Entscheidungsstichwort (Thema)
(Kein Spendenabzug bei Rückübertragung des Stiftungsvermögens im Falle der Auflösung der Stiftung - Ausgaben i.S. des § 9 Nr. 3a KStG - Unterschiedliche Rechtsfolgeregelungen bei Spendenabzug und Steuervergünstigung)
Leitsatz (amtlich)
1. Der Spendenabzug gemäß § 9 Nr.3a KStG setzt voraus, daß die Ausgabe des Spenders zu steuerbegünstigten Zwecken verwendet wird.
2. Diese Voraussetzung ist für das einer gemeinnützigen Stiftung zugewandte Stiftungskapital nicht erfüllt, wenn dieses bei Auflösung oder Aufhebung der Stiftung oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks auf den Stifter zurückzuübertragen ist.
Orientierungssatz
1. Ausgaben i.S. des § 9 Nr. 3a KStG 1977 sind --wie bei § 10b EStG-- freiwillige und unentgeltliche Aufwendungen des Spenders für satzungsmäßige Zwecke des Empfängers, die aus dem geldwerten Vermögen des Spenders abfließen. Die Freiwilligkeit wird durch die im Stiftungsgeschäft freiwillig begründete Rechtspflicht des Stifters auf Übertragung des Stiftungsvermögens nach § 82 BGB nicht beeinträchtigt (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
2. Die Regelungen für den Spendenabzug (§ 9 Nr. 3a KStG 1977) und für die Steuervergünstigung wegen der Verfolgung gemeinnütziger und mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 51ff AO 1977) laufen nicht synchron. Sie richten sich mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgeregelungen an unterschiedliche Steuersubjekte. Dementsprechend sind z.B. auch die Selbstlosigkeit i.S. des § 55 AO 1977 und die Unentgeltlichkeit einer Ausgabe i.S. des § 9 Nr. 3 KStG 1977 trotz begrifflicher Ähnlichkeit eigenständige Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Steuerrechtsnorm, die unterschiedliche Sachverhalte erfassen (vgl. BFH-Rechtsprechung, Literatur).
Normenkette
KStG 1977 § 9 Nr. 3a; EStDV § 48 Abs. 3; EStG § 10b; AO 1977 § § 51 ff., §§ 52-55; BGB § 82
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Entscheidung vom 18.03.1991; Aktenzeichen 6 K 117/86 K) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Familienstiftung. Sie errichtete ihrerseits 1983 die genehmigte und als gemeinnützig anerkannte A-Stiftung und wandte dieser als Erstausstattung einen Aktienkapitalanteil an der X-KG a.A. zu.
Die A-Stiftung bezweckt die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, staatspolitischer und mildtätiger Zwecke sowie den Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutz. Sie hat die Erträge aus dem Stiftungsvermögen zur Erfüllung des Stiftungszweckes zu verwenden (§ 4 der Stiftungsverfassung). Gemäß § 10 der Stiftungsverfassung sollen die von der Klägerin eingebrachten Aktien im Falle der Auflösung oder Aufhebung der A-Stiftung an die Klägerin zurückfallen. Einen den gemeinen Wert im Zeitpunkt der Zuwendung übersteigenden Wert des Kapitals hat die Klägerin für diesen Fall auszugleichen. Das danach verbleibende Vermögen der A-Stiftung soll an die Städte ... und ... fallen, die es für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke zu verwenden haben.
Die A-Stiftung erteilte der Klägerin die Bestätigung, daß sie die Aktien als Stiftungskapital halten und deren Erträge nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwenden werde. Die Klägerin begehrte bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1983, einen Anteil des Stiftungskapitals in Höhe von 16 489 247 DM, d.h. 2 v.T. der Umsätze des gesamten Organkreises der X-KG a.A. als Spende abzusetzen. Die Zuwendung des Stiftungsvermögens wurde vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) nicht als Spende anerkannt. Die hiergegen erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 750 veröffentlicht.
