Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Körperschaftsteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
In die Form von Genossenschaften gekleidete Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften sind gemäß § 33 KörpStDV 1949 i. V. m. § 23 KörpStG 1934 steuerfrei, wenn die angeschlossenen Genossenschaften die in § 33 KörpStDV 1949 aufgestellten Bedingungen erfüllen und die Zentralen lediglich Erzeugnisse dieser Genossenschaften bearbeiten oder verwerten.
Eine Steuerfreiheit von Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften, die in die Form von Kapitalgesellschaften gekleidet sind, kann aus § 33 KörpStDV nicht hergeleitet werden. -
Normenkette
KStDV § 33; KStG § 23; AO § 13; GG Art. 129/3
Tatbestand
"Läßt sich aus § 33 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes auch eine Steuerbefreiung für Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften herleiten?"
Entscheidungsgründe
I. Der Deutsche Raiffeisenverband e. V. hat in einer Stellungnahme zu dem Rechtsproblem hinsichtlich der wirtschaftlichen Aufgaben der Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften folgendes ausgeführt:
"Zentralen von Genossenschaften im Sinne des § 33 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KörpStDV) treten auf als Zentralen von Molkereigenossenschaften, Eierverwertungsgenossenschaften, Viehverwertungsgenossenschaften, Obst- und Gemüseverwertungsgenossenschaften und von Winzergenossenschaften. Sie werden als regionale Zusammenschlüsse regelmäßig für den Bereich des zuständigen genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, also für den Bezirk eines Landes oder einer früheren Provinz errichtet. Zweck und Aufgaben der Zentralen und der angeschlossenen Verwertungsgenossenschaften sind grundsätzlich die gleichen. Die Zentralen ergänzen die Tätigkeit der örtlichen Verwertungsgenossenschaften insofern, als sie den notwendigen übergebietlichen Ausgleich gewährleisten und wichtige markt- und preisregelnde Funktionen zu übernehmen haben. Ohne sie müßte die Tätigkeit der örtlichen Verwertungsgenossenschaften auf halbem Wege steckenbleiben. In den Erzeugungsüberschußgebieten, in denen dem genossenschaftlichen Absatz besondere Bedeutung zukommt, würden sonst die Verwertungsgenossenschaften den gleichen Absatzschwierigkeiten gegenüberstehen wie der einzelne Erzeuger, im Gegenteil, es würden diese durch die konzentrierte Erfassung evtl. noch vermehrt werden. Um dem zu begegnen, hat die Organisation der landwirtschaftlichen Genossenschaften sich schon Ende des vorigen Jahrhunderts gezwungen gesehen, derartige regionale Zentralen landwirtschaftlicher Verwertungsgenossenschaften zu bilden. Diese haben von den Mitgliedsgenossenschaften die am Platze nicht absetzbaren Erzeugnisse und Produkte aufzunehmen, einen evtl. möglichen gebietlichen Ausgleich vorzunehmen und die dann noch verbleibenden Mengen - gegebenenfalls nach sachgemäßer Sortierung (Standardisierung) und Verpackung evtl. auch nach Verarbeitung, je nach den Bedürfnissen des Marktes - in sonstige zur Verfügung stehende Absatzkanäle zu leiten. Vor allem ist es aber auch Aufgabe der Zentralen, die Erzeugnisse und Produkte im Interesse der Regulierung des Marktes und der Preise einzulagern, um auf diese Weise unabhängig von dem Anfall der Erzeugnisse ein möglichst gleichmäßiges Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen und ein stoßweises Angebot einzelner Erzeugnisse weitgehend zu vermeiden. Aus diesen Gründen ist die Errichtung derartiger Zentralen landwirtschaftlicher Verwertungsgenossenschaften auch seinerzeit im Zuge des landwirtschaftlichen Notprogramms von der früheren Reichsregierung ausdrücklich gefördert bzw. sogar veranlaßt worden, um mit Hilfe der Standardisierung und eines möglichst einheitlichen Angebots die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Bauern mit dem Ausland zu erreichen". ... "Die Zentralen stellen mithin die notwendigen Ergänzungsbetriebe landwirtschaftlicher Verwertungsgenossenschaften dar, die überhaupt erst eine geordnete Durchführung des genossenschaftlichen Absatzes ermöglichen".
II. Die Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften sind Genossenschaften, deren Mitglieder = Genossen nicht Landwirte oder Forstwirte sind, sondern Genossenschaften, die sich aus Landwirten und Forstwirten zusammensetzen.
