Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959, wonach Werkzeuggelder für die Benutzung von Werkzeugen des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers steuerfrei bleiben, ist eine fortgeltende und auch von den Steuergerichten zu beachtende Vorschrift aus der autoritären Zeit.
Zum Begriff Werkzeug im Sinne des Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959.
Entschädigungen, die eine landwirtschaftliche Prüfungsgenossenschaft an ihre Prüfer für die Benutzung von eigenen Schreibmaschinen bei Abfassung der Prüfungsberichte zahlt, können als Werkzeuggeld steuerfrei bleiben, soweit sie der Höhe nach angemessen sind.
Normenkette
EStG § 19; LStDV § 2; LStR Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5; LStR Abschn. 2/2/4
Tatbestand
Die Bgin., ein genossenschaftlicher Prüfungsverband, zahlt den Prüfern, die bei ihrer Dienstausübung eine Schreibmaschine benutzen, eine Entschädigung von 11 DM monatlich. Das Finanzamt forderte für 1959 wegen dieser Entschädigungen rund 1.179 DM Lohnsteuer von der Bgin. als Arbeitgeberin nach. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Berufung hatte dagegen Erfolg. Das Finanzgericht, dessen Entscheidung in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1961 S. 270 veröffentlicht ist, sah die Entschädigungen als Werkzeuggeld an, das die tatsächlich entstandenen Aufwendungen nicht überstiegen habe und die nach Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959 nicht zum Arbeitslohn gehörten.
Der Vorsteher des Finanzamts rügt mit seiner Rb. die unrichtige Anwendung von Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959 und führt aus, der Begriff Werkzeug setze die unmittelbare Verwendung des Gegenstands zu handwerklicher Arbeit voraus. Im Streitfall könnten die Prüfer nur in Höhe ihres nachzuweisenden tatsächlichen Aufwands Werbungskosten geltend machen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959 geht zurück auf Abschn. B Ziff. 12 des Gemeinsamen Erlasses des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 20. September 1941 (RStBl 1941 S. 697), nach der Entschädigungen für die Benutzung von Werkzeugen des Arbeitnehmers im Betriebe des Arbeitgebers nicht Arbeitslohn sind. Wie der Senat in dem Urteil VI 228/60 U vom 15. September 1961 (BStBl 1961 III S. 552, Slg. Bd. 73 S. 787) entschieden hat, sollte der auf Grund der §§ 12, 13 AO a. F. ergangene Erlaß im Zuge der kriegsbedingten Vereinfachung die gleichmäßige Behandlung bestimmter Zuwendungen bei der Lohnsteuer und den Sozialversicherungsbeiträgen sicherstellen. In den Urteilen des Senats VI 165/57 U vom 21. März 1958 (BStBl 1958 III S. 265, Slg. Bd. 66 S. 692), VI 102/60 U vom 24. Februar 1961 (BStBl 1961 III S. 261, Slg. Bd. 72 S. 717) und VI 31/61 U vom 8. September 1961 (BStBl 1961 III S. 487, Slg. Bd. 73 S. 606) wurde für Fehlgeldentschädigungen, Freitabak und Werkwohnungen entschieden, daß die in die LStR übernommenen Vorschriften dieses Erlasses rechtsnormähnlich und auch für die Steuergerichte verbindlich und auslegungsfähig seien. Das gleiche gilt für Werkzeuggelder im Sinne von Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959 (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 228/60 U a. a. O.). Der Reichsminister der Finanzen blieb im Rahmen der ihm im § 12 AO a. F. erteilten Ermächtigung, wenn er klarstellte, daß Werkzeuggelder dieser Art nicht zum Arbeitslohn gehörten.
Der Bundesfinanzhof kann daher Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959 auslegen. Werkzeuggelder in diesem Sinne sind Geldzuwendungen, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern für die Anschaffung und Unterhaltung der zur Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmittel geben. Die Schreibmaschinen der Prüfer der Bgin. sind derartige Arbeitsmittel. Sie dienen unmittelbar der Ausübung des Berufs der Prüfer. Das Finanzgericht hat festgestellt, daß die Prüfer ihre Berichte in Schreibmaschinenschrift abzuliefern hätten und daß die Bgin. verpflichtet sei, den Prüfern für die Benutzung eigener Schreibmaschinen eine Entschädigung zu zahlen. Bei dieser Sachlage sind die Schreibmaschinen Werkzeuge im Sinne von Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959.
Der Auffassung des Finanzamts, die Begünstigung gelte nur für Arbeitsgeräte zur Verrichtung handwerklicher Arbeiten, ist nicht beizutreten. Zutreffend hat das Finanzgericht den Begriff Werkzeug nicht kleinlich ausgelegt. Der Senat hat im Urteil VI 228/60 U a. a. O. bereits entschieden, daß zu den Werkzeugen auch Geräte zählen, die dem Arbeitsprozeß nur mittelbar dienen, wie z. B. Fahrräder bei Nachtwächtern. Die Einschränkung auf reine Handwerkszeuge ist jedenfalls nicht gerechtfertigt. Im Streitfall haben die Prüfer weisungsgemäß ihre Berichte in Schreibmaschinenschrift erstellt und konnten der Weisung nur nachkommen, wenn sie Schreibmaschinen benutzten. Die streitigen Entschädigungen können demnach gemäß Abschn. 2 Abs. 2 Ziff. 5 LStR 1959 grundsätzlich steuerfrei sein.
Die Steuerfreiheit gilt allerdings nur, soweit die Entschädigungen der Höhe nach die Grenzen der tatsächlichen Kosten für die Prüfer nicht überschritten haben. Das Finanzgericht hat diese Frage geprüft und verneint, daß im Durchschnitt der Jahre die gewählten Entschädigungen unangemessen hoch seien. Diese Feststellung war rechtlich möglich. Es mag sein, daß sich die Schätzung des Finanzgerichts an der oberen Grenze bewegt. Sie ist aber jedenfalls noch vertretbar, wenn man berücksichtigt, daß die Maschinen einer starken Abnutzung unterliegen, weil sie nicht an einem festen Standort aufgestellt werden und die Zahl der erstellten Durchschläge den Rahmen des üblichen erheblich übersteigt. Unter diesen Umständen ist die Schätzung des Finanzgerichts für den Senat bindend (ß 288, 296 Abs. 1 AO).
Fundstellen
Haufe-Index 410803 |
BStBl III 1963, 299 |
BFHE 1963, 822 |
BFHE 76, 822 |