Leitsatz (amtlich)
1. Aufwendungen für die Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken sind keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn a) sie nicht objektiv durch den Betrieb (Beruf) des Steuerpflichtigen veranlaßt sind, insbesondere wenn mit der Reise programmgemäß auch ein allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird, das nicht von untergeordneter Bedeutung ist, b) außerhalb des Gruppenprogramms mit der Gruppenreise ein Privataufenthalt verbunden wird, dem im Rahmen der Gesamtreise mehr als nur untergeordnete Bedeutung zukommt.
2. Ist die Gesamtreise (1.) als nicht betrieblich (beruflich) veranlaßt zu beurteilen, sind einzelne abgrenzbare Aufwendungen, die ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlaßt sind, als Betriebsausgaben (Werbungskosten) abziehbar.
2. Legt ein Senat des Bundesfinanzhofs dem Großen Senat eine Rechtsfrage, in der er von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen will, zur Entscheidung vor und ergibt sich eine Abweichung auch von einer Entscheidung eines weiteren Senats, so steht dem weiteren Senat eine Entsendungsbefugnis zu. Über diese Entsendungsbefugnis entscheidet der Große Senat in seiner Stammbesetzung.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1; FGO § 11 Abs. 3; EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
A.
I. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluß vom 26. Januar 1977 I R 53/75 (BFHE 123, 320, BStBl II 1978, 52) dem Großen Senat des BFH nach § 11 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:
1. Können Aufwendungen für die Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken Betriebsausgaben sein, wenn mit der Reise
a) programmgemäß auch ein allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird,
b) außerhalb des Gruppenprogramms ein Privataufenthalt des Steuerpflichtigen verbunden wird, wobei die Informationsreise (1 a) auch ohne diesen privaten Reiseteil (1 b) unternommen worden wäre?
2. Sind im Falle der Bejahung der Rechtsfrage zu 1 b) die Gesamtkosten der Reise in der Weise aufzuteilen, daß nur die durch den privaten Reiseteil veranlaßten Mehrkosten von der Berücksichtigung als Betriebsausgaben ausgenommen werden?
II. Dem beim I. Senat anhängigen Verfahren I R 53/75 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1965 Inhaber eines Unternehmens der Müllabfuhr, Grubenentleerung, Straßen- und Industriegeländereinigung. In diesem Jahr beteiligte er sich an einer von einem Fachverband organisierten Reise in die USA. An der Reise nahmen 11 Personen teil, und zwar Inhaber oder Angestellte von privaten oder kommunalen Betrieben der gleichen Art wie das Unternehmen des Klägers sowie Funktionäre des Fachverbandes. Das offizielle Reiseprogramm dauerte vom 22. April 1965 (Donnerstag) bis zum 6. Mai 1965 (Donnerstag); es sah folgende Veranstaltungen vor:
Donnerstag, 22. April:
Flug nach New York
Freitag, 23. April:
Besuch des Department of Sanitation (zuständig für Straßenreinigung, Müllabfuhr und Müllverwertung)
Samstag und Sonntag, 24./25. April:
Stadtrundfahrt in New York, Führung durch den Hauptsitz der Vereinten Nationen, Besuch der Weltausstellung
Montag, 26. April:
Besichtigung und Besprechung betriebswirtschaftlicher Probleme bei zwei New Yorker Reinigungsunternehmen
Dienstag, 27. April:
Fahrt von New York nach Philadelphia; unterwegs Besichtigung der Ausstellungsräume der American-Lincoln-Corporation, zu deren Produktionsprogramm u. a. auch Kehr- und Reinigungsmaschinen gehören; Stadtrundfahrt in Philadelphia
Mittwoch, 28. April:
Vormittags Besuch eines privaten Abfallbeseitigungsunternehmens; nachmittags Weiterfahrt nach Washington
Donnerstag, 29. April:
Vormittags Stadtrundfahrt in Washington, nachmittags Besuch des Ministeriums für Gesundheitswesen mit Unterrichtung der Teilnehmer über die Aufgaben der Verwaltung in bezug auf zwischenstaatliche Vorschriften und Kontrollen
Fleitag, 30. April:
Besuch bei der Regierung des District of Columbia - Abteilung für Gesundheitswesen - mit Diskussion und Besuch einer modernen Kläranlage und Abfallumladeanlage
Samstag, 1. Mai:
Fahrt von Washington nach Chicago
Sonntag, 2. Mai:
Stadtrundfahrt durch Chicago
Monatg, 3. Mai:
Besuch der Abteilung Straßenreinigung und Müllabfuhr der Stadt Chicago und des Verbandes für Müllabfuhrunternehmer mit Diskussion
Dienstag, 4. Mai:
Weiterflug nach Detroit (Besuch der Ford-Werke, Besichtigung des gesamten Produktionsablaufs und der Abteilung für Instandhaltung und Abfallbeseitigung); Weiterflug nach Buffalo
Mittwoch, 5. Mai:
Besichtigung der Niagarafälle; Weiterflug nach New York
Donnerstag, 6. Mai:
Zur freien Verfügung, abends Rückflug nach Deutschland.
Abweichend von dem Programm flog der Kläger nicht am 6. Mai nach Deutschland zurück, sondern blieb in New York. Er nahm Verbindung mit dem zuständigen Kommissar der Stadt New York mit dem Ziel auf, in New York ein von ihm zu stellendes Spezialfahrzeug zur Kanalreinigung einzusetzen. Die vorgesehene Besprechung kam am 17. Mai zustande.
