Leitsatz (amtlich)
1. Tritt der Gesellschafter einer Personengesellschaft ihm gegen die Gesellschaft zustehende Darlehensansprüche zur Ablösung von Pflichtteilsansprüchen an einen Angehörigen ab, der die Beträge der Gesellschaft weiterhin als Darlehen beläßt, so sind die an den neuen Darlehensgläubiger gezahlten Darlehenszinsen Betriebsausgaben der KG (Anschluß an BFH-Urteil vom 21.Mai 1987 IV R 39/85, BFHE 150, 38, BStBl II 1987, 628).
2. Der Betriebsausgabenabzug kann nicht vom Ergebnis eines Fremdvergleichs hinsichtlich der Darlehensbedingungen abhängig gemacht werden, wenn der Abtretende die Gesellschaft nicht beherrscht.
Orientierungssatz
Bei Beteiligung zweier Gesellschafter zu je 50 v.H. können beide Gesellschafter gemeinsam als beherrschend angesehen werden, wenn sie einen Gegenstand von gemeinsamem Interesse in gegenseitiger Abstimmung regeln. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn eine Familiengesellschaft aufeinander abgestimmte Verträge mit Angehörigen ihrer Gesellschafter abschließt, von denen diese entsprechend ihrer Gesellschaftsbeteiligung getroffen werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist als Produktionsunternehmen tätig. Alleinige Komplementärin ohne Vermögenseinlage und Geschäftsführerin ist eine GmbH. Einer der Kommanditisten war früher C, an dessen Stelle nach seinem Tode seine Witwe und Alleinerbin E trat. Die übrigen Kommanditisten gehören dem Stamm F an. Die Stämme B und F sind zu gleichen Teilen an der KG und an der GmbH beteiligt. Jeder Stamm stellt auch einen (alleinvertretungsberechtigten) Geschäftsführer der GmbH.
Die Kinder von C und E machten gegen E ihre Pflichtteilsansprüche geltend. Es kam schließlich mit Verträgen vom 13.August 1976 zu einer Vereinbarung mit im wesentlichen folgendem Inhalt:
E übertrug mit Wirkung ab 1.Juli 1976 ihrem Sohn K ihre Anteile an der GmbH und an der KG. Ihrer Tochter H und ihrem Sohn W übertrug sie, neben privatem Grundbesitz, aus dem Betriebsvermögen der KG Beträge in Höhe von 100 000 DM bzw. 200 000 DM, wobei H und W verpflichtet waren, diese Beträge der KG darlehensweise zur Verfügung zu stellen. Darüber wurden vereinbarungsgemäß am 15.Juli 1976 zwischen der KG und H bzw. W getrennte Darlehensverträge abgeschlossen, in denen vereinbart war, daß Sicherheiten nicht zu geben waren, daß der Zinssatz 9 v.H. betragen solle und daß das Darlehen fünf Jahre unkündbar sei, frühere Auszahlungen jedoch vereinbart werden könnten. Die Zinsvereinbarung wurde am 2.November 1976 in beiden Darlehensverträgen geändert. Danach sollte die Höhe der Zinsen jeweils der Verzinsung der Darlehenskonten der Gesellschafter anzugleichen sein. Der Gesellschaftsvertrag sieht hierzu vor, daß Geldguthaben auf den Darlehenskonten der Gesellschafter mit 3 v.H. über dem Bundesbankdiskontsatz zu verzinsen sind. Die Darlehensbeträge wurden vom Darlehenskonto des K abgebucht und den Darlehenskonten H und W gutgeschrieben.
Die Klägerin zog diese Zinsen in den Streitjahren (1977: 24 286 DM, 1978: 26 148 DM) bei ihrer Gewinnermittlung als Betriebsausgaben ab. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangenen Feststellungsbescheiden für die Streitjahre. Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin vertrat das FA jedoch die Auffassung, die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber H und W und die Zinszahlungen seien dem privaten Bereich des Gesellschafters K zuzurechnen.
Das FA erließ gemäß § 164 Abs.2 AO 1977 entsprechend geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) stellte entscheidend darauf ab, die Darlehensverträge seien nicht zu zwischen fremden Dritten üblichen Bedingungen abgeschlossen und durchgeführt worden.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 4 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und in Abänderung der angefochtenen Feststellungsbescheide den Gewinn 1977 um 24 286 DM und den Gewinn 1978 um 26 148 DM niedriger festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist begründet. Die von der Klägerin an H und W zu zahlenden Zinsen sind Betriebsausgaben der Klägerin und mindern deren Gewinn.
