Leitsatz (amtlich)
1. Am 20. Juni 1948 stand fest, daß Forderungen gegen das Deutsche Reich uneinbringlich geworden waren.
2. Artikel VIII des KontrRG Nr. 12 steht der Absetzung von Forderungen gegen das Reich nach § 60 Absatz 2 UStDB nicht entgegen.
3. Die Absetzung bereits versteuerter Entgelte, die dem Satz von 2 v. H. unterlagen, ist nach Erhöhung des Satzes auf 3 v. H., in der Weise zulässig, daß der früher entrichtete Umsatzsteuerbetrag von der Umsatzsteuerschuld abgezogen wird.
Normenkette
UStG § 12; UStDB § 60 Abs. 2; KontrRG Nrn. 12, 12 Art. VIII
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin, die nach vereinbarten Entgelten besteuert wird, hat in ihrer Umsatzsteuererklärung für I/1948 vom Umsatz gemäß § 60 Absatz 2 der Umsatzsteuerdurchführungsbestimmungen (UStDB) Forderungen an das Reich abgesetzt. Das Finanzamt hat die Absetzung versagt, das Finanzgericht hat sie zugelassen. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts.
Entscheidungsgründe
Die Rb. konnte nur zum Teil Erfolg haben.
Die Absetzung bereits versteuerter Entgelte ist nach § 60 Absatz 2 UStDB zulässig, "sobald feststeht, daß die versteuerten Entgelte uneinbringlich geworden sind".
Nach § 14 des Gesetzes Nr. 63 der Militärregierung (Umstellungsgesetz) sind Forderungen an das Reich von der Umstellung auf DM ausgenommen, sie haben also keinen in DM zu beziffernden Wert und sind deshalb als wertlos anzusehen (so auch Koch, Wirckau, Sölch, Ringleb, Bemerkung 2 letzter Absatz zu § 12 des Umsatzsteuergesetzes). Daß Forderungen gegen das Reich nach kaufmännischer Betrachtungsweise wertlos geworden sind, ergibt sich auch aus § 21 des DM-Bilanzgesetzes, wonach sie lediglich mit einem Erinnerungsposten von einer DM anzusetzen sind. Nach § 60 Absatz 2 Satz 3 UStDB sind die Entgelte erneut zu versteuern, wenn sie nachträglich vereinnahmt werden. Daraus folgt, daß die Uneinbringlichkeit nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu beurteilen ist (so auch Hartmann-Thiem, Umsatzsteuerrecht Abschnitt VII).
Mit der Rb. wird geltend gemacht, die hier in Rede stehenden Forderungen aus Lieferungen an das Wehrmachtsbeschaffungsamt dürften sich gemäß Artikel VIII Buchstabe a des Kontrollratsgesetzes Nr. 12 bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer nicht gewinnmindernd auswirken. Diese für die Ertragsteuern geltende Bestimmung müsse auch auf die Umsatzsteuer angewendet werden. Hierin kann dem Beschwerdeführer (Bf.) nicht gefolgt werden. Aus dem Wortlaut des Artikels VIII ergibt sich eindeutig, daß die Bestimmung sich nur auf die Einkommensteuer und die Besteuerung außerordentlicher Gewinne bezieht. Dies wird besonders klar, wenn man auf den amtlichen fremdsprachigen Text zurückgeht. Während nämlich die amtliche deutsche Übersetzung nur von der "Errechnung der Steuerschuld dieser Personen" (nämlich natürlicher und juristischer Personen) spricht, müßte es bei genauer Übersetzung des englischen und französischen Textes lauten: "bei der Errechnung dieser Steuern", d. h. also bei der Errechnung der Einkommensteuer. Eine analoge Anwendung des Gedankens auf die Umsatzsteuer ist aus dem Gesetz nicht herzuleiten.
Mit der Rb. wird bemängelt, daß die Steuerpflichtige die nur mit 2 v. H. versteuerten Entgelte von ihren jetzt mit 3 v. H. zu versteuernden Entgelten absetzen will. Dem Bf. ist darin Recht zu geben, daß nach Erhöhung des Umsatzsteuersatzes von 2 auf 3 v. H. die Absetzung nur in der Weise vorgenommen werden kann, daß der früher entrichtete Umsatzsteuerbetrag von der Umsatzsteuerschuld abgezogen wird (UStDB § 60 Absatz 1 letzter Satz in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2). Ein so vorgenommener Abzug ergibt eine Umsatzsteuerschuld von RM 313 299,40. Auf diesen Betrag war daher unter Aufhebung der Vorentscheidungen die Umsatzsteuer festzusetzen.
Fundstellen
BStBl III 1951, 115 |
BFHE 1952, 298 |