Leitsatz (amtlich)
Der Miteigentümer eines Einfamilienhauses, der von einem anderen Miteigentümer einen Anteil hinzuerwirbt, erhält ein zweites Objekt (Anteil), für das er erhöhte Absetzungen nach § 7b Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen kann, wenn die Voraussetzungen des § 7b Abs. 5 Satz 2 EStG vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn der Anteilserwerber Alleineigentümer wird.
Normenkette
EStG 1979 § 7b Abs. 1, 5 S. 2, Abs. 6 S. 1, § 26 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) errichtete 1970 zusammen mit seiner Tante ein Einfamilienhaus. Beide waren je zur Hälfte Miteigentümer und machten in den Jahren 1970 bis 1977 erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend, die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) antragsgemäß berücksichtigt wurden. Im November 1979 erwarb der Kläger den Anteil seiner Tante an dem Einfamilienhaus für 160 000 DM hinzu. Er ist seitdem Alleineigentümer und bewohnt das Haus mit seiner Familie.
Für 1979 machte der Kläger, der mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wird, 7 239 DM erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG für den hinzuerworbenen Anteil an seinem Einfamilienhaus geltend. Das FA ließ die erhöhten Absetzungen nicht zu, weil der Kläger kein selbständig abschreibbares Objekt i. S. von § 7b EStG erworben habe, und erteilte einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für 1979.
Die Sprungklage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1981, 80 veröffentlichten Entscheidung aus:
Der Kläger habe die erhöhten Absetzungen für sein Einfamilienhaus bereits in den Jahren 1970 bis 1977 erhalten. Weitere Absetzungen könne er nicht vornehmen, weil der 1979 auf ihn übergegangene Anteil an dem Gebäude kein abschreibbares Objekt i. S. von § 7b EStG sei. Abschreibbar sei nur ein einheitliches Wirtschaftsgut, also das Einfamilienhaus als Baukörper. Anteile seien nur kraft besonderer gesetzlicher Regelung selbständige Abschreibungsobjekte, so z. B. nach § 7b Abs. 6 EStG 1979, wenn ein Einfamilienhaus mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen sei. Diese Ausnahme liege nicht vor, weil das Einfamilienhaus seit 1979 dem Kläger allein zuzurechnen sei. Der Miteigentumsanteil, der früher seiner Tante zugestanden habe, sei mit der Übertragung auf den Kläger untergegangen und könne kein selbständiges Objekt mehr sein.
Aus § 7 Abs. 5 EStG könne der Kläger keine Abschreibungsmöglichkeit herleiten, weil diese Vorschrift bei § 21 a EStG 1977 nicht anwendbar sei.
Auf eine angeblich anderslautende Auskunft des FA könne der Kläger sich nicht berufen, weil eine solche nicht schriftlich erteilt worden sei.
Mit der vom FG zugelassenen Revision wird unrichtige Anwendung des § 7b EStG gerügt und geltend gemacht:
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Dezember 1979 VIII R 96/76 (BFHE 129, 360, BStBl II 1980, 201) sei der Kläger hinsichtlich des hinzuerworbenen Anteils als Ersterwerber anzusehen. Da bei Ehegatten zwei Objekte begünstigt seien, könne er erhöhte Absetzungen auch für diesen Anteil als zweites Objekt vornehmen. Der Rechtszustand des Anteils nach dem Erwerb sei unerheblich, weil abschreibungsbegünstigter Vorgang nur der Erwerb eines Objekts und die dazu gemachten Aufwendungen seien.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer für 1979 unter Berücksichtigung erhöhter Absetzungen von 3 750 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Der Kläger kann im Streitjahr 1979 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erhöhte Absetzungen für den hinzuerworbenen Anteil an seinem Einfamilienhaus in Anspruch nehmen, weil er ein begünstigtes Objekt erworben hat (§ 7b, § 21 a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1979).
a) Entgegen der Meinung des FG wird auch beim Hinzuerwerb eines Anteils an einem Einfamilienhaus mit der Folge von Alleineigentum des Erwerbers ein Objekt i. S. von § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG erworben, für das die Steuervergünstigung nach § 7b Abs. 1 und 2 EStG in Anspruch genommen werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 7b Abs. 5 Satz 2 EStG - Erfüllung des § 26 Abs. 1 EStG - vorliegen.
Nach § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG sind bei Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen, die mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen sind, die Bestimmungen des § 7b Abs. 5 EStG über die Objektbeschränkung mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Anteil an einem dieser Wohngebäude oder an einer Eigentumswohnung einem Einfamilienhaus, einem Zweifamilienhaus oder einer Eigentumswohnung gleichsteht. Diese gesetzlich bestimmte Gleichwertigkeit eines Anteils am Wohngebäude oder an der Wohnung mit dem Wohngebäude oder der Eigentumswohnung selbst führt zum Objektverbrauch in der Person des Miteigentümers (vgl. BFHE 129, 360, BStBl II 1980, 201). Sie hat außerdem zur Folge, daß ein Erwerber, der noch nicht Miteigentümer war, ein selbständiges Objekt erwirbt, für das die Steuervergünstigung in Anspruch genommen werden kann, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.
An der Selbständigkeit eines Anteils i. S. von § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG ändert sich auch dann nichts, wenn ein Miteigentümer diesen Anteil zu seinem Anteil hinzuerwirbt und dadurch Alleineigentümer wird. Dieser Erwerber erhält ein selbständiges zweites Objekt. Daß die Voraussetzungen des § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG - Zurechnung des Wohngebäudes oder der Eigentumswohnung an mehrere Steuerpflichtige - nach Begründung des Alleineigentums entfallen, ist belanglos. Der als selbständiges Objekt erworbene Anteil ist als weiterbestehend anzusehen. Dies ist eine Folge der gesetzlich bestimmten Gleichbehandlung von Bauwerken und Anteilen daran.
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat der Kläger Anspruch auf erhöhte Absetzungen für den hinzuerworbenen Anteil an seinem Einfamilienhaus. Er hat einen Anteil i. S. von § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG erworben, der unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG bei ihm ein Zweitobjekt i. S. von § 7b Abs. 5 Satz 2 EStG ist.
2. Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsüberlegungen ausging und darauf beruht, war aufzuheben. Der Senat kann selbst entscheiden und setzt unter Änderung des angefochtenen Steuerbescheids die Einkommensteuer für 1979 wie folgt fest:...
Fundstellen
BStBl II 1982, 735 |
BFHE 1983, 379 |