Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Der buchmäßige Nachweis gemäß § 14 UStDB kann grundsätzlich nicht durch Aufzeichnungen erbracht werden, die ein Dritter im eigenen Interesse und zur Einhaltung seiner eigenen steuerlichen Pflichten macht.
Normenkette
UStG § 4/2/b; UStDB §§ 14, 21; 2-UStDV 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -), ein Großhandelsunternehmen der Rauchwarenbranche mit Geschäftssitz im Auslande, lieferte in den Jahren 1957 bis 1959 von Konsignationslagern aus, die sie bei verschiedenen inländischen Spediteuren unterhielt, an inländische Abnehmer Felle, die sie zum Teil durch inländische Veredelungsbetriebe hatte bearbeiten lassen. Bei einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß die Stpfl. im Inland über ihre dort ausgeführten Umsätze weder Geschäftsbücher noch Aufzeichnungen geführt hatte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) schätzte daher diese Umsätze, wobei er sich auf die Tagebücher und Belege der Spediteure sowie die Aufzeichnungen und Belege der Veredelungsbetriebe stützte, und zog die so ermittelten Beträge gemäß § 7 Abs. 1 UStG mit dem allgemeinen Steuersatz von 4 v. H. zur Umsatzsteuer heran.
Einspruch und Berufung, mit denen die Stpfl. Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 2 b UStG begehrte, blieben erfolglos. In der Vorentscheidung wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des RFH und BFH ausgeführt, die Umsatzsteuerfreiheit müsse versagt werden, weil die Stpfl. die in § 4 Ziff. 2 b UStG und in den §§ 14 und 21 UStDB genannten Voraussetzungen im Inlande nicht buchmäßig nachgewiesen habe. Der buchmäßige Nachweis, der auch ausländischen Unternehmen obliege, sei selbst eine materiell- rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Die vorgeschriebene Buchführung müsse auch dann im Inland eingerichtet werden, wenn der ausländische Unternehmer im Inland keine Betriebstätte unterhalte. Der Einwand der Stpfl., die erforderlichen Aufzeichnungen seien von ihren Spediteuren, mit denen sie in Geschäftsverbindung gestanden habe, in ihrem Auftrage gemacht worden, greife nicht durch. Mit ihrer Lagerbuchhaltung erfüllten die Spediteure ihre eigene gesetzliche Pflicht. Die Stpfl. könne sich auch nicht auf Treu und Glauben berufen. In der Nichtbeanstandung des Mangels des buchmäßigen Nachweises in früheren Veranlagungszeiträumen könne eine stillschweigende Zusicherung, bei späteren Veranlagungen ebenso zu verfahren, nicht erblickt werden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Stpfl., die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist (vgl. § 184 Abs. 2, §§ 115 ff. FGO), kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß nach § 4 Ziff. 2 b Satz 3 UStG in Verbindung mit § 21 Ziff. 5 UStDB die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreiheit der ersten Lieferung eingeführter Gegenstände außerhalb eines Seehafenplatzes buchmäßig nachgewiesen, und daß nach § 14 Abs. 2 UStDB die Bücher im Bundesgebiet geführt sein müssen. Auf die Aufzeichnungen, die ein Dritter zur Einhaltung seiner eigenen steuerlichen Pflichten macht, kann der Unternehmer nicht verweisen, es sei denn, der Dritte (z. B. ein Steuerberater) ist mit der Buchhaltung durch den Unternehmer beauftragt worden und die Aufzeichnungen erfüllen die Anforderungen, die an eine ordnungsmäßige Buchführung zu stellen sind. Dazu gehört, daß die Buchhaltung ein geschlossenes Ganzes bildet und daß die Eintragungen ausschließlich Geschäftsvorfälle des Unternehmers betreffen und aus dessen Sicht gemacht werden. Es genügt nicht, wenn - wie im Streitfalle - eine übersicht über die Umsätze des Unternehmers nur dadurch gewonnen werden kann, daß die ihn betreffenden Vorgänge aus einer Fülle von Buchungen, die sich auf andere Steuerpflichtige beziehen, herausgesucht und zusammengestellt werden. Denn nach § 14 Abs. 3 UStDB müssen die nachzuweisenden Voraussetzungen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein. Selbst wenn die Stpfl., wie sie behauptet, die Spediteure angewiesen hätte, getrennte und ordnungsgemäße Aufzeichnungen für sie zu machen, käme Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 2 b UStG nicht in Betracht, weil Buchführungsmängel, die durch den Beauftragten verursacht werden, zu Lasten des Unternehmers gehen.
Auch ein Verstoß des FA gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist nicht feststellbar. Die von der Stpfl. behauptete Mitteilung eines Spediteurs, das FA habe anläßlich einer Prüfung bei ihm seine Aufzeichnungen als Buchnachweis der ausländischen Lieferer anerkannt, bindet das FA nicht. Das FA ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nur an Zusagen und Auskünfte gebunden, die der zuständige Sachgebietsleiter dem Steuerpflichtigen erteilt, nachdem dieser das FA unter vollständiger Darstellung eines verschiedener steuerlicher Beurteilung fähigen Sachverhalts um Klarstellung gebeten hatte. Selbst wenn das FA die Lagerbuchhaltung der Spediteure als Buchnachweis durch den ausländischen Lieferer in früheren Veranlagungszeiträumen hätte gelten lassen, wäre es nicht gehalten gewesen, bei Veranlagungen für spätere Jahre ebenso vorzugehen. Bei den Veranlagungsteuern sind infolge des für sie geltenden Abschnittsprinzips die Grundlagen der Besteuerung bei jeder Veranlagung selbständig festzustellen und Sachverhalt sowie Rechtslage neu zu prüfen. Die mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung gebieten es, auch wenn dadurch im Einzelfalle das Prinzip des Dispositionsschutzes beeinträchtigt werden sollte, eine falsche Rechtsanwendung vom ehestmöglichen Zeitpunkt ab, also in der Regel bei der nächsten Veranlagung, aufzugeben und nunmehr das richtige Recht anzuwenden (vgl. die Urteile des Senats V 92/61 S vom 16. Juli 1964, BFH 80, 446, BStBl III 1964, 634, und V 181/63 vom 15. Dezember 1966, BFH 87, 469, BStBl III 1967, 212).
Die Revision der Stpfl. war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen. Die Bestimmung des Streitwerts beruht auf § 140 Abs. 3 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 412558 |
BStBl III 1967, 442 |
BFHE 1967, 443 |
BFHE 88, 443 |