Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit
Leitsatz (NV)
Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, muss ein konkreter Sachantrag hinsichtlich des mit der Verfassung noch vereinbaren Steuerbetrags gestellt oder das Begehren zumindest so genau umschrieben werden, dass das Gericht die betragsmäßigen Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis bestimmen kann. Dieses Begehren ist der Streitwertermittlung zugrunde zu legen.
Normenkette
GKG § 21 Abs. 1; FGO § 65 Abs. 1
Gründe
Die Erinnerung ist unbegründet.
1. Mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz kann nicht die Fehlerhaftigkeit der Gerichtsentscheidung geltend gemacht werden, die der Kostenrechnung zugrunde liegt (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, zuletzt Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Dezember 2005 VI E 1/05, BFH/NV 2006, 602, m.w.N.; vom 1. Dezember 2005 XI E 2/05, BFH/NV 2006, 596, und vom 9. November 2005 VIII S 8/05, BFH/NV 2006, 575). Dementsprechend können die Kostenschuldner nicht damit gehört werden, der BFH habe das Revisionsverfahren VI R 35/99 nicht mehr entscheiden dürfen, sondern allenfalls den Kostenschuldnern mitteilen können, dass ihr Klagebegehren durch eine Gesetzesnovellierung gegenstandslos geworden sei. Im Übrigen setzen sich die Kostenschuldner mit ihrer jetzigen Auffassung in Widerspruch zu ihrem Verhalten im Revisionsverfahren VI R 35/99. Dort hatten sie nämlich eine Entscheidung in der Sache nach den im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Anträgen begehrt. Hieran haben sie auch festgehalten, nachdem sie um Äußerung gebeten worden waren, ob sie ihr Begehren der Gesetzesänderung anpassen wollen.
2. Die Berechnung der Kosten in der angefochtenen Kostenrechnung ist nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer zutreffenden Ermittlung des Streitwerts.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens richtet sich nach den Anträgen der Kostenschuldner. Wer geltend macht, durch eine zu hohe Steuerfestsetzung in seinen Rechten aus der Geltung eines Verfassungsgrundsatzes verletzt zu sein, muss einen konkreten Sachantrag auf Herabsetzung der Steuer auf den nach seiner Auffassung noch mit der Verfassung zu vereinbarenden Betrag stellen oder zumindest sein Begehren so genau umschreiben, dass das Gericht die betragsmäßigen Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis bestimmen kann (BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2005 IV E 1/05, BFH/NV 2006, 561). Die Kostenschuldner haben sich --neben dem beantragten Werbungskostenabzug-- hinsichtlich des Kinderfreibetrags für einen bezifferten Antrag entschieden, der der Ermittlung des Streitwerts deswegen zugrunde zu legen ist. Das ist durch den Kostenbeamten geschehen.
Den Kostenschuldnern ist auch nicht darin zu folgen, dass durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. November 1998 2 BvR 1220/93 ihr Verfahren teilweise in Bestandskraft erwachsen sei. Vielmehr hat das BVerfG den BFH-Beschluss vom 7. Mai 1993 VI B 131/92 insgesamt aufgehoben und die Sache an den BFH zurückverwiesen, damit den Kostenschuldnern der Zugang zur Revision eröffnet wird (vgl. Gründe unter B. II.). Dem folgend hat der BFH die Revision mit Beschluss vom 25. Januar 1999 zugelassen. Mangels Beschränkung der Zulassung auf prozessual selbständige Teile des Streitgegenstandes --eine Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen kommt nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 28. September 1990 VI R 157/89, BFHE 162, 290, BStBl II 1991, 86)-- war damit im Rahmen der Anträge der Kostenschuldner über das ursprüngliche Klagebegehren zu entscheiden. Schließlich ist dem Streitwert auch zu Recht die steuerliche Auswirkung aus der Differenz zwischen gewährtem (zuletzt 3 924 DM) und beantragtem (5 160 DM) Kinderfreibetrag ohne Zurechnung des Kindergeldes auf die Einkommensteuerschuld zugrunde gelegt worden, weil die Kostenschuldner dies so beantragt hatten.
Fundstellen
Haufe-Index 1536033 |
BFH/NV 2006, 1498 |