Entscheidungsstichwort (Thema)
Schaumweinbesteuerung nach dem SchaumwZwStG mit dem gemeinschaftsrechtlichen Richtlinienrecht vereinbar; kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz
Leitsatz (amtlich)
1. Die seit 1. Januar 1993 geltende Schaumweinbesteuerung nach den Vorschriften des nationalen SchaumwZwStG (hier: Besteuerung von Schaumwein in "Piccolo-Flaschen") begegnet weder gemeinschaftsrechtlichen noch verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie verstößt insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz der Verfassung (Art. 3 Abs. 1 GG).
2. Die Nichtbelegung von Stillwein mit einer Wein- oder Alkoholsteuer ist eine von den Gerichten hinzunehmende politische Entscheidung des Gesetzgebers, die solange von Verfassungs wegen nicht beanstandet werden kann, als die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Besteuerungssystems (noch) nicht als evident sachwidrig und damit willkürlich zu qualifizieren ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; AO 1977 § 161; SchaumwZwStG § 1 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 26; EWGRL 92/12 Art. 6 Abs. 1-2, Art. 14 Abs. 3; EWGRL 92/83 Art. 7 Abs. 1, Art. 8-9; EWGRL 92/84 Art. 5
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (ZfZ 1997, 242) |
Tatbestand
Bei der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer Schaumweinherstellerin, hatten sich bei zwei Bestandsanmeldungen zum 31. Januar 1993 und zum 31. Januar 1994 bei 1/4-Flaschen unaufklärbare Fehlmengen von insgesamt 10 500 Flaschen ergeben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt ―HZA―) setzte deshalb mit Steuerbescheid Schaumweinsteuer in Höhe von 5 565 DM gegen die Klägerin fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Besteuerung stehe im Einklang mit den Vorschriften des zum 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Gesetzes zur Besteuerung von Schaumwein und Zwischenerzeugnissen (SchaumwZwStG) i.d.F. von Art. 4 des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2150, 2176). Diese verstießen weder gegen das zugrundeliegende gemeinschaftliche Richtlinienrecht noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz der Verfassung. Die Besteuerung von Schaumwein im Unterschied zu Perlwein und Vino Frizzante sei nicht willkürlich. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das in der Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern (ZfZ) 1997, 242 veröffentlichte Urteil der Vorinstanz verwiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie trägt vor, die Schaumweinsteuer sei bereits dem Grunde nach verfassungswidrig. Der Finanzbedarf des Bundes sei zur Rechtfertigung der Schaumweinsteuer nicht ausreichend. Ein darüber hinausgehender Rechtfertigungsgrund im Sinne eines systemtragenden Prinzips sei nicht erkennbar. Die Leistungsfähigkeit des Konsumenten, die auch bei der Erhebung einer Verbrauchsteuer maßgeblich sei, spiele bei der Besteuerung von Schaumwein keine Rolle. Die Steuer werde auch nicht zweckgebunden verwendet; sie diene weder der Lenkung von Konsumströmen noch der Verwirklichung umwelt- oder gesundheitspolitischer Ziele; ferner orientiere sie sich auch nicht am Alkoholgehalt, wie schon der Vergleich zum steuerbefreiten Wein einschließlich Perlwein und Vino Frizzante zeige. Steuermerkmal sei allein das Vorhandensein eines bestimmten Kohlensäureüberdrucks oder alternativ das Vorhandensein eines Schaumweinstopfens. Beide Kriterien seien für die Besteuerung nicht geeignet. Insbesondere sei die Grenzziehung zwischen Schaumwein und Nichtschaumwein bei 3 bar Druck heutzutage als willkürlich anzusehen, da sich bei der Abfüllung eines Getränks unter Druck der am Ende in der Flasche vorhandene Druck mühelos steuern lasse. Insgesamt sei die Aufrechterhaltung der Schaumweinsteuer neben der allgemeinen Verbrauchsteuer aus heutiger Sicht willkürlich.
