Leitsatz (amtlich)
1. Eine Gemeinde handelt in Ausübung öffentlicher Gewalt, wenn sie zur Erfüllung eines sich aus § 10 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Feuerbestattungsgesetzes vom 10. August 1938 (RGBl I 1938, 1000) ergebenden Bedürfnisses die Versendung von Urnen besorgt; wenn sie das Abladen von Schutt auf Gemeindegrund gestattet, nachdem sie die Errichtung privater Müllkippen ohne besondere Zulassung durch Polizeiverordnung verboten hat; wenn sie die Einrichtung eines öffentlich-rechtlich anerkannten Schlachtviehmarkts den Benutzern zur Verfügung stellt und diesen das für die Zeit der Benutzung erforderliche Viehfutter verkauft.
2. An der Ausübung der öffentlichen Gewalt fehlt es, wenn eine Gemeinde die öffentlich-rechtliche Pflicht eines Bauherrn zur Schaffung von Einstellplätzen für Kraftfahrzeuge (§ 2 der Reichsgaragenordnung) vertraglich übernimmt.
2. Die Übertragung der Fahrzeugbewachung auf öffentlichen Parkplätzen mit dem Recht zur Gebührenerhebung fällt nicht unter den Befreiungstatbestand der Grundstücksvermietung und -verpachtung.
2. Die Umsätze einer Gemeinde aus Theaterveranstaltungen sind nur steuerfrei, wenn die Gebietskörperschaft ein eigenes Ensemble unterhält (Urteil des BFH V 158/58 U vom 24. März 1960, BFH 71, 79, BStBl III 1960, 277). Das Vorhandensein eines eigenen Theatergebäudes sowie die Unterhaltung eines eigenen Orchesters und eigenen technischen Personals kann diese Voraussetzung nicht ersetzen.
Normenkette
UStG 1951 § 2 Abs. 3, § 4 Nr. 10; UStDB 1951 § 47
Tatbestand
Die Steuerpflichtige, eine Stadtgemeinde, wurde für das Jahr 1956 in einem Berichtigungsbescheid zur Umsatzsteuer mit einer Reihe von Leistungen herangezogen, die sie entweder als Ausübung der öffentlichen Gewalt für nicht steuerbar oder als Grundstücksvermietung oder Theaterveranstaltungen für steuerfrei beurteilt. Auf die Sprungberufung (jetzt Klage) der Steuerpflichtigen hat das FG einen Teil der Streitpunkte in einem Zwischenurteil behandelt und zu jedem einzelnen Fall unter genauer Angabe der unbestrittenen Berechnungsgrundlage (Einnahmen) ausgesprochen, ob die Leistungen zu versteuern oder nicht zu versteuern sind. Soweit die Steuerpflichtige durch diese Entscheidung begünstigt ist, hat das FA, soweit sie benachteiligt ist, hat die Steuerpflichtige Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsbeschwerden sind in den meisten Fällen unbegründet.
1. Die Revision des FA
a) Überlassung des Platzes am K für Fahrzeugbewachung
Die Steuerpflichtige übertrug der Firma H durch Vertrag vom 7. Februar 1951 die Bewachung des Kraftfahrzeugparkbetriebs auf einem genau abgegrenzten Teil des genannten öffentlichen Platzes. Die Firma verpflichtete sich dafür, u. a. den "Parkbetrieb" Tag und Nacht durchzuführen, für die Vermeidung von Verkehrsbehinderungen Sorge zu tragen, als Bewachungspersonal zuverlässige Personen auszuwählen, der Stadt jede Haftung abzunehmen, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, sich an die von der Steuerpflichtigen festgesetzten Parkgebühren zu halten und an die Steuerpflichtige "als Platznutzungsentschädigung" ...% der Bruttoeinnahmen zu zahlen. Im Veranlagungszeitraum führte die Firma ... DM an die Steuerpflichtige ab. Diesen Betrag, den die Steuerpflichtige als Entgelt aus Grundstücksvermietung für steuerfrei hält (§ 4 Nr. 10 UStG), zog das FA mit 4 v. H. zur Berechnung der Umsatzsteuer heran. Das FA steht auf dem Standpunkt, es liege ein Vertrag besonderer Art vor, in dem die Gewährung der Gelegenheit zur konkurrenzlosen Ausübung des Bewachungsgewerbes gegenüber der Grundstücksüberlassung den Vorrang einnehme.
