Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, inwieweit vom inländischen Lieferanten an ausländische Abnehmer gewährte Reklamezuschüsse einen Preisnachlaß oder ein besonderes Entgelt für einen neben der Warenlieferung vereinbarten Leistungsaustausch darstellen.
Ein umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch hinsichtlich der Werbung kann nicht schon aus dem Grunde angenommen werden, weil die von ausländischen Abnehmern als Alleinvertreter durchgeführte Werbung eine Werbung für Markenwaren ist und nach den für den Zollwert entwickelten Grundsätzen die Werbung für Markenwaren eine zusätzliche Leistung des Alleinvertreters darstellt.
Normenkette
UStG §§ 5, 10
Tatbestand
Die Antragstellerin erhielt für das von ihr hergestellte und im streitigen Zeitraum ausgeführte Porzellangeschirr und Zierporzellan auf ihren Antrag Ausfuhrvergütung. Bemessungsgrundlage bildete das vereinnahmte Entgelt abzüglich eines sogenannten Trade Discount von 2,5 %. Durch eine Betriebsprüfung im Jahre 1959 wurde festgestellt, daß die Antragstellerin ihren beiden ausländischen Alleinvertretern in Amerika und Griechenland auf Grund einer besonderen Vereinbarung Reklamezuschüsse für Inserate in Zeitschriften und Magazinen gewährt. Dies geschah in der Weise, daß die ausländischen Abnehmer der Antragstellerin eine Rechnung unter Beifügung der Originalrechnungen der Vorlage und der Zeitschriften erteilten und auf der Rechnung X % des von ihnen zu tragenden Anteils absetzten. Die Antragstellerin überwies den ihr in Rechnung gestellten Betrag abzüglich der auf den Trade Discount entfallenden Beträge.
Das Finanzamt sah in den Reklamezuschüssen einen Preisnachlaß auf das von den ausländischen Abnehmern gezahlte Entgelt. Es forderte deshalb durch Bescheid vom 21. Oktober 1959 u. a. die auf den Preisnachlaß entfallenden Ausfuhrvergütungen zurück.
Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht betrachtete die ausländischen Abnehmer als Alleinvertreter und die von ihnen durchgeführte Werbung als Werbung für typische Markenware. Unter Anwendung der für die Ermittlung des Zollwerts bei Werbeaufwendungen durch Alleinvertreter in dem Urteil des Bundesfinanzhofs VII 74/58 S vom 15. Oktober 1959 (BStBl 1959 III S. 495, Slg. Bd. 69 S. 630) aufgestellten Grundsätze vertrat es die Ansicht, daß die Werbepflicht hinsichtlich von Markenwaren die Antragstellerin als Herstellerin treffe. Es sah deshalb die von der Antragstellerin geleisteten Reklamezuschüsse als den richtigen Gegenwert für die in deren Interesse getätigten Werbeleistungen der ausländischen Abnehmer an.
Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere der §§ 78 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 1 UStDB. Der Entgeltsbegriff der angeführten Bestimmungen sei der gleiche wie in § 5 UStG in Verbindung mit § 10 UStDB. Entgelt sei danach alles, was der Empfänger aufwende, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Die ausländischen Abnehmer hätten für die Lieferungen der Antragstellerin nicht die in Rechnung gestellten, sondern die um die sogenannten Reklamezuschüsse verminderten Beträge aufzuwenden gehabt. Die Rechnungsbeträge der Antragstellerin ohne Abzug der Reklamezuschüsse seien nur dann vergütungsfähig, wenn die Reklamezuschüsse als Entgelt im Rahmen eines besonderen Leistungsaustausches gewährt würden. Dies treffe aber nicht zu, da die Werbekostenzuschüsse wirtschaftlich mit den Lieferungen so eng verbunden seien, daß für einen besonderen Leistungsaustausch kein Raum verbleibe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Das Finanzgericht hat ausgeführt, daß es im Streitfall darauf ankomme, ob die Werbeaufwendungen der ausländischen Abnehmer, soweit sie von der Antragstellerin vergütet würden, als Teil des Entgelts für die empfangenen Porzellanlieferungen der Antragstellerin anzusehen seien. Das Finanzgericht hat diese Frage unter Berücksichtigung der für die Ermittlung des Zollwerts maßgebenden Grundsätze bejaht und keine Bedenken dagegen gehabt, "die vollen, von der Antragstellerin geleisteten Werbekostenzuschüsse als den richtigen Gegenwert für die in ihrem Interesse von den ausländischen Abnehmern getätigten Werbeleistungen und damit, wie oben dargetan, als Teil des vergütungsfähigen Entgelts anzuerkennen". Diese Ausführungen sind unzutreffend. Denn Zuschüsse des Leistungsverpflichteten (Lieferers) können nicht Teil des vom Leistungsberechtigten (Abnehmer) zu entrichtenden Entgelts sein. Das Finanzgericht hat offenbar verkannt, daß es im Streitfall nicht darum geht, ob die ausländischen Abnehmer neben dem für die Warenlieferungen zu entrichtenden Preis noch andere Aufwendungen zu machen hatten, um die Warenlieferungen der Antragstellerin zu erhalten. Die zu entscheidende umsatzsteuerrechtliche Frage ist vielmehr die, ob die Antragstellerin ihren ausländischen Abnehmern dadurch, daß sie ihnen X % der von ihnen aufgewendeten Werbekosten vergütet hat, einen Preisnachlaß auf das Entgelt für die Warenlieferungen gewährt hat, oder ob die Reklamezuschüsse der Antragstellerin ein Entgelt darstellen für einen neben der Warenlieferung vereinbarten Leistungsaustausch zwischen der Antragstellerin und ihren ausländischen Abnehmern. Handelt es sich um einen Preisnachlaß, wird die Bemessungsgrundlage für die Vergütung um den Preisnachlaß gemindert. Handelt es sich dagegen um ein Entgelt im Rahmen eines besonderen Leistungsaustausches, so ist dieses Entgelt auf die Bemessungsgrundlage für die Vergütung ohne Einfluß.