Leitsatz (amtlich)
1. Das Meistgebot unterliegt der Grunderwerbsteuer auch dann, wenn der Meistbietende im Auftrag und für Rechnung des späteren Erstehers gehandelt hatte.
2. Daß der Beauftragte nur durch unabwendbare Zufälle verhindert wurde, namens des Auftraggebers zu bieten, ist für den Besteuerungstatbestand unerheblich und kann nur nach Maßgabe des § 131 AO berücksichtigt werden.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5, § 15 Nr. 4; AO § 131
Tatbestand
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er war für eine ausländische Gesellschaft tätig. Dieser stand eine Grundschuld an einem inländischen Grundstück zu. Mit einer Vollmacht für diese ist er im Termin zur Zwangsversteigerung des Grundstücks erschienen. Er bot ohne Angabe eines Vertretungsverhältnisses und blieb Meistbietender. Die Rechte aus dem Meistgebot trat er am folgenden Tag an seine Auftraggeberin ab. Diese übernahm die Pflichten aus dem Meistgebot und erhielt den Zuschlag.
Das FA (Beklagter) hat Grunderwerbsteuer gegen den Kläger festgesetzt und seinen Einspruch zurückgewiesen.
Der Kläger hat vorgetragen: Sein Mandant habe im Termin persönlich erscheinen wollen, sei dann aber verhindert worden. Die ihm durch Luftpost und Eilboten übersandte beglaubigte Bietungsvollmacht sei nicht mehr rechtzeitig eingetroffen. Deshalb habe er im eigenen Namen bieten müssen.
Das FG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hat Rechtsbeschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Der Kläger hat, wie er mit der Revision nicht in Zweifel zieht, das Meistgebot im eigenen Namen abgegeben, offenbar, weil die dem Versteigerungsrichter vorgelegte Vollmacht nicht dem Inhalt und der Form des § 71 Abs. 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) entsprach. Er ist somit selbst Meistbietender geworden, auch wenn er im Sinne des § 81 Abs. 3 ZVG zum Ausdruck gebracht haben sollte, daß er "für" seinen Auftraggeber biete. Denn der Kläger hat jedenfalls im eigenen Namen geboten. Daß ein Gebot seines Auftraggebers gemäß § 9 Abs. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen wäre, kommt dem Kläger nicht zustatten (Urteil II 112/65 vom 19. November 1968, BFH 94, 156, BStBl II 1969, 92). Als Meistbietender (§ 15 Nr. 4 GrEStG), der selbst nicht Grundpfandgläubiger war (§ 9 Abs. 5 GrEStG), schuldet der Kläger die auf das Meistgebot gelegte (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) Grunderwerbsteuer (§ 15 Nr. 4 GrEStG).
Diese Vorschriften sind eindeutig; sie erlauben keine Einengung in dem vom Kläger gewünschten Sinne. Dieser meint, die Grunderwerbsteuer wolle einen wirtschaftlichen Umsatz erfassen; wirtschaftlich hätten aber die aus dem Meistgebot begründeten Rechte immer seinem Auftraggeber zugestanden. Zum ersten Punkt braucht hier nicht Stellung genommen zu werden (vgl. Begründung zum GrEStG 1940, RStBl 1940, 387 [404]; Boruttau-Klein, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl. 1965, § 1 Tz. 2, aber auch § 1 Abs. 2 GrEStG, und zum Meistgebot des Eigentümers Urteil II A 122/27 vom 22. April 1927, RFH 21, 148, RStBl 1927, 191; Boruttau-Klein, a. a. O., § 1 Tz. 6, letzter Satz, gegen Ott, Handbuch des gesamten Grunderwerbsteuerrechts, 4. Aufl. 1936, § 1 Anm. 14). Jedenfalls ist die daraus gezogene Konsequenz nicht der Standpunkt des GrEStG. Dessen § 1 Abs. 5 beweist, daß der Erwerb des Eigentums auch dann der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn dem (künftigen) Eigentümer die Befugnis zur wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks nicht zukommen soll (vgl. auch § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG); sowohl der Eigentumserwerb als auch der nachträgliche - oder auch vorgängige - Erwerb der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis (§ 1 Abs. 2 GrEStG) unterliegen der Grunderwerbsteuer. Demzufolge ist auch der treuhänderische Erwerb eines Grundstücks steuerbar (vgl. Boruttau-Klein, a. a. O., § 1 Tz. 3, 171). Für das Meistgebot im Auftrag (vgl. Urteil II 80/62 U vom 13. Oktober 1965, BFH 83, 586, BStBl III 1965, 712) und für Rechnung eines anderen kann nichts anderes gelten.
Dieses Ergebnis kann unbillig sein, wenn - wie der Kläger behauptet - nur durch unabwendbare Zufälle verhindert wurde, daß das Meistgebot entweder vom Auftraggeber selbst oder mit gehörig beglaubigter Vollmacht (§ 71 Abs. 2 ZVG) in dessen Namen abgegeben werden konnte. Die Anwendung des § 131 AO (vgl. dazu Urteil II 9/65 vom 7. November 1968, BFH 94, 85, BStBl II 1969, 41) hätte in diesem Falle nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, der gesetzliche Besteuerungstatbestand sei erfüllt. Denn § 131 AO ist, soweit er die Unbilligkeit in der Sache selbst betrifft, gerade dazu geschaffen, ungewollten Überhängen der gesetzlichen Tatbestände abzuhelfen. Es kann nicht allgemein davon ausgegangen werden, daß es bei Verkehrsteuern solche Überhänge schlechthin nicht gebe (Urteil II 112/65 vom 19. November 1968, a. a. O.). Daher wäre zu prüfen gewesen, ob unter Beachtung der im Gesetz selbst gesetzten Maßstäbe die Besonderheiten des Einzelfalles die gesetzlichen Rechtsfolgen als unbillig erscheinen lassen (vgl. Urteil II 184/62 vom 29. September 1965, HFR 1966, 31). Diese Erwägungen der Billigkeit können aber, wie das FG richtig erkannt hat, in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden.
Daß nur § 131 AO, nicht aber eine begrifflich nicht abgrenzbare (Urteil II 112/65 vom 19. November 1968, a. a. O.) Einengung des gesetzlichen Tatbestandes (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) zum richtigen Ergebnis führen kann, zeigen die Ausführungen des Klägers selbst. Denn er räumt angesichts auch von ihm als steuerwürdig anerkannter Fälle des Meistgebots bei Zuschlag an einen anderen (§ 81 ZVG) ein, daß die Abgabe des Meistgebots die Vermutung auch eines wirtschaftlichen Erwerbs (in seinem Sinne) begründe, und will dem Steuerpflichtigen den Gegenbeweis auflasten. Für eine solche Verteilung der Beweislast gäbe aber weder der einheitliche Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG noch eine andere gesetzliche Vorschrift den geringsten Anhalt.
Demzufolge war die Revision des Klägers mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 68523 |
BStBl II 1969, 400 |
BFHE 1969, 287 |