Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung; Auslegung des Antrags; Sicherheitsleistung
Leitsatz (NV)
1. Beantragt ein Antragsteller Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Verwaltungsaktes ohne Anordnung einer Sicherheitsleistung und gibt das FG dem Antrag (nur) gegen Sicherheitsleistung statt, so ist die ohne einen Antrag und ohne Begründung eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen diesen Beschluß dahin auszulegen, daß der Antragsteller entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag AdV ohne Sicherheitsleistung begehrt.
2. Zur Ermessensausübung bei der Frage, ob die AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wird.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 3
Tatbestand
Die Antragstellerin und Beschwerdefüh rerin (Antragstellerin) handelt mit Grundstücken und ist als Bauträgerin tätig. Sie erwarb ein Grundstück, das mit einem denkmalgeschützten Gebäude bebaut war. Für die beabsichtigte Sanierung des Gebäudes beantragte sie beim Landesdenkmalamt einen Zuschuß. Anschließend veräußerte sie das Grundstück und wurde von der Grundstückserwerberin beauftragt, das Gebäude zu einem Festpreis instandzusetzen. Die Grundstückserwerberin trat u. a. etwaige gegenüber dem Landesdenkmalamt im Zusammenhang mit der Sanierung entstehende Ansprüche auf Zuschüsse an die Antragstellerin ab.
Durch an die Antragstellerin gerichteten Zuwendungsbescheid bewilligte ihr das Landesdenkmalamt einen Zuschuß. Der Zuschuß wurde ihr in Teilbeträgen u. a. in den Streitjahren (1986 und 1987) gezahlt.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) unterwarf den Zuschuß der Umsatzbesteuerung. Über die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.
Durch den angefochtenen Beschluß gab das FG dem Antrag der Antragstellerin, die Umsatzsteuerbescheide 1986 und 1987 insoweit von der Vollziehung auszusetzen, als darin die Zahlungen des Landesdenkmalamtes als Entgelt behandelt worden sind, gegen Sicherheitsleistung statt. Es äußerte ernstliche Zweifel, ob in dem Zuschuß nicht ein Entgelt für einen steuerfreien Grundstücksumsatz der Antragstellerin zu sehen sei.
Gegen diesen Beschluß legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Die Beschwerdeschrift enthält weder einen Antrag noch eine Begründung. Die angekündigte Begründung der Beschwerde ist trotz Erinnerung durch die Geschäftsstelle des Senats vom 14. März 1994 ausgeblieben.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Senat geht davon aus, daß die Antragstellerin mit der Beschwerde entsprechend ihrem erstinstanzlichen Antrag Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung begehrt und somit -- wie erforderlich -- das Beschwerdebegehren erkennbar ist (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 15. Februar 1989 V B 98/88, BFH/NV 1989, 649; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 129 Rz. 6 m. w. N.).
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann auch die finanzgerichtliche Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Durch die Verknüpfung mit einer Sicherheitsleistung sollen Steuerausfälle bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermieden werden. Eine diesbezügliche Gefahr kann insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen bestehen. Das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Steuerausfällen muß jedoch zurücktreten, wenn mit Gewißheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozeßausgang zu erwarten ist (vgl. Senatsbeschluß vom 26. Mai 1988 V B 26/86, BFH/NV 1989, 403 unter 1. b aa; Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz. 142 ff. m. w. N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Antragstellerin eine Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide ohne Sicherheitsleistung nicht beanspruchen.
Eine Gefährdung der umstrittenen Umsatzsteuer-Ansprüche ergibt sich aus dem erst instanzlichen Vortrag der Antragstellerin, daß ihr die Zahlung der Umsatzsteuer ohne Aufnahme eines Kredites nicht möglich wäre und sie duch eine Zahlung in ernst liche Liquiditätsschwierigkeiten geraten würde. Bei dem im Streitfall gegebenen komplexen Sachverhalt kann ein Erfolg der Klage auch nicht mit Gewißheit oder mit großer Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden. Die Antragstellerin selbst hat dies nicht behauptet, sondern in ihrem Aussetzungsantrag an das FG lediglich ernst liche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide geltend gemacht.
Die Anordnung einer Sicherheitsleistung hat schließlich nicht deshalb zu unterbleiben, weil die Antragstellerin etwa zur Sicherheitsleistung außerstande wäre (vgl. dazu Senatsbeschluß in BFH/NV 1989, 403 unter 1. b ee; Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz. 146 m. w. N.). Hierzu hat die Antragstellerin nichts dargetan. Der Senat kann deshalb nicht feststellen, daß die Antragstellerin nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten.
Fundstellen
Haufe-Index 420052 |
BFH/NV 1995, 515 |