Während des Klageverfahrens wurde das Grundkapital der X-KG a.A. wegen völliger Aufzehrung des Nennkapitals auf 100 DM herabgesetzt.
Das FA legte gegen das Urteil Revision ein mit dem Antrag, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Das FA rügt Verletzung des § 9 Nr.3 a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und das Fehlen einer ordnungsgemäßen Spendenbescheinigung.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die spruchreife Klage abzuweisen (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Gemäß § 9 Nr.3 a KStG sind vorbehaltlich des § 8 Abs.3 KStG Ausgaben unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtiger zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und staatspolitischer Zwecke und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke bis zu einem im Gesetz näher bezeichneten Höchstbetrag bei Ermittlung des Einkommens abzugsfähig. Das vom Stifter einer gemeinnützigen Stiftung zugesicherte und gemäß § 82 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) übertragene Vermögen ist dann keine Ausgabe im Sinne dieser Norm, wenn für den Fall der Auflösung, Aufhebung der Stiftung oder des Wegfalls des bisherigen Zwecks nicht die Verwendung des Stiftungsvermögens für steuerbegünstigte Zwecke, sondern dessen Rückübertragung auf den Stifter vorgesehen ist. Voraussetzung für den Spendenabzug ist die unmittelbare Verwendung der Ausgabe für die in § 9 Nr.3 a KStG i.V.m. § 48 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) bezeichneten Zwecke.
1. Ausgaben i.S. des § 9 Nr.3 a KStG sind --wie bei § 10b des Einkommensteuergesetzes (EStG)-- freiwillige und unentgeltliche Aufwendungen des Spenders für satzungsmäßige Zwecke des Empfängers (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24.September 1985 IX R 8/81, BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726; vom 12.September 1990 I R 65/86, BFHE 162, 407, BStBl II 1991, 258). Die Freiwilligkeit wird durch die im Stiftungsgeschäft freiwillig begründete Rechtspflicht des Stifters auf Übertragung des Stiftungsvermögens nach § 82 BGB nicht beeinträchtigt (BFHE 162, 407, BStBl II 1991, 258; BFH-Urteil vom 25.November 1987 I R 126/85, BFHE 151, 544, BStBl II 1988, 220; Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10b EStG Rdnr.29; Troll, Besteuerung von Verein, Stiftung und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Kommentar, 3.Aufl., S.341).
2. Der Klägerin sind durch die Übertragung der Kommanditaktien Ausgaben i.S. des § 9 Nr.3 a KStG entstanden. Ausgaben sind alle Wertabgaben, die aus dem geldwerten Vermögen des Spenders abfließen (vgl. BFH-Urteile vom 20.Februar 1991 X R 191/87, BFHE 164, 235, BStBl II 1991, 690; in BFHE 144, 439, BStBl II 1986, 726). Die Klägerin hat mit der Übertragung ihr zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum an den Aktien verloren (§ 39 Abs.1 der Abgabenordnung --AO 1977--). Aus dem stiftungsrechtlichen Gebot der Erhaltung des Stiftungskapitals (allgemeiner stiftungsrechtlicher Grundsatz: hier § 7 Abs.1 des Stiftungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen) ergibt sich zwar für die A-Stiftung eine Verwendungseinschränkung. Eine tatsächliche Sachherrschaft der Klägerin i.S. des § 39 Abs.2 AO 1977 wird damit aber nicht begründet.
3. Der steuerliche Abzug dieser Ausgabe als Spende scheitert daran, daß das Stiftungskapital als solches im Streitfall bestimmungsgemäß nicht für gemeinnützige und besonders förderungswürdig anerkannte Zwecke verwendet werden darf.
