Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Gewährung eines Ferienfreiplatzes durch den Arbeitgeber stellt die Zuwendung eines geldwerten Vorteils dar und löst Lohnsteuerpflicht aus.
Normenkette
EStG § 19/1/1; LStDV § 2/1
Tatbestand
Streitig ist die Lohnsteuerpflicht für Beträge, die von der Beschwerdeführerin (Bfin.) für Erholungsfreiplätze für ihre Arbeitnehmer aufgewandt wurden.
Die Bfin. unterhält durch ihr Sozialwerk e. V. seit 1951 ein Erholungsheim in X. In diesem erhalten Arbeitnehmer der Bfin., die mindestens vier Jahre im Betriebe tätig sind, einmal im Verlauf von 10 Jahren einen Ferienfreiplatz. Das Sozialwerk e. V. stellt der Bfin. dafür einen Tagessatz von 9 DM in Rechnung. Das Finanzamt erblickte in der Gewährung der Ferienfreiplätze an die Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil aus dem Dienstverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) und forderte dafür durch Haftungsbescheid vom 28. Februar 1955 von der Bfin. für die Jahre 1951 bis 1954 Lohnsteuer in Höhe von 4.280,30 DM.
Der Einspruch sowohl wie die Berufung, mit denen eingewandt wurde, daß die Gewährung von Ferienfreiplätzen nur die Verschaffung einer Annehmlichkeit darstelle, jedoch kein Arbeitsentgelt, jedenfalls die Arbeitnehmer objektiv nicht bereichert seien, blieben erfolglos.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) werden die bisherigen Einwendungen wiederholt, und es wird insbesondere darauf hingewiesen, daß von einem geldwerten Vorteil für die Arbeitnehmer bei der Gewährung des Ferienfreiplatzes deshalb nicht die Rede sein könne, weil die Arbeitnehmer aus eigenen Mitteln die Zu- und Abreise sowie die Zwischenmahlzeiten und Getränke aufbringen müßten. Somit sei kein Raum für einen Steuerabzug.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Nach § 2 LStDV sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen, Arbeitslohn und damit dem Steuerabzug unterworfen. Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Diese Vorschrift ist allumfassend und findet ihre Grenze erst da, wo keine objektive Bereicherung des Arbeitnehmers mehr gegeben ist, wie dies bei der Gewährung bloßer Annehmlichkeiten der Fall zu sein pflegt, z. B. Freitrunk der Brauereiarbeiter, Freimilch in gesundheitsgefährdenden Betrieben, sowie Bereitstellung von Sportanlagen, Duschgelegenheiten usw.
In der Gewährung der Ferienfreiplätze haben die Vorinstanzen mit Recht mehr als eine nicht steuerpflichtige Annehmlichkeit gesehen, nämlich die Zuwendung eines geldwerten Vorteils. Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie sie die Urteile IV 303/53 U vom 14. Januar 1954 (Slg. Bd. 58 S. 459, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 86), IV 178/53 U vom 4. Februar 1954 (Slg. Bd. 58 S. 524, BStBl 1954 III S. 111) und IV 197/53 U vom 13. Mai 1954 (Slg. Bd. 59 S. 45, BStBl 1954 III S. 225) erkennen lassen. Der geldwerte Vorteil, den der einzelne Arbeitnehmer durch die Gewährung des Ferienfreiplatzes erhält, erfährt auch keine Verringerung dadurch, daß der Arbeitnehmer die An- und Rückreise, sowie die Zwischenmahlzeiten und Getränke aus eigener Tasche zu zahlen hat. Immerhin erhält der Arbeitnehmer freie Unterkunft und drei Mahlzeiten Verpflegung, ohne daß er dafür irgend etwas aufzuwenden hat.
Wenn die Vorinstanzen für diese freie Unterkunft und Verpflegung in Anwendung der Bestimmung des § 8 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) den örtlichen Mittelpreis angesetzt haben und diesen mit einem Tagessatz von 9 DM zugrunde legten, ist dies nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, daß es sich bei diesem Ansatz um die Würdigung tatsächlicher Verhältnisse handelt, die mit der Rb. nicht angreifbar ist, entspricht die Bemessung auf den Tagessatz von 9 DM auch dem tatsächlich von der Bfin. für die Durchführung der Freiplatzzuwendung aufgewandten Betrage. Der Tagessatz von 9 DM für Unterbringung und Verpflegung in einem so bevorzugten Erholungsort wie X. ist so bescheiden, daß auch die begünstigten Arbeitnehmer den ihnen durch die Gewährung des Freiplatzes zufließenden Sachwert subjektiv nicht niedriger bewerten könnten.
Mit Recht sind deshalb die von der Bfin. ihren Arbeitnehmern in Form von Ferienfreiplätzen zugewandten Vorteile der Lohnsteuer unter Zugrundelegung eines Tagessatzes von 9 DM unterworfen und die Bfin. zur Haftung herangezogen worden.
Die Rb. kann nicht durchdringen.
Fundstellen
Haufe-Index 408810 |
BStBl III 1957, 279 |
BFHE 1958, 121 |
BFHE 65, 121 |