Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungsmaßstab für die Gewährung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (NV)
1. Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde ist nur gegeben, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers zum Erfolg führt. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers nach dessen Sachdarstellung und den vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht.
2. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss berücksichtigt werden, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe darin besteht, eine möglichst weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu gewährleisten. Deshalb dürfen im PKH-Verfahren an die Prüfung der Erfolgsaussichten keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, insbesondere keine schwierigen, bislang noch nicht hinreichend geklärten Rechts- oder Tatsachenfragen entschieden werden, deren Entscheidung grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist.
3. Wenn auch die Bewilligung von PKH regelmäßig auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt, so sind gleichwohl für die Beurteilung der Erfolgsausichten des Beschwerdeverfahrens die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag maßgebend.
4. Ist das Ziel der Rechtsverfolgung die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und ist dieses Rechtsmittel bereits durch eine vor dem BFH vertretungsberechtigte Person als Bevollmächtigtem fristgerecht eingelegt und begründet worden, so erstreckt sich die gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten durch den BFH auch auf die Beschwerdebegründung.
Normenkette
FGO § 142; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; ZPO §§ 114, 118 Abs. 1 Sätze 4-5
Tatbestand
I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) war bis November 1994 Kommanditist der mit Vertrag vom 27. September 1991 gegründeten und am 30. Januar 1992 in das Handelsregister beim Amtsgericht A eingetragenen X-GmbH & Co. KG (künftig: KG).
Die KG gab bei der Registeranmeldung als Zeitpunkt des Geschäftsbeginns den der Eintragung in das Handelsregister an. Ebenso verfuhr sie bei der Gewerbeanmeldung. Dementsprechend gab sie erstmals für das Kalenderjahr 1992 eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungserklärung ab.
Bereits im Einspruchsverfahren gegen den erstmals ergangenen Feststellungsbescheid für 1992 begehrte der Kläger vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--), auch für die Jahre 1990 und 1991 u.a. Feststellungsbescheide zu erlassen. Eine 1997 bei der KG für die Jahre 1992 bis 1994 durchgeführte Außenprüfung gelangte zu dem Ergebnis, die KG habe ihren Geschäftsbetrieb erst im Jahr 1992 aufgenommen.
Unter dem 4. September 1998 erließ das FA für die Kalenderjahre 1990 und 1991 u.a. negative Feststellungsbescheide für die KG.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und erhob außerdem beim Finanzgericht (FG) Sprungklage unter Az. 1 K 494/98, welcher das FA nicht zustimmte.
Das FA wies die Einsprüche nach notwendiger Hinzuziehung der KG sowie deren Gesellschafter als unbegründet zurück. Zwar sei der Begriff des Geschäftsbeginns in dem Sinne weit zu fassen, dass hierunter bereits bloße Vorbereitungsgeschäfte fielen. Indes habe im Jahr 1991 noch keine Einzelvertretung gemäß § 125 des Handelsgesetzbuchs (HGB) gegolten. Nach außen habe die KG mit ihren Geschäften deshalb erst nach Zustimmung aller Gesellschafter beginnen können. Vor dem 30. Januar 1992 habe kein einvernehmliches Handeln aller Gesellschafter vorgelegen. Vielmehr hätten sie in dem Antrag auf Eintragung in das Handelsregister ausdrücklich begehrt, den Geschäftsbeginn mit dem Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister anzunehmen.
Die Klage, mit welcher der Kläger 22 Anträge nebst zusätzlichen Hilfsanträgen gestellt hat, wies das FG teilweise als unzulässig, hinsichtlich des eigentlichen Streitpunktes als unbegründet, ab.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der anwaltlich vertretene Kläger Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision und der Beiordnung seines Prozessvertreters.
Entscheidungsgründe
II. 1. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll zwar nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dies an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde ist indes nur gegeben, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers zum Erfolg führen kann. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers nach dessen Sachdarstellung und den vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolgs eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juli 2001 X B 122/00, BFH/NV 2001, 1598, m.w.N.).
Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss berücksichtigt werden, dass der Zweck der PKH darin besteht, eine möglichst weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu gewährleisten und damit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG Rechnung zu tragen. Deshalb dürfen bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels keine zu großen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere dürfen im PKH-Verfahren keine schwierigen, bislang noch nicht hinreichend geklärten Rechts- oder Tatsachenfragen entschieden werden, deren Entscheidung grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VII S 13/01, BFH/NV 2002, 692; ferner Kammerbeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 13. Juli 2005 1 BvR 175/05, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2005, 3489; vom 26. Juni 2003 1 BvR 1152/02, NJW 2003, 3190, jeweils m.w.N.).
Wenn auch die Bewilligung von PKH regelmäßig auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt, so sind gleichwohl für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag maßgebend (BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 1598, m.w.N.).
2. Im Streitfall hat die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde bei der gebotenen überschlägigen Prüfung und unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe keine Aussicht auf Erfolg, weil sie bereits unzulässig ist.
Ist, wie im Streitfall, das Ziel der Rechtsverfolgung die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und ist dieses Rechtsmittel bereits durch eine vor dem BFH zur Vertretung berechtigte Person als Bevollmächtigtem fristgerecht eingelegt und begründet worden, so erstreckt sich die gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten durch den BFH auch auf die Beschwerdebegründung (BFH-Beschlüsse vom 1. April 2003 VIII S 25/02 (PKH), BFH/NV 2003, 1077; vom 18. Dezember 2003 III S 19/03 (PKH), nicht veröffentlicht --n.v.--, juris).
Der fachkundig vertretene Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe schon nicht hinreichend dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Der Senat hat deshalb die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision mit Beschluss vom gleichen Tage unter Az. VIII B 172/05 als unzulässig verworfen.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO und § 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).
Fundstellen
Haufe-Index 1482580 |
BFH/NV 2006, 801 |