Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Entstehung und Fälligkeit der Umsatzsteuerschuld richten sich bei der Besteuerung nach den vereinbarten Entgelten (ß 14 UStG) nicht nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung der Leistung, sondern nach dem Zeitpunkt ihrer Ausführung. Wird die Vereinbarung vor der Ausführung der Leistung geändert oder ergänzt, so ist dies auch bei der Sollbesteuerung umsatzsteuerrechtlich zu beachten.
Normenkette
UStG § 5 Abs. 3, §§ 14, 10/1, § 13/1/1/a; StAnpG § 3 Abs. 5 Ziff. 4
Tatbestand
Der Bf. ist Inhaber eines Bestattungsinstituts. Er übernimmt außer Aufträgen für eigene Leistungen und im eigenen Namen durchgeführte Fremdleistungen auch Aufträge für Leistungen durch Behörden, insbesondere Friedhofsverwaltungen; er leitet die Aufträge im Namen und für Rechnung seiner Auftraggeber an die Behörden weiter und läßt sich in jedem Falle von seinen Auftraggebern einen schriftlichen Bestattungsauftrag geben, in dem die gewünschten Einzelleistungen - getrennt nach "Eigenleistungen", "Fremdleistungen" und Behördenleistungen (im Bestattungsauftrag als "Barauslagen" bezeichnet) - betragsmäßig aufgeführt werden. Die Parteien sind sich darüber einig, daß in diesen Fällen die auf die "Barauslagen" entfallenden Beträge beim Bf. durchlaufende Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG darstellen.
Außerdem führt der Bf. Bestattungen auf Grund sogenannter Bestattungsvorverträge aus. In diesen Verträgen verpflichtet sich der Bf., die Bestattung des Vertragspartners nach dessen Tode zu einem Pauschalpreise (in den Streitjahren von 250 DM), der auch die Gebühren für die Leistungen der Behörden umfaßt, zu übernehmen. Der Vertragspartner hat bei Abschluß des Vertrages mindestens 10 DM anzuzahlen. Der Rest ist innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt des Sterbefalles zu entrichten. Nach dem Ableben des Vertragspartners läßt sich der Bf. von den Hinterbliebenen noch einen schriftlichen Bestattungsauftrag der oben bezeichneten Art mit betragsmäßiger Aufgliederung der Einzelleistungen erteilen. Die Hinterbliebenen sind nicht verpflichtet, die Bestattung durch den Bf. durchführen zu lassen. Sie können auch ein anderes Bestattungsinstitut damit beauftragen. In diesem Falle zahlt der Bf. 9/10 der geleisteten Anzahlung abzüglich 5 DM für Verwaltungskosten an die Hinterbliebenen zurück. Die Hinterbliebenen sind auch nicht an den im Bestattungsvertrag festgelegten Pauschalpreis gebunden. Sie können gegen entsprechende Zuzahlung eine bessere Ausführung der Bestattung verlangen. Die Mehrleistungen werden alsdann in dem Auftragsvordruck mit den Mehrpreisen aufgeführt.
Der Bf. versteuert seine Umsätze gemäß § 14 UStG nach den vereinbarten Entgelten.
Streitig ist, ob bei Abschlüssen von sogenannten Bestattungsvorverträgen die auf die Behördenleistungen entfallenden Beträge (sogenannte "Barauslagen") beim Bf. als durchlaufende Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG anerkannt werden können.
Die Vorinstanzen haben dies verneint. Nach Ansicht des Finanzgerichts ist, da der Bf. nach vereinbarten Entgelten versteuert, für die Beurteilung der Frage, ob in dem Pauschalpreise durchlaufende Posten enthalten sind, der Inhalt des Bestattungsauftrages maßgebend, den der Auftraggeber zu seinen Lebzeiten dem Bf. erteilt hat. Da in dem Auftragsvordruck die Lieferungen und sonstigen Leistungen des Bf. bei Ausführung der Bestattung zwar ihrem Inhalt, nicht aber ihrem Betrage nach einzeln aufgeführt sind, habe sich der Auftraggeber zur Zahlung des vollen Pauschalpreises nur dem Bf. gegenüber verpflichtet. Für die Annahme, der Pauschalpreis enthalte durchlaufende Posten, sei daher kein Raum. Die Ansicht des Bf., der zu Lebzeiten des Auftraggebers mit diesem geschlossene Vertrag sei lediglich ein Vorvertrag, die eigentliche umsatzsteuerlich maßgebliche Vereinbarung des Entgelts erfolge erst mit der Auftragsbestätigung durch die Hinterbliebenen, sei mit dem Sachverhalt nicht vereinbar. Der mit dem Auftraggeber abgeschlossene Vertrag begründe zwischen ihm und dem Bf. vollwirksame Rechte und Pflichten. Der Bf. vertrete selbst diese Auffassung; denn er versteuere den Teil des Pauschalpreises, den er für steuerbar halte, schon nach Abschluß des sogenannten Vorvertrages.
Entscheidungsgründe
Der Rb., die darauf gestützt wird, daß die Vorentscheidung wider den klaren Inhalt der Akten verstoße und auf unrichtiger Anwendung des bestehenden Rechts beruhe, ist der Erfolg nicht zu versagen.