a) Ausgaben zur Förderung gemeinnütziger und als besonders förderungswürdig anerkannte Zwecke i.S. des § 9 Abs.1 Nr.3 a KStG liegen nur vor, wenn die beim Steuerpflichtigen abgeflossenen Mittel bestimmungsgemäß für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden. Von der Notwendigkeit der Verwendung der Spenden für steuerbegünstigte Zwecke ist die Rechtsprechung des BFH stets ausgegangen. So hat der VI.Senat (Urteil vom 19.März 1976 VI R 72/73, BFHE 118, 224, BStBl II 1976, 338) die Notwendigkeit der --tatsächlichen-- Verwendung der Zuwendung zur Voraussetzung der Abzugsfähigkeit der Ausgabe beim Spender gemacht. In ständiger Rechtsprechung hat ferner der BFH die Bestätigung des Empfängers, wonach dieser die zugewendeten Beträge ausschließlich für seine satzungsmäßigen Zwecke verwende, als unverzichtbare sachliche Voraussetzung für den Spendenabzug betrachtet (vgl. BFH-Urteile vom 23.Mai 1989 I R 17/85, BFHE 157, 516, BStBl II 1989, 879; vom 25.August 1987 IX R 24/85, BFHE 151, 39, BStBl II 1987, 850; BFHE 118, 224, BStBl II 1976, 338; vom 27.November 1963 I 303/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1964, 382). Diese Bestätigung hat den Zweck, die Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken nachzuweisen. Die Notwendigkeit der satzungsmäßigen Verwendung bzw. dessen Nachweis ergibt sich aus der sinn- und zweckgemäßen Auslegung der Spendenabzugsnormen (BFHE 151, 39, BStBl II 1972, 850).
b) Der Begriff der Verwendung setzt einen unmittelbaren Einsatz der zugewendeten Geld- oder Sachwerte für steuerbegünstigte Zwecke voraus (BFHE 118, 224, BStBl II 1986, 338; Troll, a.a.O., S.463; Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 9 Rdnr.66; vgl. auch die Vorschläge der unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 40 S.281 Nr.10 a).
Diese Voraussetzung erfüllt eine Stiftung nur, wenn die Erträge ihres Stiftungsvermögens und letztlich auch das Stiftungsvermögen selbst dem steuerbegünstigten Zweck zugeführt werden.
Dem Gebot der (steuerbegünstigten) Zweckverwendung unterliegen nach der Satzung der A-Stiftung und gemäß § 8 Abs.1 des Stiftungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen nur die Erträge. Das Stiftungsvermögen selbst darf während des Bestehens der Stiftung nicht für die Stiftungszwecke verwendet werden und ist dementsprechend von dem anderen Vermögen der Stiftung getrennt zu halten (vgl. hierzu § 7 Abs.1 und 2 des Stiftungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, das insoweit einen allgemeinen Grundsatz des Stiftungsrechts enthält). Steht die Zuwendung des Stiftungsvermögens auf Grund stiftungsrechtlicher Bestimmungen des Stifters bereits im Zeitpunkt des Abflusses beim Stifter unter dem Vorbehalt des Rückfalls an den Zuwendenden im Falle der Aufhebung, Auflösung oder bei Wegfall des Zwecks der Körperschaft, so fehlt es an der von § 9 Nr.3 a KStG geforderten finalen Verwendung dieser Zuwendung zu steuerbegünstigten Zwecken (ebenso --allerdings ohne jegliche Begründung-- Anwendungserlaß zur Abgabenordnung vom 24.September 1987, Bundesminister der Finanzen --BMF-- IV A 5 - S 0062 - 38/87, BStBl I 1987, 664 zu § 55 Anm.5 a.E.; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 55 AO 1977 Anm.19; Kießling/Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 4.Aufl., S.168, 72; Hüttemann, Wirtschaftliche Betätigung und steuerliche Gemeinnützigkeit, Dissertation 1991, S.106; Troll, a.a.O., S.495; Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., § 9 Rdnr.66 b; Koch, Kommentar zur Abgabenordnung, § 55 Rdnr.17; Arbeitskreis Unternehmensnachfolge des IDW, Die Stiftung, 1985, S.69). In diesem Fall dient das zugewendete Vermögen allein der stiftungsrechtlich vorgeschriebenen Kapitalausstattung der Körperschaft. Diesem allgemeinen Begriffsverständnis der Mittelverwendung entsprechend hat im Streitfall auch die A-Stiftung nicht die steuerbegünstigte Verwendung des Stiftungskapitals, sondern nur der Erträge bestätigt. Fehlt es dementsprechend von Anbeginn an der Möglichkeit der steuerbegünstigten Verwendung des Stiftungskapitals, so ist hierfür der Spendenabzug von vornherein zu versagen, ohne daß es auf die Frage einer auflösend bedingt gewährten Spende ankommt.