Das FG hat die Überlassung des Platzes als Grundstücksvermietung beurteilt und deshalb ausgesprochen, daß die Leistung der Steuerpflichtigen gemäß § 4 Nr. 10 UStG 1951 steuerfrei sei.
c) Versendung von Urnen
Der Steuerpflichtigen ist es nach § 10 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Feuerbestattungsgesetzes vom 10. August 1938 (RGBl I 1938, 1000) untersagt, nach Feuerbestattungen die Aschenreste an Angehörige oder deren Beauftragte auszuhändigen. Die Steuerpflichtige besorgt deshalb, wenn die Beisetzung der Aschenreste auswärts stattfinden soll, die Versendung, indem sie die Urne verpackt und der Post übergibt. Für diese Leistung verlangt sie Gebühren. Die Steuerpflichtige ist der Auffassung, ihre Einnahmen hieraus seien gemäß § 2 Abs. 3 UStG nicht steuerbar. Das FA zog diesen Betrag mit der Begründung zur Berechnung der Umsatzsteuer heran, daß die Ausführung des Versands privaten Unternehmern nicht entzogen sei, also auch Gegenstand privatwirtschaftlicher Betätigung sein könne, und deshalb als gewerbliche Betätigung qualifiziert werden müsse.
d) Leistungen des Viehofs
Die Steuerpflichtige unterhält einen Schlachtviehgroßmarkt, der räumlich und wirtschaftlich mit dem Schlachthof verbunden ist. Von den Benutzern erhebt sie für die Überlassung der Einrichtungen Gebühren; außerdem stellt sie gegen Entgelt das während der Marktbenutzung benötigte Futter. Im Gegensatz zur Umsatzsteuererklärung der Steuerpflichtigen hat das FA die Einnahmen aus Marktgebühren und aus dem Verkauf des Futters zur Bemessung der Umsatzsteuer herangezogen. Die Steuerpflichtige ist jedoch der Auffassung, sie habe diese Leistungen und Lieferungen in Ausübung öffentlicher Gewalt erbracht.
2. Die Revision der Steuerpflichtigen
a) Theaterveranstaltungen
Die Steuerpflichtige verfügte im Veranlagungszeitraum 1956 über ein eigenes Theatergebäude mit den für Theaterveranstaltungen erforderlichen Einrichtungen sowie über ein eigenes Orchester und eigenes technisches Personal. Unter Einsatz dieser Mittel veranstaltete sie Gastspiele mit den Ensembles anderer Bühnen und vereinnahmte daraus ... DM. Im Gegensatz zum FA ist die Steuerpflichtige der Auffassung, daß dieser Betrag gemäß § 47 Abs. 1 UStDB 1951a. F. zur Berechnung der Umsatzsteuer nicht herangezogen werden könne. Das FG hat diese Auffassung abgelehnt und entschieden, daß die Steuerpflicht zu 4 v. H. besteht.
b) Konzertveranstaltungen im Theatergebäude
Die Steuerpflichtige veranstaltete in ihrem Theatergebäude mit ihrem eigenen Orchester auch Konzerte und vereinnahmte hieraus im Veranlagungszeitraum ... DM. Im Gegensatz zum FA ist die Steuerpflichtige aus den schon beim vorausgehenden Streitpunkt wiedergegebenen Gründen der Auffassung, diese Leistungen seien nach § 47 UStDB 1951 a. F. steuerfrei. Das FG hat auch zu diesem Streitpunkt die Steuerpflicht festgestellt.
c) Vereinbarungen über Kraftfahrzeug-Einstellplätze
Die Steuerpflichtige schloß mit Bauherrn, die ihren Verpflichtungen zur Schaffung von Einstellplätzen für Kraftfahrzeuge gemäß § 2 der Reichsgaragenordnung vom 19. Februar 1939 (RGBl I, 219) nicht unmittelbar nachkamen, Verträge ab, in denen sie "diese öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Schaffung der Einstellplätze" gegen Entgelt "übernahm". Die Entgelte für diese Leistungen betrugen im Veranlagungszeitraum ... DM. Im Widerspruch zur Steuerpflichtigen, die in Ausübung öffentlicher Gewalt gehandelt zu haben glaubt, zog das FA auch diesen Betrag mit 4 v. H. zur Berechnung der Umsatzsteuer heran. Das FG hat die Berechtigung dieser Steuerforderung festgestellt.