Zwischenzeitlich - vom 9. bis 16. Mai - flog der Kläger nach Miami Beach. Die Hotelarrangements in New York und Miami hatte der Kläger nach seinen Angaben bei dem Reiseunternehmen, welches auch in die Abwicklung der Studienreise eingeschaltet war, für die Zeit vom 11. bis 18. Mai schon vorher vorsorglich bestellt. Am 19. Mai 1965 trat der Kläger die Rückreise nach Deutschland mit einem Passagierschiff an.
Der Kläger begehrte, die Betriebsausgaben für die Reise abzuziehen, wobei er die durch die Weiterreise nach Miami entstandenen Ausgaben bereits ausgeschieden hatte.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ die Kosten der USA-Reise nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zu. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im wesentlichen statt. Es sah 5 610 DM des geltend gemachten Gesamtaufwands als Betriebsausgaben an. Nur die die Kosten eines Fluges übersteigenden Ausgaben für die Rückreise mit dem Schiff schied das FG aus. Dabei ging es davon aus, daß die Ausgaben für die eigentliche Studienreise weitaus überwiegend durch berufliche Erwägungen veranlaßt gewesen seien.
Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung der § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es hält die Reise für im wesentlichen nicht betrieblich veranlaßt.
III. Der I. Senat hält die Revision aus folgenden Erwägungen für unbegründet:
Die Informationsreise vom 22. April bis 6. Mai 1965 sei betrieblich veranlaßt gewesen. Eine betriebliche Veranlassung setze nicht voraus, daß die Reise ein konkretes und aktuelles betriebliches Anliegen befriedige. Es genüge, daß die Reise den Teilnehmern wichtige, im Betrieb verwertbare Anregungen vermittele, die auf andere Weise kaum gewonnen werden könnten. Ein Indiz für eine betriebliche Veranlassung sei, daß die Reise von einem Fachverband fachlich organisiert, daß sie von einer kleinen, homogenen Gruppe von Fachleuten ohne Familienmitglieder unternommen worden sei und daß sie schließlich nicht nur deren berufliche Kenntnisse allgemein fördere. Die Würdigung des FG sei möglich. Zwar lasse eine langgezogene Reiseroute mit häufigem Ortswechsel vermuten, daß die Reise (auch) privat veranlaßt sei. Diese Vermutung sei aber widerlegbar. Nach den Feststellungen des FG sei im Streitfall der häufige Ortswechsel durch betriebliche Erwägungen veranlaßt gewesen; denn die verschiedenen Städte verfügten über unterschiedliche technische Anlagen und Einrichtungen, die für die Reiseteilnehmer jeweils von Interesse gewesen seien.
Der betriebliche Charakter der Informationsreise werde durch den anschließenden privaten Aufenthalt nicht in Frage gestellt, und zwar selbst dann nicht, wenn der private Aufenthalt zeitlich den betrieblichen überschreite. Zwar sei nach der Rechtsprechung eine Reise insgesamt als Einheit danach zu beurteilen, ob sie betrieblich oder privat veranlaßt gewesen sei. Der Grundsatz der einheitlichen Beurteilung schließe aber nicht aus, abgrenzbare Mehraufwendungen einer insgesamt als Privatreise zu behandelnden Reise als Betriebsausgaben zum Abzug zuzulassen. Entsprechendes habe im umgekehrten Fall zu gelten. Aufwendungen für private Reiseabschnitte einer insgesamt betrieblich veranlaßten Reise müßten vom Betriebsausgabenabzug ausgenommen werden. Entscheidend sei demgemäß, ob eine Reise als Geschäftsreise auch ohne den privaten Teil durchgeführt worden wäre und ob der private Teil eindeutig abgrenzbar sei, so daß eine - unzulässige - schätzungsweise Aufteilung der Aufwendungen nicht erforderlich werde.
Im Streitfall sei der betriebliche Reiseabschnitt eindeutig von dem privaten abgegrenzt. Zwar entfalle von der Gesamtdauer der Reise nur ein Drittel auf betriebliche Veranstaltungen. Das zeitliche Überwiegen des privaten Anteils sei aber nicht entscheidend. Maßgebend sei, daß der private Teil der Reise für die gesamte Reise nicht ursächlich gewesen und von dem betrieblichen Reiseabschnitt klar abgrenzbar sei.
Der I. Senat geht davon aus, daß er mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung von mehreren Entscheidungen anderer Senate abweichen würde: Bereits der erste Teil der Gesamtreise - die vom Fachverband veranstaltete Informationsreise - wäre nach den Urteilen des IV. Senats vom 15. Juli 1976 IV R 90/73 (BFHE 120, 28, BStBl II 1977, 54) sowie IV R 65/73 (nicht veröffentlicht), IV R 118/73 (nicht veröffentlicht), IV R 20/74 (nicht veröffentlicht), IV R 198/74 (nicht veröffentlicht) und vom 28. Oktober 1976 IV R 64/75 (nicht veröffentlicht) wegen Überschneidung beruflicher und privater Interessen nicht beruflich veranlaßt. Insoweit weiche seine beabsichtigte Entscheidung auch von dem Urteil des VIII. Senats vom 11. Oktober 1973 VIII R 63/71 (BFHE 111, 48, BStBl II 1974, 198) ab. Darüber hinaus verbiete sich nach Auffassung des IV. Senats die Aufteilung einer Gesamtreise in einen privat und einen beruflich veranlaßten Teil (Urteile vom 9. Oktober 1975 IV R 132/72, nicht veröffentlicht; vom 5. Dezember 1968 IV R 46/67, BFHE 94, 484, BStBl II 1969, 235; vom 15. Juli 1976 IV R 123/73, nicht veröffentlicht; vom 28. Oktober 1976 IV R 65/75, nicht veröffentlicht). Wegen dieser Abweichungen sei eine Entscheidung des Großen Senats herbeizuführen, da der IV. und der VIII. Senat einer Abweichung nicht zugestimmt hätten.
