Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuer: Übertragung von Wirtschaftsgütern einer Personengesellschaft auf eine GmbH keine mittelbare Schenkung an die Anteilseigner der GmbH, Einräumung einer Geschäftschance keine Bereicherung
Leitsatz (amtlich)
Ist von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft zusammen mit Angestellten dieser Gesellschaft eine GmbH gegründet worden und wird anschließend das Betriebsvermögen der Personengesellschaft (mit Ausnahme der Grundstücke) auf die GmbH übertragen, so führt dies auch dann nicht zu einer (mittelbaren) Schenkung der Gesellschafter der Personengesellschaft an ihre Angestellten, wenn sich infolge der Übertragung des Betriebsvermögens auf die GmbH der Wert der Geschäftsanteile der Angestellten erhöht.
Orientierungssatz
1. Soweit sich aus dem Beschluß des erkennenden Senats vom 31.5.1989 II B 31/89 etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat jedenfalls für die dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhaltsgestaltung hieran nicht mehr fest.
2. Die Einräumung der Möglichkeit, in ein "vielversprechendes" Geschäft einzusteigen, führt nicht zu einer Bereicherung im schenkungsteuerlichen Sinne.
Normenkette
ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 516 Abs. 1
Tatbestand
I. Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war kaufmännischer Angestellter der A KG. Persönlich haftende Gesellschafter der KG waren die Eheleute B. Der als Kommanditist geführte C, der Sohn von Frau B, wurde durch Beschluß des Amtsgerichts auf den ... für tot erklärt; er wurde von seiner Mutter beerbt.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11. Dezember 1979 errichteten Herr und Frau B, der Kläger, Herr D (ein weiterer Angestellter der KG) sowie die KG unter der Firma X GmbH eine GmbH. Das Stammkapital betrug 500 000 DM; als Stammeinlagen wurden von der KG 10 000 DM, von den Eheleuten B je 135 000 DM sowie vom Kläger und Herrn D --aus eigenen Mitteln-- je 110 000 DM geleistet. Die GmbH wurde am 19. Dezember 1979 im Handelsregister eingetragen.
Am selben Tag (dem 19. Dezember 1979) wurde zwischen der KG und der GmbH ein Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrag abgeschlossen. Danach überließ die KG der GmbH ab 1. Januar 1980 ihren Betrieb (einen Groß- und Einzelhandel) mit allen dem Betrieb zugeordneten Gegenständen einschließlich des Kundenstamms. Die GmbH trat mit Wirkung vom 1. Januar 1980 in die mit der KG bestehenden laufenden Verträge ein und übernahm die Forderungen und Verbindlichkeiten nach dem Stand zum 31. Dezember 1979. Mit Zustimmung der Grundstückseigentümer verpachtete die KG in dem Vertrag näher bezeichnete Betriebsteile mit Grundstücken, Gebäuden, Heizungsanlagen und Aufzügen an die GmbH; als Pachtzins waren jährlich 181 000 DM vereinbart.
Mit einem auf den 31. Januar 1980 datierten Kaufvertrag zwischen der KG und der GmbH kaufte die GmbH von der KG mit Wirkung zum 1. Januar 1980 deren gesamtes Betriebsvermögen mit Ausnahme der verpachteten Anlagegegenstände. Der Kaufpreis sollte sich nach den Buchwerten nach Maßgabe der auf den 1. Januar 1980 erstellten Übergabebilanz richten; auf den Kaufpreis wurden die Verbindlichkeiten einschließlich der Rückstellungen ebenfalls nach Buchwerten angerechnet.
Durch zwei Schenkungsteuerbescheide vom 4. Dezember 1987 setzte der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegen den Kläger jeweils Schenkungsteuer von 41 188 DM fest. Als Gegenstand der Schenkungen wurden in den Bescheiden jeweils der Erwerb des Klägers aus der Schenkung des Herrn B bzw. der Frau B vom 19. Dezember 1979 bezeichnet. In den jeweiligen Anlagen zu den Schenkungsteuerbescheiden führte das FA u.a. aus, daß der Erwerb der GmbH-Anteile zum Nennbetrag eine gemischte Schenkung darstelle, da Leistung und Gegenleistung nicht ausgewogen seien; der gemeine Wert der GmbH-Anteile betrage anteilig (jeweils) 205 150 DM, während als Gegenleistung lediglich jeweils 55 000 DM erbracht worden seien. Der gemeine Wert der Anteile an der GmbH war vom FA auf den Stichtag 1. Januar 1980 nach Abschn.89 Abs.2 i.V.m. Abschn.77 bis 79 der Vermögensteuer-Richtlinien anhand der Betriebsergebnisse der KG ermittelt worden.