Nach § 4 Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KörpStG) 1925 gehörten nicht zu den Erwerbsgesellschaften:
"a) ...
Die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ...
Die in ihrer Hauptbestimmung als Zentralen der Genossenschaften wirkenden eingetragenen Genossenschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften, deren Genossen (Gesellschafter) ausschließlich oder doch überwiegend die unter b) bezeichneten Genossenschaften sind und deren Geschäftsbetrieb sich im wesentlichen auf die angeschlossenen Mitglieder und deren Einzelmitglieder beschränkt".
In das Körperschaftsteuergesetz 1934 ist diese Bestimmung nicht aufgenommen worden. Vielmehr wurden durch § 1 Absatz 1 Ziffer 2 KörpStG die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften unbeschränkt steuerpflichtig. § 23 KörpStG 1934 gab jedoch dem Reichsminister der Finanzen die Ermächtigung, die Genossenschaftsbesteuerung neu zu regeln.
Auf Grund dieser Ermächtigung hat der Reichsminister der Finanzen zunächst in § 36 der Ersten KörpStDV bestimmt, daß die Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes 1925 bei der Veranlagung 1934 und 1935 noch anzuwenden sind.
Für die Jahre 1936 bis 1939 ist diese Regelung des § 36 der Ersten KörpStDV im Wege der Verwaltungsanweisung, und zwar in den Ergänzungsrichtlinien 1935 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1936 S. 629, 640) und in den Veranlagungsrichtlinien 1937 (RStBl. 1938 S. 193, 236) aufrechterhalten worden.
Von der Ermächtigung des § 23 KörpStG 1934 hat der Reichsminister der Finanzen in der Verordnung vom 8. Dezember 1939 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 2391, RStBl. S. 1189) Gebrauch gemacht. In § 2b der Verordnung werden Genossenschaften von der Körperschaftsteuer befreit, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb erstreckt auf die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt. Eine gleichartige Steuervergünstigung enthält auch § 3 Ziffer 8 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) 1936.
In dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 11. Dezember 1939 (S 2515 - 300 III), RStBl. 1939 S. 1198, wird unter Ziffer 5 folgendes ausgeführt:
"Zentralen landwirtschaftlicher Genossenschaften. § 2 der Verordnung gilt entsprechend für die Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften, auch wenn sie in Form einer Kapitalgesellschaft geführt werden (z. b. Molkereiabsatzzentralen, Eierabsatzzentralen, Viehabsatzzentralen). Voraussetzung für die steuerliche Vergünstigung ist, daß die Zentrale sich ausschließlich oder überwiegend (mindestens 90 v. H.) aus steuerbegünstigten Genossenschaften zusammensetzt".
Der Erlaß ist nicht in den Amtsblättern bekanntgemacht worden, die das Reichsgesetz vom 13. Oktober 1923 (RGBl. I S. 959) für die Verkündung von Rechtsverordnungen vorschreibt.
Die Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes 1949 vom 4. Juli 1949 des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (WiGBl.) S. 183, Amtliches Mitteilungsblatt der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Amtl. MittBl.) S. 185, hat in § 33 die Bestimmung des § 2 der Verordnung vom 8. Dezember 1939 übernommen (ebenso die entsprechenden Verordnungen der Länder der französischen Besatzungszone). Gleichzeitig wurde in § 37 Absatz 2 der Verordnung ausgesprochen, daß die Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8. Dezember 1939 für die Veranlagungszeiträume, die nach dem 20. Juni 1948 beginnen, nicht mehr anzuwenden ist. Durch das Gesetz über die änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 28. April 1950, Bundesgesetzblatt 1950 S. 95, wurde die Fassung des § 23 KörpStG 1934 geändert. Es wurde ausdrücklich die Form der Rechtsverordnung vorgeschrieben und die Ermächtigung auch auf Zentralkassen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform und auf die deutsche Genossenschaftskasse ausgedehnt.
III. Für die Beurteilung der Rechtsfrage erscheint es zweckmäßig, die Rechtsnatur der Bestimmungen des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 11. Dezember 1939 und ihre Beurteilung durch den Reichsfinanzhof klarzustellen. Hierbei ist insbesondere die Frage zu entscheiden, inwieweit es sich bei den Ausführungen des Erlasses um Anordnungen, durch die ein neues Recht geschaffen wurde, oder lediglich um die Auslegung der Verordnung vom 8. Dezember 1939 handelt.
