Leitsatz (amtlich)
Ob Einzelbauteile für Stahlregale ein einheitliches Ganzes mit Anschaffungskosten von mehr als 600 DM bilden, richtet sich nicht danach, in welcher Weise die Bauteile nach der Anschaffung zusammengesetzt werden. Maßgebend ist vielmehr der Anschaffungspreis der in einem Wirtschaftsjahr insgesamt angeschafften Regalteile.
Normenkette
BHG 1964 § 19
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte beantragte für das Streitjahr 1965 Investitionszulage für Stahlregale. Hierzu machte sie geltend: Die Stahlregale seien in Einzelbauteilen im Betrag von 718,90 DM von der Firma H. und im Betrage von 1 110,67 DM von der Firma S. bezogen worden. Aus diesen Regalteilen könnten je nach Bedarf ein oder mehrere Regale gebaut werden. Die einmal zusammengesetzten Regale könnten auch wieder aus ihren Verbindungen gelöst und mit anderen Teilen zusammen zu einer Regaleinheit zusammengefügt werden.
Entgegen der ablehnenden Entscheidung des FA gewährte das FG die Investitionszulage für die bezeichneten Wirtschaftsgüter. Die Stahlregale bildeten eine Sachgesamtheit. Sie könnten je nach Bedarf anders zusammengesetzt werden.
Mit der Revision beantragt der Revisionskläger (FA) Aufhebung des Urteils. Die von der Firma H. erworbenen Stahlregale seien kein einheitliches Ganzes. Es fehle an der - wie immer gearteten - Verbindung der einzelnen Teile miteinander. Die beiden von der Firma H. erworbenen Regale ständen räumlich voneinander getrennt. Jedes Regal sei als ein einheitliches Ganzes anzusehen. Daß die einzelnen Teile je nach Bedarf anders zusammengesetzt werden könnten, sei unerheblich. Entscheidend sei, was mit den Teilen im Betrieb geschehen sei, nicht aber, was mit ihnen noch getan werden könne.
Der Revisionsbeklagte beantragt Zurückweisung der Revision als unbegründet. Jedes einzelne Regalteil sei nicht nutzungsfähig, sondern nur im Zusammenhang mit den anderen Regalteilen. Es sei rein zufällig, daß in diesem Fall zunächst zwei Regale aus den Einzelteilen zusammengestellt worden seien, die - sobald sich die Lagerräume oder die Lagernotwendigkeiten ändern würden - auseinandergenommen und zu einem, zwei oder mehreren Regalen wieder zusammengesetzt werden könnten.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet.
Bei Anwendung der Grundsätze über die Anschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter, die zu einem einheitlichen Ganzen gehören, hat das FG für die angeschafften Regalteile die Investitionszulage zu Recht zuerkannt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das einzelne Regalteil einer selbständigen Nutzung nicht fähig ist; es ist verwenbar nur nach Zusammenbau mit anderen Regalteilen der gleichen Konstruktion. Entgegen der Ansicht des FA kommt es aber für die Entscheidung, ob die 600-DM-Grenze überschritten ist oder nicht, nicht darauf an, in welcher Weise die in einem Wirtschaftsjahr erworbenen Regalteile nach ihrer Anschaffung - mehr oder weniger zufällig - zusammengesetzt worden sind, ob also die Bestandteile eines Regals oder mehrerer Regale einen Anschaffungspreis von 600 DM oder weniger haben. Es kommt vielmehr allein auf den Anschaffungspreis der in einem Wirtschaftsjahr insgesamt angeschafften Regalteile des gleichen Systems an. Das ergibt sich schon daraus, daß der BFH im Urteil IV 289/65 vom 21. Juli 1966 (BFH 87, 180, BStBl III 1967, 59) die Teile eines Kupplungsgerüsts als einheitliches Ganzes behandelt und im Urteil VI 302/65 vom 29. Juli 1966 (BFH 87, 310, BStBl III 1967, 151) die Gewährung einer Investitionszulage auch für Ergänzungsbeschaffungen von genormten und technisch aufeinander abgestimmten Gerüst- und Schalungsteilen eines Bauunternehmens für zulässig erklärt hat. Zu beachten ist auch das BFH-Urteil IV 64/65 vom 30. März 1967 (BFH 88, 153, BStBl III 1967, 302), wonach eine Investitionszulage für selbständig verwertbare Formteile, die zur Herstellung von Bauplatten dienen, zu gewähren ist. In beiden Fällen wurde davon ausgegangen, daß es sich um ein einheitliches Ganzes handelt. In beiden Fällen handelt es sich aber um Wirtschaftsgüter, die von vornherein dazu bestimmt sind, in verschiedenster Zusammensetzung im Betrieb Verwendung zu finden. Die gleichen Grundsätze müssen für die hier streitigen Regalteile gelten. Da der Anschaffungspreis der von der Firma S. erworbenen Regalteile im Streitfall 1 110 DM und derjenige der von der Firma H. erworbenen Regalteile nach den Feststellungen des FG 718 DM beträgt, ist für beide Anschaffungen die Investitionszulage zu gewähren.
Der Senat geht bei dieser Entscheidung davon aus, daß die Revisionsbeklagte die Regalteile bei der Gewinnermittlung nicht als geringwertige Anlagegüter (§ 6 Abs. 2 EStG) behandelt hat.
Die der Revisionsbeklagten zu gewährende Investitionszulage vermindert sich deshalb um 10 v. H. für den Fußbodenbelag = 115,96 DM auf 513,83 DM.
Fundstellen
Haufe-Index 69333 |
BStBl II 1971, 155 |
BFHE 1971, 553 |