Der Steuertarif sei auch der Höhe nach verfassungswidrig, weil er Wein, Perlwein, Vino Frizzante und Schaumwein ungleich behandele. Da dadurch die von ihr, der Klägerin, erzeugten Produkte aktiv benachteiligt würden, habe sie einen Anspruch auf Beseitigung dieser Ungleichbehandlung, sei es durch Abschaffung der Schaumweinsteuer, sei es durch Einführung einer Steuer auf Gärprodukte generell. Verletzt sei Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), weil durch die Schaumweinbesteuerung die Gruppe der Schaumweinhersteller gegenüber den Produzenten von Halbschaumweinen und Stillweinen eklatant benachteiligt werde, ohne daß hierfür ein sachlicher Grund bestehe. Der Gesetzgeber habe mit dem Anknüpfen an den unterschiedlichen Kohlensäuregehalt der Produkte seine Gestaltungsfreiheit überschritten. Die EU-Richtlinie, die durch das SchaumwZwStG umgesetzt worden sei, ermögliche die Besteuerung von Schaumwein und Stillwein. Da der Gesetzgeber jedoch keine Steuer auf Weine mit einem Kohlensäuregehalt unter 3 bar erhoben habe, sei für eine Reihe von Produkten, die noch im alten Schaumweinsteuergesetz (SchaumwStG) erfaßt gewesen seien, in Deutschland eine Steuerbefreiung entstanden, die zu einer massiven Verlagerung des Marktes weg vom Schaumwein zu den steuerfreien "Halbschaumweinen" geführt habe. So sei der Inlandsabsatz deutschen Schaumweins von 415 Mio. Flaschen im Jahr 1992 auf 379 Mio. Flaschen im Jahr 1996 zurückgegangen. Die so nicht notwendige Umsetzung der EU-Richtlinie diskriminiere Schaumwein gegenüber Stillwein; der Steuersatz von 2,30 DM pro 0,75-Liter-Flasche (inkl. Mehrwertsteuer) sei daher verfassungswidrig.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.
Das HZA beantragt, die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Es verweist auf den Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Steuer habe. Schaumweinstopfen und Kohlensäureüberdruck seien zwei Anknüpfungspunkte für die Abgrenzung von Schaumwein und Wein, die sich an der Verbrauchererwartung und der Verkehrsauffassung orientierten. Eine willkürliche Abgrenzung des Gesetzgebers, die zu einer Ungleichbehandlung des Schaumweinproduzenten im Verhältnis zu den Weinproduzenten führe, sei nicht erkennbar. Eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte sei schon nicht gegeben, wenn zwar Schaumwein, nicht aber auch Wein einer Verbrauchsteuer unterliege. Dies gelte auch dann, wenn an den Schnittstellen zur Besteuerung Ungleichbehandlungen auftreten mögen. Diese seien jedweder Abgrenzungsregelung immanent. Während Schaumwein einen Überdruck von mindestens 3 bar aufweisen müsse, dürfe Perlwein nur bis zu einem Überdruck von 2,5 bar in den Verkehr gebracht werden.
Der Gesetzgeber habe sich bei der Einführung des Binnenmarktes entschlossen, die Schaumweinbesteuerung aus finanzpolitischen Gründen weiterhin aufrechtzuerhalten, für Stillwein aber aus politischen Gründen ―und dies im Einklang mit dem vorgegebenen EG-Richtlinienrecht― keine Verbrauchsteuer einzuführen. Allein der Umstand, daß aufgrund technischer Veränderungen der Kohlensäuregehalt eines Getränks sich stufenlos (von Stillwein bis Schaumwein) einstellen lasse, rechtfertige eine Ausdehnung der Steuer auf Wein nicht. Ein Vergleich der Schaumweinbesteuerung mit derjenigen in anderen Mitgliedstaaten der EG zeige, daß in Deutschland von einer willkürlichen Besteuerung keine Rede sein könne.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zutreffend entschieden, daß der angefochtene Steuerbescheid rechtmäßig ist. Die Schaumweinbesteuerung im Streitfall begegnet weder gemeinschaftsrechtlichen noch verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SchaumwZwStG, das auf den Streitfall in seiner ursprünglichen Fassung anzuwenden ist, unterliegt Schaumwein im Steuergebiet der Schaumweinsteuer. Die Schaumweinsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung ―AO 1977― (§ 1 Abs. 1 Satz 3 SchaumwZwStG). Sie entsteht gewöhnlich mit der Entnahme des Schaumweins in den steuerrechtlich freien Verkehr, wobei der Inhaber des Herstellungsbetriebs (Steuerlager gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 SchaumwZwStG) Steuerschuldner wird (§ 7 Abs. 1 SchaumwZwStG); ergeben sich bei einer vorgeschriebenen oder amtlich durchgeführten Bestandsaufnahme unaufklärbare Fehlmengen an verbrauchsteuerpflichtigen Waren, wird gemäß § 161 AO 1977 die Entstehung dieser Steuerschuld im Zeitpunkt der Bestandsaufnahme vermutet.
