Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis zwischen § 42 AO 1977 und §§ 7 ff AStG - Rechtsfolge des § 42 AO 1977 - Rechtliches Gehör und Urteilsbegründung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zwischenschaltung von Basisgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im niedrig besteuernden Ausland erfüllt den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs, wenn für ihre Zwischenschaltung in bestimmte Rechtsgestaltungen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen.
2. Die Anwendung des § 42 AO 1977 ist aus logischen Gründen vorrangig vor der der §§ 7 ff. AStG.
3. Die logisch vorrangige Anwendung des § 42 AO 1977 setzt allerdings voraus, daß die tatsächlich gewählte Gestaltung auch bei einer Bewertung am Gesetzeszweck der §§ 7 ff. AStG sich noch als Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstellt.
Orientierungssatz
1. Bei der Feststellung der beabsichtigten Steuerumgehung ist die Steuer, die sich bei Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) ergibt, mit derjenigen zu vergleichen, die bei Anwendung der §§ 7 ff. AStG festzusetzen wäre. Die Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) kommt nur in Betracht, wenn sich auf der Grundlage dieser Vorschrift eine höhere Steuer ergibt. Dabei kann allerdings nicht immer nur auf die Verhältnisse eines bestimmten Jahres abgestellt werden. Steuervorteile in dem einen Jahr können durch Steuernachteile in einem anderen Jahr und umgekehrt ausgeglichen werden. Deshalb ist der Vergleich der Steuerbelastungen grundsätzlich für den Zeitraum vorzunehmen, für den die gewählte Gestaltung (voraussichtlich) gelten soll. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß eine Gestaltung in aller Regel an sich verändernde Verhältnisse angepaßt werden kann.
2. Als Rechtsfolge des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) wird die Besteuerung nach einem angenommenen (angemessenen) Sachverhalt vorgenommen. Dies schließt eine gleichartige Besteuerung nach dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt aus.
3. Das Recht auf Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) besteht in der Gelegenheit, sich zu dem Sachverhalt, der der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll, vor Erlaß derselben äußern zu können (vgl. Literatur). Betrifft die Verfahrensrüge jedoch nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör, sondern die in § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO geregelte Verpflichtung, das Urteil zu begründen, so besteht kein Rechtsanspruch auf umfassende Erörterung bestimmter vorgetragener Rechtsfragen.
Normenkette
AStG § 7ff; AO 1977 § 42; StAnpG § 6 Abs. 1; AStG § 7; FGO § 96 Abs. 2, § 105 Abs. 2 Nr. 5
Verfahrensgang
FG Hamburg (Entscheidung vom 24.01.1989; Aktenzeichen I 358/85) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, an der in den Streitjahren 1976 bis 1980 drei Gesellschafter beteiligt waren, die das Finanzgericht (FG) dem Rechtsstreit beigeladen hat. Die Gesellschafter der Klägerin waren gleichzeitig die alleinigen Gesellschafter der CH-AG mit Sitz in der Schweiz. Die CH-AG war von den Gesellschaftern der Klägerin im Jahre 1972 gegründet worden. Die Bareinlagen wurden aus Mitteln geleistet, die zuvor dem Betriebsvermögen der Klägerin entnommen worden waren. Die Beteiligungsverhältnisse an der CH-AG entsprachen denen an der Klägerin. Sie blieben ab der Gründung bis über die Streitjahre hinaus unverändert.
Die CH-AG bezweckte den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an anderen Unternehmungen, vor allem an solchen der Immobilien- und Baubranche, die Durchführung von Handelsgeschäften aller Art mit besonderer Berücksichtigung der Erzeugnisse des Baumarktes sowie die Vornahme von Finanzierung insbesondere von Grundstücksgeschäften. Die CH-AG domizilierte bei dem schweizerischen Rechtsanwalt M. Sie hatte keine eigenen Geschäftsräume gemietet und kein Personal angestellt. M war ihr gesetzlicher Vertreter.
Im Jahre 1972 gewährte die CH-AG der Klägerin zwei Darlehen, die zum 1.Januar 1973 in eine Einlage der CH-AG als stille Gesellschafterin der Klägerin umgewandelt wurden. In der Folgezeit wurde die Einlage mehrfach erhöht und ab dem 1.Januar 1977 wieder in ein Darlehen umgewandelt. Ursprünglich war die Darlehensrückzahlung in sfr vereinbart. Am 27.September 1978 wurde die Verbindlichkeit auf DM und am 21.November 1978 wieder auf sfr umgestellt.
