Entscheidungsstichwort (Thema)
Unselbständigkeit des Geschäftsführers einer Steuerberatungs-GmbH
Leitsatz (NV)
Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, der als Organ in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen der Gesellschaft zu folgen hat, ist nicht selbständig. Dies gilt auch für den Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft (Anschluß an BFH-Urteil vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96, BStBl II 1997, 255).
Normenkette
UStG 1980 §§ 2, 15 Abs. 1 Nr. 1; StBerG § 58 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. In den Streitjahren (1984 und 1985) waren an ihr Steuerbevollmächtigter L und Steuerberater W je zur Hälfte beteiligt.
L hatte 1980 mit der damals in Gründung befindlichen Klägerin einen als Anstellungsvertrag bezeichneten Vertrag geschlossen. 1983 wurde er durch Gesellschafterbeschluß neben dem damaligen Geschäftsführer G zum weiteren Geschäftsführer bestellt.
L stellte der Klägerin seine an sie in den Streitjahren erbrachten Leistungen unter gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von jeweils ... DM in Rechnung. Diese zog die Klägerin als Vorsteuer ab.
Nach einer Außenprüfung verweigerte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) den Vorsteuerbetrag, da L als Organ der Klägerin grundsätzlich nichtselbständig tätig geworden sei. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg; das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 610 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin Ver letzung materiellen Rechts. Sie macht weiterhin geltend, daß L selbständiger Unternehmer gewesen sei. Zu unterscheiden sei zwischen der Steuerberatungstätigkeit und der eigentlichen geschäftsführenden Tätigkeit, die nur einen geringen Anteil der Arbeitszeit in Anspruch genommen habe. L habe seine beratende Tätigkeit vollständig eigenverantwortlich im Einklang mit den Regelungen des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vorgenommen. In den Jahren 1980 bis 1983 sei er unbeanstandet als Unternehmer aufgetreten. Durch die bloße Geschäftsführerbestellung habe sich hieran nichts geändert. L sei nicht ihr (der Klägerin) Arbeitnehmer gewesen, sondern selbständiger Unternehmer.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer für die Streitjahre um jeweils ... DM herabzusetzen.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die von L der Klägerin in Rechnung gestellten Leistungen wurden nicht "von einem anderen Unternehmer" ausgeführt.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980 wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen einem Unternehmen so eingegliedert sind, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Wie der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96 (BStBl II 1997, 255, Deutsches Steuerrecht 1997, 452 m. Anm. ) näher begründet hat, ist der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, der als Organ in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen der Gesellschaft zu folgen hat, nicht selbständig. Nach dem Urteil ist der Geschäftsführer der GmbH -- ungeachtet der Regelungen im Anstellungsvertrag und ungeachtet seiner tatsächlichen Position -- gesellschaftsrechtlich den Weisungen der Gesellschafter unterworfen. Der erkennende Senat schließt sich den Grundsätzen dieser Entscheidung an; die Vorentscheidung steht damit im Einklang.
Den Revisionsangriffen der Klägerin muß der Erfolg versagt werden. Wie sich bereits aus dem zitierten Urteil des XI. Senats ergibt, läßt das Steuerberatungsrecht die Nichtselbständigkeit des GmbH-Geschäftsführers unberührt. § 58 Abs. 1 StBerG bestimmt ausdrücklich, daß Steuerberater und Steuerbevollmächtigte ihren Beruf als Angestellte einer Steuerberatungsgesellschaft ausüben können. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht zwischen der Geschäftsführungstätigkeit von L und seiner Steuerberatungstätigkeit für die Klägerin zu unterscheiden. Nach dem Urteil in BStBl II 1997, 255 können zwar außerhalb des Geschäftsführungsbereichs aufgrund gesonderter Abmachung selbständige Leistungen vereinbart werden. Einen derartigen gesonderten Leistungsaustausch neben der Geschäftsführertätigkeit hat das FG jedoch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Wie das FG ausgeführt hat, gehören die Beratung und Betreuung von Mandanten einer Steuerberatungs-GmbH grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich ihrer Geschäftsführer; davon abweichende Vereinbarungen konnte das FG nicht feststellen; nach seinen Feststellungen erhielt L von der Klägerin vielmehr eine einheitliche Tätigkeitsvergütung. Ob L in den Jahren 1980 bis 1983 seine Leistungen an die Klägerin als selbständiger Unternehmer erbracht hat, ist vom Senat nicht zu entscheiden. Im übrigen kann er nicht erkennen, inwiefern der vom FG in bezug genommene "Anstellungsvertrag" gegen die Nichtselbständigkeit von L sprechen könnte.
Fundstellen
BFH/NV 1997, 911 |
GmbHR 1998, 204 |