Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Sind alle Anteile einer GmbH, zu deren Vermögen Grundstücke gehören, in der Hand von Ehegatten vereinigt und werden beim Tode eines der Ehegatten dessen Anteile durch gemeinschaftliche Abkömmlinge in Erbengemeinschaft erworben, so tritt dadurch eine Anteilsvereinigung durch den anderen Ehegatten und die gemeinschaftlichen Abkömmlinge (ß 1 Abs. 3 GrEStG) nicht ein.
Erwerben nach dem Tode des anderen Ehegatten, der einen Anspruch auf übereignung des Grundstücks hatte, dessen Erben in Erbengemeinschaft unmittelbar das Grundstück, so ist die Steuer nach § 1 Abs. 1 GrEStG in vollem Umfang zu erheben.
In den zu 2) bezeichneten Fällen gehört das Grundstück zum Nachlaß. Auf einen Erwerb durch Miterben zur Teilung des Nachlasses bleibt die Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 3 GrEStG anwendbar.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1, 3, § 3 Ziff. 3
Tatbestand
Zum Vermögen einer am 26. Februar 1931 im Handelsregister gelöschten GmbH, deren Gesellschafter der am 17. Juli 1952 verstorbene X und seine am 14. Juni 1936 verstorbene Ehefrau waren, gehörten Grundstücke. Die Grundstücke die von dem X in die GmbH eingebracht waren, sollten bei der Liquidation zum Ausgleich der Forderungen des X an diesen zurückfallen. Die übertragung der Grundstücke auf X fand vor der Löschung der GmbH - offenbar versehentlich - nicht statt. Erst durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28. November 1953 übertrug ein Liquidator der GmbH den Erben des X die Grundstücke, und zwar als Miterben in ungeteilter Erbengemeinschaft.
Das Finanzamt erblickte in dem Vertrag vom 28. November 1953 einen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang und nahm die Beschwerdeführerin (Bfin.) unter Zugrundelegung des Grundstückswerts von 65.000 DM auf Zahlung von Grunderwerbsteuer in Anspruch. Die Bfin. macht geltend, eine Grunderwerbsteuer könne nicht erhoben werden,
weil die Grundstücke infolge der Löschung der GmbH im Handelsregister herrenlos geworden seien,
weil durch den Tod der Gesellschafter in der Hand der Erbengemeinschaft eine Anteilsvereinigung eingetreten sei, die unter die Steuerbefreiung des § 3 Ziff. 2 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) falle. Da die Steuer bei der Anteilsvereinigung und bei der unmittelbaren Veräußerung der Grundstücke von denselben Werten zu berechnen sei, könne sie gemäß § 1 Abs. 5 GrEStG nicht erhoben werden.
Die Berufung war erfolglos; lediglich ein geringfügiger Betrag, der den eigentlichen Streitfall nicht berührt, wurde nicht als Teil der Gegenleistung anerkannt.
Entscheidungsgründe
Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist unbegründet.
I. - Richtig ist allerdings, daß der Erwerb eines herrenlosen Grundstücks der Besteuerung nicht unterliegt; denn, wie die Tatbestände des § 1 GrEStG ergeben, kommt eine Erhebung von Grunderwerbsteuer nur in Betracht, wenn das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, einem anderen gehört. Das Finanzgericht ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, daß das Grundstück infolge der Löschung der GmbH am 26. Februar 1931 nicht herrenlos geworden war. Eine GmbH ist, solange noch unverteilte Vermögenswerte vorhanden sind, nicht erloschen. Auch nach der Löschung im Handelsregister lebt sie wieder auf, wenn und soweit sich herausstellt, daß noch Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. In diesem Fall muß, wie auch das Finanzgericht ausführt, die Liquidation fortgesetzt werden. Vgl. Scholz, Komm. zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2. Aufl. 1950, § 60 Anm. 1, § 74 Anm. 11 und 14. Die GmbH ist somit trotz ihrer Löschung im Handelsregister nach wie vor Eigentümerin der Grundstücke geblieben.
II. - Das Finanzgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß weder durch den Tod der Ehefrau noch durch den Tod des Ehemannes eine Vereinigung aller Anteile der GmbH in der Hand eines Gesellschafters in der Hand von Ehegatten oder in der Hand von Eltern und Kindern (vgl. § 1 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 GrEStG) eingetreten ist. Demnach ist auch die Vorschrift des § 1 Abs. 5 GrEStG, auf die sich die Bfin. bezieht, nicht anwendbar.
