Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründunganforderungen an eine NZB zur Anerkennung von Verträgen zwischen Angehörigen
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, ob die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsvertrags unter Angehörigen allein mit der Begründung versagt werden könne, dass die Arbeitszeit nicht kontrolliert worden sei, ist nicht klärungsbedürftig.
2. Geht das Finanzgericht davon aus, dass zu den üblichen Vergütungsformen im Werkvertragsrecht auch die Stundenlohnvereinbarung gehört, so leidet das Urteil nicht an einem derart schwerwiegenden Rechtsfehler, der eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO gebieten würde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; EStG § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.05.2003; Aktenzeichen 6 K 2094/01) |
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Ebenso wirft der Streitfall keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Das Urteil weicht im Übrigen weder von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab, noch ist es mit einem so schwerwiegenden Rechtsfehler behaftet, dass eine Zulassung der Revision geboten wäre.
1. Die Verfahrensrügen des Besetzungsmangels und des Fehlens von Entscheidungsgründen haben keinen Erfolg.
a) Die Rüge der fehlerhaften Besetzung des Gerichts ist unbegründet (§§ 115 Abs. 2 Nr. 3, 119 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Nachdem die Niederschrift über die mündliche Verhandlung auf Antrag des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) durch Beschluss des Finanzgerichts (FG) vom 12. November 2003 6 K 2094/01 berichtigt worden und dadurch geklärt ist, dass auch die am Tage der mündlichen Verhandlung verhinderten Richter im Protokoll wiedergegeben wurden, weil die Berichtigung der programmgesteuerten Fassung unterblieben war, ist die Beweiskraft des Protokolls wiederhergestellt (§ 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--).
b) Die Rüge des Klägers, das FG habe sich nicht mit dem Argument auseinander gesetzt, dass sich die Frage des Fremdvergleichs im Streitfall nicht stelle, weil der Unternehmer auch die Möglichkeit haben solle, Dienstleistungen von Familienangehörigen unter Marktwert einzukaufen, ist ebenfalls unbegründet.
Wie sich aus § 105 Abs. 2 Nr. 5 und § 119 Nr. 6 FGO ergibt, muss ein finanzgerichtliches Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht begründet werden. Das Fehlen der erforderlichen Begründung ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 2001 V B 48/01, BFH/NV 2002, 369, und vom 25. März 2002 VI B 98/01, BFH/NV 2002, 810). Ein solcher Mangel liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn die vom FG gegebene Begründung lückenhaft ist (BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 I R 74/95, BFHE 181, 410, BStBl II 1997, 132, m.w.N.). Er ist vielmehr nur dann gegeben, wenn es entweder an Urteilsgründen überhaupt fehlt oder das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat oder wenn die gegebene Begründung so substanzlos ist, dass sie die maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen des FG nicht erkennen lässt (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 25/99, BFH/NV 2002, 363; BFH-Beschlüsse vom 2. Februar 1999 II R 91/97, BFH/NV 1999, 1106, und vom 21. Dezember 2001 VII R 24/01, BFH/NV 2002, 660). Anderenfalls kann lediglich eine "schlichte" Fehlerhaftigkeit des Urteils vorliegen, die eine Revisionszulassung nicht rechtfertigt.
Im Streitfall hat das FG zu dem angesprochenen Punkt ausgeführt, dass ein Fremdvergleich bei Angehörigenverträgen angesichts des fehlenden Interessengegensatzes und der daraus resultierenden Missbrauchsgefahr gerade erforderlich ist. Damit hat sich das FG erkennbar mit der Frage des Fremdvergleichs befasst und die Auffassung des Klägers, dieser sei verzichtbar, ausdrücklich abgelehnt. Dass darin ein stillschweigendes Übergehen selbständiger Angriffs- oder Verteidigungsmittel liegen soll, vermag der Senat nicht zu erkennen. Das Gegenteil ist der Fall.
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht in
einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO entsprechenden Weise dargelegt.
a) Insoweit ist die Beschwerde unzulässig. Nach Auffassung des Klägers ist die Frage klärungsbedürftig, ob die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsvertrags unter Angehörigen allein mit der Begründung versagt werden könne, dass die Arbeitszeit nicht kontrolliert worden sei. Klärungsbedürftig sei weiter, ob in einem solchen Fall die Unterscheidung eines Arbeits- oder Werkvertrags dahingestellt bleiben könne, weil bei Werkverträgen der Erfolg geschuldet werde, so dass eine Kontrolle der Arbeitszeit entbehrlich sei.
Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert substantielle und konkrete Angaben darüber, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt (ständige Rechtsprechung, vgl. aus der jüngsten Zeit BFH-Beschluss vom 14. August 2003 I B 27/03, BFH/NV 2004, 63; weiter Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 26; Dürr in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 116 Rz. 27, jeweils m.w.N.). Dazu muss der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in dem anstehenden Revisionsverfahren auch klärungsfähig ist. Liegen bereits Entscheidungen des BFH zu dem Problemkreis vor, so ist insbesondere auszuführen, welche neuen Gesichtspunkte zu der aufgezeigten Rechtsfrage vorgebracht werden, die der BFH noch nicht geprüft hat (ständige Rechtsprechung, vgl. aus jüngster Zeit Senatsbeschluss vom 29. Januar 2004 IV B 95/02, BFH/NV 2004, 949).
b) In seiner Entscheidung vom 21. Januar 1999 IV R 15/98 (BFH/NV 1999, 919; s. auch Senatsbeschluss vom 17. Mai 2001 IV B 71/00, BFH/NV 2001, 1390) hat der Senat erkannt, angesichts des bei Angehörigen vielfach fehlenden Interessengegensatzes und der daraus resultierenden Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten lägen Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei Arbeitsverträgen zwischen Angehörigen nur dann vor, wenn sichergestellt sei, dass die Vertragsbeziehung und die auf ihr beruhenden Leistungen tatsächlich dem betrieblichen und nicht --z.B. als Unterhaltsleistungen-- dem privaten Bereich (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG) zuzurechnen seien. Indiz für die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich sei dabei insbesondere, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspreche, was zwischen Fremden üblich sei. Gerade bei einem Arbeitsverhältnis, das Hilfstätigkeiten von untergeordneter Bedeutung zum Gegenstand habe, werde das Aufgabengebiet und der zeitliche Einsatz des Arbeitnehmers auch in Arbeitsverträgen unter fremden Dritten nicht stets in allen Einzelheiten festgelegt, sondern der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers überlassen. Dabei legte der erkennende Senat --unter Hinweis auf die Urteile des FG Baden-Württemberg vom 16. März 1995 14 K 323/91 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1995, 705) und des FG Düsseldorf vom 18. April 1996 15 K 1449/93 E (EFG 1996, 1152)-- dar, dass dann aber zum Nachweis der erbrachten Arbeitsleistung Belege (z.B. Stundenzettel) üblich sein können.
Diese Rechtsprechung hat sich die Vorinstanz ausdrücklich zu Eigen gemacht und die Klage abgewiesen, weil es im Streitfall an derartigen Belegen fehlte, die auch bei Vereinbarung eines Werkvertrags üblich seien. Die Beschwerdebegründung geht jedoch in keiner Weise auf die Entscheidungen des Senats in BFH/NV 1999, 919 und in BFH/NV 2001, 1390 ein und versäumt es daher auch, neue Gesichtspunkte zu dem vom Kläger im Ergebnis allein beanstandeten Erfordernis der Vorlage von Stundenzetteln vorzubringen. Damit genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen, die an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage zu stellen sind, die bereits Gegenstand der Rechtsprechung des BFH gewesen ist.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers weicht das Urteil des FG auch nicht von der Entscheidung des BFH vom 17. Mai 1995 I R 147/93 (BFHE 178, 203, BStBl II 1996, 204) ab. Abgesehen davon, dass es sich bei der angeblichen Divergenzentscheidung um ein Urteil zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) handelt, geht dieses Urteil gerade von der Notwendigkeit eines Fremdvergleichs aus und bejaht auf Grund dieses Fremdvergleichs eine vGA.
4. Schließlich leidet das angefochtene Urteil des FG nicht an einem derart schwerwiegenden Rechtsfehler, der eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO gebieten würde (s. hierzu den Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25).
a) Zwar hat es der Gesetzgeber versäumt, die Absicht, die Revision auch gegen rechtsfehlerhafte Entscheidungen zuzulassen, durch eine entsprechende Fassung des Wortlauts in § 115 Abs. 2 FGO klar erkennbar zum Ausdruck zu bringen. In der Rechtsprechung des BFH ist jedoch inzwischen anerkannt, dass es sich dabei um eine Entscheidung des FG handeln muss, die objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (Senatsbeschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, und in BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25, jeweils m.w.N.).
b) Der Kläger hat hierzu vorgetragen, an die Erfassung der Arbeitszeit seien bei Werkverträgen andere Anforderungen als bei Arbeitsverträgen zu stellen, denn bei einem Werkvertrag werde letztendlich ein bestimmtes Arbeitsergebnis geschuldet. Das FG habe daher den wesentlichen Inhalt des Werkvertrags mit seinen, des Klägers, Eltern verkannt, die die eigenverantwortliche Führung des Betriebs geschuldet hätten. Dem kann der Senat nicht folgen. Zu den üblichen Vergütungsformen im Werkvertragsrecht gehört auch die Stundenlohnvereinbarung (Erman/Schwenker, Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Aufl. 2004, § 631 Rz. 45), die auch Grundlage des Vertrags der Eltern mit dem Kläger gewesen sein dürfte. Der Kläger selbst hat hierzu im Klageverfahren vorgetragen, man habe eine Wochenarbeitszeit von 14 bis 15 Stunden vereinbart. Hieraus hat das FG gefolgert, dass gerade die eigenverantwortliche Fortführung des Betriebs durch die Eltern, auch unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs einen Nachweis der geleisteten Stunden erfordert hätte. Den unter diesen Umständen ebenfalls nahe liegenden Schluss, die Verpachtung des vom Wohnsitz des Klägers ca. 30 km entfernten Weinbaubetriebs könne nur zum Schein erfolgt sein, hat das FG nicht erwogen.
Fundstellen