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs liegt bei Gewährung von Werbezuschüssen ein Preisnachlaß auf das Entgelt in der Regel dann vor, wenn keine Verpflichtung zur Werbung besteht, der Werber die Werbung im eigenen Interesse ausführt, die Gewährung des Zuschusses nicht losgelöst von der Warenlieferung, sondern mit dieser eng verknüpft ist. Andererseits liegt ein besonderer Leistungsaustausch dann vor, wenn eine besondere Tätigkeit für den Lieferer entfaltet wird, die in keinem Zusammenhang mit der Lieferung steht (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs V A 961/32 und 962/32 vom 10. Februar 1933, RStBl 1933 S. 1212, Slg. Bd. 33 S. 39; V 78/42 vom 23. Oktober 1942, RStBl 1943 S. 61, Steuer und Wirtschaft 1943 Teil II Nr. 34; Urteil des Bundesfinanzhofs V 21/58 U vom 12. November 1959, BStBl 1960 III S. 13, Slg. Bd. 70 S. 33). Ein besonderer, neben der Warenlieferung bestehender Leistungsaustausch ist immer dann anzunehmen, wenn der Abnehmer sich verpflichtet hat, für den Lieferanten zu werben. Im Streitfall müßte also eine Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und ihren ausländischen Abnehmern dahin getroffen worden sein, daß diese verpflichtet sind, für die Antragstellerin Werbung zu treiben.
Umsatzsteuerrechtlich gesehen reicht es jedoch nicht aus, einen Leistungsaustausch deshalb anzunehmen, weil die ausländischen Abnehmer Alleinvertreter sind, als solche für Markenwaren werben, die Werbung für Markenwaren nach den für den Zollwert entwickelten Grundsätzen dem inländischen Hersteller obliegt und die Werbung durch den Abnehmer daher eine zusätzliche, im Interesse des inländischen Lieferanten liegende Leistung darstellt.
Soweit es an einer ausdrücklichen Vereinbarung darüber fehlt, daß der ausländische Abnehmer zur Werbung für den inländischen Lieferanten verpflichtet ist, können jedoch die Umstände des einzelnen Falles für die Abnahme einer solchen Verpflichtung und damit eines Leistungsaustausches sprechen. Ist nach den getroffenen Vereinbarungen der ausländische Abnehmer lediglich allgemein verpflichtet, Werbung zu treiben, übernimmt aber der inländische Lieferant vereinbarungsgemäß einen bestimmten Betrag dieser Werbung oder überwacht er die Werbung dadurch, daß er sich die einzelnen Rechnungen der Zeitschriftenverlage usw. vorlegen läßt oder schreibt er die einzelnen Werbemaßnahmen ausdrücklich vor, so können diese Umstände Beweisanzeichen für einen sich auf die Werbung erstreckenden Leistungsaustausch sein. Das Finanzgericht hat diese Grundsätze nicht beachtet. Seine Entscheidung war daher aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Nach dem Inhalt der Akten hat die Antragstellerin mit ihrer Abnehmerin in Amerika schriftliche Vereinbarungen hinsichtlich der Werbung getroffen. Der Inhalt dieser Vereinbarungen ist nicht bekannt. Das Finanzgericht wird nunmehr diese Vereinbarungen und die damit zusammenhängende Korrespondenz beizuziehen und gegebenenfalls unter Anhörung der an den Abmachungen beteiligten Personen zu klären haben, ob die Antragstellerin mit ihrer amerikanischen Abnehmerin hinsichtlich der Werbung einen Leistungsaustausch vereinbart hat.
Das Finanzgericht wird ferner zu ermitteln haben, ob auf Grund von schriftlichen oder mündlichen Abreden ein Leistungsaustausch in gleicher Weise mit ihrer griechischen Abnehmerin vereinbart worden ist.
Schließlich wird das Finanzgericht noch zu klären haben, welche Bewandtnis es mit den Trade Discount von 2,5 % hat. An sich stellt der Trade Discount einen Wiederverkäufer- oder Händlerrabatt dar (vgl. Management Diktionary, Fachwörterbuch für Betriebswirtschaft, Wirtschafts- und Steuerrecht und Lochkartenwesen von Werner Sommer und Hans-Martin Schönfeld, Berlin 1962; Langenscheidt, Enzyklopädisches Wörterbuch, Teil I, Englisch - Deutsch, 2. Bd.). Da im Streitfall der Trade Discount im Zusammenhang mit der Warenlieferung gewährt worden ist, stellt er einen Nachlaß auf das Entgelt dar. Diese Eigenschaft braucht er entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht dadurch zu verlieren, daß die Antragstellerin die dafür gewährten Beträge auf den von ihr zu tragenden Reklamekostenanteil nach den getroffenen Vereinbarungen anrechnet.
Fundstellen
Haufe-Index 411748 |
BStBl III 1965, 630 |
BFHE 1966, 362 |
BFHE 83, 362 |