Mit dem Tode der Ehefrau X am 14. Juni 1936 gingen ihre Geschäftsanteile an der GmbH im Wege der Erbfolge auf ihre Miterben über. Die Miterben bildeten eine Erbengemeinschaft im Sinn der §§ 2032 ff. BGB. Wie der Reichsfinanzhof durch Urteil II A 409/33 vom 18. Mai 1934 (Slg. Bd. 36 S. 151, Reichssteuerblatt - RStBl - 1934 S. 957) und sodann in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist die Erbengemeinschaft grunderwerbsteuerlich als selbständige Rechtsträgerin anzusehen. Daß die Erbengemeinschaft keine Gesellschaft im Sinn des § 1 Abs. 3 GrEStG ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 210/54 S vom 13. Juli 1955, Slg. Bd. 61 S. 182, Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 III S. 269), ändert hieran nichts. Nach dem Tode der Ehefrau waren demgemäß Gesellschafter der GmbH: einerseits der Ehemann, andererseits die Erbengemeinschaft als selbständige Rechtsperson. Eine Anteilsvereinigung im Sinn des § 3 GrEStG 1927 - diese Vorschrift galt im Jahre 1931 und entspricht, soweit der Streitfall in Betracht kommt, dem § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 - war demnach nicht gegeben.
Der Senat hatte zwar bisher keine Gelegenheit, über einen Fall der vorliegenden Art zu entscheiden. Er hat aber im Fall einer OHG, die grunderwerbsteuerlich ebenso wie die Erbengemeinschaft als selbständiger Rechtsträger gilt, in einem Urteil II 68/51 S vom 4. Mai 1951 (Slg. Bd. 55 S. 299, BStBl 1951 III S. 116) ausgesprochen, daß eine Verwandtschaft nur zwischen natürlichen Personen bestehen könne. Der Senat hat deshalb die Steuerbefreiung des § 3 Ziff. 6 GrEStG nicht für anwendbar erachtet, wenn ein Grundstück nicht von der Mutter, sondern von einer OHG, deren Gesellschafter Mutter und Sohn sind, auf den Sohn übertragen wird. Was für eine OHG zutrifft, muß entsprechend für die Erbengemeinschaft gelten. In einem Urteil II 223/52 S vom 19. Februar 1953 (Slg. Bd. 57 S. 241, BStBl 1953 III S. 95) hat der Senat die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung des § 3 Ziff. 3 GrEStG verneint, weil das Grundstück nicht von den Miterben, wie es die bezeichnete Vorschrift vorsieht, sondern von einer OHG, deren Gesellschafter die Miterben waren, erworben wurde. Zur Begründung ist angeführt worden, daß das Grundstück nicht durch die Miterben erworben sei, sondern durch eine OHG, die grunderwerbsteuerlich als selbständiger Rechtsträger gelte. Dabei ist hervorgehoben, daß dies auch dann zutreffe, wenn die OHG lediglich aus den Miterben besteht. Es liegt demnach im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Senats, im Streitfall eine Anteilsvereinigung durch den Gesellschafter X und die Miterben, die offenbar seine Kinder sind, gleichfalls zu verneinen.
Eine Anteilsvereinigung im Sinn des § 1 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 GrEStG 1940 (ß 3 GrEStG 1927) wäre jedoch eingetreten, wenn die Erbengemeinschaft aufgelöst und die Anteile an der GmbH den Miterben zugeteilt worden wären, vorausgesetzt, daß dadurch alle Anteile in der Hand des Gesellschafters X und seiner Kinder vereinigt wären und im Sinn des Grunderwerbsteuerrechts kein neuer selbständiger Rechtsträger geschaffen wäre. Dieser Fall ist jedoch hier nicht gegeben.
Am 17. Juli 1952, d. h. beim Tode des X, traten seine Erben gleichfalls an seine Stelle und zwar wiederum in Erbengemeinschaft. Gesellschafter der GmbH waren nunmehr, grunderwerbsteuerlich betrachtet, zwei Erbengemeinschaften, nämlich die Erbengemeinschaft nach der Ehefrau und die Erbengemeinschaft nach dem Ehemann. Eine Vereinigung aller Anteile der GmbH in einer Hand (ß 1 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 GrEStG) kam somit nicht in Betracht.
