Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässige Einwendungen gegen Zinsbescheid
Leitsatz (NV)
Im Verfahren gegen die Festsetzung von Zinsen wegen hinterzogener Umsatzsteuer können zulässig Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung nicht erhoben werden.
Normenkette
AO 1977 § 351 Abs. 2, § 234; FGO § 42; UStG 1980 § 18 Abs. 3
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen den Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer für 1983 und 1984 ab. Nach der Urteilsbegründung war dafür maßgebend, daß die Umsatzsteuer für 1983 und 1984 einschließlich der als hinterzogen festgestellten Beträge von ... DM (für 1983) und von ... DM (für 1984) aufgrund des rechtskräftig gewordenen Urteils des FG vom ... Dezember 1994 unanfechtbar festgesetzt worden sei und daß die Klägerin rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung im Umfang der bezeichneten Beträge durch Urteil des Landgerichts vom ... Mai 1991 verurteilt worden sei, nachdem der Bundesgerichtshof ihre Revision zurückgewiesen habe. Eine dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde habe das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Das FG führte u. a. weiter aus, aufgrund der Rechtskraft des Urteils über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1983 und 1984 könnten dagegen gerichtete Einwendungen der Klägerin im vorliegenden Verfahren gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen (§235 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) nicht mehr berücksichtigt werden. Deshalb lehnte das FG den Antrag der Klägerin ab, ihren Ehemann über "die Hereinnahme und die Weiterleitung der Kundenschecks in den Streitjahren" als Zeugen zu vernehmen; denn dadurch werde nur die nicht mehr überprüfbare Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen in Frage gestellt. Das gelte auch für den Antrag, den Steuerfahndungsprüfer X als Zeugen "zur Erstellung des Prüfungsberichts im allgemeinen, vor allem aber über das Zustandekommen der Aufstellungen in der Handakte des Prüfers" zu vernehmen.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und wegen mangelnder Sachaufklärung. Zur Begründung ihrer Anträge vertritt sie die Ansicht, das FG habe die ihm obliegende Ermittlungspflicht verletzt, indem es die bezeichneten Zeugen nicht vernommen habe, obwohl es sonst anders hätte entscheiden müssen. Der an Gerichtsstelle anwesende Ehemann hätte als Geschäftsführer und Buchhalter des Betriebes ausführliche Angaben über die Annahme, Weitergabe und Versteuerung der Kundenschecks machen können. Der Steuerfahndungsprüfer hätte darüber vernommen werden können, ob jeder einzelne Bankeingang auf seine Eigenart als nicht verbuchter Kundenscheck überprüft wurde, ob eine Einstufung in Bausch und Bogen aller Bankeingänge als Steuerhinterziehung erfolgte und weshalb in den Aufstellungen nur die Schecksumme angegeben worden sei, so daß Dritten eine Prüfung nicht möglich gewesen sei.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Revision ist wegen der gerügten Verfahrensmängel (§115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) nicht zuzulassen. Es kann dahinstehen, ob die Rügen den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügen.
Verfahrensmängel i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Bei der Prüfung, ob und wodurch das FG das Verfahren vorschriftswidrig durchgeführt hat, ist von der sachlich-rechtlichen Auffassung des FG auszugehen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH --, z. B. Beschluß vom 27. Januar 1997 V B 83/96, BFH/NV 1997, 766, m. w. N.). Somit ist auch für die Frage, ob und welche Tatsachen das FG von Amts wegen aufklären muß (§76 Abs. 1 Satz 1 FGO), um den Streitfall zu entscheiden, die Rechtsauffassung des FG über das materielle Recht maßgebend.
Auf der Grundlage der vom FG angewendeten Rechtssätze über das Verhältnis eines bestandskräftigen Steuerfestsetzungsbescheids zu einem folgenden Zinsbescheid waren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1983 und 1984 im vorliegenden Verfahren über die Zinsfestsetzung nicht mehr zugelassen, weil darüber bereits rechtskräftig entschieden worden war (vgl. §42 FGO, §351 Abs. 2 AO 1977; vgl. zum Zinsbescheid als Folgebescheid eines Steuerbescheids: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., §234 AO 1977 Tz. 7, m. w. N.). Nach der dafür maßgebenden Sicht brauchte das FG Beweisthemen, die die Steuerfestsetzung betrafen, nicht mehr nachzugehen. Da die Beweisantritte der Klägerin die Rechtmäßigkeit der rechtskräftig beschiedenen Steuerfestsetzungen in Zweifel ziehen sollten, ist dem FG nicht vorzuwerfen, daß es den für seine Entscheidung maßgebenden Sachverhalt nicht aufgeklärt habe und daß es das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt habe.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen
Haufe-Index 67031 |
BFH/NV 1998, 807 |