Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug; Anforderungen an Angabenin Abrechnungen
Leitsatz (NV)
1. Das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) dient für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Es muß Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung muß dahingehend begrenzt sein, daß die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist.
2. Die Angabe "für geleistete Montagearbeiten" im Abrechnungspapier kann zur Bezeichnung des Leistungsgegenstandes ausreichend sein, wenn nach dem vorliegenden Sachverhalt kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht kommt als entweder Rohrmontagearbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften für diese Tätigkeit.
Normenkette
FGO § 118 Abs. 2; UStG 1980 §§ 14, 15 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen der X GmbH (Gemeinschuldnerin). Diese war im Stahl- und Rohrleitungsbau tätig. Von Juni bis September 1985 führte sie für die Y-GmbH (GmbH) Subunternehmeraufträge (Rohrmontagearbeiten) durch. Hierbei bediente sie sich des Unternehmers M, der sich ebenfalls mit Rohrleitungsbau befaßte. Die Gemeinschuldnerin schloß mit M einen "Werkvertrag", datierend vom 12. Juni 1985, eine zusätzliche Vereinbarung ("Auftrag für Montagearbeiten") vom 13. Juni 1985 sowie mehrere Teilleistungsverträge ab. In den Teilleistungsverträgen war als Vertragsgegenstand "Teil-Rohrmontagen" genannt. Für die Arbeiten wurden jeweils Festpreise auf der Basis von Einzelverrechnungssätzen je Vergabestunde vereinbart. Darüber hinausgehende Stunden sollten nach festen Stundensätzen vergütet werden. Die geleisteten Arbeiten wurden auf der Baustelle von einem Mitarbeiter der GmbH nach Arbeitnehmer- und Stundenzahl notiert. Für die Arbeiten berechnete M der Gemeinschuldnerin in mehreren Rechnungen einen Betrag von netto ... DM zuzüglich ... DM Umsatzsteuer. Die Rechnungen hatten folgenden Wortlaut:
"Gemäß Werksrahmen-Vertrag Nr. ... vom ... stelle ich Ihnen für geleistete Montagearbeiten in Rechnung ... ".
In der Umsatzsteuererklärung 1985 zog die Gemeinschuldnerin die in den Rechnungen von M ausgewiesenen Vorsteuerbeträge ab und wurde entsprechend zur Umsatzsteuer des Streitjahres veranlagt. Nach einer bei der Gemeinschuldnerin durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Umsatzsteuerbescheid 1985, in dem der Abzug der Vorsteuern aus den Rechnungen von M in Höhe von ... DM versagt wurde.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage der Gemeinschuldnerin statt. Zur Begründung führte es aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müsse eine Rechnung, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen, Angaben tatsächlicher Art enthalten, aus denen sich zweifelsfrei ergebe, der Rechnungsaussteller habe Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Leistungsempfänger erbracht, auf denen die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer beruhe. Eine zivilrechtlich oder umsatzsteuerrechtlich zutreffende Qualifizierung des Leistungsgegenstandes sei nicht erforderlich. Die Angaben müßten, gegebenenfalls unter Heranziehung weiterer Erkenntnismittel, die Identifizierung des Leistungsgegenstandes ermöglichen. Im Streitfall stehe fest, daß M als Unternehmer aufgetreten sei und die beschäftigten Arbeitnehmer angestellt habe. Die Unternehmereigenschaft von M werde durch das Strafurteil wegen Umsatzsteuerhinterziehung und durch Zeugenaussagen bestätigt. Die erbrachten Leistungen seien in den Rechnungen hinreichend identifiziert. Dabei könne offenbleiben, ob nach dem Gesamtbild der Rechnungen und der zusätzlich zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, nämlich der Verträge und der in den Ermittlungsakten des Arbeitsamts abgehefteten Stundenzettel, Arbeiten (Dienstleistungen) oder die Überlassung von Arbeitskräften abgerechnet und in Rechnung gestellt worden seien bzw. sei. Da kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht komme als entweder die Ausführung von Rohrmontagearbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften für diese Tätigkeiten und ferner durch die Stundenzettel der Ort sowie im wesentlichen auch die Zeit der Leistungen bestimmt sei, seien die Leistungen hinreichend bezeichnet.