Die Gesellschafter der Klägerin und die Ehefrau des (angestellten) Geschäftsführers der Klägerin hielten in ihrem Privatvermögen Appartement-Wohnungen, die in der Schweiz belegen waren und von einem Verwalter verwaltet wurden. Im Jahre 1977 übernahm die CH-AG von den Eigentümern die Nutzungsrechte und die wesentlichen Lasten an den Wohnungen. Bis 1979 einschließlich erwirtschaftete sie aus den Nutzungsrechten Verluste und für 1980 erstmalig einen geringen Überschuß. Im Jahre 1982 wurde die Übertragung der Nutzungsrechte unter Ausgleich der von der CH-AG getragenen Verluste rückgängig gemacht.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte die CH-AG bis zum Jahre 1975 einschließlich als sog. Zwischengesellschaft i.S. der §§ 7 ff. des Außensteuergesetzes (AStG). Er rechnete die Einkünfte der CH-AG aus passivem Erwerb den an ihr beteiligten Gesellschaftern hinzu. Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung änderte das FA für die Streitjahre seine Auffassung. Es hielt die Darlehensgewährungen und die Vereinbarung über eine stille Gesellschaft für mißbräuchlich i.S. des § 42 der Abgabenordnung --AO 1977-- (§ 6 des Steueranpassungsgesetzes --StAnpG--) und besteuerte die Klägerin so, als seien die Darlehen und die stille Einlage von den Gesellschaftern der Klägerin geleistet worden. Ertragsteuerlich bedeutete dies, daß der Gewinnanteil der CH-AG als stille Gesellschafterin, die Darlehenszinsen und die Kursverluste aus den Währungsumstellungen der Verbindlichkeiten den Gewinn der Klägerin nicht minderten (§ 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Vermögensteuerlich wurden die Verbindlichkeiten nicht mehr als Betriebsschulden angesetzt. Die entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 1976 bis 1980, Einheitswertbescheide 1.Januar 1976 bis 1.Januar 1981 und Gewerbesteuermeßbescheide 1976 bis 1980 datieren vom 4., 8., 12. bzw. 22.August 1983. Die dagegen sich richtenden Einsprüche und die sich anschließende Klage blieben erfolglos. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 557 veröffentlicht.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung der §§ 7 ff. AStG bzw. des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG).
Sie beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG Hamburg vom 24.Januar 1989
1. die Gewinnfeststellungsbescheide 1976 bis 1980 vom 4.August 1983 und die Einspruchsentscheidung vom 8.August 1985 zu ändern und die Gewinne anderweitig festzustellen.
2. Die Einheitswertbescheide betreffend das gewerbliche Betriebsvermögen auf den 1.Januar 1976 bis zum 1.Januar 1981 vom 4.August 1983 und die Einspruchsentscheidung vom 8.August 1985 zu ändern und die Einheitswerte anderweitig festzustellen.
3. Die Gewerbesteuermeßbescheide 1976 bis 1980 vom 8., 12. und 22.August 1983 und die Einspruchsentscheidung vom 8.August 1985 zu ändern und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag anderweitig festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Vorentscheidung leidet an keinem Verfahrensfehler. Die insoweit von der Klägerin erhobenen Rügen greifen nicht durch. Dies bedarf überwiegend keiner Begründung (Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--). Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht hat, ist ein Verfahrensfehler nicht schlüssig dargelegt.
Das Recht auf Gehör besteht in der Gelegenheit, sich zu dem Sachverhalt, der der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll, vor Erlaß derselben äußern zu können (vgl. Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 96 FGO, Rdnr.22 b m.w.N.). Die Revisionsbegründung wird jedoch nicht auf die Behauptung gestützt, die Klägerin habe keine Gelegenheit zu einem bestimmten Sach- oder Rechtsvortrag gehabt. Statt dessen folgert die Klägerin aus den Entscheidungsgründen der Vorentscheidung, daß das FG das Gutachten F nicht zur Kenntnis genommen habe. Tatsächlich ergibt sich jedoch aus den Entscheidungsgründen etwas anderes. Im Tatbestand des Urteils wird ausdrücklich auf das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gutachten F vom 25.Juli 1988 Bezug genommen. In den Entscheidungsgründen führt das FG aus, daß es der Auffassung des Gutachters nicht folge. Daraus ergibt sich, daß das FG das Gutachten zur Kenntnis genommen haben muß.
