Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatbestandsberichtigung und Tatbestandsergänzung
Leitsatz (NV)
1. Der Beschluß des FG über eine beantragte Tatbestandsberichtigung ist grundsätzlich unanfechtbar. Das FG ist nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
2. Die auf Tatbestandsergänzung gerichtete Beschwerde ist statthaft. Eine mündliche Verhandlung braucht nicht stattzufinden.
Normenkette
FGO § 108 Abs. 2 S. 2, §§ 128, 90 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat mit Beschluß vom 27. März 1991 Anträge der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (Stundung) und auf Ausetzung der Vollziehung abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 23. April 1991 beantragten sie
,,1. Berichtigung des Tatbestands,
2. Ergänzung des Tatbestands,
3. Ergänzung des Beschlusses durch nachträgliche Entscheidung gemäß § 109 AO,
4. Mündliche Verhandlung zu den vorstehenden Anträgen."
Das FG lehnte die Anträge zu 1 und 2 in dem angefochtenen Beschluß mit der Begründung ab, sie seien unzulässig, weil trotz Aufforderung nicht dargelegt worden sei, welche Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten gerügt würden; unter diesen Umständen sei die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
Die Antragsteller machen mit der Beschwerde geltend: Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil dem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben worden sei. Es hätte auch geklärt werden müssen, ob der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ,,vertretungsbefugt" gewesen sei. Erst nach Klärung der ,,Vertretungsbefugnis" könne auf den Sachverhalt eingegangen werden.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig, soweit eine Tatbestandsberichtigung (§ 108 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) erstrebt wird, und unbegründet, soweit eine Tatbestandsergänzung (§ 109 FGO) begehrt wird.
Der Beschluß des FG über eine Tatbestandsberichtigung ist unanfechtbar (§ 108 Abs. 2 Satz 2 FGO). Ausnahmen hat die Rechtsprechung zugelassen für den Fall, daß der Beschluß auf schwerwiegenden Verfahrensmängeln beruht (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. Dezember 1967 VII B 21/66, BFHE 90, 285, BStBl II 1969, 9; vom 25. Juli 1978 VII B 20/78, BFHE 125, 490, BStBl II 1978, 675; vom 19. April 1989 II B 178/88, BFH/NV 1990, 575). Dem FG sind keine Verfahrensmängel unterlaufen. Es durfte den unerläutert gebliebenen Berichtigungsantrag als unzulässig verwerfen. Es war nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO). § 320 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung, wonach im Tatbestandsberichtigungsverfahren auf Antrag eine mündliche Verhandlung anzuberaumen ist, ist im finanzgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar; ein Rückgriff auf diese Vorschrift über § 155 FGO wird durch die Sonderregelung des § 90 Abs. 1 Satz 2 FGO verdrängt (BFH-Beschluß vom 15. Oktober 1991 VII B 112/91, BFH/NV 1992, 483). Das FG hat, den Antragstellern folgend, als Verfahrensbeteiligte die Antragsteller und das FA angesehen. Wäre das FA nicht der richtige Antragsgegner gewesen, wie nunmehr die Antragsteller geltend machen, hätten ihre Anträge auch aus diesem Grund als unzulässig verworfen werden müssen. Jedenfalls kann ein schwerwiegender Verfahrensfehler des FG nicht darin liegen, daß es den von den Antragstellern bezeichneten Antragsgegner als Verfahrensbeteiligten angesehen hat.
Die Beschwerde ist, soweit sie sich auf Tatbestandsergänzung richtet, zwar statthaft (§§ 108, 128 FGO); § 109 FGO gilt für Beschlüsse sinngemäß (§ 113 Abs. 1 FGO). Dies bedeutet insbesondere, daß abweichend von § 109 Abs. 1 FGO keine mündliche Verhandlung stattzufinden braucht (BFH-Beschluß vom 6. August 1985 VIII R 125/84, BFH/NV 1987, 257). Das FG hat den Ergänzungsantrag zu Recht als unzulässig behandelt, da nicht angegeben worden ist, welchen Antrag das FG übergangen haben soll. Da antragsgemäß gegenüber dem FA entschieden worden ist, kommt in diesem Verfahrensstadium auch keine Überprüfung der Beteiligtenstellung des FA in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 418349 |
BFH/NV 1992, 680 |