Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Gegenstand des Klagebegehrens
Leitsatz (NV)
- Für die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens ist es erforderlich, den Streitpunkt so zu umreißen, dass er konkretisiert von anderen denkbaren Streitpunkten abgrenzbar ist.
- Der bloße Hinweis in der Klageschrift auf die Einspruchsentscheidung und die Einkommensteuerbescheide 1986 bis 1990 reicht hierfür nicht aus, wenn diese Bescheide sämtlich auf den Ergebnissen einer beim Kläger durchgeführten Steuerfahndungsprüfung beruhten, die zu einer Vielzahl von steuerlich auszuwertenden Feststellungen geführt hat.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ―was hier als Zulassungsgrund allein in Betracht kommt― einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet hat. Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet, weil das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) vom Finanzgericht(FG) nicht verletzt worden ist.
1. Das FG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger den Gegenstand des Klagebegehrens, dessen Angabe zu den "Muss"-Erfordernissen ordnungsgemäßer Klageerhebung gehört (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO), innerhalb der gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Ausschlussfrist nicht bezeichnet hat.
a) Für die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens ist es ausreichend, aber auch erforderlich, den Streitpunkt so zu umreißen, dass er konkretisiert und von anderen denkbaren Streitpunkten abgrenzbar ist (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 13. Juni 1996 III R 93/95, BFHE 180, 247, BStBl II 1996, 483, unter 2.; BFH-Beschlüsse vom 23. September 1998 IV B 130/97, BFH/NV 1999, 486; vom 11. Juni 1999 V B 168/98, BFH/NV 1999, 1501). Der bloße Hinweis in der Klageschrift auf die Einspruchsentscheidung vom 17. März 1999 und die Einkommensteuerbescheide 1986 bis 1990 sowie 1994 reicht hierfür nicht aus, da diese Bescheide sämtlich auf den Ergebnissen einer beim Kläger durchgeführten Steuerfahndungsprüfung beruhten, die zu einer Vielzahl von steuerlich auszuwertenden Feststellungen geführt hatte. Da das FG aufgrund der Angaben in der Klageschrift nicht imstande war, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) zu bestimmen, war es nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO berechtigt, dem Kläger eine Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Klagebegehrens zu bestimmen. Entgegen der Auffassung des Klägers war die ihm mit Verfügung vom 22. Oktober 2001 gesetzte Ausschlussfrist von mehr als einem Monat bis zum 30. November 2001 auch angemessen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 1998 I R 23/97, BFHE 186, 309, BStBl II 1998, 628). Das gilt insbesondere angesichts des Umstandes, dass seit Klageerhebung ca. zweieinhalb Jahre verstrichen waren, der Kläger durch das Verschweigen seiner Kapitaleinkünfte in erheblichem Maße seine Mitwirkungspflicht verletzt hat und er überdies genügend Gelegenheit hatte, die von der Steuerfahndung beschlagnahmten Unterlagen einzusehen bzw. zurückzuerhalten und dann seine Klage zu begründen.
b) Mit dem fruchtlosen Ablauf der Ausschlussfrist am 30. November 2001 ist die Klage (endgültig) unzulässig geworden (vgl. BFH-Beschluss vom 10. September 2002 X B 46/02, BFH/NV 2003, 71; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 65 Rz. 65). Selbst wenn der Kläger ―was jedoch nicht geschehen ist―, später in der mündlichen Verhandlung noch Unterlagen vorgelegt hätte, hätte das FG diese nicht berücksichtigen können. Die vom Kläger hierzu erhobene Verfahrensrüge (Verstoß gegen das Recht auf Gehör) geht daher ins Leere.
c) Zwar hat der Kläger am vorletzten Tag der Ausschlussfrist beim FG beantragt, die ihm gesetzte Frist zu verlängern. Da es aber beim zuständigen 16. Senat des Niedersächsischen FG nicht zu der beantragten Fristverlängerung für die Bezeichnung des Klagebegehrens gekommen ist, wäre für den Kläger die Rechtsfolge des Ergehens eines Prozessurteils nur unter der Voraussetzung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 65 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 56 FGO) vermeidbar gewesen (vgl. zu einem Antrag auf Fristverlängerung: BFH-Beschlüsse vom 9. Juni 1995 VII B 20/95, BFH/NV 1996, 50, und vom 27. März 1998 XI B 44/97, BFH/NV 1998, 1362).
Im Streitfall kam eine Wiedereinsetzung jedoch nicht in Betracht. Denn der Kläger war nicht ―wie § 56 Abs. 1 FGO voraussetzt― ohne Verschulden gehindert, die Ausschlussfrist einzuhalten. Das FG hat vielmehr zutreffend dargelegt, dass der Kläger ausreichend Gelegenheit hatte, die nicht in seinem Besitz befindlichen Unterlagen einzusehen bzw. zurückzuerhalten und danach das Klagebegehren zu bezeichnen und die Klage zu begründen. Soweit der Kläger mit seinem Beschwerdevorbringen den diesbezüglichen Feststellungen des FG entgegentritt, steht dies im Widerspruch zu den bei den Gerichtsakten befindlichen Unterlagen der Steuerfahndung.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 958733 |
BFH/NV 2003, 1186 |