Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Zuordnung des Holzblockmachers nach der Klassifikation 1993; Verfahrensmängel; Nichterhebung von Beweisen; Verletzung des rechtlichen Gehörs
Leitsatz (NV)
1. Wird die Zuordnung nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige 1993 beanstandet, so ist zur Darlegung eines weiteren Klärungsbedarfs eine Auseinandersetzung mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung der Klassifikation entwickelten Grundsätze und dem einschlägigen Schrifttum erforderlich, um dadurch einen Meinungsstreit hinsichtlich dieser Grundsätze herauszuarbeiten.
2. Einwände, die sich allein gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils wenden, sind grundsätzlich nicht geeignet, das für das Zulassungsverfahren erforderliche Allgemeininteresse zu indizieren.
3. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Zuordnung eines Betriebes zum Handwerk grundsätzlich wegen der Sachnähe durch die Handwerkskammer vorzunehmen ist.
4. Desgleichen ist geklärt, dass bei sog. Mischbetrieben nur diejenigen Wirtschaftsgüter erhöht zulagenbegünstigt sind, die überwiegend dem eingetragenen Gewerk dienen.
5. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Nichterhebung ordnungsgemäß angebotener Beweise kann sich grundsätzlich nur auf Tatsachen oder tatsächliche Verhältnisse beziehen. Inländisches Recht kann nicht Gegenstand eines Beweises sein.
6. Die Frage nach der Zurechnung von Tätigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten zu einem Handwerk unterliegt nicht der gerichtlichen Sachaufklärung, sondern der rechtlichen Würdigung des vom FG festgestellten Sachverhalts.
7. Rechtliches Gehör wird den Beteiligten dadurch gewährt, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Inwieweit diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist indes Sache der Beteiligten.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3; HwO §§ 6, 45 Nr. 1; InvZulG 1993 § 5 Abs. 2; ZPO § 227 Abs. 1, § 283
Verfahrensgang
FG des Landes Brandenburg (Urteil vom 22.01.2004; Aktenzeichen 5 K 1980/01) |
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgesehen.
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Erforderlich ist eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, m.w.N.).
b) Die Klägerin hält es für klärungsbedürftig, ob die industrielle Fertigung von Holzblöcken nach mengenmäßigen und qualitativen Vorgaben der Industrie Abschnitt A (Land- und Forstwirtschaft), Unterklasse 02.01.0 (Forstwirtschaft ohne Erbringung von Dienstleistungen auf der forstwirtschaftlichen Erzeugerstufe) bzw. 02.02.0 (Erbringung von Dienstleistungen auf der forstwirtschaftlichen Erzeugerstufe) zuzurechnen sei oder Abschnitt D (Verarbeitendes Gewerbe), Unterklasse 20.10.0 (Säge- und Hobelwerke), 20.30.1 (Herstellung von Fertigbauteilen aus Holz), 20.30.2 (Herstellung von Bausätzen für Fertigteilbauten aus Holz im Hochbau), bzw. Abschnitt F (Baugewerbe), Unterklasse 45.21.5 (Herstellung von Fertigteilbauten aus Holz im Hochbau aus fremdbezogenen Bausätzen).
Die Klägerin hat hierzu weder Ausführungen hinsichtlich der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anwendung der Klassifikation der Wirtschaftszweige gemacht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. Februar 2003 III R 29/01, BFHE 201, 571, BStBl II 2003, 529, m.w.N.) noch Äußerungen aus dem Schrifttum vorgetragen, aus denen sich ein Meinungsstreit hinsichtlich der --abstrakten-- Grundsätze für die Anwendung der Klassifikation 1993 ergeben könnte.
Darüber hinaus fehlt es auch an der Darlegung der sog. Breitenwirkung der erstrebten Revisionsentscheidung. Einwände, die sich allein gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils wenden, sind grundsätzlich nicht geeignet, das für das Zulassungsverfahren erforderliche Allgemeininteresse zu indizieren (BFH-Beschluss vom 9. August 2002 III B 34/02, BFH/NV 2002, 1616).
Die Klägerin erstrebt offensichtlich eine Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) allein in ihrem konkreten Fall.
c) Des Weiteren meint die Klägerin, die maßgebende Rechtsfrage sei inhaltlich ungeklärt und ihre Klärung könne zur Fortentwicklung des Rechts beitragen, ob die Tätigkeit der Herstellung von längenmäßig und qualitativ unterschiedlichen Holzblöcken für die Holzindustrie nach deren Vorgaben unter Einsatz einer Maschine mit Anschaffungskosten von rd. 350 000 DM als Holzblockmacher ein handwerksähnlicher Betrieb sei.
Auch diese Rechtsfrage bezieht sich erkennbar nur auf die Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im konkreten Fall.
d) Schließlich hält die Klägerin für bedeutsam, "ob die Eintragung eines Handwerks in das Verzeichnis des handwerksähnlichen Gewerbe durch die Handwerkskammer einer Überprüfungspflicht dergestalt unterliegt, ob es sich bei der ausgeübten mit der Eintragung genehmigten Tätigkeit auch um eine nach Auffassung des Beschwerdegegners bzw. des Gerichtes handwerksähnliche Tätigkeit handelt".