Im Streitfall ist hiernach die Schaumweinsteuer für die bei den Bestandsaufnahmen am 31. Januar 1993 und am 31. Januar 1994 festgestellte nicht aufklärbare Fehlmenge von insgesamt 10 500 Flaschen (1/4-Flaschen) Schaumwein in der Person der Klägerin als Inhaber des Steuerlagers entstanden. Dieser Schaumwein war Steuergegenstand gemäß § 1 Abs. 2 zweite Alt. Nr. 1 SchaumwZwStG, weil das in Flaschen abgefüllte Getränk bei + 20° C einen auf gelöstes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von 3 bar oder mehr aufwies, zur Unterposition 2204 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN) 1993 bzw. 1994 gehörte und einen ausschließlich durch Gärung entstandenen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol. bis 15 % vol. aufwies. Bei einem Steuersatz von 2,00 DM für eine 1/l-Flasche Schaumwein von 0,75 l (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SchaumwZwStG) berechnet sich die Steuer für die 1/4-Flasche mit 0,2 l Inhalt gemäß § 2 Abs. 2 SchaumwZwStG anteilmäßig nach dem Mengenverhältnis und nach Abrundung auf 0,53 DM pro Flasche, insgesamt also auf 5 565 DM für die gesamte Fehlmenge von 10 500 Flaschen.
Hiernach erweist sich die Festsetzung der Schaumweinsteuer durch das HZA in dem angefochtenen Steuerbescheid nach Grund und Höhe als zutreffend. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Der Steuerbescheid ist im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin auch nicht etwa aus Gründen übergeordneten Rechts aufzuheben.
2. Die im Streitfall einschlägige Schaumweinbesteuerung ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, so daß sich hieraus keine Weiterungen für das Begehren der Klägerin ergeben.
a) Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke ―Strukturrichtlinie Alkohol; im folgenden Strukturrichtlinie― (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― Nr. L 316/21) erheben die Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieser Richtlinie eine Verbrauchsteuer auf Wein. Unter "Wein" versteht die Richtlinie gemäß ihrem Art. 8 sowohl nicht schäumenden Wein (Nr. 1) als auch Schaumwein (Nr. 2). Dabei erfaßt die Definition des Begriffs "Schaumwein" in Art. 8 Nr. 2 Strukturrichtlinie u.a. Erzeugnisse des KN-Codes 2204 10, die "in Flaschen mit Schaumweinstopfen, die durch besondere Haltevorrichtungen befestigt sind, abgefüllt sind oder einen auf gelöstes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von 3 bar oder mehr aufweisen" (erster Anstrich) und "einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol. und höchstens 15 % vol. aufweisen, sofern der in den Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist" (zweiter Anstrich). Hiernach hat der nationale Gesetzgeber den gemeinschaftsrechtlich festgelegten Steuergegenstand in § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchaumwZwStG zutreffend in das nationale Recht übernommen.
b) Hinsichtlich des Steuersatzes sind in der Richtlinie 92/84/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke ―im folgenden: Steuersatzrichtlinie― (ABlEG Nr. L 316/29) lediglich Mindestverbrauchsteuersätze verbindlich vorgegeben. Nach Art. 5 dieser Richtlinie wird der Mindestverbrauchsteuersatz ab dem 1. Januar 1993 für Wein, und zwar sowohl für stillen Wein als auch für Schaumwein, auf 0 ECU je hl des Erzeugnisses festgesetzt. Höchstsätze sind nicht festgelegt. Im 6. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es ferner: "Da Schaumweine anderen Verbrauchsgewohnheiten unterliegen als nicht schäumende Weine, kann den Mitgliedstaaten gestattet werden, unterschiedliche Steuersätze auf diese beiden Erzeugnisse anzuwenden". Zwar ist in der Steuersatzrichtlinie selbst eine derartige Regelung nicht erhalten. Sie ergibt sich jedoch im Umkehrschluß aus Art. 9 Abs. 2 Satz 3 Strukturrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten auf nicht schäumenden Wein und Schaumwein denselben Steuersatz anwenden können, d.h. nicht müssen.