Der Reichsminister der Finanzen erhielt in den §§ 22 bis 24 KörpStG 1934 die Ermächtigung, das Körperschaftsteuergesetz in bestimmten Grenzen zu ändern. Des weiteren stand ihm auf Grund des § 13 der Reichsabgabenordnung (AO) die Möglichkeit offen, aus Billigkeitsgründen Milderungen allgemein zu gewähren. Wie der Oberste Finanzgerichtshof in dem Gutachten I D 6/49 S vom 27. August 1949 (Ministerialblatt des Bundesministeriums der Finanzen - MinBlFin - 1950 S. 336) ausgesprochen hat, bestehen für Gesetze und Rechtsverordnungen, mit deren Hilfe der Staat Rechtsnormen schafft, strenge Verkündungsvorschriften. "Diese Verkündungsvorschriften dienen der Rechtssicherheit, und ihre Befolgung ist unbedingt erforderlich, wenn den Bürgern Verpflichtungen gegenüber dem Staat oder zueinander auferlegt werden. Es ist jedoch bedenklich, die Wirksamkeit einer Anordnung, durch die Pflichten gegenüber dem Staat erlassen oder gemildert werden, mit der Begründung ablehnen zu wollen, daß die Anordnung nicht im Gesetz- und Verordnungsblatt, sondern lediglich im Amtsblatt bekanntgemacht worden ist". Der Oberste Finanzgerichtshof sprach aus, daß Steuermilderungen, die der Reichsminister der Finanzen allgemein gewährt, auch dann im Veranlagungs- und Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen sind, wenn sie in anderen als den für die Verkündung von Rechtsverordnungen besonders vorgeschriebenen Blättern amtlich bekanntgegeben worden sind. Es besteht somit die Möglichkeit, daß durch Anordnungen des Erlasses in gleicher Weise wie durch ordnungsmäßig verkündete Rechtsverordnungen materielles Recht geschaffen worden ist.
Im demokratischen Rechtsstaat erfordert die verfassungsmäßige gegenseitige Kontrolle von Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit die Einhaltung bestimmter Formen bei Erlaß von Rechtsnormen. Es soll schon rein äußerlich zwischen Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften klar unterschieden werden. In der Zeit vor 1945 war der Staat nicht auf den Grundsätzen der Gewaltenteilung aufgebaut. Dies hatte zur Folge, daß bei Herausgabe von Rechtsnormen in der äußeren Form nicht die Sorgfalt waltete, auf die der demokratische Rechtsstaat großen Wert legt. Auch der Reichsminister der Finanzen hat bei Erlaß von Anordnungen, die Rechtsansprüche auslösten, der klaren Unterscheidung zwischen Rechtsverordnungen und Verwaltungsanweisungen sowie der ordnungsmäßigen Verkündung der Anordnungen entsprechend dem Reichsgesetz vom 13. Oktober 1923 keine entscheidende Bedeutung zugemessen. So hat er z. B. den Erlaß vom 10. Mai 1940, S 1301 B. Pl - 166 III d, zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern im Verhältnis zum Generalgouvernement Polen (RStBl. 1940 S. 513), bei dem er sich ausdrücklich auf § 13 AO stützte und Rechtsnormen schuf, nicht in den amtlichen Organen, die das Reichsgesetz vom 13. Oktober 1923 vorschreibt, verkündet. Das gleiche gilt, wie bereits oben dargestellt, von der Anordnung über die Weitergeltung der Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1925 hinsichtlich der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften für die Kalenderjahre 1936 bis 1939, die in den Veranlagungsrichtlinien enthalten waren.
Unter diesen Umständen muß geprüft werden, ob nicht auch durch den Erlaß vom 11. Dezember 1939 neues Recht geschaffen worden ist. Es ist denkbar, daß in einem Erlaß Anordnungen, die Rechtsnormen enthalten, von Ausführungen, die lediglich der Auslegung des Gesetzes oder einer Rechtsverordnung dienen, nicht einwandfrei getrennt worden sind.
