Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung eines Verfahrens betr. Aussetzung der Vollziehung eines Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids
Leitsatz (NV)
1. Durch übereinstimmende Erklärungen der Beteiligten erledigt sich das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung auch dann, wenn der deswegen bei Gericht gestellte Antrag unzulässig gewesen war.
2. Für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines durch den Erlaß des Umsatzsteuer-Jahresbescheids erledigten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids besteht kein Rechtsschutzbedürfnis.
Normenkette
VGFGEntlG Art. 3 § 7 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3, § 138 Abs. 1; UStG 1980 § 16
Tatbestand
Zugleich mit der Revision beantragte der Antragsteller beim Bundesfinanzhof (BFH) - eingegangen beim BFH am 2. April 1984 - die Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids 1980 und des Bescheids über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlung für November 1981 vom 1. April 1982 in Höhe der Abschlußzahlungen bis zur Revisionsentscheidung. Das FA hatte die Vollziehung der angefochtenen Bescheide durch Bescheid vom 27. Oktober 1982 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Klage ausgesetzt. Am 13. April 1984 beantragte der Antragsteller bei dem FA die Verlängerung der Aussetzung der Vollziehung. Darauf forderte das FA den Antragsteller telefonisch auf, die Revision zu begründen, um danach über den Antrag zu entscheiden. Nach Kenntnis der Revisionsbegründung lehnte das FA die beantragte Aussetzung der Vollziehung durch Bescheid vom 4. Juni 1984 ab.
Nachdem die Beteiligten durch eine Verfügung des Vorsitzenden vom 4. Juni 1985 hinsichtlich des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheids über die Umsatzsteuervorauszahlung für November 1981 auf das Urteil des Senats vom 29. November 1984 V R 146/83 (BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370) hingewiesen worden waren und das FA den Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärt hatte, erklärte der Antragsteller den Rechtsstreit ,,in der Aussetzungssache insoweit für erledigt, als er auf die Umsatzsteuer 1980 entfällt. Entgegen der Auffassung des Beklagten wird der Rechtsstreit für die Umsatzsteuer 1-11/81 nicht für erledigt erklärt".
Entscheidungsgründe
1. Umsatzsteuer für 1980
a) Das Verfahren wegen der Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids 1980 vom 14. April 1982 ist als erledigt anzusehen, nachdem die Beteiligten es übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten erledigt sich das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung auch dann, wenn der deswegen bei Gericht gestellte Antrag unzulässig gewesen war. Von diesem Ergebnis ist auch der I. Senat des BFH in seinem nicht veröffentlichten Beschluß vom 28. März 1984 I S 1/84 ausgegangen. Infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist der BFH nicht mehr befugt, über den bei ihm gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden. Ihm obliegt nur noch, über die Kosten des erledigten Verfahrens zu befinden.
b) Über die Kosten des Verfahrens ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden (§ 138 Abs. 1 FGO). Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands ergibt sich bei der hier veranlaßten nur summarischen Prüfung, daß der Aussetzungsantrag abgelehnt worden wäre. Der Antrag war nicht zulässig. Nach Art. 3 § 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht der Hauptsache nur zulässig, wenn die Finanzbehörde einen Antrag nach § 69 Abs. 2 FGO ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt abgesehen von weiteren nicht einschlägigen Ausnahmefällen nicht (Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VGFGEntlG), wenn die Finanzbehörde zu erkennen gegeben hat, daß sie die Vollziehung nicht aussetzen werde. Da es sich bei den Voraussetzungen, die Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 VGFGEntlG aufzählt, um Zugangsvoraussetzungen handelt (BFH-Beschluß vom 11. Oktober 1979 IV B 61/79, BFHE 129, 8, BStBl II 1980, 49), müssen sie im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht vorliegen. Dies war nicht der Fall. Der Schriftsatz des Antragstellers mit dem Aussetzungsantrag ist am 2. April 1984 bei dem BFH eingegangen. Am 13. April 1984 hat der Antragsteller beim FA die Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids 1980 vom 14. April 1982 beantragt. Am 17. April 1984 hat das FA nach Darstellung des Antragstellers zu erkennen gegeben, daß es seinen Antrag ablehnen werde. Am 4. Juni 1984 hat das FA die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Mit der bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Klage befristeten Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids 1980 durch den Bescheid vom 27. Oktober 1982 hatte das FA nicht schon zu erkennen gegeben, daß es einen danach gestellten Antrag auf weitere Aussetzung der Vollziehung ablehnen werde (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Juni 1985 II S 3/85, BFHE 143, 414, BStBl II 1985, 469).
2. Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid November 1981
Da nur das FA das Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids über die Umsatzsteuervorauszahlung für November 1981 vom 1. April 1982 für erledigt erklärt hat, während der Antragsteller die Erledigung verneint, muß der Senat über die Erledigung des Verfahrens entscheiden.
a) Das Verfahren ist erledigt.
Eine Erledigung liegt vor, wenn das gesamte im Antrag zum Ausdruck kommende, in dem Verfahren umstrittene Begehren in der Sache selbst gegenstandslos geworden ist (vgl. BFH-Beschluß vom 5. März 1979 GrS 4/78, BFHE 127, 147, BStBl II 1979, 375). Der wirksam ergangene Jahresumsatzsteuerbescheid für 1981 vom 1. August 1983 hat die Steuerfestsetzung des angefochtenen Vorauszahlungsbescheids für November 1981 vom 1. April 1982 auf andere Weise (als durch Zurücknahme, Widerruf oder Zeitablauf) erledigt (§ 124 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG 1980) geht nämlich in der Steuer für den Besteuerungszeitraum des Kalenderjahres (§ 16 UStG 1980) auf. Die Jahressteuerfestsetzung löst die auf Vorauszahlungsbescheiden (§ 18 Abs. 1 Satz 4 UStG 1980) beruhenden Steuerfestsetzungen für die Voranmeldungszeiträume ab (BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370). Die Vollziehbarkeit des Vorauszahlungsbescheids entfällt mit der wirksamen Bekanntgabe eines den Vorauszahlungszeitraum umfassenden Umsatzsteuerjahresbescheids.
b) Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des erledigten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheids für November 1981 vom 1. April 1982 ist abzuweisen. Er ist unzulässig. Der Antragsteller hat kein Rechtsschutzinteresse, daß das Gericht auf seinen erledigten Aussetzungsantrag eingeht.
c) Insoweit hat der Antragsteller die Kosten nach § 135 Abs. 1 FGO zu tragen.
Fundstellen