Entscheidungsgründe
B.
Entscheidung des Großen Senats zu den Verfahrensfragen
I. Bevor über die vorgelegte Rechtsfrage entschieden werden konnte, hatte der Große Senat darüber zu befinden, welchen Senaten das Recht auf Entsendung eines weiteren Richters zusteht.
Das Recht zur Entsendung eines Richters steht dem vorlegenden I. Senat, dem IV. und dem VIII. Senat zu, von deren Entscheidungen der I. Senat, wie er selbst im Vorlagebeschluß ausführt, abweichen möchte. Der I. Senat weicht aber außerdem von einer Entscheidung des VI. Senats ab, so daß auch dieser zur Entsendung eines Richters berechtigt ist.
1. Ebenso wie der VIII. Senat im Urteil VIII R 63/71 hat der VI. Senat entschieden, daß vor allem eine ausgedehnte Rundreise - mit häufigem Ortswechsel - gegen die berufliche Veranlassung der Reise eines Lehrers durch die USA spricht, selbst wenn eine lehrgangsmäßige Organisation in den ersten Tagen der Gesamtreise vorgelegen haben sollte (Urteil vom 4. August 1967 VI R 186/66, BFHE 90, 47, BStBl III 1967, 773).
2. Allerdings ist die Entscheidung des VI. Senats nicht zu § 4 Abs. 4 EStG - Betriebsausgaben - (wie im Vorlagebeschluß I R 53/75), sondern zu § 9 EStG - Werbungskosten - ergangen. Gleichwohl kann eine Abweichung angenommen werden, weil die Abgrenzung der Begriffe der Betriebsausgaben einerseits und der Werbungskosten andererseits jeweils gegenüber den Lebensführungskosten des § 12 Nr. 1 EStG insoweit übereinstimmt (vgl. BFH-Beschluß vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105, unter B I 3).
3. Der Vorlagebeschluß I R 53/75 setzt sich allerdings nicht mit der Frage der Abweichung von einer Entscheidung des VI. Senats auseinander. Dennoch steht auch dem VI. Senat eine Entsendungsbefugnis zu.
Zwar kann bei der Entscheidung der Frage, ob entgegen einem Vorlagebeschluß, der ausdrücklich nur auf grundsätzliche Bedeutung der Sache gestützt ist, nicht doch eine Divergenz vorliegt, mit der Folge, daß ein weiterer Richter in den Großen Senat entsendet werden kann, von dem Anrufungs grund nur abgewichen werden, wenn der gewählte Anrufungsgrund auf sachfremden Erwägungen beruht, nicht mehr verständlich und willkürlich ist (BFH-Beschlüsse vom 27. Mai 1968 GrS 1/68, BFHE 92, 188, BStBl II 1968, 473; vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132; vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620). Im vorliegenden Verfahren geht es aber um die Frage, ob neben der im Vorlagebeschluß bejahten Divergenz eine weitere Divergenz zu einem anderen Senat besteht und ob deshalb der andere Senat auch einen weiteren Richter entsenden darf. Es ist sachlich gerechtfertigt, für beide Fälle zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen.
Sinn und Zweck der Entsendung von Richtern durch die beteiligten Senate ist im Falle der Divergenz eine möglichst umfassende Darstellung und Erörterung der Rechtsfrage. Zur Entwicklung einer einheitlichen Rechtsprechung zu einer bestimmten Rechtsfrage sollten deshalb alle beteiligten (§ 11 Abs. 2 Satz 2 FGO) Senate beitragen können (so auch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 16. März 1964 GrS 1.63, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310 § 11 VwGO Nr. 6; ferner Müller-Helle, Die Besetzung der Großen Senate, Berliner Diss., S. 107). Dies gilt jedenfalls für die Senate, die bereits eine von der vom vorlegenden Senat beabsichtigten neuen Rechtsprechung abweichende und dem Großen Senat bekanntgewordene Auffassung vertreten haben. Denn die Stellungnahme dieser Senate kann neue Gesichtspunkte erbringen. Darüber hinaus entspricht es dem Sinn der Vorlage nach § 11 Abs. 3 FGO, daß der Große Senat jede ihm unabhängig vom Vorlagebeschluß bekanntgewordene Entscheidung berücksichtigt, weil sonst eine unberücksichtigt gebliebene abweichende Entscheidung für die Frage einer etwaigen Abweichung weiterhin rechtserheblich bliebe (vgl. BFH-Beschluß vom 22. November 1976 GrS 1/76, BFHE 121, 9, BStBl II 1977, 247).
