Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Geltendmachung des Widerrufs einer Klagerücknahme im Beschwerdeverfahren gegen den Einstellungsbeschluß
Leitsatz (NV)
Wird mit der Beschwerde gegen den nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO ergangenen Einstellungsbeschluß geltend gemacht, die Klagerücknahme sei widerrufen worden, muß der Einstellungsbeschluß aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden.
Normenkette
FGO § 72 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) behandelte die Einkünfte des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als Kfz-Sachverständiger als solche aus Gewerbebetrieb. Die dagegen erhobene Klage nahm der Kläger im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 9. Februar 1990 zurück.
Durch Beschluß vom 4. April 1990 stellte das Finanzgericht (FG) das Verfahren gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat.
Der Kläger hat entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im Einstellungsbeschluß Beschwerde eingelegt. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat dies in der Beschwerdeschrift vom 10. Mai 1990 unzweideutig zum Ausdruck gebracht. Bei dieser Sachlage ist für eine Umdeutung der eingelegten Beschwerde in eine Anregung an das FG, das Verfahren fortzusetzen, kein Raum (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 25. Januar 1989 IV B 206/88, BFH/NV 1990, 314).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Allerdings wird im Einstellungsbeschluß nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht über das Vorliegen einer Klagerücknahme oder deren Wirksamkeit entschieden. Das Begehren des Klägers läßt jedoch wegen seines Hinweises, er widerrufe die Rücknahmeerklärung, erkennen, daß er sich mit einem Abschluß des Verfahrens durch den Einstellungsbeschluß gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht abfinden will. Die Beschwerde stellt auch ein geeignetes Mittel dar, das Verfahren vor dem FG wieder in Gang zu setzen, um dort geltend zu machen, daß die Klagerücknahme unwirksam sei (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. November 1987 IV B 103/87, BFH/NV 1988, 459, und vom 21. Februar 1985 V B 75/84, BFH/NV 1986, 99, und vom 28. März 1990 II B 163/89, BFHE 159, 486, BStBl II 1990, 503).
Da dem Einstellungsbeschluß des FG bezüglich der Frage, ob eine Klagerücknahme vorliegt oder nicht, keine materiell-rechtliche streitentscheidende Wirkung zukommt, muß die Beschwerde dazu führen, daß der Einstellungsbeschluß aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen wird, damit dieses im Urteilsverfahren sachlich über die Klage entscheidet oder ausspricht, daß die Klage zurückgenommen ist (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 22. Januar 1987 VIII B 46/86, BFH/NV 1987, 524, und vom 19. September 1989 IV R 136/88, BFH/NV 1990, 379, m. w. N., und in BFHE 159, 486, BStBl II 1990, 503).
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt entsprechend § 143 Abs. 2 FGO der Entscheidung des FG im Hauptsacheverfahren vorbehalten (BFH-Beschl.in BFH/NV 1988, 459).
Fundstellen
Haufe-Index 422827 |
BFH/NV 1992, 472 |