Leitsatz (amtlich)
Wird ein Wirtschaftsgut, für das eine Investitionszulage gewährt worden ist, innerhalb der Frist von drei Jahren gegen ein Wirtschaftsgut gleicher oder besserer Qualität umgetauscht, weil es mangelhaft ist und nicht im Betrieb verwendet werden kann, so kann das FA die gewährte Investitionszulage nicht zurückfordern.
Normenkette
BHG § 21 Abs. 5
Tatbestand
Der Revisionsbeklagte betreibt eine Schankwirtschaft in Berlin. Im September 1962 schaffte er einen neuen Musikautomaten für 6 675 DM an, der jedoch mangelhaft war und an den Verkäufer zurückgegeben wurde. Dafür erhielt der Revisionsbeklagte am 31. Januar 1963 einen Musikautomaten besserer Qualität, für den er aber einen Aufpreis von 1 387,50 DM zahlen mußte.
Das FA forderte die für den ersten Musikautomaten gewährte Investitionszulage von 667,50 DM zurück und berechnete dem Revisionsbeklagten für die Zeit vom 25. März 1963 bis zum 24. Juni 1964 Zinsen. Für das Jahr 1963 gewährte es dem Revisionsbeklagten für den zweiten Musikautomaten eine Investitionszulage von 806,25 DM, bei deren Berechnung es einen Anschaffungspreis von 8 062,50 DM zugrunde legte.
Auf die Klage des Revisionsbeklagten hob das FG den Rückforderungsbescheid und den Bescheid über die Investitionszulage nebst der Einspruchsentscheidung auf. Die Unrechtmäßigkeit der Rückforderung begründete das FG vor allem damit, daß der erste Musikautomat als mangelhaft zurückgegeben worden sei und der zweite Musikautomat als Ersatz geliefert worden sei, wenngleich er auch besser gewesen sei. Die Aufhebung des Bescheides über die Investitionszulage begründete das FG damit, daß das FA Anträge auf Gewährung von Zulagen für zwei andere Wirtschaftsgüter zu Unrecht abgelehnt habe.
Mit seiner Revision macht das FA geltend, das FG habe § 21 Abs. 5 des Berlinhilfegesetzes (BHG) 1962 unrichtig ausgelegt. Es beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen, soweit der Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Investitionszulage für den ersten Musikautomaten versagt worden sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision kann keinen Erfolg haben.
Nach § 21 Abs. 5 Satz 2 BHG 1962 ist die Investitionszulage zurückzuzahlen, "wenn Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Bemessung der Investitionszulage berücksichtigt worden sind, nicht mindestens drei Jahre seit ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem Betrieb (einer Betriebstätte) in Berlin (West) verblieben sind". Der Anspruch auf Rückzahlung der Investitionszulage ist nach § 21 Abs. 5 Satz 3 BHG 1962 "vom Zeitpunkt der Auszahlung an nach § 5 Abs. 1 StSäumG zu verzinsen".
Legt man diese Vorschriften wörtlich aus, so ist der vom FA geltend gemachte Zinsanspruch wohl berechtigt; denn der erste Musikautomat, dessen Anschaffungskosten der Bemessung der im März 1963 gewährten Investitionszulage zugrunde gelegen hat, ist keine drei Jahre im Betrieb des Revisionsbeklagten geblieben.
Das FG hat aber zutreffend in Betracht gezogen, daß der Revisionsbeklagte den ersten Musikautomaten gewissermaßen Zug um Zug gegen den zweiten Musikautomaten zurückgegeben hat. Obwohl der dreijährige Verbleib im Betrieb im Sinne des § 21 Abs. 5 Satz 2 BHG 1962 nicht bloß dem Wortlaut, sondern auch dem Sinn nach für jedes einzelne Wirtschaftsgut zu prüfen ist und das Verschulden dabei keine Rolle spielt, so muß man aber doch, wenn ein Wirtschaftsgut aus betrieblichen Gründen zurückgegeben, aber sofort gegen ein Wirtschaftsgut gleicher oder ähnlicher Art ausgetauscht wird, beide Wirtschaftsgüter für die dreijährige Frist zusammenfassen.
Der Ansicht des FG, daß die Rückforderung nach § 21 Abs. 5 Satz 2 BHG 1962 ebenso wie die Rückforderung nach § 21 Abs. 5 Satz 1 BHG 1962 voraussetze, daß die Investitionszulage zu Unrecht gewährt worden sei, tritt der Senat allerdings nicht bei. Daß die Investitionszulage zu Unrecht gewährt wurde, ergibt sich in diesen Fällen erst nachträglich dadurch, daß das Wirtschaftsgut nicht drei Jahre im Betrieb bleibt. Davon, daß den Empfänger der Zulage ein Verschulden treffen müsse, ist auch in § 21 Abs. 5 Satz 1 BHG 1962 nichts bestimmt. Gleichwohl ist hier die Rückforderung nicht berechtigt, weil der Erwerb beider Musikautomaten, wie gesagt, ein wirtschaftlich einheitlicher Vorgang ist und insofern der Musikautomat drei Jahre im Betrieb geblieben ist.
Bei der Anschaffung des zweiten Musikautomaten liegt, wie das FG zutreffend ausführt, für die Gewährung der Investitionszulage ein zweiter Anschaffungsfall vor, soweit der Revisionsbeklagte eine Zuzahlung geleistet hat. Insoweit ist ihm die Investitionszulage noch zu gewähren.
Auf den Antrag des Revisionsbeklagten, ihm auch für zwei andere im Jahre 1963 angeschaffte Wirtschaftsgüter (Kaffeemaschine und Flaschenkühlschrank) die Investitionszulage zu gewähren, kann der Senat im vorliegenden Verfahren nicht eingehen; denn nur das FA hat Revision gegen das Urteil des FG eingelegt. Nach den Ausführungen des FG sieht sich das FA im übrigen ohnehin "verpflichtet", für diese Gegenstände die Investitionszulage zu gewähren.
Fundstellen
BStBl II 1968, 430 |
BFHE 1968, 81 |