4. Die Entscheidung, ob im vorliegenden Fall eine Divergenz auch zum VI. Senat vorliegt und ob der VI. Senat nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FGO einen weiteren Richter in den Großen Senat entsenden darf, hatte der Große Senat in seiner Stammbesetzung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 FGO) zu treffen (vgl. BFH-Beschluß GrS 1/68). In dieser Besetzung entscheidet er verbindlich, welchem Senat eine Entsendungsbefugnis zusteht und somit welche Richter gesetzliche Richter in der Hauptsacheentscheidung des Großen Senats sind. Bei Zugrundelegung dieser Auffassung wird vermieden, daß die Besetzungsfrage in der Stammbesetzung anders beurteilt wird als nachher in der Besetzung unter Beteiligung der entsandten Richter. Einsolches Ergebnis kann der Gesetzgeber mit § 11 FGO nicht gewollt haben.
II. Die Anrufung des Großen Senats ist zulässig.
Der I. Senat hat den Großen Senat nach § 11 Abs. 3 FGO angerufen. Er würde mit der von ihm im Vorlagebeschluß vertretenen Auffassung von den bezeichneten Entscheidungen des IV. und des VIII. Senats abweichen. Der IV. Senat und der VIII. Senat haben der Abweichung nicht zugestimmt.
Die vorgelegten Rechtsfragen sind für die Entscheidung des I. Senats erheblich. Würde der Große Senat die vorgelegten Rechtsfragen verneinen, so wäre der I. Senat gehindert, den Abzug der Betriebsausgaben, wie ihn das FG zugelassen hat, zu bestätigen. Im Falle der Bejahung könnte der I. Senat, wie von ihm vorgesehen, entscheiden.
III. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich.
Nach Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BFH-EntlastG) kann der Große Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Da die Beteiligten auf Anfrage eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich angesehen haben und da der I. Senat im Verfahren I R 53/75 bereits eine mündliche Verhandlung durchgeführt und alle auf Grund dieser mündlichen Verhandlung gewonnenen Ergebnisse in seinem Vorlagebeschluß niedergelegt hat, hält der Große Senat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht für geboten.
C.
Entscheidung des Großen Senats zu den sachlich-rechtlichen Fragen
Der Große Senat kommt im wesentlichen zu einer Bestätigung der Rechtsauffassung des IV., VI. und VIII. Senats in den bereits angeführten Entscheidungen. Er sieht Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken nicht als Betriebsausgaben an, wenn mit der Reise auch ein allgemein-touristisches Interesse von nicht untergeordneter Bedeutung befriedigt wird oder wenn außerhalb des Gruppenreiseprogramms mit der Reise ein Privataufenthalt verbunden wird, dem mehr als nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Ist die Gesamtreise danach als nicht betrieblich (beruflich) veranlaßt zu beurteilen, so können einzelne abgrenzbare Aufwendungen, die durch einen ausschließlich betrieblichen (beruflichen) Anlaß entstehen, gleichwohl als Betriebsausgaben abziehbar sein.
I. Allgemeines
Nach § 4 Abs. 4 EStG ist für die Abziehbarkeit von Aufwendungen als Betriebsausgaben entscheidend, daß sie durch den Betrieb veranlaßt sind. Entsprechendes gilt für die Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, deren Abziehbarkeit grundsätzlich nicht anders als die von Betriebsausgaben zu beurteilen ist (vgl. BFH-Beschluß GrS 2-3/77 unter B II. 1.).
Nach der Rechtsprechung des BFH zum Betriebsausgabenbegriff ist es für die Abziehbarkeit von Aufwendungen ohne Belang, ob sie notwendig, üblich oder zweckmäßig sind. Das Steuerrecht regelt auch nicht, welche Aufwendungen für den Betrieb oder im beruflichen Interesse erforderlich sind. Entscheidend ist vielmehr, ob die Aufwendungen objektiv durch die besonderen betrieblichen oder beruflichen Gegebenheiten des Steuerpflichtigen veranlaßt sind und daß es sich nicht um Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen handelt (vgl. BFH-Urteile vom 11. Oktober 1973 VIII R 187/71, BFHE 111, 52, BStBl II 1974, 200; vom 22. Mai 1974 I R 212/72, BFHE 113, 274, BStBl II 1975, 70; vom 28. Oktober 1976 IV R 35/76, BFHE 121, 35, BStBl II 1977, 238). Aufwendungen für die Lebensführung kommen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht in Betracht, und zwar selbst dann nicht, wenn sie den Beruf oder die Tätigkeit des Steuerpflichtigen fördern. Nach der Auslegung, die § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG durch die Rechtsprechung des BFH erfahren hat (vgl. insbesondere Beschluß des Großen Senats vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17), verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern. Durch dieses Aufteilungs- und Abzugsverbot soll verhindert werden, daß Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewußt herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen Aufwendungen für ihre Lebensführung deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen Beruf haben, der ihnen das ermöglicht, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus zu versteuernden Einkünften decken müssen. Das Verbot ist nur dann nicht anzuwenden, wenn und soweit sich der den Betrieb (Beruf) fördernde Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben mit Sicherheit, zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen läßt und wenn außerdem der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Beschluß GrS 2/70).
