Entscheidungsstichwort (Thema)
Mangelnde Sachaufklärung: Mitwirkungspflicht der Beteiligten
Leitsatz (NV)
Das FG braucht einen Sachverhalt, der sich in der Sphäre des Klägers abgespielt hat, nicht von Amts wegen in vollem Umfang aufklären, wenn der Kläger seiner Obliegenheit zur nachvollziehbaren Schilderung des Sachverhalts nicht nachgekommen ist.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt einen Einzelhandel mit …bedarf. Im Jahr 1995 (Streitjahr) buchte er in den Jahren 1992 und 1993 verbuchte Verbindlichkeiten in Höhe von 166 182,15 DM ohne Vorsteuerkorrektur erfolgsneutral als Privateinlage aus. Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts X vom 26. Januar 1995 war eine Klage seines Geschäftspartners S gegen den Kläger auf Zahlung von … DM nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten abgewiesen worden. In dem Urteil wurde u.a. festgestellt, dass S den Kläger von Juli 1990 bis Oktober 1993 mit …geräten und Zubehör je nach Bedarf auf telefonische Bestellung beliefert hatte, aber gegen ihn keine entsprechenden Forderungen (mehr) hat.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ermittelte der Prüfer die 1995 ausgebuchten Verbindlichkeiten aus Leistungsbezügen für das Jahr 1992 mit 71 863,15 DM und für das Jahr 1993 mit 94 319,10 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) erließ daraufhin einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995, in dem er die Vorsteuer gemäß § 17 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) in Höhe von (8 825,29 DM + 12 302,49 DM =) 21 127,78 DM berichtigte.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machte der Kläger u.a. geltend, er habe für die 1995 ausgebuchten Verbindlichkeiten in den Jahren 1992 und 1993 keinen Vorsteuerabzug vorgenommen. Hierzu trug er u.a. vor, die Ehefrau seines damaligen Geschäftspartners S, die seine Buchführung und die Jahresabschlüsse erstellt habe, habe in den Jahren 1992 und 1993 Verbindlichkeiten in Höhe von 166 182,15 DM ohne jeden Rechtsgrund eingebucht. Er habe dem Gericht eine Auflistung sämtlicher Eingangsrechnungen aus den Jahren 1990 bis 1993 ―und dem FA die dazugehörigen Rechnungen― vorgelegt und damit unter Beweis gestellt, dass seinerzeit nur die in diesen Eingangsrechnungen enthaltenen Vorsteuerbeträge geltend gemacht worden seien.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, das FA habe zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG im Streitfall erfüllt seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers. Er beantragt, die Revision wegen mangelhafter Sachaufklärung des FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger hat gerügt, das FG habe nicht aufgeklärt, welche Vorsteuerbeträge er in den Jahren 1990 bis 1993 berechtigterweise in Anspruch habe nehmen können, obwohl er eine entsprechende Auflistung eingereicht und angeboten habe, die zugehörigen Rechnungen vorzulegen. Hätte das FG diese Rechnungen geprüft, wäre es nach der Darlegung des Klägers zu der Auffassung gelangt, dass die Klage begründet wäre.
2. Es kann offen bleiben, ob der Kläger ―wie das FA meint― sein Rügerecht dadurch verloren hat, dass er in der mündlichen Verhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat (vgl. dazu z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 18. Januar 2001 V B 157/00, BFH/NV 2001, 926). Denn der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
a) Das FG hat seine Entscheidung darauf gestützt, der Kläger habe nicht nachweisen können, dass er die auf die 1992 und 1993 eingebuchten Verbindlichkeiten entfallenden Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 21 127,78 DM in den Jahren 1992 und 1993 nicht gegenüber dem FA geltend gemacht habe. Er habe die nahe liegende Annahme nicht erschüttert, dass er in Bezug auf die genannten Verbindlichkeiten aus Lieferungen und sonstigen Leistungen Vorsteuerbeträge abgezogen habe.
Zur Begründung hat das FG u.a. ausgeführt, der Kläger habe zwar dem FA sämtliche Rechnungen vorgelegt, von denen er behaupte, einen Vorsteuerabzug geltend gemacht zu haben. Jedoch habe das FA nach Lage der Akten und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft dargetan, dass die Vorsteuerbeträge nach den vorgelegten Rechnungen in der Summe nicht mit der vom Kläger vorgenommenen Auflistung übereinstimme; hier hätten sich erhebliche Differenzen ergeben.
b) Unter diesen Umständen brauchte das FG die Eingangsrechnungen nicht selbst zu prüfen, wie der Kläger meint. Es wäre vielmehr seine Obliegenheit gewesen ―z.B. durch Vorlage einer ordnungsmäßigen Buchführung―, nachvollziehbar darzulegen, für welche konkreten Lieferungen oder sonstige Leistungen er 1995 Verbindlichkeiten in Höhe von 166 182,15 DM ausgebucht und dass er insoweit in den Jahren 1992 und 1993 keine Vorsteuerbeträge abgezogen hat.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 1119028 |
BFH/NV 2004, 649 |