Hiernach war der nationale Gesetzgeber berechtigt, die bisherige Besteuerung von Schaumwein auch über den 31. Dezember 1992 hinaus beizubehalten (vgl. § 2 SchaumwZwStG), wohingegen er für nicht schäumenden Wein einen höheren Steuersatz als Null nicht einführen mußte. Zwar ist in den §§ 26 ff. SchaumwZwStG der Nullsteuersatz nicht ausdrücklich festgelegt worden, weil Wein nicht zum Steuergegenstand, sondern lediglich zum Gegenstand der Steueraufsicht gemacht worden ist (vgl. dazu Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verbrauchsteuerharmonisierung in der Europäischen Union, 1997, S. 300), doch steht es dem Gesetzgeber frei, auf welche Art und Weise er den Mindeststeuersatz Null umsetzungstechnisch im nationalen Recht zur Geltung bringen will. Zutreffend wird in der Begründung "zu Teil 3 - Allgemein -" des SchaumwZwStG (BTDrucks 12/3432, S. 85) darauf hingewiesen, daß sich aus der Umsetzung des Mindeststeuersatzes Null, den die Bundesrepublik Deutschland anwenden werde, keine Besteuerungs-, sondern lediglich Steueraufsichtsfunktionen ableiten ließen.
Allerdings hat der Gesetzgeber Art. 9 Abs. 1 Strukturrichtlinie nicht streng beachtet, wonach die von den Mitgliedstaaten auf Wein ―also auch auf Schaumwein― erhobene Verbrauchsteuer nach der Anzahl Hektoliter des Fertigerzeugnisses festgesetzt wird. § 2 SchaumwZwStG in seiner ursprünglichen Fassung sah in seinem Abs. 3 lediglich für nicht in Flaschen abgegebenen, aus Trauben hergestellten Schaumwein einen pro hl ausgeworfenen Steuersatz in Höhe von 266 DM vor, während für in Flaschen abgefüllten Schaumwein gemäß Abs. 1 Nr. 1 ein Steuersatz von 2,00 DM pro ganze Flasche (0,75 Liter) galt. Erst mit der Neufassung des § 2 SchaumwZwStG durch Art. 4 des Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen und des EG-Amtshilfe-Gesetzes vom 12. Juli 1996 (BGBl I, 962, 969) wurde mit Wirkung ab 1. August 1996 in § 2 Abs. 1 SchaumwZwStG ein einheitlicher Steuersatz von 266 DM/hl festgelegt. Auf das auf diese Art und Weise inzwischen korrigierte Umsetzungsdefizit kann sich die Klägerin allerdings nicht berufen, denn es handelt sich lediglich um einen Formalverstoß des Gesetzgebers, der das rechnerische Ergebnis der gewollten Besteuerung unberührt läßt. Der Steuersatz von 2,00 DM/0,75 l entspricht nämlich hochgerechnet und nach Rundung einem Steuersatz von 266 DM/hl, mithin also auch dem so ausdrücklich festgelegten Steuersatz für nicht in Flaschen abgegebenen Schaumwein. Materiell handelte es sich daher, wie in Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Strukturrichtlinie vorgeschrieben, um "denselben" ―einheitlichen― Verbrauchsteuersatz auf alle der Schaumweinsteuer unterworfenen Erzeugnisse. Offenbar glaubte der Gesetzgeber zunächst, zur rechnerischen Vereinfachung der Besteuerung an dem bisherigen Steuersatz/0,75 l-Flasche festhalten zu dürfen, sah sich dann aber doch eines besseren belehrt und vollzog zum 1. August 1996 die "exakte Angleichung an die in Art. 9 Abs. 1" Strukturrichtlinie vorgesehene Bemessungsgrundlage (vgl. die Einzelbegründung zu § 2 im entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 13/3845, S. 27). Dort heißt es zwar auch, daß die Umstellung von der Besteuerung nach Flaschengrößen auf die Besteuerung nach hl Schaumwein zu Steuermindereinnahmen von etwa 0,15 % = ca. 1,5 Mio. DM führe. Dabei handelt es sich um Mindereinnahmen durch Rundungsverluste, die freilich auf den Steuerfall der Klägerin keinen Einfluß haben, denn eine Besteuerung nach Flaschengrößen führt bei 10 500 Flaschen à 0,2 l ("Piccolo") und einem Steueransatz von 0,53 DM pro Flasche zu dem nachgeforderten Betrag von 5 565 DM, während eine "exakte Besteuerung" (266 DM/hl) zu einem Steuerbetrag von 5 586 DM geführt hätte. Die Klägerin ist also infolge des Umsetzungsdefizits des Gesetzgebers sogar begünstigt.
