Entscheidungsstichwort (Thema)
Entkräftung der sog. Teilwertvermutung
Leitsatz (NV)
1. Ausgangspunkt für die sog. Teilwertvermutung sind die nicht um Investitionszulagen und -zuschüsse gekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der bezuschußten Wirtschaftsgüter. Es bleibt dem Stpfl. unbenommen, die Teilwertvermutung zu entkräften.
2. Die Auseinandersetzung mit der Vorentscheidung in der Revisionsbegründung kann sich im Einzelfall erübrigen.
Normenkette
BewG §§ 10, 109 Abs. 1; FGO § 120 Abs. 2 S. 2; InvZulG § 4a
Tatbestand
Streitig ist, ob Investitionszulagen gemäß § 4 a InvZulG sowie Zuwendungen aus Mitteln des mehrjährigen öffentlichen Investitionsprogramms zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge (- ZIP I -, vgl. MinBl 1977, 339), die die 1983 auf die Klin. umgewandelten . . .-Werke . . . erhalten haben, den Teilwert der mit den Zulagen und Zuschüssen angeschafften Wirtschaftsgüter mindern.
Die . . .-Werke machten Wertminderungen wegen der erhaltenen Zulagen und Zuschüssen erstmals anläßlich der Außenprüfung geltend, die 1981 stattfand. In den dem beklagten FA vorher eingereichten Vermögenserklärungen für die Stichtage des 1. Januar 1977, des 1. Januar 1978, des 1. Januar 1979 und des 1. Januar 1980 waren diese Wertminderungen noch nicht berücksichtigt. Erfolg hatten diese Einwendungen insoweit, als sie Zuschüsse im Ausmaß von . . . DM betrafen, die, soweit erkennbar, nach dem Dritten Verstromungsgesetz gezahlt worden waren. Eine Minderung der Werte wegen der Investitionszulagen gemäß § 4 a InvZulG und der ZIP I-Zuschüsse lehnten demgegenüber sowohl der Betriebsprüfer als auch das FA ab.
Nach erfolglosem Einspruch hat die Klin. Klage erhoben und beantragt, die bisher angesetzten Teilwerte um die Zulagen und Zuschüsse zu ermäßigen, und zwar für den Stichtag 1. Januar 1977 um . . . DM, 1. Januar 1978 um . . . DM, 1. Januar 1979 um . . . DM und für den 1. Januar 1980 um . . . DM.
Die gemäß § 4 a InvZulG gewährten Investitionszulagen betrafen Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens im Bereich der . . . Eine Bescheinigung des BMWF, wonach die Investitionen zur Einsparung von Energie besonders geeignet seien, hat die Klin. vorgelegt.
Die ZIP I-Zuschüsse dienten dem Ausbau der . . ., die entsprechenden Aufwendungen wurden mit 25 v. H. der Anschaffungskosten, höchstens jedoch mit . . . DM bezuschußt.
Zur Begründung ihrer Klage hat sich die Klin. auf die BFH-Urteile vom 8. Mai 1981 III R 109/76 (BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700) und III R 26/76 (BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702) berufen. Im einzelnen hat sie vorgetragen: Bei den Zulagen gemäß § 4 a InvZulG handele es sich um eine Dauermaßnahme ohne zeitliche Begrenzung. Jeder Unternehmer, der die Voraussetzungen erfülle, könne die Zulagen in Anspruch nehmen. Deshalb seien die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Teilwertermittlung um die Zulagen zu mindern.
Gleiches gelte für die ZIP I-Zuschüsse. Es handle sich um ein mehrjähriges öffentliches Investitionsprogramm für die Jahre 1977 bis 1980, das später bis Ende 1981 verlängert worden sei. Nach Erschöpfung der Mittel aus dem ersten Programm seien alle weiteren zuschußfähigen Vorhaben aus Mitteln des sog. ZIP II-Programmes bezuschußt worden. Ein gedachter Erwerber des Unternehmens hätte die gewährten Zuschüsse und Zulagen kaufpreismindernd berücksichtigt.
Das FG hat der Klage stattgegeben.
