Gewinns geht, den ein niederländisches Unternehmen durch seine deutschen Betriebsstätten erzielt hat.
b) Der Senat hat in seinem zitierten Urteil in BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838 erkannt, dass der von einer ausländischen EU-Kapitalgesellschaft durch eine Zweigniederlassung im Inland erzielte Gewinn einer Körperschaftsteuerbelastung von 33,5 %, allenfalls von 33,885 % unterliege. An diesem Urteil, dem sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen hat (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Oktober 2007, BStBl I 2007, 766), hat sich das FG im Streitfall orientiert. Doch hat der Senat schon seinerzeit erwogen, dass der für Betriebsstättengewinne geltende Steuersatz möglicherweise aus Gründen des primären Gemeinschaftsrechts unter bestimmten Umständen zusätzlich vermindert werden müsse. Er ist dem in seinem Urteil in BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838 nicht weiter nachgegangen, da der Urteilsfall dem EuGH vorgelegen und der EuGH die ihm gestellte Frage nach dem anzuwendenden Steuersatz ausdrücklich nicht beantwortet hatte. Bei einer von jener Verfahrenslage losgelösten Betrachtung ist eine solche Lösung jedoch ernstlich in Betracht zu ziehen.
aa) Der Steuersatz von 33,5 % ist aus dem Vergleich mit der Besteuerung einer inländischen Tochtergesellschaft abgeleitet, die ihren Gewinn an ihre Muttergesellschaft ausschüttet. Gegenüber einer solchen Gesellschaft wird nach der für die Streitjahre geltenden Rechtslage der ausgeschüttete Gewinn mit einer Körperschaftsteuer von 30 % des Gewinns vor Abzug der Körperschaftsteuer belastet und zusätzlich eine Kapitalertragsteuer von 5 % auf den Ausschüttungsbetrag erhoben (dazu näher Senatsurteil in BFHE 214, 496, 499, BStBl II 2007, 838, 840 ff.). Das folgt speziell im Hinblick auf das Streitjahr 1993, in dem ausgeschüttete Gewinne zunächst einem Steuersatz von 36 % unterlagen, aus § 27 Abs. 1 i.V.m. § 54 Abs. 10a KStG i.d.F. des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50); der danach abweichend zu behandelnde Fall der im Jahr 1993 beschlossenen Ausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr ist mit der bei einer Betriebsstätte bestehenden Situation nicht vergleichbar und muss deshalb bei der Beurteilung des Streitfalls außer Betracht bleiben. Im Hinblick auf die Ausgangsgrößen der anzustellenden Vergleichsberechnung ist der Streitfall daher mit der Situation vergleichbar, die dem Urteil in BFHE 214, 496, BStBl II 2007, 838 zu Grunde lag.
bb) Der hiernach für ausgeschüttete Gewinne maßgebliche Körperschaftsteuersatz von 30 % galt für die Streitjahre unabhängig davon, ob der Empfänger der Ausschüttung im Inland oder im Ausland ansässig war. Deshalb ist bei summarischer Betrachtung davon auszugehen, dass seine Anwendung auch im Bereich der Betriebsstättenbesteuerung keinen Bedenken begegnet. Nicht zweifelsfrei ist aber, ob die zusätzliche Erhebung einer Kapitalertragsteuer im Verhältnis zu Tochtergesellschaften mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar war, wenn jene Steuer bei der Besteuerung der Muttergesellschaft nicht angerechnet werden konnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 20. Dezember 2006 I R 13/06, BFHE 216, 259, 264, BStBl II 2007, 616, 619). Wäre diese Frage indessen zu verneinen, so müsste sich in solchen Fällen der bei der Betriebsstättenbesteuerung anzustellende Steuersatzvergleich möglicherweise allein an dem Ausschüttungssteuersatz von 30 % orientieren.
Im Streitfall könnte eine solche Situation ggf. vorliegen. Denn nach niederländischem Recht wird eine auf Schachteldividenden erhobene ausländische Quellensteuer nicht auf die Steuer der Muttergesellschaft angerechnet (Galavazi in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 20 Niederlande Rz 136), und auch das DBA-Niederlande schreibt eine solche Anrechnung nicht vor. Zudem entspricht bei einer fiktiven Gleichstellung von Betriebsstätte und Tochtergesellschaft die Betriebsstätte einer inländischen Kapitalgesellschaft zweifelsfrei einer Tochtergesellschaft, deren Ausschüttung eine Schachteldividende darstellt. Daher würde im Verhältnis zu einer solchen Tochtergesellschaft die Erhebung einer Kapitalertragsteuer möglicherweise gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Dass die Mutter-Tochter-Richtlinie (Richtlinie 435/90/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 225, 6, berichtigt ABlEG Nr. L 226, 20) eine solche Besteuerung seinerzeit ausdrücklich erlaubte (Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie in der für die Streitjahre geltenden Fassung), muss dem nicht entgegenstehen, da sich die Unzulässigkeit der Besteuerung aus primärem Gemeinschaftsrecht (Art. 52 i.V.m. Art. 58 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften --EGV--; heute Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages von Nizza zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG--) ergeben könnte und diesem gegenüber das Richtlinienrecht möglicherweise zurücktreten muss (vgl. dazu Lüdicke/ Hummel, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2006, 694; Rainer, IStR 2007, 829, 830). Vor diesem Hintergrund muss die Frage, ob bei der Bestimmung des für Betriebsstätten maßgeblichen Steuersatzes die Kapitalertragsteuerbelastung einer Tochtergesellschaft berücksichtigt werden darf, als nicht abschließend geklärt angesehen werden (ebenso Rehm/Nagler, IStR 2007, 830, 831).