Selbst wenn die Miterben unter Auflösung der Erbengemeinschaft die Anteile im Weg der Erbauseinandersetzung oder in sonstiger Weise erworben hätten, was jedoch nicht zutrifft, wäre eine Anteilsvereinigung nicht eingetreten, weil die Anteile, wenn die Anteilsvereinigung lediglich in der Hand von Geschwistern stattfindet, nicht nach § 1 Abs. 3 Ziff. 1 GrEStG zusammengerechnet werden können.
III. - Auf Grund des notariell beurkundeten Vertrages vom 28. November 1953 wurden die Grundstücke durch die von den Erben des Ehemanns gebildete Erbengemeinschaft unmittelbar erworben. Von diesem Zeitpunkt an gehörten dieser Erbengemeinschaft nicht lediglich die Anteile, sondern unmittelbar die Grundstücke. Der Grundstückserwerb ist ein Rechtsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG, der unabhängig davon, ob eine Anteilsvereinigung vorlag oder nicht, der Grunderwerbsteuer unterliegt. Der Steueranspruch des Finanzamts ist demnach begründet. Die Rechtslage ist nicht anders, als wenn die GmbH die Grundstücke bei Lebzeiten der Eheleute X auf den Ehemann X übertragen hätte und die Eheleute X im Anschluß hieran gestorben wären. Auch in diesem Fall wäre die Steuer einmal in voller Höhe entrichtet worden, während der Erwerb der Grundstücke durch die Erben im Weg der Erbfolge oder der Erbauseinandersetzung nach § 3 Ziff. 2 Satz 1 oder Ziff. 3 GrEStG steuerfrei gewesen wäre. Diese Auslegung führt zu einer gleichmäßigen Besteuerung und läßt unberücksichtigt, ob der Gesellschafter erst das Grundstück unmittelbar erwirbt und hierauf stirbt oder ob die Erben mit dem Tode des Gesellschafters die Anteile und erst dann das Grundstück unmittelbar erwerben.
Vorsorglich sei bemerkt: Grundstücke, die gemäß § 2041 BGB im Wege der Surrogation an die Stelle von Gesellschaftsanteilen treten, gehören zum Nachlaß. Das gilt auch im Streitfall. Ein etwaiger Erwerb dieser Grundstücke durch Miterben (d. h. durch Miterben des Gesellschafters X), der im Anschluß an den Vertrag vom 28. November 1953 stattfindet und zur Teilung des Nachlasses dient, ist somit nach § 3 Ziff. 3 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
IV. - Selbst wenn aber, wie die Bfin. behauptet, durch den Tod der Ehefrau eine Anteilsvereinigung eingetreten wäre - Erörterungen über eine mögliche Anteilsvereinigung, die beim Tod des Ehemanns eingetreten ist, erscheinen entbehrlich -, würde keine andere Rechtslage bestehen; denn nach § 1 Abs. 5 GrEStG ist in diesem Fall die Steuer auch von dem Rechtsvorgang zu erheben, durch den die Gesellschafter unmittelbar das Grundstück erwerben. Nach den Sätzen 1 und 2 des § 1 Abs. 5 GrEStG ist, wenn Tatbestände des § 1 Abs. 1 und des § 1 Abs. 3 GrEStG zusammentreffen, jeder Tatbestand gesondert zu besteuern. Dabei soll der Gesamtbetrag der Steuer grundsätzlich den Betrag nicht übersteigen, der zu erheben wäre, wenn die Besteuerung einmal nach der gesetzlich höchstzulässigen Besteuerungsgrundlage durchgeführt wird. Vgl. das Urteil des erkennenden Senats II 60/56 U vom 24. Oktober 1956 (Slg. Bd. 63 S. 433, BStBl 1956 III S. 364). Der Steueranspruch wäre somit auch in diesem Fall in vollem Umfang zu bejahen.
Sonstige Gründe, die die Rb. rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Diese war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408768 |
BStBl III 1957, 238 |
BFHE 1958, 14 |
BFHE 65, 14 |
StRK, GrEStG:1 R 47 |