f) Gestattung der Benutzung von Müllkippen
Die Steuerpflichtige hat in ihrem Gemeindegebiet Plätze bereitgestellt, auf denen jedermann gegen Zahlung einer Vergütung Schutt und andere Abfallstoffe, die kein Hausmüll sind, abladen kann. Die Einnahmen betrugen im Veranlagungszeitraum ... DM. Im Widerspruch zur Erklärung der Steuerpflichtigen zog das FA diesen Betrag zur Berechnung der Umsatzsteuer heran. Das FG hat den Steuerbescheid insoweit als rechtmäßig beurteilt und dazu ausgeführt: Die Gestattung des Schuttabladens geschehe nicht im Betrieb der im § 19 Abs. 2 UStDB genannten Anstalten. Es liege ihr auch keine gesetzliche oder behördliche Anordnung zugrunde, die einen Annahmezwang für die Benutzung zur Folge habe. Die Steuerpflichtige habe zwar in § 1 ihrer "Polizeiverordnung betreffend Schuttabladeplätze, Müllbeseitigung, Fäkalien- und Dungabfuhr ..." angeordnet, daß Schutt und andere Abfallstoffe nur an den durch öffentliche Bekanntmachung oder durch aufgestellte Tafeln bestimmten Stellen abgeladen werden dürfen. Die Verordnung rechtfertige es aber nicht, die Bereitstellung der Müllkippen als eine öffentliche Aufgabe zu beurteilen. Denn die Verordnung verbiete nur das Abladen auf öffentlichen Straßen oder Plätzen und enthalte kein allgemeines Verbot, Schutt und Abfallstoffe auf andere Weise als nach dem genannten § 1 zu beseitigen. Ein Annahmezwang für die von der Steuerpflichtigen bereitgestellten Plätze sei daher durch die Verordnung nicht herbeigeführt worden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen (zu 1, a):
Die Revision des FA ist in diesem Streitpunkt begründet.
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des FG wird die Natur des Vertrags vom 7. Februar 1951 nicht durch die Überlassung eines Grundstücks zum Gebrauch bestimmt. Die Vereinbarung zielt vielmehr darauf ab, dem privaten Unternehmer "die Bewachung des Kraftfahrzeugbetriebs" mit dem Recht zur Erhebung von Parkgebühren zu übertragen. Nach dem Zweck des Vertrags blieb dabei das Grundstück weiterhin dem Gemeingebrauch zum zeitlich beschränkten Parken gewidmet. Eine privatrechtliche Besitzübertragung konnte bei dieser öffentlich-rechtlichen Widmung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die für das Umsatzsteuerrecht bedeutsame Leistung muß deshalb - entsprechend dem Vertragswortlaut - darin gesehen werden, daß die Steuerpflichtige dem Bewachungsunternehmer das ursprünglich ihr selbst zustehende Recht auf gewerbsmäßige Nutzung (vgl. dazu das Urteil des Senats V 164/58 vom 13. April 1961, HFR 1962, 208) des aus dem öffentlichen Verkehr entspringenden allgemeinen Bedürfnisses für Fahrzeugabstellplätze übertrug. Diesem Ziel des Vertrags entsprechen auch die Pflichten, die der Bewachungsunternehmer gegenüber der Steuerpflichtigen übernommen hat und die der besonderen Widmung des Platzes dienen, wie die Durchführung des Parkbetriebs bei Tag und Nacht, die Verhinderung von Verkehrsstörungen bei der Abwicklung dieses Betriebs, der Abschluß einer Haftpflichtversicherung, die Einhaltung der von der Steuerpflichtigen bestimmten Gebührensätze, die Beschäftigung zuverlässigen Bewachungspersonals und dergleichen mehr.
Die Leistung der Steuerpflichtigen besteht deshalb weit mehr in einer Verpachtung von Rechten als in einer Vermietung von Grund und Boden. Eine so geartete Leistung entspricht nicht den Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 10 UStG 1951.
Der diesen Streitpunkt betreffende Ausspruch des FG muß deshalb aufgehoben und durch die Feststellung ersetzt werden, daß die Einnahmen aus der Überlassung des Platzes am K zur Fahrzeugbewachung mit 4 v. H. zur Berechnung der Umsatzsteuer heranzuziehen sind.
b) ...