Die Rüge, das FG habe sich in den Entscheidungsgründen nicht ausreichend mit dem Gutachten auseinandergesetzt, betrifft nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör der Klägerin, sondern die in § 105 Abs.2 Nr.5 FGO geregelte Verpflichtung, das Urteil zu begründen. Insoweit hat die Klägerin jedoch keinen Rechtsanspruch auf die umfassende Erörterung bestimmter vorgetragener Rechtsfragen. Es reicht deshalb aus, wenn das FG erklärt, daß es der Auffassung der Klägerin nicht folgt.
Die in der mündlichen Verhandlung erhobene Rüge, das FG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt, ist verspätet geltend gemacht worden.
2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß im Streitfall § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) anzuwenden ist und daß die Rechtsfolge der Vorschrift nicht durch §§ 7 ff. AStG verdrängt wird.
a) Nach inzwischen ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.Januar 1975 I R 135/70, BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553; vom 29.Juli 1976 VIII R 142/73, BFHE 120, 116, BStBl II 1977, 263; vom 9.Dezember 1980 VIII R 11/77, BFHE 132, 198, BStBl II 1981, 339; vom 5.März 1986 I R 201/82, BFHE 146, 158, BStBl II 1986, 496) erfüllt die Zwischenschaltung von Basisgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im niedrig besteuernden Ausland den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs, wenn für ihre Zwischenschaltung in bestimmte Rechtsgestaltungen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen. Die Rechtsprechung ist Ausdruck des Grundsatzes, daß das Steuerrecht grundsätzlich die gewählte zivilrechtliche Gestaltung respektiert; dies gilt jedoch nicht für solche Gestaltungen, die nur der Manipulation dienen. Zivilrechtliche Gestaltungen können der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn mit ihnen ein angemessener wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird.
Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt, daß die CH-AG eine sog. Basisgesellschaft war, die bei einem schweizerischen Rechtsanwalt unter dessen Kanzleianschrift domizilierte. Sie besaß von ihrer Gründung an weder eigene Geschäftsräume noch beschäftigte sie eigenes Personal. Sie war --was die Klägerin unter Hinweis auf § 8 Abs.3 AStG selbst vorträgt-- im niedrig besteuernden Ausland ansässig. Damit begründet die tatsächlich gewählte Gestaltung die Vermutung, daß die Zwischenschaltung der CH-AG in die Einkünfteerzielung aus Vermögensverwaltung ausschließlich der Verlagerung der Einkünfteerzielung in das niedrig besteuernde Ausland und in diesem Sinne der Manipulation diente. Jedenfalls ist kein weitergehender wirtschaftlicher Grund zu erkennen, für dessen Erreichung die Zwischenschaltung der CH-AG in die Einkünfteerzielung aus Vermögensverwaltung als ein angemessenes Mittel angesehen werden könnte.
b) Die Annahme einer Steuerumgehung wird auch nicht durch andere Umstände widerlegt:
aa) Objektiv gesehen zielte die gewählte Gestaltung auf eine Umgehung der Rechtsfolgen, die sich aus § 15 Abs.1 Nr.2 EStG ergeben. Hätten die Gesellschafter der Klägerin dieser die Darlehen unmittelbar gewährt, so hätten die vereinbarten Darlehenszinsen den Gewinnanteilen der Gesellschafter als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet werden müssen. Entsprechendes gilt für den Gewinnanteil aus der Vereinbarung einer stillen Beteiligung. Kursverluste, die sich dadurch ergaben, daß die Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der CH-AG zunächst in ausländischer, dann in inländischer und später wieder in ausländischer Währung vereinbart wurden, hätten sich bei unmittelbarer Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Klägerin und dieser steuerlich nicht auswirken können. Entsprechendes gilt für die vermögensteuerliche Behandlung der Darlehensforderungen bzw. -verbindlichkeiten und der vereinbarten stillen Beteiligung. Die Verluste aus Vermietung und Verpachtung der in der Schweiz belegenen Appartement-Wohnungen konnten solange, als sie bei den Gesellschaftern der Klägerin unmittelbar anfielen, den Gewinn der Klägerin nicht mindern. Erst durch die Übertragung der Einkunftsquelle auf die CH-AG wurde dort die Möglichkeit geschaffen, die Gewinne aus der Vermögensverwaltung mit den Verlusten aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen. Damit bedeutete die Zwischenschaltung der CH-AG in die Einkünfteerzielung für die Gesellschafter der Klägerin eine Steuerersparnis, wenn auf ihrer Grundlage die Besteuerung durchzuführen gewesen wäre.