II. Zu der vorgelegten Rechtsfrage 1. a
Für den Betriebsausgabenabzug ist maßgebend, ob die Aufwendungen objektiv durch die besonderen betrieblichen (beruflichen) Gegebenheiten veranlaßt sind. Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Auslandsreise aus betrieblichen (beruflichen) oder privaten Gründen unternommen hat, muß daher anhand objektiver Merkmale beurteilt werden. Die tatsächlichen Feststellungen dieser Merkmale und ihre Gewichtung (Würdigung) für die einzelne Reise ist im Einzelfall Aufgabe des FG als der steuergerichtlichen Tatsacheninstanz (vgl. BFH-Urteile vom 1. April 1971 IV R 195/69, BFHE 102, 85, BStBl II 1971, 522; VIII R 187/71). Dem BFH als Rechtsinstanz und oberstem Gerichtshof in Steuersachen obliegt es jedoch, zum Zwecke einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung und Beurteilung einer solchen Reise Kriterien zu bilden, die für eine private oder betriebliche (berufliche) Veranlassung einer Reise sprechen.
1. Soweit es in dem für den Vorlagefall gegebenen Sachverhalt von Bedeutung ist - der Kläger führte eine Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken durch und die vom I. Senat vorgelegten Rechtsfragen beziehen sich nur auf die rechtliche Beurteilung einer solchen Reise -, sieht der Große Senat folgende Merkmale einer derartigen Reise als gewichtige Indizien entweder für eine private oder für eine betriebliche (berufliche) Veranlassung an:
a) Bei Auslandsgruppenreisen fehlt es an einem offensichtlichen und unmittelbaren betrieblichen (beruflichen) Anlaß im Gegensatz z. B. zu den Fällen, in denen ein Geschäftsfreund aufgesucht oder auf einer Tagung ein Vortrag gehalten wird. Der Anlaß für eine solche Reise besteht vielmehr in dem Interesse an allgemeiner Information oder an beruflicher Fortbildung. Für die betriebliche Veranlassung einer derartigen Reise genügt es nicht, daß die Veranstaltungen der allgemeinen wirtschaftlichen Bildung der Teilnehmer dienen, weil diese Teil der Allgemeinbildung und damit der Lebensführung ist. Betrieblich veranlaßt ist eine solche Reise erst dann, wenn das Reiseprogramm auf die besonderen betrieblichen oder beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten der Teilnehmer zugeschnitten ist (BFH-Urteile I R 212/72; IV R 90/73; vom 4. Dezember 1974 I R 112/73, BFHE 114, 488, BStBl II 1975, 379). Gerade bei Auslandsgruppenreisen zu Informationszwecken ist deshalb besonders sorgfältig abzuwägen, ob für die Größe des Betriebs und für die Art der Betätigung des Steuerpflichtigen eine Auslandsgruppenreise überhaupt betrieblich veranlaßt sein kann. Dies ist insbesondere fraglich, wenn der Steuerpflichtige Anlagen und Einrichtungen gleicher Art auch im Inland oder im näher liegenden Ausland besichtigen könnte und wenn die Aufwendungen für die Reise im Verhältnis zur Größe und Bedeutung des Betriebs und auch im Hinblick auf die Reisedauer als unangemessen erscheinen.
b) Aus dem Erfordernis, daß das Programm auf die besonderen betrieblichen Bedürfnisse der Teilnehmer abgestellt sein muß, wird zu Recht auch abgeleitet, daß der Teilnehmerkreis bei einer als betrieblich (beruflich) anzuerkennenden Reise im wesentlichen gleichartig (homogen) sein muß (BFH-Urteile I R 112/73; I R 212/72). Ist der Teilnehmerkreis unterschiedlich zusammengesetzt, kann die Gruppenreise dem Erfordernis, auf die besonderen betrieblichen oder beruflichen Bedürfnisse zugeschnitten zu sein, nicht für alle Teilnehmer Rechnung tragen.
c) Zutreffend hat die Rechtsprechung des BFH bei Informationsreisen in der Regel der Tatsache eine besondere Bedeutung beigemessen, daß die Reiseroute weit auseinandergezogen sowie mit häufigem Ortswechsel verbunden war und daß die besuchten Orte auch beliebte Ziele des Tourismus waren (z. B. Urteile I R 212/72; IV R 35/76). Solche Reisen werden erfahrungsgemäß auch von Personen unternommen, die ihren Urlaub zur privaten Wissens- und Kenntniserweiterung nutzen wollen und die keinerlei betriebliche Veranlassung haben, diese Orte aufzusuchen. Ein häufiger Ortswechsel spricht deshalb für die private Veranlassung einer Reise. Indessen ist das nicht zwingend (vgl. BFH-Urteil IV R 195/69). Ein solcher Wechsel kann vielmehr deshalb betrieblich veranlaßt sein, weil die unterschiedlichen Unternehmen, Anlagen oder Einrichtungen, die aus betrieblichen Gründen besucht und besichtigt werden sollen, in verschiedenen Orten liegen. Ob - ausnahmsweise - der häufige Ortswechsel betrieblich veranlaßt ist, hängt von den tatsächlichen Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles ab.
d) Die fachliche Organisation einer Reise kann für ihre betriebliche Veranlassung sprechen. Nicht jede von dem Fachverband veranstaltete Reise ist aber als betrieblich veranlaßt zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile vom 18. Februar 1965 IV 36/64 U, BFHE 82, 88, BStBl III 1965, 279; I R 212/72), weil sonst leicht durch Ausarbeitung eines Programms, an dem jedes Gruppenmitglied teilnehmen kann, aber nicht teilzunehmen braucht, zur Lebenshaltung gehörende Erholungs-, Besichtigungs- und Bildungsreisen zu betrieblich veranlaßten Reisen gemacht werden könnten. Dadurch würden die fachlich organisierten Teilnehmer einer von ihrem Verband veranstalteten Reise einen Vorteil erlangen, der anderen Schichten der Bevölkerung verschlossen ist. Dies ist im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit zu vermeiden (BFH-Beschluß GrS 2/70).
