Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zulassung der Revision in einem Fall der entgeltlichen Überlassung von Zimmern an Prostituierte
Leitsatz (NV)
1. Hat das FA in einem Fall der entgeltlichen Überlassung von Zimmern an Prostituierte die den Freiern erbrachten Leistungen der Vermieterin als steuerpflichtige Umsätze zugerechnet, liegt kein Verfahrensfehler darin, daß das FG die Klage gegen die Steuerfestsetzung mit der Begründung abgewiesen hat, die Zimmerüberlassung sei entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 10. August 1991 V 95/60 U (BFHE 73, 714, BStBl III 1961, 525) keine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980 steuerfreie Grundstücksvermietung.
2. Die (nach Auffassung der Beschwerdeführerin unzulässige) Anwendung der Grundsätze des gen. BFH-Urteils auf einen anderen Sachverhalt ist keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
3. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann auch nicht auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gestützt werden, wenn in der Revisionsbegründung die Klärungsbedürftigkeit der Frage nach der Anwendbarkeit des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980 nicht dargelegt ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3; UStG 1980 § 4 Nr. 12 Buchst. a
Verfahrensgang
Tatbestand
Nach der Sachverhaltsdarstellung des Finanzgerichts (FG) vermietete die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Zimmer an Prostituierte gegen einen Anteil von 50 v.H. an deren Einnahmen. Hierfür übernahm sie auch diverse Nebenleistungen, wie z.B. die Entgegennahme von Telefonaten oder bisweilen die Ausgabe von Getränken.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ging davon aus, die Klägerin habe mit Hilfe der Prostituierten die von den Freiern in Anspruch genommenen Leistungen erbracht, und veranlagte sie mit den gesamten von den Kunden bezahlten Entgelten zur Umsatzsteuer.
Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Zur Begründung der überwiegenden Klageabweisung führte das FG unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. August 1961 V 95/60 U (BFHE 73, 714, BStBl III 1961, 525) aus, es liege keine steuerfreie Grundstücksvermietung (Zimmervermietung) vor, sondern eine sonstige steuerpflichtige Leistung.
Wegen der Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, mit Divergenz und Verfahrensfehlern begründet.
Die Klägerin führt im einzelnen aus, sie habe kein Bordell oder bordellartigen Betrieb unterhalten. Im Hinblick darauf, daß die Verschaffung des Geschlechtsverkehrs außer in Bordellen und bordellartigen Betrieben immer mehr in privaten Wohnungen erfolge, erhebe sich die Frage, ob bei derartigen Mietverträgen der Vermieter nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 steuerfreie oder steuerpflichtige Umsätze tätige.
Das Urteil des FG weiche auch von der Entscheidung des BFH in BFHE 73, 714, BStBl XIII 1961, 525 ab, da die Klägerin keine Organisation zur Förderung der gewerbsmäßigen Unzucht im Sinne des genannten Urteils unterhalten habe.
Verfahrensfehler sieht die Klägerin darin, daß das FG von ihr benannte Zeugen nicht gehört habe, daß es Aussagen von Prostituierten verwertet habe, die nicht auf ihr Aussageverweigerungsrecht hingewiesen worden seien und daß es die Eigentumsverhältnisse an dem von den Freiern bezahlten Entgelt nicht aufgeklärt habe. Das Urteil des FG leide an einem Widerspruch; während es im Tatbestand davon ausgehe, daß der Klägerin nur ein Anteil von 50 v.H. des von dem Kunden der Prostituierten vereinbarten Preises zugestanden habe, erkläre es in den Entscheidungsgründen die Besteuerung der vollen Einnahmen für Rechtens.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Sie genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach dieser Vorschrift muß in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Sache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ist nicht schlüssig und hinreichend substantiiert dargelegt. Es ist weitgehend eine Frage des Einzelfalls, ob steuerfreie Vermietung oder ein Vertrag besonderer Art vorliegt.
2. Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 1 Nr. 2 FGO liegt nur dann vor, wenn das FG in einer bestimmten Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH und das angefochtene Urteil auf dieser Divergenz beruht. Ob das FG den Sachverhalt zutreffend gewürdigt hat, ist für die Frage nach einer Abweichung unerheblich (BFH-Beschluß vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211). Auch diese Voraussetzungen einer Divergenz müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt sein (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 2. Aufl., § 115 Rdnr. 63).
Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, daß das FG von einem Rechtssatz des BFH-Urteils in BFHE 73, 714, BStBl III 1961, 525 abgewichen ist. Nach der Auffassung der Klägerin hat das FG vielmehr die maßgeblichen Rechtsgrundsätze dieses Urteils unzulässigerweise auf einen anderen Sachverhalt angewandt. Damit ist keine Divergenz dargetan.
3. Soweit die Klägerin die Widersprüchlichkeit des Urteils des FG und Verstoß gegen die Denkgesetze rügt, macht sie keinen Verfahrensmangel, sondern einen das materielle Recht betreffenden Mangel geltend (vgl. BFH-Beschluß vom 13. November 1988 V B 1/88, BFH/NV 1990, 151). Auch die übrigen gerügten Verfahrensmängel sind in der Beschwerdeschrift nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Insoweit sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von der Bekanntgabe der Begründung seiner Entscheidung ab.
Fundstellen