cc) Im Hinblick auf den Streitfall ist zudem zu bedenken, dass die Antragstellerin ihren in 1995 in den deutschen Betriebsstätten erzielten Gewinn vollständig an ihre Gesellschafterin ausgeschüttet hat. Das könnte sich im Rahmen der Betriebsstättenbesteuerung zu ihren Ungunsten auswirken. Hätte nämlich eine mit der Betriebsstätte vergleichbare Tochtergesellschaft der Antragstellerin eine solche Ausschüttung vorgenommen, so wäre ihre Steuerbelastung davon abhängig gewesen, ob sie die Ausschüttung aus ihrem versteuerten Einkommen hätte finanzieren können oder nicht. Das hätte anhand der Gliederung ihres verwendbaren Eigenkapitals beurteilt werden müssen, wobei sich eine Belastung mit mehr als 30 % Körperschaftsteuer hätte ergeben können (vgl. dazu z.B. Dötsch/Cattelaens/Gottstein/ Stegmüller/Zenthöfer, Körperschaftsteuer, 12. Aufl., Rz 1187). Eine Anknüpfung an die Eigenkapitalgliederung scheidet indessen im Streitfall aus, da eine solche weder für die Antragstellerin als solche noch für deren deutsche Betriebsstätte vorzunehmen war. Das führt zu der Frage, ob die Tatsache der verdeckten Gewinnausschüttung bei der im Streitfall anzustellenden Vergleichsrechnung berücksichtigt werden muss und von welchen wirtschaftlichen Daten der zum Vergleich heranzuziehenden Tochtergesellschaft dabei ggf. ausgegangen werden müsste.
Darüber hinaus hängt der Umstand, dass eine Ausschüttung ggf. zu einer erhöhten Belastung mit Körperschaftsteuer führte, mit der seinerzeit im Einkommensteuergesetz 1990 (EStG 1990) vorgesehenen Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Steuer des Anteilseigners zusammen (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1990). Diese wird indessen nach der damaligen Gesetzeslage grundsätzlich nur inländischen Anteilseignern gewährt (§ 50 Abs. 5 Satz 2 EStG 1990), was wiederum gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen könnte (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 22. Februar 2006 I R 56/05, BFHE 212, 460; Blümich/Wied, § 50 EStG Rz 24; Gosch in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 50 Rz 19; vgl. dazu aber auch EuGH-Urteil vom 12. Dezember 2006 Rs. C-374/04, "Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation", EuGHE I 2006, 11673, Tz. 59). Wäre aber eine ausländische Muttergesellschaft aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen zur Anrechnung der Körperschaftsteuer berechtigt, so könnte dies für die anzustellende Vergleichsrechnung ebenfalls bedeutsam sein.
Auch aus diesen Überlegungen heraus ist die Frage, wie unter den im Streitfall gegebenen Umständen eine solche Vergleichsrechnung vorzunehmen ist, als offen anzusehen. Dasselbe gilt schließlich für die weitere Frage, ob und ggf. inwieweit bei der Bestimmung des maßgeblichen Steuersatzes zu berücksichtigen ist, dass bei einer Tochtergesellschaft der Antragstellerin die bei einer Vollausschüttung anfallende Körperschaftsteuer als nicht abziehbare Betriebsausgabe zu behandeln gewesen wäre (vgl. dazu erneut Senatsurteil in BFHE 214, 496, 504, BStBl II 2007, 838, 841; FG Köln, Urteil vom 24. Januar 2007 13 K 336/07, Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1349).
c) Es kann nicht Aufgabe des summarischen Verfahrens sein, die sich hiernach stellenden ungeklärten Rechtsfragen abschließend zu beantworten. Daher erscheint es sachgerecht, in diesem Verfahren auf diejenige Lösung zurückzugreifen, die von den nach derzeitigem Erkenntnisstand ernstlich in Betracht kommenden die der Antragstellerin günstigste ist. Das ist eine Besteuerung der Betriebsstättengewinne nach Maßgabe eines Steuersatzes von 30 %. Auf dieser Basis wird daher die Vollziehung der angefochtenen Bescheide ausgesetzt. Die Berechnung der Aussetzungsbeträge wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 1975053 |
BFH/NV 2008, 1060 |
BFH/PR 2008, 309 |
BFHE 2008, 463 |
BFHE 220, 463 |
BB 2008, 1718 |
DB 2008, 1017 |
DStRE 2008, 692 |
HFR 2008, 719 |
WPg 2008, 515 |
FR 2008, 1059 |
NWB 2008, 1625 |
IStR 2008, 482 |
NZG 2008, 419 |
StuB 2008, 360 |
ZIP 2008, 2314 |
EuZW 2008, 613 |
RIW 2008, 409 |
GmbHR 2008, 596 |
NWB direkt 2008, 8 |
Konzern 2008, 304 |
SJ 2008, 6 |
Ubg 2008, 294 |