In den Gründen der Einspruchsentscheidung vom 28. März 1988, durch die die Einsprüche des Klägers gegen die beiden Schenkungsteuerbescheide als unbegründet zurückgewiesen wurden, führt das FA u.a. aus, der Kläger habe als früherer Prokurist der KG mit Vertrag vom 11. Dezember 1979 im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Anteile in Höhe von 110 000 DM an der neugegründeten GmbH zum Nennwert erworben; der auf den 1. Januar 1980 geschätzte gemeine Wert habe je Anteil 373 DM betragen. Das FA habe in dem Erwerb der GmbH-Anteile vom 11. Dezember 1979 aufgrund der Diskrepanz zwischen dem gemeinen Wert der Anteile und dem gezahlten Kaufpreis eine gemischte Schenkung der Eheleute B an den Kläger gesehen.
Auf die Klage nahm das Finanzgericht (FG) einen niedrigeren Wert der GmbH-Anteile an und setzte die Schenkungsteuer auf jeweils 32 500 DM herab. Im übrigen wies das FG die Klage als unbegründet ab. Zu Recht habe das FA die dem Kläger von den Eheleuten B ermöglichte Übernahme eines Anteils an der im Zuge der Betriebsaufspaltung gegründeten Betriebskapitalgesellschaft als freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs.1 Nr.1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG 1974) behandelt. Der Kläger sei durch die Vorgänge, die zu der Betriebsaufspaltung geführt hätten, auf Kosten der Eheleute B bereichert worden. Die Bereicherung werde durch den übernommenen Geschäftsanteil an der GmbH im Nennbetrag von 110 000 DM verkörpert. Dieser Geschäftsanteil sei mit dem Wert, den er nach vollzogener Betriebsaufspaltung gehabt habe, Gegenstand eines Zuwendungsvorganges, der bei den Eheleuten B zu einer Vermögensminderung durch Vermögenshingabe und beim Kläger zu einer Vermögensmehrung in Höhe der Differenz zwischen der von ihm geleisteten Bareinlage und dem Anteilswert geführt habe. Daß der Geschäftsanteil zuvor nicht im Vermögen der Eheleute B vorhanden gewesen sei, sondern vom Kläger, der sich an der Bargründung der Betriebskapitalgesellschaft mit seiner Einlage von 110 000 DM beteiligt habe, originär erworben worden sei, stehe dieser Feststellung nicht entgegen. Der Gegenstand, dessen Hingabe beim Schenkenden zu einer Entreicherung führe, müsse nicht mit dem Zuwendungsgegenstand identisch sein, der die Bereicherung des Bedachten bewirke. Dieser Zuwendungsgegenstand müsse sich auch nicht in derselben oder in ähnlicher Gestalt zuvor im Vermögen des Schenkers befunden haben. Es genüge, daß der Bedachte aufgrund einer zu seinen Gunsten erfolgten Vermögenshingabe um einen zuvor nicht zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand bereichert werde, den er nach den Vorstellungen des Schenkers auch endgültig erhalten solle. Werde dem Zuwendungsempfänger wie im Streitfall die Beteiligung an einer im Zuge einer Betriebsaufspaltung gegründeten Betriebskapitalgesellschaft ermöglicht, so handle es sich um eine mittelbare Anteilsschenkung, deren Gegenstand die Beteiligung mit dem Wert sei, den sie nach dem Willen des Schenkers nach vollzogener Betriebsaufspaltung haben solle. Denn sowohl die ermöglichte Anteilsübernahme bei der Gründung als auch die anschließende Ausstattung der Betriebskapitalgesellschaft mit Betriebsmitteln durch die Übertragung von Betriebsvermögen und den Abschluß von Überlassungsverträgen seien dann Bestandteile eines einheitlichen Zuwendungsvorganges, der auf einem vorgefaßten Plan beruhe.