Es besteht kein Grund, die zwischen dem Bf. und den Auftraggebern zu deren Lebzeiten abgeschlossenen Bestattungsvereinbarungen nicht als bloße Vorverträge zu behandeln. Der Bf. ist am Abschluß solcher Verträge offensichtlich deshalb interessiert, weil er sich Bestattungen für die Zukunft sichern will. Der endgültige Vertragsschluß soll den Hinterbliebenen vorbehalten bleiben. Das ergibt sich daraus, daß der Vorvertrag, der in den Werbeschriften des Bf. auch als "vorsorglicher Bestattungs-Vertrag" bezeichnet wird, für den Bf. keinen Anspruch auf Durchführung der Bestattung begründet, daß es den Hinterbliebenen vielmehr freisteht, ein anderes Bestattungsinstitut mit der Bestattung des Verstorbenen zu beauftragen, daß sich der Bf. verpflichtet, bei Nichterteilung des Bestattungsauftrages 9/10 der geleisteten Vorauszahlung (abzüglich 5 DM für Verwaltungskosten) an die Hinterbliebenen zurückzuzahlen, daß die Hinterbliebenen das Recht haben, unter Zugrundelegung des Pauschbetrages als Grundbetrag mit dem Bf. einen hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen erweiterten Bestattungsvertrag abzuschließen und daß sich der Bf. nach dem Ableben des ursprünglichen Auftraggebers in jedem Einzelfalle auf dem auch sonst üblichen Vordruck "Auftragsbestätigung" den Bestattungsauftrag von den Hinterbliebenen nochmals erteilen läßt.
Die Feststellung der Vorinstanz, der Bf. versteuere den von ihm für steuerbar gehaltenen Teil des Pauschalpreises schon nach Abschluß des Vertrages mit dem Auftraggeber, wird durch den Inhalt der Akten nicht gestützt. Nach § 3 Abs. 5 Ziff. 4 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) entsteht die Umsatzsteuerschuld im Falle der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind. Der Zeitpunkt der Leistung, nicht der Zeitpunkt ihrer Vereinbarung, ist auch allein entscheidend dafür, in welchem Zeitabschnitt ein steuerpflichtiger Umsatz zur Voranmeldung bzw. zur Jahreserklärung zu berücksichtigen ist. Da anzunehmen ist, daß der Bestattungsfall oft erst längere Zeit nach Abschluß der Bestattungsvertrages eintritt, würde, wenn die Feststellung des Finanzgerichts zuträfe, der Bf. die Umsatzsteuer oft lange vor ihrem Fälligwerden entrichten. Die Behauptung des Bf., er versteuere die vereinbarten Entgelte dem Gesetz entsprechend erst nach Ausführung der Bestattungsleistungen und behandele die auf den Pauschalpreis geleisteten Anzahlungen bis dahin als Fremdgelder, ist daher durchaus glaubhaft. Sie ist übrigens vom Finanzamt in seiner Gegenerklärung zur Rb. ausdrücklich bestätigt worden. Damit aber entfällt das einzige Beweisanzeichen von einiger Bedeutung, das gegen die Natur der "vorsorglichen Bestattungs-Verträge" als bloßer Vorverträge sprechen könnte. Es ist daher ungerechtfertigt, die Bestattungsverträge mit Vorverträgen hinsichtlich der Frage der durchlaufenden Posten anders zu behandeln als die üblichen Bestattungsverträge mit den Hinterbliebenen.
Aber selbst wenn man der Auffassung der Vorinstanz zustimmen wollte, daß die mit den ursprünglichen Auftraggebern zu deren Lebzeiten abgeschlossenen "vorsorglichen Bestattungs-Verträge" die für die Umsatzsteuer maßgeblichen Hauptverträge darstellen, könnte die Entscheidung nicht anders ausfallen. Gegenstand der Umsatzbesteuerung sind auch bei der Besteuerung nach den vereinbarten Entgelten nicht die Vereinbarungen, sondern die bewirkten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Werden die ihnen zugrunde liegenden Verträge bis zur Ausführung der Leistungen geändert oder ergänzt, so ist dies in jedem Falle (also auch bei der Sollversteuerung) umsatzsteuerlich zu beachten. Ist einer der Vertragspartner inzwischen weggefallen (z. B. wie hier verstorben), so tritt an seine Stelle sein Rechtsnachfolger. Da im Streitfalle die "Auftragsbestätigungen" durch die Hinterbliebenen eine genaue betragsmäßige Aufgliederung der Einzelleistungen sowie eine scharfe Trennung in "Eigenleistungen", "Fremdleistungen" und Behördenleistungen (= "Barauslagen") enthalten und zeitlich vor der Durchführung der Leistungen liegen, ist dem Erfordernis der Vereinnahmung und Verausgabung der "Barauslagen" im Namen und für Rechnung eines anderen gemäß § 5 Abs. 3 UStG Genüge getan. Es kommt hinzu, daß die bei Bestattungen eingeschalteten Behörden nicht mit den Bestattungsinstituten, sondern nur mit den Hinterbliebenen in Rechtsbeziehungen treten wollen, den Hinterbliebenen dieser Wille der Behörden bekannt ist und sie ihn bei der Bestätigung des Bestattungsauftrags in Kauf nehmen. Die "Barauslagen" des Bf. für die Behördenleistungen sind daher als durchlaufende Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG anzuerkennen.
Da das Finanzgericht die Rechtslage verkannt hat, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die vom Finanzamt festgesetzten Umsatzsteuern sind um die auf die durchlaufenden Posten entfallenden Steuerbeträge zu kürzen.
Fundstellen
Haufe-Index 409830 |
BStBl III 1960, 478 |
BFHE 1961, 614 |
BFHE 71, 614 |
StRK, UStG:5/3 R 24 |