Voraussetzung für die Gültigkeit einer Anordnung des Reichsministers der Finanzen ist ganz allgemein, daß eine entsprechende ordnungsmäßige Ermächtigung vorlag. Dieser Grundsatz gilt auch für autoritären Staat. Der Reichsminister der Finanzen hatte auf Grund des § 23 KörpStG 1934 die Ermächtigung, die Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften von der Körperschaftsteuer freizustellen, soweit sie in die Form von Genossenschaften gekleidet waren. Dagegen gab ihm weder § 22 noch § 23 KörpStG 1934 die Befugnis zur Freistellung der Kapitalgesellschaften von der Körperschaftsteuer. Sie könnte somit nur auf § 24 Absatz 2 KörpStG 1934 (Regelung des übergangs vom Körperschaftsteuergesetz 1925 zum Körperschaftsteuergesetz 1934) oder auf § 13 AO gestützt werden. In letzterem Falle müßten allerdings für die Gleichstellung von Kapitalgesellschaften mit Genossenschaften die vom Gesetz geforderten Billigkeitsgründe vorliegen. Die Verordnung vom 8. Dezember 1939 stützt sich auf § 23 KörpStG und behandelt lediglich die Steuerbefreiung von Genossenschaften. Hieraus ergibt sich, daß der Erlaß, soweit die in Form von Kapitalgesellschaften betriebenen Zentralen in Frage kommen, keine Auslegung der Verordnung vom 8. Dezember 1939 darstellen kann. Es muß hier die Absicht bestanden haben, neues Recht zu schaffen. Trotzdem ist es möglich, daß die Ausführungen des Erlasses hinsichtlich der in Form von Genossenschaften betriebenen Zentralen lediglich eine Auslegung der Verordnung bilden.
Der damaligen Rechtsauffassung des Reichsfinanzhofs entsprach es, sogenannte Milderungserlasse nach § 13 AO nicht im finanzgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Im einzelnen siehe die Schreiben des Reichsminister der Finanzen an den Reichsfinanzhof vom 10. Juni 1940 S 1105 - 9 III R (RStBl. 1940 S. 756), vom 16. Oktober 1940 S 1216 - 149 III R (RStBl. 1940 S. 970), die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 294/40 vom 25. Februar 1941 (Slg. Bd. 50 S. 96, RStBl. 1941 S. 225) und das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 6/49 vom 27. August 1949.
Der Reichsfinanzhof hat sich mit der Besteuerung von Zentralen landwirtschaftlicher Genossenschaften in der Entscheidung I 230/41 vom 21. Oktober 1941, RStBl. 1941 S. 962, befaßt. Er hat hierbei folgenden Rechtssatz geprägt:
"Beschränkt sich die Tätigkeit einer Zentrale landwirtschaftlicher Genossenschaften darauf, den von den angeschlossenen steuerbegünstigten Meiereigenossenschaften hergestellten Frischkäse zur Reife zu bringen und den reifen Käse zu verkaufen, so ist sie nach § 2 der Körperschaftsteuer- Genossenschaftsverordnung (KörpStGenV) (RGBl. I S. 2391, RStBl. 1939 S. 1189) steuerbefreit - = § 23 KStG, § 2 KStGenV -."
Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, bei dem die Zentrale eine Genossenschaft war, deren Genossen aus Meiereigenossenschaften bestanden.
Aus dem Urteil ergibt sich, daß der Reichsfinanzhof der Auffassung war, daß sich aus § 2 KörpStGenV eine Steuerbefreiung für Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften insoweit herleiten läßt, als die Zentralen die Form der Genossenschaften haben. Er sah somit in den Ausführungen des Erlasses des Reichsministers der Finanzen lediglich eine Auslegung der Verordnung, der er beitrat. Dies kommt in der Entscheidung noch dadurch besonders zum Ausdruck, daß im letzten Absatz der Entscheidung die Anwendung von Billigkeitserlassen im Verfahren vor dem Reichsfinanzhof entsprechend der oben dargestellten Rechtsauffassung ausdrücklich abgelehnt wird.
