Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei einheitlicher Gewinnfeststellung
Leitsatz (NV)
Im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung ist der Streitwert für das Revisionsverfahren ausgehend von dem Antrag des Rechtsmittelklägers nach den vermutlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen zu schätzen. Dabei sind grundsätzlich 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlusts anzusetzen.
Normenkette
GKG § 14
Tatbestand
Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin zu 1 (Erinnerungsführerin zu 1) ist die Rechtsnachfolgerin des verstorbenen A.Z. A.Z. und die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin zu 2 (Erinnerungsführerin zu 2) waren im Jahr 1974 zu je 50 v.H. an der ... OHG beteiligt. Das Finanzamt setzte die Einkünfte der OHG aus Gewerbebetrieb auf insgesamt 50874 DM fest. In diesem Betrag war ein laufender Verlust aus dem Betrieb der OHG in Höhe von 1076 DM enthalten, der A.Z. und der Erinnerungsführerin zu 2 je zur Hälte zugerechnet wurde.
Einspruch, Klage und Revision, mit denen die Erinnerungsführer die Feststellung eines um 1281031 DM höheren Verlustes für das Jahr 1974 beantragten, hatten keinen Erfolg. Der Senat hat die Revision der Erinnerungsführer gegen die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) durch Urteil vom 24. Juli 1990 VIII R 226/84 als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kostenbeamte des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Kostenrechnung vom 5. November 1990 die Kosten für das Revisionsverfahren VIII R 226/84 auf der Grundlage eines Streitwerts von 320257 DM angesetzt.
Mit Schriftsatz vom 15. November 1990 haben die Erinnerungsführer gegen die Ermittlung des Streitwerts durch den Kostenbeamten Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, den Streitwert für das Revisionsverfahren auf maximal 100000 DM festzustellen. Im Streitfall könne nicht angenommen werden, daß sich das für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Interesse der Erinnerungsführer an der Herabsetzung des Gewinns mit pauschal 25 v.H. des streitigen Betrags anzusetzen sei. Der Rechtsstreit habe ursprünglich den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1974, 1. Januar 1975, 1. Januar 1976 und 1. Januar 1977 sowie die Gewinnfeststellung für die Jahre 1974 bis 1976 umfaßt. Im vorliegenden Verfahren gehe es zwar nur noch um die Gewinnfeststellung 1974. Es könne aber bei der Streitwertbemessung nicht außer Betracht bleiben, daß die Herabsetzung des Gewinns um den streitigen Betrag von 1281031 DM für sämtliche von dem Verlustvortrag betroffenen Jahre geltend gemacht werde, über dieselbe Streitfrage also in mehreren getrennten Verfahren zu entscheiden sei. Lege man in einem solchen Fall jeweils einen Streitwert in Höhe von 25 v.H. des Gegenstandswerts zugrunde, so müsse dies allein aufgrund der vom FG vorgenommenen Trennung der Verfahren zu einer Kumulierung des Streitwerts führen, d.h., die Erinnerungsführer hätten wegen der vom FG beschlossenen Verfahrenstrennung im Ergebnis höhere Kosten zu tragen. Das FG habe durch unanfechtbaren Beschluß vom 18. Dezember 1985 den Streitwert für die Prozeßgebühr im Klageverfahren wegen Gewinnfeststellung 1975 und 1976 auf insgesamt 200000 DM festgesetzt. Da das vorliegende Verfahren nur ein Streitjahr (1974) betreffe, sei der Streitwert für das Revisionsverfahren somit auf maximal 100000 DM festzusetzen. Dabei sei auch zu beachten, daß die Einkommensteuerschuld der Erinnerungsführerin zu 2 im Streitjahr (ebenso wie in den beiden Folgejahren) auch ohne die begehrte Herabsetzung des Gewinns 0 DM betragen habe. Die Einkommensteuerschuld der Erinnerungsführerin zu 1 und ihres verstorbenen Ehemannes habe im Streitjahr (ohne Berücksichtigung der begehrten Herabsetzung des Gewinnanteils) 24864 DM, in 1975 4224 DM und 1976 30320 DM betragen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist nicht begründet.