Der BFH hat bereits im Urteil vom 12. November 1996 III R 17/96 (BFHE 182, 230, BStBl II 1998, 29) ausgeführt, aus den Gesetzesmaterialien zum Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1993 (BTDrucks 12/3893, 154) ergebe sich, dass es dem Gesetzgeber bei der Einführung des Eintragungserfordernisses darauf angekommen sei, ein einfach zu handhabendes Kriterium für die Zuordnung eines Betriebs zum Handwerk zu schaffen. Die Finanzverwaltung habe auf diese Weise von der Prüfung der Frage freigestellt werden sollen, ob ein Betrieb die Kriterien gemäß §§ 6 ff. der Handwerksordnung (HwO) für einen eintragungsfähigen Handwerksbetrieb erfülle. Wegen der Sachnähe habe diese Prüfung durch die Handwerkskammer als Fachbehörde erfolgen sollen.
Des Weiteren ist in der Rechtsprechung geklärt, dass für den Fall der Ausübung einer nichthandwerklichen Tätigkeit neben einem eingetragenen Handwerk in einem einheitlichen Betrieb (sog. Mischbetrieb) die Voraussetzung der Eintragung in die Handwerksrolle i.S. des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 1993 nur für diejenigen Wirtschaftsgüter als erfüllt anzusehen ist, die überwiegend dem eingetragenen Gewerk dienten. Dies hat der BFH aus dem Verständnis des Begriffs des Handwerksbetriebs gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1993 abgeleitet. Knüpft das InvZulG 1993 an die Eintragung in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe an, so muss auch der Inhalt der Eintragung für die Frage maßgebend sein, ob und in welchem Umfang ein Handwerksbetrieb vorliegt. Die Handwerkskammer nimmt eine Prüfung ausschließlich bezüglich des jeweiligen eingetragenen Handwerks vor und nicht hinsichtlich des --steuerrechtlichen-- Gesamtbetriebs (vgl. BFH-Urteil vom 10. Mai 2001 III R 68/97, BFH/NV 2001, 1453, 1454, m.w.N.). Anhaltspunkte für die Einordnung der ausgeübten Tätigkeiten ergeben sich nach Auffassung des BFH auch aus den Berufsbildern, wie sie in den Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 45 HwO umschrieben sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1453, 1454, m.w.N.).
Auch hinsichtlich dieser Rechtsfrage ist kein Klärungsbedarf substantiiert dargetan.
2. Ebenso wenig hat die Klägerin die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) hinreichend bezeichnet (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO durch Nichterhebung ordnungsgemäß angebotener Beweise kann sich grundsätzlich nur auf Tatsachen oder tatsächliche Verhältnisse beziehen (BFH-Beschluss vom 10. Juni 2003 III B 64/02, nicht veröffentlicht --n.v.--, juris).
Inländisches Recht kann grundsätzlich nicht Gegenstand eines Beweises sein. Die Auslegung der den einzelnen Handwerken zuzurechnenden Tätigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten (Berufsbild) in den maßgebenden Rechtsverordnungen (vgl. § 45 Nr. 1 HwO) unterliegt nicht der gerichtlichen Sachaufklärung, sondern stellt eine rechtliche Würdigung des Sachverhaltes dar (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1453, 1454).
b) Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensverstoß vorliegt, ist stets von der --ggf. auch unzutreffenden-- materiell-rechtlichen Auffassung des FG auszugehen (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 1991 III B 10/91, BFHE 165, 17, BStBl II 1991, 846, 848; vom 28. Juni 2002 III B 41/02, BFH/NV 2002, 1337).
Das FG ist --wie ausgeführt zu Recht-- davon ausgegangen, dass die Zurechnung der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten zu dem handwerksähnlichen Gewerbe des Holzblockmachers eine Rechtsfrage betrifft.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Nichterhebung des Zeugenbeweises (dazu BFH-Beschluss vom 6. März 2003 IX B 207/02, BFH/NV 2003, 815) kommt damit gleichfalls nicht in Betracht.
c) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) ist auch nicht hinsichtlich der vom FG erst in der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2004 in Anwesenheit der Beteiligten verlesenen Auskunft der Handwerkskammer vom 12. Dezember 2003 zum Arbeitsgebiet des Holzblockmachers verletzt. Die Klägerin ist durch die Prozessbevollmächtigten fachkundig vertreten gewesen. Insoweit liegt bereits ein vergleichbarer Sachverhalt, wie er dem von der Klägerin zitierten BFH-Beschluss vom 18. Juli 2003 XI B 47/01 (BFH/NV 2004, 51) zugrunde liegt, nicht vor.
Rechtliches Gehör wird den Beteiligten dadurch gewährt, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Inwieweit diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist indes Sache der Beteiligten (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2000 V B 135/99, BFH/NV 2000, 1107).
Die Klägerin hat den Sachverhalt dieser Auskunft überdies weder bestritten noch geltend gemacht, sie könne hierzu in der mündlichen Verhandlung nicht sofort Stellung nehmen, so dass ggf. eine Vertagung gemäß § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO oder auch das Nachlassen eines Schriftsatzes (§ 283 ZPO i.V.m. § 155 Abs. 1 FGO) in Betracht zu ziehen gewesen wäre.
Bereits in der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2001 hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) auf eine inhaltsgleiche Auskunft der Handwerkskammer Bezug genommen.
Fundstellen
Haufe-Index 1341767 |
BFH/NV 2005, 1141 |
BFH/NV 2005, 1142 |
NWB 2006, 2179 |