Mit der (vom BFH zugelassenen) Revision rügt das FA sinngemäß Verletzung des § 15 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980). Zur Begründung führt es aus, nach den Urteilen des BFH vom 24. September 1987 V R 50/85 (BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688) und vom 10. November 1994 V R 45/93 (BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395) müsse für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs die Leistung in der Rechnung so bezeichnet sein, daß eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des Leistungsinhaltes erfolgen könne. Die in der Vorentscheidung als entscheidend angesehenen Stundenzettel sowie die übrigen Umstände seien in den Rechnungen nicht in Bezug genommen, sie seien daraus auch nicht erkennbar.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Die Entscheidung des FG, daß der Gemeinschuldnerin der Vorsteuerabzug aus den von M ausgestellten Rechnungen zusteht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 kann ein Unternehmer die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG 1980 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Das Abrechnungspapier muß Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muß dahingehend begrenzt sein, daß die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist.
Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sofern in der Abrechnung auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen wird, ist es grundsätzlich notwendig, daß die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet werden (Senatsurteil in BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395, m. w. N.).
Allgemeines Erfordernis ist, daß die Angaben zweifelsfrei ergeben, der Rechnungsaussteller habe gegenüber dem Rechnungsempfänger Lieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt bzw. werde solche Leistungen ausführen (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG 1980), für die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt wird. Hinsichtlich der Bezeichnung des Leistungsgegenstandes ist zu berücksichtigen, daß eine fehlerhafte Verwendung rechtlicher Begriffe "in der Laiensphäre" im Zusammenhang mit anderen Anhaltspunkten ausgelegt werden kann. Dementsprechend hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688 die Bezeichnung eines Leistungsgegenstandes als "Montage von Einbauschränken" für ausreichend erachtet, weil durch das FG festgestellt war, daß kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht kam als entweder die Montage von Einbauschränken oder die Überlassung von Arbeitnehmern für entsprechende Arbeiten.
2. Nach der den Senat revisionsrechtlich bindenden Würdigung des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ermöglichen im Streitfall die Angaben in den Rechnungen die eindeutige Identifizierung der Leistungen von M.
Anders als im Fall von BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395 (unter 2. c aa), in dem nach den Feststellungen des FG "den Abrechnungen ... nicht einmal ansatzweise zu entnehmen" war, "wann und wo die abgerechneten Arbeiten ausgeführt worden sind und um welche Art von Bauarbeiten es sich handelte", kam das FG im Streitfall zu dem Ergebnis, daß kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht komme als Rohrmontagearbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften für diese Tätigkeit. Die Rechnungsbezeichnung "geleistete Montagearbeiten" reiche insoweit aus. Ferner nahm das FG an, daß der Ort und im wesentlichen auch die Zeit der abgerechneten Leistungen bestimmt seien. Den Mangel, daß die Rechnungen selbst zum Teil keine genauen Angaben darüber enthielten, in welcher Zeit die abgerechneten Arbeiten geleistet worden seien, und daß in einem Fall sich Zeitangaben überschnitten, hielt es für nicht durchgreifend "angesichts des überschaubaren Zeitraums von Juni bis September, in dem die Leistungen insgesamt erbracht wurden, ferner im Hinblick darauf, daß die Rechnungen zeitlich fortlaufend datieren und sich schließlich entsprechende Angaben aus den Stundenzetteln entnehmen lassen".
Diese Würdigung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Heranziehung der -- in den Rechnungen nicht in Bezug genommenen -- Stundenzettel stellte das FG lediglich die Bestätigung des von ihm bereits aufgrund der Würdigung der Gesamtumstände der Abrechnung gefundenen Ergebnisses dar, die Rechnungsangaben seien zur Identifizierung der abgerechneten Leistung hinreichend bestimmt.
Fundstellen
Haufe-Index 422006 |
BFH/NV 1997, 717 |
UR 1998, 386 |