Aus den Gründen (zu 1, c):
Zutreffend hat das FG diese Leistungen der Steuerpflichtigen als Ausübung hoheitlicher Gewalt beurteilt: Die Steuerpflichtige erhält die Gebühren nicht für die Ausführung des Transports - für sich allein betrachtet ist diese allerdings eine gewerbliche Leistung -, sondern für die Besorgung des Versands. Diese Tätigkeit gehört in den Rahmen der ihr durch die oben genannte Verordnung zugewiesenen hoheitlichen Aufgaben. Sie unterliegt sogar dem Annahmezwang (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStDB). Die Revision des FA ist deshalb auch insoweit unbegründet.
Aus den Gründen (zu 1, d):
Das FG hat sich dieser Auffassung mit zutreffender Begründung angeschlossen. Der Schlachtviehgroßmarkt ist im öffentlichen Interesse errichtet. Er wurde durch Bekanntmachung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom ... anerkannt. Nach § 7 Abs. 2 des Gesetzes über den Verkehr mit Vieh und Fleisch (VFlG) vom 25. April 1951 (BGBl I 1951, 272) darf Schlachtvieh innerhalb eines Marktgebiets nur auf dem Großmarkt oder Schlachtviehmarkt gehandelt werden. Das Marktgebiet ist nach Abs. 1 dieser Vorschrift der Bezirk der Gemeinde, in der der Großmarkt oder Schlachtviehmarkt liegt. Innerhalb der Gemeinde herrscht somit ein Marktzwang und damit ein Annahmezwang für die strittigen Leistungen der Steuerpflichtigen. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStDB ist deshalb davon auszugehen, daß die Leistungen in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben gewährt werden (vgl. dazu auch Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar - 9. Auflage - Tz. 449). Die Darlegungen des FA können eine andere Entscheidung nicht rechtfertigen. Der Senat kann sich insbesondere nicht die Auffassung des FA zu eigen machen, die Steuerpflichtige übe den Annahmezwang nicht als Trägerin der öffentlichen Gewalt aus, weil ihr die Unterhaltung des Markts weder durch eine Norm ausdrücklich übertragen noch auch eigentümlich und in erheblichem Ausmaße vorbehalten sei. Denn Viehgroßmärkte werden in der Regel von den Gemeinden unterhalten, sie sind nach der oben wiedergegebenen Vorschrift an das Gemeindegebiet gebunden und dienen neben markt- und volkswirtschaftlichen öffentlichen Interessen auch polizeilichen Interessen (vgl. § 63 des Viehseuchengesetzes vom 26. Juni 1909, RGBl 1909, 519) sowie der Verhütung der mit örtlich und zeitlich freien Märkten verbundenen Belästigungen des gemeindlichen öffentlichen Lebens. Die Unterhaltung von Großviehmärkten ist deshalb Ausfluß der Gemeindehoheit.
Auch die Lieferung von Futter im Rahmen des während der Marktzeit anfallenden Bedarfs hat das FG zutreffend als Erfüllung einer öffentlichen, mit der Ausübung des Marktzwangs verbundenen Aufgabe beurteilt. Sie ist entsprechend den Ausführungen des FG der Marktverwaltung durch § 4 der Futtermittelverordnung vom 21. November 1936 zugewiesen und die Lieferung unterliegt dem Annahmezwang.
Die Entscheidung des FG kann daher insoweit nicht beanstandet werden.
Aus den Gründen (zu 2, a):
Die Revision der Steuerpflichtigen ist insoweit nicht begründet. Nach § 47 a. a. O. sind steuerfrei die Umsätze eines von einer Gemeinde im öffentlichen Interesse geführten Theaters. Nach der vom FG angezogenen Rechtsprechung des BFH (vgl. insbesondere das Urteil V 158/58 U vom 24. März 1960, BFH 71, 79, BStBl III 1960, 277) kann diese Vorschrift nur angewendet werden, wenn die Gemeinde "so viele künstlerische und technische Kräfte und die zur Ausführung von Theaterveranstaltungen notwendigen technischen Voraussetzungen unterhält, daß ihr die Durchführung eines Spielplanes aus eigenen Kräften möglich ist". An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Nach den Feststellungen des FG hat die Gemeinde diese Voraussetzung nicht erfüllt. Ihre Darlegungen, daß sie Einrichtungen und Kräfte in beträchtlichem Umfang selbst zur Verfügung gehabt habe, daß das eigene Orchester insbesondere bei musikalischen Bühnenwerken als Teil des Ensembles anzusehen sei und daß dieser Betrieb in der tatsächlichen Form höhere Zuschüsse erfordert habe, als sie möglicherweise bei Unterhaltung eines eigenen spielfähigen Ensembles entstanden wären, können keine andere Entscheidung rechtfertigen. Denn da die Vorschrift die "Führung eines Theaters" verlangt, kann nicht das Vorhandensein eines Theaters im technischen Sinne (Theatergebäude, Theatereinrichtungen, Bedienungspersonal) die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bilden. Es muß vielmehr die Institution eines Theaters, also insbesondere ein der Gemeinde auf Dauer verpflichteter Stamm von Schauspielern (Ensemble) vorhanden sein. Dieser fehlt aber bei der Steuerpflichtigen. Die bloße Unterhaltung eines Orchesters oder bloße Zuschüsse zur Durchführung von Theateraufführungen geben keine Grundlage zur Anwendung des § 47 Abs. 1 UStDB. Die Entscheidung des FG kann deshalb in diesem Punkte nicht beanstandet werden.