Das FA hat Revision eingelegt und dem Sinne nach beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der BMF ist dem Revisionsverfahren beigetreten und hat die Auffassung vertreten, daß die strittigen Investitionszulagen und -zuschüsse den Teilwert der mit ihrer Hilfe angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgüter nicht mindern.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist entgegen der Auffassung der Klin. zulässig. Obwohl die Revisionsbegründung eine Vorschrift des BewG, die sie als verletzt ansieht, nicht ausdrücklich nennt, ergibt sich aus dem Zusammenhang der Ausführungen des FA, daß es eine Entscheidung über die Frage anstrebt, ob im vorliegenden Falle die Zulagen und Zuschüsse bei der Teilwertermittlung wertmindernd zu berücksichtigen sind. Unerheblich ist es, daß sich das FA mit dem Urteil des FG nicht ausführlich auseinandersetzt. Da das FG aus den Entscheidungen des BFH vom 8. Mai 1981 weitergehende Schlüsse gezogen hat als die obersten Finanzbehörden der Länder in ihrem Erlaß vom 6. Februar 1984 (BStBl I 1984, 139) und - wie allgemein bekannt - beim erkennenden Senat zu diesen Fragen bereits verschiedene Revisionen anhängig waren, reichte es für die Begründung der Revision aus, auf diese Umstände hinzuweisen. Denn es geht bei der Revisionsbegründung vor allem um die Konkretisierung der geltend gemachten Revisionsrügen. Deshalb kann eine eingehende Erörterung von Rechtsfragen (jedenfalls im vorliegenden Fall) nicht verlangt werden (vgl. hierzu das BFH-Urteil vom 8. Mai 1985 I R 108/81, BFHE 144, 40, BStBl II 1985, 523).
Die Revision des FA ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Der erkennende Senat hat bereits in seinen Urteilen vom 12. April 1989 II R 213/85 (BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545) und II R 121/87 (BFHE 156, 510, BStBl II 1989, 547) ausgesprochen, daß Ausgangspunkt für die sog. Teilwertvermutungen die nicht um Investitionszulagen und -zuschüsse gekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der bezuschußten Wirtschaftsgüter seien. Dies war bereits die Auffassung des III. Senats in seinen Urteilen in BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702, und in BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700. Auch im vorliegenden Fall gilt nichts anderes.
Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, diese Teilwertvermutungen zu entkräften. Dies hat seinerzeit der III. Senat angesichts der Besonderheiten der damals zu beurteilenden Fälle in den genannten Urteilen vom 8. Mai 1981 angenommen.
Im vorliegenden Fall ist die Entkräftung der Teilwertvermutung der Klin. jedoch entgegen der Auffassung des FG (jedenfalls bisher) nicht gelungen. Sie hat im Grunde nur behauptet, daß die zeitlich nicht beschränkte Zahlung von Investitionszulagen gemäß § 4 a InvZulG von vornherein zu einer Minderung der Teilwerte unter die Anschaffungskosten führe. Jeder gedachte Erwerber des Unternehmens werde die gewährten Zulagen wertmindernd berücksichtigen. Auch hinsichtlich der ZIP I-Zuschüsse gelte nichts anderes. Das Programm sei ursprünglich auf vier Jahre angelegt, später jedoch um ein Jahr verlängert worden. Aus derartigen allgemein gehaltenen Ausführungen ergibt sich nicht, daß die Klin. für die von ihr mit Hilfe der Zuschüsse und Zulagen aufgebrachten Anschaffungs- oder Herstellungskosten keine vollwertigen Gegenleistungen erhalten hat.
Ergänzend verweist der Senat auf sein Urteil vom heutigen Tage in der Sache II R 64/87 (BFHE 159, 359, BStBl II 1990, 367). Die dort gemachten Ausführungen gelten grundsätzlich auch hinsichtlich der Investitionszuschüsse nach dem ZIP I-Programm.
Daß die Klin. in der Verwendung der angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter in ähnlicher Weise eingeschränkt war, wie dies z. B. in dem Fall in BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702 gegeben war, hat sie während des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht vorgetragen. Sie hat dies allerdings in der Revisionsinstanz hinsichtlich der ZIP I-Zuschüsse behauptet und hierzu einzelne Tatsachen vorgetragen. Der Senat verweist die Sache deshalb an das FG zurück, damit dieses erneut der Frage nachgeht, ob die Teilwerte der mit ZIP-Zuschüssen angeschafften oder hergestellten Anlagen hinter den Ansätzen, wie sie vom FA anerkannt worden sind, zurückbleiben, wie das die Klin. behauptet.
Fundstellen
Haufe-Index 416884 |
BFH/NV 1990, 736 |