e) Bei der Beurteilung von Reisen kann die Gestaltung der Wochenenden und der Feiertage nicht außer Betracht bleiben (BFH-Urteil I R 112/73). Zwar werden Reiseteilnehmer auch innerhalb einer längeren, eindeutig betrieblich veranlaßten Reise Ruhetage einlegen müssen, entweder um zu entspannen oder weil an Wochenenden betriebliche (berufliche) Angelegenheiten sich kaum erledigen lassen. Deshalb machen derartige Ruhetage, selbst wenn sie zu allgemeinen Besichtigungen genutzt werden, eine ansonsten eindeutig betrieblich (beruflich) veranlaßte Reise nicht zu einer Privatreise (BFH-Urteil IV 36/64 U). Ist die Reise aber so gelegt, daß sie besonders viele Wochenenden und Feiertage einschließt und sind diese "freien Tage" programmgemäß so ausgefüllt oder können sie außerprogrammgemäß so ausgefüllt werden, daß sie touristisch reizvolle Möglichkeiten eröffnen und damit der allgemeinen Erlebnis- und Wissensbereicherung dienen, so kann angenommen werden, daß die Reise auch aus privaten Gründen unternommen worden ist.
f) Der Große Senat geht ebenfalls in Übereinstimmung mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 12. Juli 1968 VI R 315/66, BFHE 93, 69, BStBl II 1968, 676; vom 1. April 1971 IV R 72/70, BFHE 102, 90, BStBl II 1971, 524) davon aus, daß die Benutzung eines Beförderungsmittels, das zeitaufwendiger, entspannender und kostspieliger als das jeweils sonst günstigste Beförderungsmittel ist, ein Indiz für eine private Veranlassung der Reise ist. Wenn ein Reiseteilnehmer programmgemäß oder außerprogrammgemäß statt mit dem Flugzeug auf einem Passagierschiff eine USA-(Hin- und/oder Rück-) Reise durchführt, ist dies ein Anhaltspunkt dafür, daß auch private Gründe für seine Teilnahme an der Reise sprechen.
g) Schließlich hält es der Große Senat für zutreffend, für eine betrieblich (beruflich) veranlaßte Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken nicht nur zu fordern, daß das Reiseprogramm straff organisiert ist, sondern auch, daß die Teilnahme des Steuerpflichtigen an diesem Programm feststeht (BFH-Urteile IV R 90/73; vom 28. Oktober 1976 IV R 63/75, BFHE 121, 31, BStBl II 1977, 203; vom 4. August 1977 IV R 30/76, BFHE 122, 526, BStBl II 1977, 829). Sonst wäre es einem Steuerpflichtigen ohne weiteres möglich, die Aufwendungen für eine an sich straff organisierte Informationsreise als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzusetzen, obwohl er sich tatsächlich an dieser Reise nur in ihrem äußeren Ablauf oder an dem Programm nur zeitweise beteiligt hat.
2. Die Abgrenzung und Entscheidung, ob (private) Lebenshaltungskosten oder betriebs (berufs-) bedingte Aufwendungen vorliegen, kann bei Auslandsgruppenreisen zu Informationszwecken nur auf Grund einer Würdigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen werden (BFH-Urteil IV 36/64 U). Es ist deshalb in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang private Gründe die Reise (mit-) veranlaßt haben.
a) Im Einzelfall ist die Auslandsgruppenreise insgesamt und als Einheit zu beurteilen, weil die einzelnen Teile einer solchen Reise von der Organisation und der Durchführung her nur im Zusammenhang gesehen werden können (vgl. BFH-Urteile I R 212/72; IV R 90/73; IV R 35/76). Dies verlangt insbesondere das aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG abgeleitete Aufteilungs- und Abzugsverbot von Aufwendungen, die zum Teil dem Beruf und zum anderen Teil der Lebensführung dienen. Könnten Aufwendungen für eine Auslandsgruppenreise, die teils aus privaten, teils aus beruflichen Erwägungen durchgeführt wurde, steuerlich abgesetzt werden, würden dem Aufteilungsverbot zuwider Aufwendungen, die auch der Lebensführung dienten, steuerlich abgezogen werden. Nach Wortlaut, sinn und Zweck des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ist eine Aufteilung teils beruflich, teils privat veranlaßter Aufwendungen selbst dann ausgeschlossen, wenn die Aufteilung "wenigstens theoretisch in quantitativ meßbare Abschnitte" möglich wäre, der Umfang der einzelnen Teile an einer Reise aber nicht feststellbar und nicht nach objektiven Maßstäben nachprüfbar ist (BFH-Beschluß GrS 2/70).
b) Bei der Gesamtwürdigung einer Auslandsgruppenreise haben die FG das Vorliegen der unter C II. 1. genannten Kriterien zu prüfen und diese gegeneinander abzuwägen. Die Abwägung muß in revisionsrechtlich überprüfbarer Weise erkennbar sein. Es genügt deshalb nicht, daß das FG lediglich pauschal die "gesamten Umstände" einer Reise als privat oder beruflich ansieht. Es sind vielmehr die einzelnen objektiven Umstände darzustellen, aus denen es eine private oder betriebliche Veranlassung der Reise ableitet.
