Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Begründung einer zulassungsfreien Revision
Leitsatz (NV)
Die Rüge, das Gericht habe aus dem festgestellten Sachverhalt unzutreffende Schlußfolgerungen gezogen, eröffnet keine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, haben im Jahre 1980 das Zweifamilienhaus in X erworben. Die 67,2 qm große Dachgeschoßwohnung in diesem Gebäude haben die Kläger im Streitjahr für monatlich 732 DM zuzüglich 28 DM Nebenkosten fremdvermietet. An der 86,78 qm großen Wohnung im Erdgeschoß zuzüglich einer Garage hatten die Kläger der Mutter der Klägerin durch notariellen Vertrag vom 26. März 1984 ein Wohnungs- und Nutzungsrecht eingeräumt. Die Mutter der Klägerin hatte ab 1. Januar 1984 für die Ausübung des Wohnungs- und Nutzungsrechts an die Klägerin ein monatliches Entgelt von 150 DM zu zahlen. Weiterhin verpflichtete sich die Nutzungsberechtigte gegenüber der Klägerin, die in der Wohnung anfallenden Wasser-, Heizungs- und Stromkosten sowie die Kosten der Schönheitsreparaturen und alle sonstigen Nebenkosten, die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Eigentümer auf den Mieter umgelegt werden können, zu tragen. Außerdem verpflichtete sich die Mutter der Klägerin im Rahmen der Ausübung ihres Wohnungs- und Nutzungsrechts für die Wartung und Pflege des gesamten Grundbesitzes Sorge zu tragen.
In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger für das Zweifamilienhaus im Streitjahr einen Werbungskostenüberschuß von (Einnahmen 12 x 150 DM + 12 x 760 DM + 376 DM aus der Nebenkostenabrechnung für die Dachgeschoßwohnung = 11296 DM Einnahmen ./. 41302 DM Werbungskosten =) 30006 DM geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kürzte bei der Einkommensteuerfestsetzung 1984 die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um 19044 DM (= 81,81 v.H. von 23278 DM der unstreitig auf die Wohnung der Mutter entfallenden Aufwendungen des Streitjahres) mit der Begründung, die Wohnung werde teilweise unentgeltlich der Mutter der Klägerin überlassen. Dies habe eine dem Einnahmeverzicht entsprechende Werbungskostenverkürzung zur Folge.
Mit der Klage wendeten sich die Kläger gegen die Werbungskostenkürzung. Sie meinen u.a., das FA habe die von der Mutter der Klägerin tatsächlich erbrachten Gegenleistungen für die Einräumung des Wohnrechts falsch ermittelt. Es dürfe nämlich nicht nur auf die tatsächlich im Streitjahr gezahlten Beträge von 150 DM monatlich für die Einräumung des Wohnrechts abgestellt werden. Als weitere Gegenleistung sei auch zu berücksichtigen, daß die Mutter der Klägerin aufgrund mündlicher Vereinbarungen Arbeitsleistungen (Putzarbeiten wegen der Bau- und Sanierungsmaßnahmen) zu erbringen hatte und daß außerdem das ortsübliche Nutzungsentgelt für die Einräumung des Wohnrechts im Streitjahr wegen der Bau- und Sanierungsmaßnahmen und der damit verbundenen Wohnbeeinträchtigung der Wohnung im Erdgeschoß auf 150 DM gemindert worden sei.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) meinte u.a., das FA habe zutreffend eine Werbungskostenkürzung für die der Mutter teilweise unentgeltlich überlassene Wohnung vorgenommen. Entgegen der Ansicht der Kläger sei nicht von einer vollentgeltlichen Nutzungsüberlassung auszugehen, weil die behaupteten mündlichen Vereinbarungen der Kläger mit der Mutter über die Minderung des ortsüblichen Nutzungsentgelts auf 150 DM und über die Vereinbarung betreffend die Anrechung etwaiger Arbeitsleistungen auf den ortsüblichen Wert des Wohnrechts einem Fremdvergleich nicht standhielten und deshalb der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden könnten.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Sie tragen vor, die angefochtene Entscheidung sei teilweise nicht mit Gründen versehen, weil an keiner Stelle im Urteil ausgeführt werde, warum die mündlichen Absprachen zwischen der Klägerin und ihrer Mutter einem Fremdvergleich nicht standhielten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig; denn die Kläger haben keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen, die schlüssig einen Verfahrensmangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ergeben.
1. Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn sie das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 FGO gegeben ist. Hieran fehlt es im Streitfall. Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Senat mit Beschluß vom heutigen Tag zurückgewiesen. Ohne Zulassung wäre die Revision nur dann zulässig gewesen, wenn die Kläger einen wesentlichen Mangel des Verfahrens i.S. des § 116 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 FGO schlüssig gerügt hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall.
2. Die Kläger machen zwar einen Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO geltend, sie tragen jedoch keine Tatsachen vor, die - ihr Vorliegen unterstellt - zu der Annahme führen könnten, die Entscheidung des FG sei im Sinne dieser Vorschrift nicht mit Gründen versehen. Zwar ist § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht nur dann verletzt, wenn die Entscheidung des FG jeglicher Begründung entbehrt. Ein Verstoß kann auch vorliegen, wenn ein Teil der wesentlichen Gründe fehlt. Es muß sich dann aber um grobe Fehler handeln (vgl. Beschluß vom 9. Oktober 1991 II R 44/90, BFH/NV 1992, 751). Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
a) Mit der Behauptung, im FG-Urteil sei nicht ausgeführt, warum die mündlich vereinbarte Minderung des Nutzungsentgelts zwischen der Klägerin und ihrer Mutter einem Fremdvergleich nicht standhält, wird ein Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO schon deshalb nicht schlüssig dargetan, weil das FG insoweit seine Entscheidung ausreichend begründet hat. Zur mündlich vereinbarten Mietminderung wegen der im Streitjahr durchgeführten Bau- und Sanierungsmaßnahmen auf 150 DM führt das FG auf S. 10 in seinem Urteil aus, fremde Dritte hätten eine solche Mietminderung nach Umfang und Dauer eindeutig im voraus festgelegt. Voraussetzung hierfür, so das FG, wäre gewesen, daß zunächst einmal über die Höhe der an sich angemessenen ortsüblichen Miete Übereinstimmung erzielt worden wäre, damit ein Abschlag wegen der Wohnbeeinträchtigung im voraus hätte beziffert werden können.
b) Das FG hat seine Entscheidung auch insoweit ausreichend begründet, als es zu dem Ergebnis kommt, daß die von der Mutter erbrachten Arbeitsleistungen (Putzarbeiten) nicht als Gegenleistung für die Einräumung des Wohnrechts im Streitjahr zu berücksichtigen seien. Nach den Feststellungen des FG hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung als Zeugin ausgesagt, über den Wert ihrer Arbeitsleistungen und über dessen Anrechnung auf ein zu zahlendes Nutzungsentgelt für die Wohnungsüberlassung sei im voraus nicht gesprochen worden. Es ist eine ausreichende rechtliche Begründung, wenn das FG aufgrund dieses festgestellten Sachverhalts auf S. 11 seines Urteils zu dem Ergebnis kommt, daß die von den Klägern behaupteten Vereinbarungen nicht in klarer und eindeutiger Weise im voraus getroffen wurden, und deshalb im Streitfall steuerlich nicht berücksichtigt werden können.
c) Ob das Gericht auf alle Gesichtspunkte sowie den gesamten Akteninhalt eingegangen ist und zutreffende Schlußfolgerungen gezogen hat, ist keine Frage der fehlenden Begründung i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO. Mängel dieser Art können zwar formelles oder materielles Recht verletzen. Sie eröffnen jedoch keine zulassungsfreie Revision (vgl. Beschluß vom 17. September 1991 X R 19/91, BFH/NV 1992, 750).
Fundstellen
Haufe-Index 419724 |
BFH/NV 1994, 806 |