Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Steuergerichte haben grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die Verwaltungsbehörde die Konzession zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt zu Recht oder zu Unrecht erteilt hat und von welchem Zeitpunkt ab Rechtswirkungen frühestens begründet werden können. Der von der Konzessionsbehörde vorgesehene Tag der Rechtswirksamkeit ist auch für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung maßgebend.
Normenkette
UStG § 4/15/b; UStDB § 42 Abs. 5; UStG § 4/16/b
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger - Stpfl. -), der, wie nunmehr unbestritten ist, ab 1. Januar 1957 eine Privatkrankenanstalt betrieben hatte, begehrte für 1957 Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 15 b UStG. Er hatte im Oktober 1959 die Erteilung der Konzession zum Betrieb der Privatkrankenanstalt beantragt. Mit Bescheid vom Dezember 1959 erteilte die zuständige Verwaltungsbehörde die Erlaubnis zum Betrieb der Privatkrankenanstalt, die der Stpfl. "am 1. Januar 1957 gepachtet hat und sie seitdem auf seinen Namen führt".
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) versagte für die aus dem Betrieb der Privatkrankenanstalt erzielten Umsätze von ... DM die Steuerfreiheit, weil eine gemäß § 4 Ziff. 15 b UStG in Verbindung mit § 42 Abs. 5 UStDB erforderliche Konzession für 1957 noch nicht vorgelegen habe; die übrigen Umsätze beließ das FA nach § 4 Ziff. 11 UStG steuerfrei.
Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Im Verfahren über die Rb., die nunmehr als Revision zu behandeln ist (§§ 184 Abs. 2, 115 ff. FGO), legte der Stpfl. einen Ergänzungsbescheid der Konzessionsbehörde vor, wonach der im Dezember 1959 erteilte Bescheid dahin gehend ergänzt wurde, "daß die gemäß § 30 GewO ausgesprochene Erlaubnis zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt mit Wirkung vom 1. Januar 1957 als erteilt gilt". Weiterhin heißt es: "Der Ergänzungsbescheid war zur Klarstellung des Wirksamwerdens der obengenannten Erlaubnis erforderlich".
Streitig ist nur noch, welche umsatzsteuerrechtliche Bedeutung der Bescheid vom Dezember 1959 und der hierzu ergangene Ergänzungsbescheid hat.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die Umsatzsteuerfreiheit der im Betrieb einer Krankenanstalt erzielten Umsätze tritt regelmäßig erst ein, wenn die Konzession nach § 30 der Reichsgewerbeordnung von der zuständigen Verwaltungsbehörde erteilt ist. Die Entscheidung dieser Behörde über die Erteilung oder auch Versagung der Konzession ist, wie in dem zur Gewerbesteuer ergangenen Urteil I 86/55 U vom 8. November 1955 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 62 S. 50, BStBl III 1956, 20) ausgeführt ist, grundsätzlich für die Steuerbehörden und Steuergerichte bindend. Dieser Auffassung tritt der Senat für die Umsatzsteuer bei. Denn die Frage der steuerrechtlichen Auswirkung einer Konzessionsabteilung ist für die Gewerbesteuer und Umsatzsteuer einheitlich zu entscheiden.
Der Senat ist ferner der Auffassung, daß die Steuergerichte grundsätzlich nicht zu prüfen haben, ob die Verwaltungsbehörde die Konzession zu Recht oder zu Unrecht erteilt hat und ab welchem Zeitpunkt Rechtswirkungen frühestens begründet werden können. Zwar muß mit dem FG davon ausgegangen werden, daß ein rechtsbegründender Verwaltungsakt, wie die Erlaubniserteilung, Rechtswirkungen grundsätzlich nur für die Zukunft zeitigen kann. Werden aber Rechtswirkungen aus dem Verwaltungsakt ausdrücklich auf einen früheren Zeitpunkt - den Tag der Antragstellung oder noch früher - vorverlegt, so ist dieser Zeitpunkt auch für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung maßgebend. In jedem Falle muß aber aus dem Bescheid klar und eindeutig ersichtlich sein, ab wann die Erlaubnis als erteilt gilt.
Auf den Streitfall angewendet bedeutet dies, daß die Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 15 b UStG für 1957 nur dann gewährt werden kann, wenn die im Dezember 1959 erteilte Konzession bereits ab 1. Januar 1957 rechtswirksam war.
Der Bescheid vom Dezember 1959, der abschriftlich bei den Steuerakten liegt, enthält keine ausdrückliche Feststellung und läßt daher nicht eindeutig erkennen, ab wann die Erlaubniserteilung rechtswirksam werden sollte. Für die Wirkung ab 1. Januar 1957 spricht der Umstand, daß sowohl die Konzessionsbehörde als auch das FA wußten, daß der Stpfl., wie es im Bescheid und in dessen Gründen heißt, die Privatklinik am 1. Januar 1957 gepachtet hat und sie seitdem auf seinen Namen führte. Bei dieser Fassung des Bescheids hätte das FG Anlaß gehabt, den Zeitpunkt des Wirksamwerdens im Wege der Sachverhaltsfeststellung aufzuklären. Das FG hat dies nicht getan, so daß die Vorentscheidung mangels der erforderlichen Sachaufklärung aufzuheben war.
Der Senat ist in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden, da jetzt durch Vorlage des Ergänzungsbescheids, "der zur Klarstellung des Wirksamwerdens" der Konzession vom Dezember 1959 erforderlich war, feststeht, daß die seinerzeitige Erlaubnis mit Wirkung vom 1. Januar 1957 erteilt worden ist. Lag aber für den Veranlagungszeitraum 1957 die Gewerbekonzession vor, dann sind die im Betrieb der Krankenanstalt erzielten Umsätze in Höhe von ... DM gemäß § 4 Ziff. 15 b UStG steuerfrei zu behandeln.
Hiernach waren die Vorentscheidung und der Berichtigungsbescheid 1957 aufzuheben und der Umsatzsteuerbescheid 1957 vom August 1959, mit dem die Umsatzsteuer auf ... DM festgesetzt wurde, wieder herzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 412189 |
BStBl III 1966, 614 |
BFHE 1966, 669 |
BFHE 86, 669 |