Der Senat tritt der Auffassung des Reichsfinanzhofs bei, daß in Genossenschaftsform gekleidete Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften gemäß § 33 KörpStDV 1949 (früher § 2 der Verordnung vom 8. Dezember 1939) steuerbefreit sind, wenn die angeschlossenen Genossenschaften die in § 33 KörpStDV aufgestellten Bedingungen erfüllen und die Zentralen nur Erzeugnisse dieser Genossenschaften bearbeiten oder verwerten. Die Verordnung dient der Förderung landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften. Ihrem Grundgedanken widerspricht es, die Vergünstigung dann zu versagen, wenn zur Erreichung der genossenschaftlichen Ziele ein Zusammenschluß mehrerer Genossenschaften in einer zentralen Genossenschaft erfolgt, da dies aus wirtschaftlichen Gründen zweckdienlich erscheint. Wenn auch der Ausdruck "selbst gewonnene Erzeugnisse" eigene landwirtschaftliche Produktion verlangt, so entspricht es doch dem Sinne des Gesetzes, die Voraussetzung der Vergünstigung auch bei den Zentralen nur dann als erfüllt anzusehen, wenn die Bearbeitung und Verwertung sich auf die von den Mitgliedsgenossenschaften erfaßten landwirtschaftlichen Erzeugnisse ihrer Mitglieder beschränkt, wenn also ausschließlich Erzeugnisse der Genossen sowohl von den örtlichen Genossenschaften als auch von den Zentralen verwertet werden. Wirtschaftlich betrachtet sind die Träger der Zentralen die Genossen der der Zentrale angeschlossenen Genossenschaften. Hinsichtlich dieser mittelbaren Genossen müssen die Bedingungen des § 33 KörpStDV erfüllt sein.
Des weiteren erscheint es angezeigt, zu prüfen, ob die Steuerfreiheit von Zentralen, die in Form von Kapitalgesellschaften betrieben werden, durch den Erlaß des Reichsministers der Finanzen von 1939 rechtswirksam ausgesprochen worden ist und ob der Erlaß des Reichsministers der Finanzen auch heute noch Wirksamkeit besitzt.
Der Erlaß enthält keine Bezeichnung der Bestimmungen, auf die die Anordnungen gestützt werden. Die Ermächtigung des Reichsministers der Finanzen kann nur aus § 24 Absatz 2 KörpStG 1934 und § 13 AO 1931 hergeleitet werden. Es erscheint vertretbar, die Rechtsgültigkeit der Anordnungen des Reichsministers der Finanzen anzuerkennen. Ihre Rechtswirksamkeit hat jedoch durch die Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes 1949 ihr Ende gefunden. Nach § 37 Absatz 2 KörpStDV 1949 ist die Verordnung vom 8. Dezember 1939 für die Veranlagungszeiträume, die nach dem 20. Juni 1948 beginnen, nicht mehr anzuwenden. Hieraus wird man folgern müssen, daß auch die Bestimmungen des Erlasses, der mit der Verordnung eng verknüpft ist, außer Wirksamkeit gesetzt worden sind. Es sollte durch die Neufassung der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes das Problem erschöpfend neu geregelt werden.
Bei dem Zeitablauf seit Erlaß des Körperschaftsteuergesetzes 1934 kann auf Grund der Bestimmungen des § 24 Absatz 2 KörpStG 1934 die Steuerfreiheit der in Form von Kapitalgesellschaften geführten Zentralen durch Rechtsverordnung nicht mehr ausgesprochen werden. Im Ergebnis würde das eine änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1934 bedeuten, der auch Artikel 129 Absatz 3 des Grundgesetzes entgegensteht. Die gleichen Erwägungen haben wohl auch dazu geführt, nunmehr in § 23 KörpStG 1950 die Ermächtigung der Bundesregierung auch auf die in Form einer Kapitalgesellschaft geführten Zentralkassen auszudehnen ( s. § 35 KörpStDV 1949). Desgleichen wurde bei der Ermächtigung des Art. 4 des änderungsgesetzes vom 29. April 1950 (Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes) § 24 KörpStG 1934 nicht aufgeführt. Auch der Direktor der Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes hat bei der Neufassung des Körperschaftsteuergesetzes 1949 (WiGBl. 1949 S. 311) den § 24 Absatz 2 KörpStG 1934 als gegenstandslos bezeichnet.
Inwieweit die Voraussetzungen des § 13 AO für eine Gleichstellung der in Form von Kapitalgesellschaften betriebenen Zentralen mit den in Form von Genossenschaften betriebenen Zentralen gegeben sind, kann von hier aus nicht übersehen werden.
Zusammenfassend ergibt sich, daß eine Steuerfreiheit von Zentralen landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften, die in die Form von Kapitalgesellschaften gekleidet sind, aus § 33 KörpStDV 1949 nicht hergeleitet und auch durch eine Rechtsverordnung auf der Grundlage des Körperschaftsteuergesetzes 1950 nicht ausgesprochen werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 407159 |
BStBl III 1951, 26 |
BFHE 55, 65 |