Aus den Gründen (zu 2, b):
Die Revision kann auch insoweit keinen Erfolg haben. Eine Befreiung der Orchesterumsätze bestand nach den für das Streitjahr geltenden Vorschriften (im Gegensatz zu § 4 Nr. 20 UStG 1967) nicht.
Aus den Gründen (zu 2, c):
Die Revision der Steuerpflichtigen ist auch insoweit unbegründet. Zutreffend hat das FG die Verträge als die Grundlage eines privat-rechtlichen Leistungsaustausches beurteilt. In diesen Vereinbarungen ist nämlich die öffentlich-rechtliche Pflicht des Bauherrn lediglich die Geschäftsgrundlage, aber nicht der Gegenstand des Vertrags. Der Vertrag ist die Folge der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Bauherrn. Nicht diese Pflicht wird einer öffentlich-rechtlichen Regelung unterzogen, vielmehr wird der Vertrag geschlossen, weil sie besteht. Der Vertrag konnte insbesondere deshalb keine Grundlage für die Ausübung öffentlicher Gewalt bilden, weil die Reichsgaragenordnung weder den Gemeinden die Übernahme der öffentlich-rechtlichen Pflicht des Bauherrn als öffentliche Aufgabe zuweist noch überhaupt eine Abwälzung dieser Pflicht auf einen Dritten kennt. Die Vereinbarung, die Steuerpflichtige "übernehme" die Schaffung von Einstellplätzen, kann deshalb nur die Bedeutung haben, daß die Steuerpflichtige sich gegenüber den Bauherrn zur Ausführung der diesen obliegenden öffentlichen Pflichten verdinge. Die Steuerpflichtige hat deshalb mit der entgeltlichen Erstellung von Einstellplätzen für Bauherrn eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die sie nach § 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 UStG versteuern muß.
d) ...
e) ...
Aus den Gründen (zu 2, f):
Der Senat kann der Rechtsauffassung des FG nicht folgen. Die erwähnte Polizeiverordnung ist gemäß der Ermächtigung im Polizeiverwaltungsgesetz vom 1. Juni 1931 (Preußische Gesetzsammlung S. 77) sowie nach ihrem gesamten Inhalt im Interesse der öffentlichen Ordnung insbesondere der öffentlichen Reinlichkeit und Gesundheit erlassen worden. Nach § 1 ist jedenfalls die Errichtung anderer allgemeiner Schuttabladeplätze als der von der Steuerpflichtigen zugelassenen verboten. Ob daneben in Einzelfällen das Abladen von Schutt und Abfallstoffen auf andere Weise, etwa zur "nützlichen Verwendung" (Planierungen) erlaubt oder verboten ist, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung, zumal eine solche Verwendung den Begriff des "Schuttabladens" im Sinne einer Dereliktion regelmäßig nicht erfüllt. Aus diesem im öffentlichen Interesse liegenden polizeilichen Verbot ergibt sich in einer Großstadt ein öffentliches Bedürfnis zur Errichtung von Müllkippen. Die Steuerpflichtige hat daher in Wahrung einer ihr eigentümlichen Aufgabe die Müllkippen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zur Verfügung gestellt und deshalb bei der Gestattung des Schuttabladens gegenüber dem Benutzer in Ausübung öffentlicher Gewalt gehandelt.
Das Urteil des FG ist deshalb in diesem Punkte aufzuheben und durch die Feststellung zu ersetzen, daß der von der Steuerpflichtigen für die Gestattung des Schuttabladens vereinnahmte Betrag von ... DM als Berechnungsgrundlage der Umsatzsteuer ausscheidet.
Fundstellen
BStBl II 1969, 274 |
BFHE 1969, 10 |