Gegen das Urteil des FG haben das FA und der Kläger Revision eingelegt. Das FA rügt Verletzung von § 12 Abs.1 ErbStG 1974 i.V.m. § 11 Abs.2 des Bewertungsgesetzes. Die vom FG vorgenommene Herabsetzung des Werts der GmbH-Anteile sei nicht gerechtfertigt.
Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage im vollen Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung sowie die Schenkungsteuerbescheide vom 4. Dezember 1987 aufzuheben; hilfsweise, die Revision des FA zurückzuweisen.
Der Kläger rügt Verletzung von § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974.
Hierzu läßt der Kläger im wesentlichen vortragen: Die Annahme einer Schenkung unter Lebenden erfordere nach § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG eine freigebige Zuwendung, bei der der Bedachte durch die Zuwendung auf Kosten des Zuwendenden bereichert werde. In der Beteiligung des Klägers an der Gründung der GmbH und dem anschließenden Abschluß des Betriebspacht- und Überlassungsvertrages zwischen der KG und der GmbH liege keine freigebige Zuwendung an den Kläger. Der Gegenstand einer freigebigen Zuwendung sei nicht erkennbar. Der Kläger habe sich im Wege einer Bareinlage an der GmbH beteiligt. Zum Zeitpunkt der Gründung habe die Beteiligung unbestritten dem Nominalwert der übernommenen Stammeinlage entsprochen. Im Anschluß an die Bargründung seien unter Einbeziehung der Person des Klägers keine weiteren Vermögensdispositionen mehr durchgeführt worden, es seien also keine Gesellschaftsanteile durch die Eheleute B auf den Kläger übertragen worden. Das FG gehe mit dem FA offenbar von der These aus, daß durch den Abschluß des Betriebspacht- und Überlassungsvertrages vom 19. Dezember 1979 ein Ertragspotential von den Eheleuten B auf die GmbH übertragen worden sei. Es könne dahinstehen, ob ein solches Ertragspotential tatsächlich übertragen worden sei. Gelinge der Abschluß eines nach objektiven Kriterien vorteilhaften Vertrages, könne hierin keine freigebige Zuwendung durch den anderen Vertragspartner gesehen werden. Aber selbst wenn man sich der Auffassung anschließen würde, daß die Übertragung eines Ertragspotentials als Vermögensübertragung zu beurteilen sei, sei Empfänger dieses Ertragspotentials nicht der Kläger, sondern die GmbH gewesen. Adressat des Schenkungsteuerbescheides hätte dann die GmbH und nicht der Kläger sein müssen.
Entscheidungsgründe
II. Auf die Revision des Klägers werden die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 28. März 1988 sowie die Schenkungsteuerbescheide vom 4. Dezember 1987 aufgehoben. Die Revision des FA wird als unbegründet zurückgewiesen.
1. Die Vorentscheidung ist aufzuheben.
Das FG hat angenommen, daß dem Kläger der Geschäftsanteil teilweise unentgeltlich von den Eheleuten B zugewendet worden sei. Die rechtliche Begründung beschränkt sich im wesentlichen auf die Aussage, daß der Gegenstand, dessen Hingabe beim Schenkenden zu einer Entreicherung führt, mit dem Zuwendungsgegenstand, der die Bereicherung des Bedachten bewirkt, nicht identisch sein müsse. Es genüge, daß der Bedachte aufgrund einer zu seinen Gunsten erfolgten Vermögenshingabe um einen zuvor nicht zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand bereichert werde, den er nach den Vorstellungen des Schenkers auch endgültig erhalten soll. Dies trägt die Entscheidung jedoch nicht.
Bedenken gegen die Vorentscheidung könnten sich bereits daraus ergeben, daß das FG nicht geprüft hat, wodurch der Kläger aus dem Vermögen der Eheleute B i.S. der § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974, § 516 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bereichert worden ist. Nicht ausreichend wäre, worauf der Kläger zutreffend hinweist, daß die Eheleute B es dem Kläger ermöglicht haben, in ein vielversprechendes Geschäft "einzusteigen", denn in der Einräumung einer derartigen Chance könnte keine --auch im Fall der mittelbaren Schenkung erforderliche-- Vermögensverschiebung zwischen den Eheleuten B und dem Kläger gesehen werden. Zu prüfen gewesen wären auch die Auswirkungen des Kaufvertrages vom 31. Januar 1980. Dies braucht jedoch nicht vertieft zu werden, weil der Kläger entgegen der Auffassung des FG, bei der den Schenkungsteuerbescheiden zugrunde liegenden Gestaltung nicht auf Kosten der Eheleute B bereichert worden ist; der Fall einer mittelbaren Schenkung liegt nicht vor (zur mittelbaren Schenkung s. grundlegend Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. April 1976 II R 87-89/70, BFHE 119, 300, BStBl II 1976, 632, und vom 6. März 1985 II R 19/84, BFHE 143, 291, BStBl II 1985, 382).