c) Ergibt die Gesamtbeurteilung, daß auch private Reiseinteressen vorgelegen haben, ist regelmäßig die betriebliche (berufliche) Veranlassung der gesamten Auslandsgruppenreise zu verneinen. Das Aufteilungs- und das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG verbieten es, auf das einfache Überwiegen des einen (privaten) oder des anderen (betrieblichen, beruflichen) Zwecks abzustellen. Wie der Große Senat mit Beschuß GrS 2/70 unter II. 4. ausgeführt hat, kann lediglich ein unbedeutendes und nicht ins Gewicht fallendes Mithineinspielen der Lebensführung unbeachtet bleiben. Die Abziehbarkeit von Aufwendungen kann also in vollem Umfang anerkannt werden, wenn die Förderung des Betriebs (Berufs) bei weitem überwiegt und die Lebensführung ganz in den Hintergrund tritt. Daraus hat die neuere Rechtsprechung des BFH zu Studienreisen mit Recht gefolgert, daß eine betriebliche Veranlassung einer Reise nur anerkannt werden kann, wenn die Verfolgung privater Interessen sowohl nach dem Programm als auch nach der tatsächlichen Gestaltung der Reise nahezu ausgeschlossen ist (BFH-Urteile I R 212/72; I R 112/73; IV R 90/73; IV R 35/76; IV R 30/76).
III. Zu der vorgelegten Rechtsfrage 1. b
1. Wird eine zu Informationszwecken durchgeführte Auslandsgruppenreise mit einem vorangehenden oder nachfolgenden Privataufenthalt in dem Reiseland oder auch in anderen Ländern verbunden, so ist dies bei der Beurteilung auch der Auslandsgruppenreise zu beachten. Die Verbindung zwischen einer Gruppenreise, die nach dem zu C II. Ausgeführten noch nicht als privat veranlaßt zu beurteilen wäre, mit einem Privataufenthalt spricht regelmäßig für die - nunmehr - private Veranlassung der gesamten Reise (vgl. BFH-Urteile IV 36/64 U; I R 212/72), weil beide Teile der Reise im Zusammenhang miteinander geplant und durchgeführt sowie insbesondere die Beförderungskosten für beide Teile aufgewendet werden. Der Steuerpflichtige hat die gesamte Reise in einem solchen Fall regelmäßig deshalb unternommen, weil er damit sowohl berufliche als auch private Interessen befriedigen kann. Wenn aber schon die Verbindung als solche eines eindeutig privat veranlaßten Reiseteils mit dem übrigen Reiseteil dafür spricht, daß die Reise insgesamt privat veranlaßt ist, so muß das um so mehr gelten, wenn die Gruppenreise zeitlich gegenüber dem Privataufenthalt in den Hintergrund tritt (vgl. BFH-Urteile VI R 315/66; IV R 72/70). Denn in der Regel kann dann erst recht angenommen werden, daß der umfangreichere private Reiseteil für die Durchführung der gesamten Reise maßgebend war. Der Große Senat hält somit in jedem Falle eine Gesamtwürdigung für erforderlich, sei es, daß es sich um eine einheitlich organisierte Reise - Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken (vgl. oben C II. 2.) -, sei es, daß es sich um eine Reise handelt, bei der sich an eine solche Gruppenreise ein privater Reiseteil anschließt oder ihr vorausgeht.
2. Die gesamte sich aus einer Auslandsgruppenreise und aus einem Privataufenthalt zusammensetzende Reise kann jedenfalls dann nicht als betrieblich (beruflich) veranlaßt beurteilt werden, wenn dem Privataufenthalt im Rahmen der Gesamtreise mehr als nur untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl. auch oben C II. 2. c). Eine solche untergeordnete Bedeutung des Privataufenthalts kann vor allem angenommen werden, wenn der Privataufenthalt im Verhältnis zur Gruppenreise zeitlich von untergeordneter Bedeutung ist.
IV. Zu der vorgelegten Rechtsfrage 2.
1. Ist die Gesamtreise (vgl. C II. und III.) als nicht betrieblich (beruflich) veranlaßt zu würdigen, so können nach der bisherigen Rechtsprechung dennoch einzelne abgrenzbare, ausschließlich und eindeutig betrieblich (beruflich) veranlaßte Aufwendungen als Betriebsausgaben abgezogen werden (vgl. BFH-Urteile IV R 72/70; I R 212/72; IV R 132/72). Die Rechtsprechung hat indessen nicht zweifelsfrei geklärt, unter welchen Voraussetzungen "abgrenzbare" Aufwendungen angenommen werden können. Im Falle IV R 72/70 hielt es der BFH für möglich, daß bei einer insgesamt als privat zu beurteilenden Reise Kosten eines Kongresses, den der Steuerpflichtige während dieser Reise besuchte, Betriebsausgaben sind. Im Falle IV R 132/72 sah der BFH Kosten für die Teilnahme des Steuerpflichtigen an einem Kongreß, auf dem er einen Vortrag hielt, als Betriebausgaben an, die von den Aufwendungen der insgesamt als privat zu beurteilenden Reise abgegrenzt werden könnten. In beiden Fällen wurden die Fahrtkosten jedoch voll dem privaten Bereich zugeordnet. Im Urteilsfalle I R 212/72 hielt es der BFH für möglich, daß Aufwendungen für "einzelne Besichtigungen" abgrenzbar und als Betriebsausgaben anzuerkennen seien. Offenbar geht auch das Urteil I R 212/72 davon aus, daß die Fahrtkosten nicht in Betriebsausgaben und Lebensführungskosten aufgeteilt werden können.
