Leitsatz (amtlich)
Die Beschwerde gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe ist nicht mehr zulässig, nachdem die Hauptsache durch isolierte Kostenentscheidung des FG ihre Erledigung gefunden hat.
Normenkette
FGO § 142; ZPO §§ 114, 127 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) klagte gegen seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner für die rückständige Umsatzsteuer 1977 einer GmbH, deren Geschäftsführer er gewesen war. Er stellte bei dem Finanzgericht (FG) ferner den Antrag, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren zu bewilligen und ihm seinen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen. Das FG lehnte den Antrag mit der Begründung ab, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Mit der Beschwerde hält der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von PKH für das Klageverfahren aufrecht.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte während des Beschwerdeverfahrens unter Berücksichtigung der bis zum Erlaß der Einspruchsentscheidung von der Steuerschuldnerin bzw. von Drittschuldnern geleisteten Zahlungen die Haftungsschuld von 8 496,35 DM auf 4 647,03 DM herab. Nachdem der Rechtsstreit auf dieser Grundlage seine Erledigung gefunden hatte, legte das FG durch Beschluß die Kosten des Klageverfahrens zu 55 v.H. dem Antragsteller und im übrigen dem FA auf.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf PKH für das Klageverfahren ist unzulässig.
Mit der Beendigung einer Instanz erledigt sich grundsätzlich auch der Antrag auf Bewilligung von PKH bzw. die gegen deren Versagung eingelegte Beschwerde (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 43.Aufl., § 127 Anm.7 Ba). Denn die PKH wird nach § 142 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ihre Bewilligung wirkt deshalb grundsätzlich nur für die Zukunft und sie setzt ein noch anhängiges Verfahren voraus (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 122 Anm.1 B).
Von diesem Grundsatz bestehen aber Ausnahmen. Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, daß die PKH rückwirkend und sogar noch nach Abschluß des Verfahrens bewilligt werden kann, wenn der Bewilligungsantrag mit den erforderlichen Unterlagen während des Verfahrens gestellt, aber nicht verbeschieden worden ist. Denn das Gericht darf nicht durch Säumigkeit den Antragsteller um die PKH bringen können (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 122 Anm.1 B, m.w.N.). In Anlehnung daran wird angenommen, daß auch eine Beschwerde aus Billigkeitsgründen dann zulässig bleibt, wenn der Antragsteller die PKH rechtzeitig beantragt, das Gericht über den Antrag aber erst so spät entschieden hat, daß dem Antragsteller die Einlegung der Beschwerde vor Abschluß der Instanz nicht mehr möglich oder zumutbar war (Beschluß des Senats vom 7.August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838, m.w.N.). Es kann dahinstehen, ob auch im Streitfall eine rückwirkende Bewilligung der PKH für das bereits abgeschlossene Klageverfahren in Betracht kommt und deshalb die --hier vor Abschluß des Hauptverfahrens erhobene-- Beschwerde zulässig geblieben ist. Die Zulässigkeit der Beschwerde ist jedenfalls deshalb entfallen, weil der Bundesfinanzhof (BFH) über die zugehörige Hauptsache nicht mehr zur Entscheidung befugt ist.
Nach § 142 FGO i.V.m. § 127 Abs.2 Satz 2 ZPO findet gegen eine ablehnende Entscheidung über die PKH die Beschwerde statt, "es sei denn, daß das Berufungsgericht die Entscheidung getroffen hat". Aus dieser Regelung wird der allgemeine Grundsatz entnommen, daß die Beschwerde in einer PKH-Sache nicht an diejenige Instanz gerichtet werden kann, an die die zugehörige Hauptsache nicht kommen kann (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 127 Anm.7 Bb). Eine Beschwerde ist also auch nicht gegen die Ablehnung der PKH durch das FG zulässig, wenn die zugehörige Hauptsache nicht an den BFH gelangen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 14.Mai 1982 VIII B 1/82, BFHE 136, 53, BStBl II 1982, 600, für den Fall der Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung durch unanfechtbaren Beschluß nach Art.1 Nr.3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--). Der Senat hat deshalb im Falle der Beendigung des Klageverfahrens durch isolierte Kostenentscheidung nach § 138 Abs.1 FGO --wie im Streitfall-- die danach eingelegte Beschwerde gegen die Versagung der PKH als unzulässig verworfen, weil auch hier die zugehörige Hauptsache nicht mehr an den BFH gelangen konnte; denn Kostenentscheidungen des FG sind gemäß Art.1 Nr.4 BFHEntlG nicht anfechtbar (Beschluß vom 10.Januar 1985 VII B 63/84, nicht veröffentlicht).
Der Streitfall unterscheidet sich von dem Sachverhalt, der der vorstehend zitierten Entscheidung des Senats zugrunde lag, zwar dadurch, daß hier im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde hinsichtlich der Hauptsache noch von der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels zum BFH ausgegangen werden konnte, so daß die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des FG zur PKH zunächst zulässig war. Für die Anrufbarkeit des BFH in der Hauptsache reicht, wenn auch die Streitwertrevision hier nicht gegeben war (§ 115 Abs.1 FGO i.V.m. Art.1 Nr.5 BFHEntlG), die Möglichkeit einer Zulassung der Revision durch das FG oder den BFH (§ 115 Abs.2 FGO) oder die Möglichkeit einer zulassungsfreien Verfahrensrevision nach § 116 FGO aus (BFH-Beschluß vom 22.Juni 1983 I B 24/83, BFHE 138, 520, BStBl II 1983, 644). Seitdem aber das Klageverfahren durch die isolierte Kostenentscheidung nach § 138 Abs.1 FGO abgeschlossen worden ist, steht fest, daß die Hauptsache --auch hinsichtlich des Kostenpunktes-- nicht mehr an den BFH gelangen kann. Der Senat ist der Auffassung, daß auch in diesem Falle die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Versagung der PKH entfällt. Denn mit der aus § 127 Abs.2 Satz 2 ZPO hergeleiteten Rechtsmittelbeschränkung, wonach im PKH-Verfahren die Beschwerde nicht an eine Instanz eröffnet werden soll, die nicht mit der Hauptsache befaßt werden kann, soll verhindert werden, daß das Beschwerdegericht im Rahmen einer Nebenentscheidung zur sachlichen Prüfung des geltend gemachten Anspruchs oder etwaiger Einwendungen genötigt wird, obgleich es in der Hauptsache mit dieser Prüfung nicht befaßt sein kann. Für diese Auffassung spricht, daß der Beschwerdeausschluß die Sachfrage selbst erfassen soll, für ihn aber kein Anlaß bestehen soll, wenn die PKH lediglich wegen fehlender Hilfsbedürftigkeit versagt worden ist (vgl. Zöller/Schneider, Zivilprozeßordnung, 14.Aufl., § 127 Anm.22, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte). Da im Streitfall der BFH zur Entscheidung über die Hauptsache nicht befugt ist, ist es ihm demnach auch versagt, die auf mangelnde Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Antragstellers gestützte Versagung der PKH durch das FG zu überprüfen.
Fundstellen
Haufe-Index 61103 |
BStBl II 1986, 71 |
BFHE 144, 407 |
BFHE 1986, 407 |
BB 1986, 187-187 (S) |
DB 1986, 312-312 (T) |
HFR 1986, 132-133 (ST) |