Der Geschäftsanteil wurde dem Kläger nicht von den Eheleuten B übertragen, etwa durch Verfügung über ihre Geschäftsanteile noch --auf Kosten der Eheleute-- durch Verfügung eines Dritten über seinen Geschäftsanteil oder durch die Erbringung der Stammeinlage mit Mitteln der Eheleute B durch den Kläger selbst. Eine Bereicherung des Klägers auf Kosten der Eheleute B ist auch nicht dadurch eingetreten, daß sich --wie das FG angenommen hat-- der Wert des Geschäftsanteils durch die Übertragung des Vermögens der Eheleute B auf die GmbH erhöht hat. Der Kläger hatte den Geschäftsanteil (d.h. das Mitgliedschaftsrecht) durch Übernahme der Stammeinlage originär erworben (§ 14 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--). Soweit sich die Übertragung des Betriebsvermögens der KG auf den Wert des Gesellschaftsvermögens ausgewirkt hat, hat sich zwar der Wert des Geschäftsanteils des Klägers erhöht. Eine sich hieraus ergebende Vermögensmehrung des Klägers beruht jedoch nicht auf einer Zuwendung der Eheleute B an den Kläger. Wie der Senat im Urteil vom 25. Oktober 1995 II R 67/93 (BFHE 179, 157, BStBl II 1996, 160) entschieden hat, ist der Gesellschafter in derartigen Fällen nicht auf Kosten des Zuwendenden bereichert, die Werterhöhung ist vielmehr Folge seiner Gesellschafterstellung und beruht auf ihr. Auch die dem FG möglicherweise vorschwebende Variante der mittelbaren Schenkung durch Anweisung oder Versprechen eines Dritten kommt nicht in Betracht; die GmbH hat dem Kläger weder weitere Mitgliedschaftsrechte verschafft (z.B. durch Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, §§ 57c f. GmbHG) noch den Wert der Zuwendung an den Kläger lediglich weitergeleitet; die Werterhöhung hat er vielmehr als Gesellschafter erhalten.
Soweit sich aus dem Beschluß des erkennenden Senats vom 31. Mai 1989 II B 31/89 (BFH/NV 1990, 235), auf den sich das FG berufen hat, etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat jedenfalls für die dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhaltsgestaltung hieran nicht mehr fest.
2. Die Sache ist spruchreif. Die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung sowie die Schenkungsteuerbescheide sind aufzuheben, weil der Kläger nicht Empfänger der vom FA der Besteuerung zugrunde gelegten Schenkung der Eheleute B gewesen ist. Da hiernach eine dem Antrag des FA entsprechende Erhöhung der Schenkungsteuer nicht in Betracht kommt, ist die Revision des FA unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 65830 |
BFH/NV 1996, 376 |
BStBl II 1996, 616 |
BFHE 181, 88 |
BFHE 1997, 88 |
BB 1996, 2450 |
BB 1996, 2450-2451 (LT) |
DB 1996, 2108-2109 (LT) |
DStR 1996, 1563-1564 (KT) |
DStZ 1997, 165 (LT) |
HFR 1996, 819-820 (L) |
StE 1996, 640 (K) |
WPg 1996, 802-803 (LT) |
StRK, R.46 (LT) |
Information StW 1996, 701-702 (KT) |
KFR, 2/97, S 27 (H 1/1997) (LT) |
GmbH-Rdsch 1996, 871-873 (LT) |
UVR 1997, 23 (L) |
BFH/NV BFH/R 1996, 376-377 (LT) |
Erbinfo 1997, Nr 2, 4-5 (LT) |
ZEV 1996, 396-397 (LT) |
GmbHR 1996, 871 |
NWB-DokSt 1998, 535 |