bb) Bei der Feststellung der beabsichtigten Steuerumgehung ist die Steuer, die sich bei Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) ergibt, mit derjenigen zu vergleichen, die bei Anwendung der §§ 7 ff. AStG festzusetzen wäre. Die Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) kommt nur in Betracht, wenn sich auf der Grundlage dieser Vorschrift eine höhere Steuer ergibt. Dabei kann allerdings nicht immer nur auf die Verhältnisse eines bestimmten Jahres abgestellt werden. Steuervorteile in dem einen Jahr können durch Steuernachteile in einem anderen Jahr und umgekehrt ausgeglichen werden. Deshalb ist der Vergleich der Steuerbelastungen grundsätzlich für den Zeitraum vorzunehmen, für den die gewählte Gestaltung (voraussichtlich) gelten soll. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß eine Gestaltung in aller Regel an sich verändernde Verhältnisse angepaßt werden kann. Entsprechende Anpassungsmaßnahmen wurden auch im Streitfall durchgeführt. Die für die Verbindlichkeiten vereinbarte Währung wurde wiederholt umgestellt. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden nur solange über die CH-AG geleitet, als mit Verlusten zu rechnen war. Die mit einer bestimmten Gestaltung verbundenen anderweitigen Steuernachteile können deshalb nur dann in die Berechnung miteinbezogen werden, wenn mit ihnen sicher zu rechnen ist und sie nicht durch eine Änderung der Gestaltung vermieden werden können. So gesehen ist für den Streitfall festzustellen, daß sich für die Gesellschafter der Klägerin bezogen auf den Zeitraum, für den die Gestaltung gewählt wurde, eine niedrigere Steuer bei Anwendung der §§ 7 ff. AStG ergeben hätte. Die niedrigere Steuer wäre nicht durch andere erkennbare Nachteile ausgeglichen worden.
c) Der Senat ist der Überzeugung, daß die Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) aus logischen Gründen vorrangig vor der der §§ 7 ff. AStG ist. Die Wirkungsweise des § 42 AO 1977 ist gegenüber der der §§ 7 ff. AStG eine grundsätzlich andere. Im einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
aa) Das Verhältnis zwischen § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) und §§ 7 ff. AStG ist in keinem Steuergesetz ausdrücklich geregelt.
bb) Aus der Regierungsbegründung zum Entwurf des AStG (vgl. BTDrucks VI/2883, Rdnrn.13, 30, 83) folgt, daß die Bundesregierung die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG als ein zusätzliches Instrumentarium ansah, um der Nutzung von Basisgesellschaften zwecks Erzielung ungerechtfertigter Steuervorteile entgegenzuwirken. Dies spricht dafür, daß die Hinzurechnungsbesteuerung das schon vor dem 1.Januar 1972 geltende Instrumentarium nicht einschränken, sondern im Gegenteil mit Hilfe der Hinzurechnungsbesteuerung ausweiten wollte. Der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages hat sich dieser Beurteilung angeschlossen (vgl. zu BTDrucks VI/3537, S.1).
cc) Der logische Vorrang des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) ergibt sich aus den unterschiedlichen Rechtsfolgen. Die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG behandelt die ausländische Zwischengesellschaft als Einkünfteerzielungssubjekt, d.h. es werden die von ihr erzielten bzw. die ihr steuerlich zuzurechnenden Einkünfte aus passivem Erwerb bei dem beteiligten inländischen Gesellschafter so besteuert, als hätte die Zwischengesellschaft die von ihr erzielten Einkünfte zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausgeschüttet. Die Rechtsfolge des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) setzt dagegen in dem hier interessierenden Bereich logisch früher, und zwar schon bei der Einkünftezurechnung an. Nach § 42 AO 1977 werden die Einkünfte demjenigen zugerechnet, der sie bei unterstellter angemessener Gestaltung erzielt hätte. Dies schließt die gleichzeitige Zurechnung gegenüber demjenigen, der die Einkünfte tatsächlich erzielt, aus. Bezogen auf die hier zu entscheidende Rechtsfrage bedeutet dies, daß als Folge der Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) nicht die ausländische Zwischengesellschaft, sondern die hinter ihr stehenden inländischen Gesellschafter die Einkünfte im steuerlichen Sinne erzielen. Diese Rechtsfolge schließt es aus, die Einkünfte außerdem der Zwischengesellschaft zuzurechnen, um sie auf diese Weise (noch einmal) der Hinzurechnungsbesteuerung zu unterwerfen. Entsprechend erfassen die §§ 7 ff. AStG nur solche Einkünfte aus passivem Erwerb, die unter Berücksichtigung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) im steuerlichen Sinne der Zwischengesellschaft und nicht einer anderen Person zuzurechnen sind. Dabei setzt die logisch vorrangige Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) voraus, daß die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift im Einzelfall erfüllt sind. Daran fehlt es, wenn die Hinzurechnungsbesteuerung auf die Gesamtdauer der Gestaltung gesehen eine höhere inländische Steuer auslöst (vgl. BFH-Urteil vom 12.Juli 1989 I R 46/85, BFHE 158, 224, BStBl II 1990, 113).