c) § 55 Abs.3 i.V.m. Abs.1 Nr.2 und 4 AO 1977 steht dem nicht entgegen.
Die §§ 51 ff. AO 1977 und § 9 Nr.3 KStG wenden sich mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgeregelungen an unterschiedliche Steuersubjekte. So gelten die §§ 52 ff. AO 1977 gemäß ausdrücklicher Bestimmung in § 51 AO 1977 nur für die der Körperschaft selbst gewährten Steuervergünstigungen, d.h. für die in den Einzelsteuergesetzen eingeräumten Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen (z.B. § 5 Abs.1 Nr.9 KStG; § 3 Nr.12 des Vermögensteuergesetzes --VStG--; § 116 des Bewertungsgesetzes --BewG--; § 3 Nr.6 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--; § 4 Nr.16 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--; vgl. auch Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., vor § 51 AO 1977 Tz.1). Die Regelungen für den Spendenabzug und für die Steuervergünstigungen wegen der Verfolgung gemeinnütziger und mildtätiger oder kirchlicher Zwecke laufen daher nicht synchron (vgl. auch Hartmann/Böttcher/Nissen/ Bordewin, Einkommensteuergesetz, § 10b Rdnr.5; Koch, Institut Finanzen und Steuern e.V., Brief 223 S.25 ff.). Dementsprechend sind z.B. auch die Selbstlosigkeit i.S. des § 55 AO 1977 und die Unentgeltlichkeit einer Ausgabe i.S. des § 9 Nr.3 KStG trotz begrifflicher Ähnlichkeit eigenständige Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Steuerrechtsnorm, die unterschiedliche Sachverhalte erfassen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.April 1987 IX R 7/83, BFHE 150, 406, BStBl II 1987, 814). Für die Frage, ob die zurückzugewährenden Kapital- oder Sachzuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S. des § 9 Nr.3 a KStG verwendet werden, enthält § 55 Abs.1 Nr.2 AO 1977 keine Regelung. Auch über § 48 Abs.1 EStDV erfährt der Regelungsgehalt des § 55 AO 1977 keine Erweiterung, da die Ermächtigungsnorm in § 51 Abs.1 Nr.2 c EStG nur zu Beschränkungen des Abzugs von Ausgaben zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke sowie zur Regelung der Anerkennung gemeinnütziger Zwecke als besonders förderungswürdig ermächtigt. Entsprechendes gilt für § 55 Abs.1 Nr.4 AO 1977. Nach dem in dieser Norm verankerten Grundsatz der Vermögensbindung darf das bei Auflösung oder Aufhebung oder beim Wegfall des Zwecks der Körperschaft vorhandene Vermögen, soweit es das Stiftungskapital übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Diese Vorschrift hat unmittelbare Rechtsfolgen nur für die Selbstlosigkeit der Körperschaft. Im übrigen enthält sie keine Anhaltspunkte, daß aus der Sicht des Gesetzgebers die rückgewährten Kapital- und Sacheinlagen als zu steuerbegünstigten Zwecken verwendet gelten sollen.
Fundstellen
Haufe-Index 64443 |
BFH/NV 1992, 71 |
BStBl II 1992, 748 |
BFHE 168, 35 |
BFHE 1993, 35 |
BB 1992, 1630 (L) |
DB 1992, 1967-1968 (LT) |
DStR 1992, 1801 (KT) |
HFR 1992, 719 (LT) |
StE 1992, 491 (K) |