2. Der Große Senat hält es für zutreffend, auch im Falle einer insgesamt als privat gewürdigten Reise einzelne Aufwendungen, die ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlaßt sind, zum Abzug als Betriebsausgaben zuzulassen.
a) Im Beschluß GrS 2/70 hat der Große Senat unter II. 7. entschieden, daß im Falle der Anschaffung eines (einheitlichen) Wirtschaftsguts eine Aufteilung der Aufwendungen in aller Regel ausgeschlossen ist. Er hat sodann ausgeführt, daß Entsprechendes für laufende Aufwendungen gilt, die sowohl der Lebensführung als auch dem Beruf dienen, z. B. für Fahrtkosten einer Reise, bei der Gesichtspunkte der Lebensführung eine nicht ganz untergeordnete Rolle spielen. Der Große Senat hat im Beschluß GrS 2/70 die Fahrtkosten nur beispielhaft genannt, weil er davon ausging, daß auch andere laufende Aufwendungen der einheitlich zu würdigenden Reise unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot fallen. Aus den Aufwendungen einer insgesamt als privat zu beurteilenden Reise dürfen deshalb nicht einzelne Aufwendungen herausgelöst und ihrerseits als betrieblich anerkannt werden. Derartige Kosten entstehen für die als Einheit zu behandelnde (private) Reise und sind mangels objektiver, leicht nachprüfbarer Umstände nicht aufteilbar. Dies gilt selbst dann, wenn einzelne Reiseabschnitte - isoliert betrachtet - als betrieblich veranlaßt angesehen werden könnten.
b) Der Große Senat hält es jedoch für zutreffend, daß einzelne Aufwendungen, die zusätzlich zu den Aufwendungen für ein Gruppenreiseprogramm (C II.) oder eine sonst als privat zu beurteilende Reise (C III.) entstehen und die ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlaßt sind, als Betriebsausgaben (Werbungskosten) anerkannt werden können. In diesem Sinne sind besondere Aufwendungen für einen Geschäftsbesuch bei einem Vertragspartner oder für die Teilnahme an einem Kongreß, soweit jeweils eine ausschließlich betriebliche (berufliche) Veranlassung gegeben ist, gegenüber einer vorangegangenen oder nachfolgenden (privaten) Auslandsgruppenreise abgrenzbar. Die Abgrenzbarkeit ist auch anzuerkennen, wenn ein Steuerpflichtiger während einer solchen Reise in Abweichung von dem Gruppenreiseprogramm an einem Tag z. B. einen Geschäftsfreund aufsucht oder eine ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlaßte Besichtigung in Form eines Abstechers vom Programm durchführt (BFH-Urteil I R 212/72). Darüber hinaus sind im Verhältnis zu einer insgesamt als privat zu beurteilenden Reise (vgl. C III.) abgrenzbare betriebliche Aufwendungen denkbar. Voraussetzung ist in jedem dieser Fälle, daß dem Steuerpflichtigen im Verhältnis zu den Aufwendungen der als privat beurteilten Reise sicher und leicht abgrenzbare zusätzliche Aufwendungen entstanden sind, die nicht entstanden wären, wenn er diesen -ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlaßten Reiseteil nicht durchgeführt hätte.
Ist nach den vorstehenden Ausführungen z. B. eine eintägige Besichtigungsreise betrieblich veranlaßt, so können die hierfür entstandenen und im Verhältnis zu den übrigen Reisekosten zusätzlichen Aufwendungen, wie Eintrittsgelder, Fahrtkosten, aber auch zusätzliche Unterbringungskosten und Mehraufwendungen für Verpflegung, als Betriebsausgaben (Werbungskosten) berücksichtigt werden. Die zusätzlich angefallenen Unterbringungskosten sowie die Mehraufwendungen für Verpflegung können in diesen Fällen mit den für das betreffende Reiseland anerkannten Beträgen für Auslandsgeschäftsreisen (vgl. Abschn. 119 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien) zum Abzug zugelassen werden. Dagegen sind alle Aufwendungen, die auch ohne den einzelnen betrieblichen (beruflichen) Anlaß entstanden wären, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
V. Der Große Senat entscheidet somit die vorgelegten Rechtsfragen wie folgt:
1. Aufwendungen für die Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken sind keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn
a) sie nicht objektiv durch den Betrieb (Beruf) des Steuerpflichtigen veranlaßt sind, insbesondere wenn mit der Reise programmgemäß auch ein allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird, das nicht von untergeordneter Bedeutung ist,
b) außerhalb des Gruppenprogramms mit der Gruppenreise ein Privataufenthalt verbunden wird, dem im Rahmen der Gesamtreise mehr als nur untergeordnete Bedeutung zukommt.
2. Ist die Gesamtreise (1.) als nicht betrieblich (beruflich) veranlaßt zu beurteilen, sind einzelne abgrenzbare Aufwendungen, die ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlaßt sind, als Betriebsausgaben (Werbungskosten) abziehbar.
Fundstellen
BStBl II 1979, 213 |
BFHE 126, 533 |
BFHE 1979, 533 |