Der Kostenbeamte des BFH hat den Streitwert im Rahmen des Kostenansatzverfahrens nach § 4 des Gerichtskostengestzes (GKG) zu Recht mit 320257 DM ermittelt.
Im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung ist der Streitwert für das Revisionsverfahren ausgehend von dem Antrag des Rechtsmittelklägers (§ 14 GKG) nach den vermutlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen zu schätzen. Dabei sind grundsätzlich 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlustes anzusetzen (BFH-Beschluß vom 17. November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, 10, BStBl II 1988, 287). Eine genaue Ermittlung der einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen bei den einzelnen Gesellschaftern soll zum Zweck der Streitwertfeststellung nicht stattfinden. Nur soweit (ohne besondere Ermittlungen) im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung ohne weiteres erkennbar ist, daß der Satz von 25 v.H. den tatsächlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen nicht gerecht wird, kommt der Ansatz eines höheren oder niedrigeren Prozentsatzes in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. März 1982 IV R 46/79, BFHE 135, 457, BStBl II 1982, 542 m.w.N.). Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, daß einerseits zwar Umstände, die im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar und ggf. anhand der in diesem Verfahren vorliegenden Steuerakten überprüfbar sind und die im Regelfall die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen der Gewinnfeststellung bestimmen (wie z.B. die Höhe der streitigen Gewinnanteile), bei der Ermittlung des Streitwerts zu berücksichtigen sind, daß aber andererseits der Streitwert für das einheitliche Gewinnfeststellungsverfahren nicht nach den wirklichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen im Einzelfall zu bemessen ist, weil sich diese Auswirkungen ohne Beiziehung der Einkommensteuerakten nicht zuverlässig bestimmen und überprüfen lassen (BFH-Beschluß vom 23. Februar 1978 IV E 2/78, BFHE 125, 10, BStBl II 1978, 435).
Die Streitwertermittlung der Kostenstelle des BFH entspricht diesen Rechtsgrundsätzen. Die Einwendungen der Erinnerungsführer gegen den Streitwertansatz greifen nicht durch.
Das Vorbringen der Erinnerungsführer, die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen seien im Streitjahr tatsächlich geringer als bei der Schätzung des Streitwerts angenommen, kann der Senat nicht berücksichtigen. Ein Rückgriff auf die persönlichen Verhältnisse der Gesellschafter, die allein bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind und sich ohne Beiziehung der Einkommensteuerakten nicht nachprüfen lassen, ist, wie oben dargelegt, bei der Ermittlung des Streitwerts für das Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung nicht zulässig.
Für die Höhe des Streitwerts ist es auch ohne Bedeutung, daß die Erinnerungsführer ihr Klageziel in erster Instanz ursprünglich in einem einheitlichen Klageverfahren gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1974 bis 1976 geltend gemacht haben. Der Streitwert ist im Rahmen des Kostenansatzes für jede Verfahrensstufe gesondert zu ermitteln und festzusetzen (vgl. §§ 4, 13, 14 GKG). Gegenstand des Revisionsverfahrens war lediglich die Gewinnfeststellung des Jahres 1974. Für dieses Verfahren war der Streitwert nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob für ein die Folgejahre betreffendes Rechtsmittelverfahren ein Streitwert in gleicher Höhe anzusetzen gewesen wäre, wenn die Erinnerungsführer auch das Urteil des FG betreffend die Gewinnfeststellungen 1975 und 1976 mit der Revision angegriffen hätten (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 12. Januar 1978 IV E 1/77, BFHE 124, 144, BStBl II 1978, 198).
Fundstellen
Haufe-Index 419773 |
BFH/NV 1994, 895 |