dd) Die logisch vorrangige Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) setzt allerdings weiter voraus, daß die tatsächlich gewählte Gestaltung auch bei einer Bewertung am Gesetzeszweck der §§ 7 ff. AStG sich noch als ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstellt. Ist die gewählte Gestaltung typischer- und vom Gesetzgeber gewollterweise nach §§ 7 ff. AStG zu besteuern, so hebt die vom Gesetzgeber mit den Vorschriften verfolgte Regelungsabsicht das Mißbrauchsverdikt auf.
Bei einer entsprechenden Bewertung der §§ 7 ff. AStG ist zu beachten, daß sowohl nach den Leitsätzen der Bundesregierung vom 17.Dezember 1970 (vgl. Abschn.IV, 1.Gesetzesleitsatz, wiedergegeben bei Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, § 7 AStG, Gesetzesmaterialien) als auch nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung (vgl. BTDrucks VI/2883, Rdnrn.27 ff., 83 ff.) die Vorschriften auch der Bewältigung des Zentralproblemes der "Steuerflucht" durch die Einschaltung sog. Basisgesellschaften dienten, wie es im Steueroasenbericht der Bundesregierung (vgl. BTDrucks IV/2412) dargestellt wurde. Daraus muß die Schlußfolgerung gezogen werden, daß das bloße Erzielen von Einkünften aus passivem Erwerb für sich genommen nur eine Hinzurechnungsbesteuerung auslöst, jedoch noch keinen Mißbrauchsvorwurf rechtfertigt. Um § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) anwenden zu können, müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Gestaltung als Manipulation kennzeichnen. Sie ergeben sich im Streitfall daraus, daß die CH-AG bloße Domizilgesellschaft war. Ihre Einschaltung in die Einkünfteerzielung war in erster Linie formaler Natur. Die CH-AG entfaltete keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit. Für ihre Einschaltung fehlt es auch an sonstigen beachtlichen Gründen. Damit war die tatsächlich gewählte Gestaltung weniger auf einen typischerweise unter die §§ 7 ff. AStG fallenden Sachverhalt als vielmehr auf die bloße Steuerumgehung gerichtet. Deshalb ist die Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) auch bei einer Bewertung der tatsächlich gewählten Gestaltung am Gesetzeszweck der §§ 7 ff. AStG gerechtfertigt.
ee) Bei seiner Entscheidung geht der erkennende Senat davon aus, daß die Rechtsfolge des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) die Existenz der ausländischen Zwischengesellschaft und ihre allgemeine steuerliche Anerkennung unberührt läßt. Das Mißbrauchsverdikt richtet sich gegen die steuerliche Berücksichtigung der rechtlichen Gestaltung, d.h. im Streitfall gegen den abgeschlossenen Darlehens- und Beteiligungsvertrag. Als Rechtsfolge des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG) wird die Besteuerung nach einem angenommenen (angemessenen) Sachverhalt vorgenommen. Dies schließt die gleichartige Besteuerung nach dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt aus.
ff) Der Senat hält auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten eine Gleichbehandlung aller an ausländischen Gesellschaften beteiligten Steuerinländer nicht für geboten. Der Gedanke, daß die freie zivilrechtliche Gestaltung dort ihre Schranke findet, wo sie ausschließlich den Zwecken der Manipulation dient, bietet ein ausreichendes und überzeugendes Unterscheidungskriterium. Entsprechend sind die §§ 7 ff. AStG auch nur auf solche Gestaltungen anzuwenden, die nicht der Manipulation dienen.
3. Die Vorentscheidung entspricht im Ergebnis den hier wiedergegebenen Grundsätzen. Sie verletzt deshalb kein Bundesrecht. Entsprechend ist die Revision unbegründet. Sie war zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 64486 |
BFH/NV 1992, 66 |
BStBl II 1992, 1029 |
BFHE 168, 279 |
BFHE 1993, 279 |
BB 1992, 1709 (L) |
DB 1993, 22 (LT) |
DStR 1992, 1271 (KT) |
HFR 1992, 594 (LT) |
StE 1992, 503 (K) |