1. Mit Urteil vom 21.Mai 1987 IV R 39/85 (BFHE 150, 38, BStBl II 1987, 628) hat der Senat entschieden, daß dann, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft ihm gegen die Gesellschaft zustehende Darlehensansprüche zur Ablösung von Pflichtteilsansprüchen an einen Dritten abtritt und dieser die Beträge der Gesellschaft weiterhin als Darlehen beläßt, die von der Personengesellschaft entrichteten Zinsen Betriebsausgaben der Personengesellschaft sind. Auf die Gründe dieser Entscheidung, an der festzuhalten ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Im Streitfall liegen die Dinge so, wie im Falle des Urteils in BFHE 150, 38, BStBl II 1987, 628. Aufgrund der Vereinbarungen zwischen der früheren Gesellschafterin E, dem neuen Gesellschafter K und dessen Geschwistern H und W waren die Darlehensforderungen von E bzw. --nach Übertragung des KG-Anteils-- K gegen die Klägerin zur Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen auf H und W übertragen worden und hatten H und W aufgrund der Absprachen mit E und K der Klägerin die ihnen abgetretenen Beträge als Darlehen zur Verfügung gestellt.
2. Entgegen der Auffassung des FA kann der Abzug der aufgrund dieser Vereinbarungen geschuldeten Zinsen als Betriebsausgaben nicht vom Ergebnis eines Fremdvergleichs abhängig gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann die steuerrechtliche Anerkennung eines Vertrags zwischen einer Personengesellschaft und einem Angehörigen eines Gesellschafters dann davon abhängig gemacht werden, daß der Vertrag inhaltlich und nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was bei sonst gleichen Verhältnissen zwischen fremden Dritten üblich ist, wenn der Gesellschafter, mit dessen Angehörigen der Vertrag abgeschlossen wird, die Gesellschaft beherrscht (vgl. BFH-Urteile vom 12.April 1979 IV R 14/76, BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622; vom 24.März 1983 IV R 76/80, BFHE 139, 144, BStBl II 1983, 770, und vom 20.Oktober 1983 IV R 116/83, BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298). Die Klägerin wurde indes von ihrem Gesellschafter K nicht beherrscht. K war zu je 50 v.H. an der Klägerin und an der GmbH, also nicht mehrheitlich beteiligt. Die Beteiligungen des Stammes F waren gleich hoch. Der Gesellschafter K konnte somit, da auch der Stamm F einen gleichberechtigten Geschäftsführer stellt, keinen beherrschenden Einfluß ausüben. Der Senat hat allerdings in den Urteilen vom 14.April 1983 IV R 198/80 (BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555) und in BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298 weiter ausgesprochen, bei Beteiligung zweier Gesellschafter zu je 50 v.H. könnten beide Gesellschafter gemeinsam als beherrschend angesehen werden, wenn sie einen Gegenstand von gemeinsamem Interesse in gegenseitiger Abstimmung regeln. Davon sei insbesondere auszugehen, wenn eine Familiengesellschaft aufeinander abgestimmte Verträge mit Angehörigen ihrer Gesellschafter abschließe, von denen diese entsprechend ihrer Gesellschaftsbeteiligung getroffen werden. Eine solche Situation war aber im Streitfall nicht gegeben. Weder war der Gesellschafter K mit den Gesellschaftern des Stammes F verwandt, noch sollten gleichartige, den Gewinn der Klägerin mindernde Absprachen mit Verwandten des Gesellschafters K einerseits und Verwandten der Gesellschafter des Stammes F andererseits geschlossen werden. Der Umstand, daß auch die Gesellschafter des Stammes F ein Interesse daran gehabt haben mögen, daß die bisher von K bzw. E überlassenen Darlehensbeträge der Gesellschaft für längere Zeit nunmehr von H und W zur Verfügung gestellt wurden, kann nicht als Indiz dafür angesehen werden, daß K und die Gesellschafter des Stammes F bewußt zusammenwirkten, um aus betriebsfremden Erwägungen den Gewinn der Klägerin zu mindern. Das Gegenteil ist der Fall, da mit der darlehensvertraglichen Regelung die bisherige Finanzierung der Klägerin auf längere Zeit abgesichert wurde.
Danach erweist sich die Revision der Klägerin als begründet, so daß das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben waren.
II. Die Sache ist spruchreif. In Abänderung der Bescheide vom 13.August 1981 werden die Schuldzinsen in Höhe von 24 286 DM für 1977 und 26 148 DM zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen. Mit Rücksicht auf die Auswirkungen der dadurch sich ergebenden Gewinnminderung auf die Höhe der Gewerbesteuerrückstellungen wird die betragsmäßige Feststellung der Gewinne dem FA übertragen (Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit).
Fundstellen
Haufe-Index 62044 |
BFH/NV 1989, 14 |
BStBl II 1989, 500 |
BFHE 155, 543 |
BFHE 1989, 543 |
BB 1989, 1602-1603 (LT) |
DB 1989, 806 (LT) |
DStR 1989, 248 (KT) |
HFR 1989, 360 (LT) |
StRK, R.150 (LT) |
FR 1989, 301 (KT) |
DStZ/E 1989, 175 (K) |
GmbH-Rdsch 1990, 149 (S) |
RWP 1989, 1181 SG 1.3 2933 (KT) |
GmbHR 1990, 149 |