Jedenfalls zwingt die ursprünglich lediglich indirekte, weil errechen- bzw. umrechenbare, Vorgabe des Steuersatzes nicht dazu, insgesamt die Besteuerung von Schaumwein in Flaschen im Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis 31. Juli 1996 als rechtswidrig anzusehen. Selbst wenn der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auf Vorlage des Senats insoweit auf einen Verstoß gegen die Richtlinie erkennen würde mit der Folge, daß der auf Flaschen abgestellte Steuersatz des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SchaumwZwStG in seiner ursprünglichen Fassung als rechtswidrig anzusehen wäre und daher nicht zur Anwendung kommen dürfte, so führte dies nach Auffassung des Senats nicht etwa zu einem Wegfall der Besteuerung von Schaumwein in Flaschen, sondern der in Flaschen abgefüllte Schaumwein wäre aufgrund einer dann lückenfüllenden verfassungskonformen Auslegung des SchaumwZwStG richtigerweise in gleicher Art und Weise zu besteuern wie nicht in Flaschen abgegebener Schaumwein gemäß § 2 Abs. 3 SchaumwZwStG a.F., nämlich zu einem Steuersatz von 266 DM/hl. Das Ergebnis der Besteuerung im Streitfall wäre dabei, wie ausgeführt, für die Klägerin nicht günstiger.
c) Entstehungstatbestand aller Verbrauchsteuern, mithin also auch der Schaumweinsteuer, ist gemäß Art. 6 Abs. 1 erster Unterabs. der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren ―im folgenden: Systemrichtlinie― (ABlEG Nr. L 76/1) die Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr oder die Feststellung von Fehlmengen nach Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie. Nach dieser Vorschrift werden für Fehlmengen, die keine Verluste durch Untergang oder infolge höherer Gewalt und keinen Schwund darstellen, die Abgaben nach den Steuersätzen erhoben, die in dem betreffenden Mitgliedstaat in dem Zeitpunkt anwendbar waren, zu dem sich die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß ermittelten Fehlmengen ergeben haben, bzw. in dem die Fehlmengen festgestellt worden sind. Im übrigen sind für die Entstehung des Steueranspruchs die Bestimmungen maßgeblich, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs in dem betreffenden Mitgliedstaat gelten, in dem die Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr stattfindet oder die Fehlmengen festgestellt werden (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Systemrichtlinie).
Zwar hat der nationale Gesetzgeber auch diese Vorgaben nicht exakt umgesetzt, weil er ―im Gegensatz zum Gemeinschaftsrecht― keinen eigenständigen Steuerentstehungstatbestand für Fehlmengen eingeführt, sondern an der nationalen Fehlmengenbesteuerung nach Bestandsaufnahmen (§ 161 AO 1977) festgehalten hat. § 161 AO 1977 ist nämlich kein Steuerentstehungstatbestand, sondern fingiert im Wege einer widerlegbaren Vermutung die Entstehung der Verbrauchsteuer nach den entsprechenden Schuldentstehungstatbeständen des betreffenden jeweiligen Verbrauchsteuergesetzes, im Streitfall nach dem Entnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 SchaumwZwStG (vgl. Senatsurteil vom 6. November 1990 VII R 31/88, BFHE 162, 191, 195, m.w.N.; s. auch Jatzke, a.a.O., S. 165 ff.: "Beweislastregelung"). Aber auch hieraus kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil die nach Gemeinschaftsrecht vorgeschriebene Erhebung der Steuer unter Einhaltung der Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 Systemrichtlinie im Ergebnis zu Recht, wenn auch technisch auf anderem Weg, realisiert worden ist.
d) Die nationale Schaumweinbesteuerung verstößt auch nicht gegen andere Gemeinschaftsvorschriften. Wie der Senat wiederholt zu dem bis zum 31. Dezember 1992 geltenden SchaumwStG i.d.F. des Gesetzes vom 4. Juni 1971 (BGBl I, 745) mit seinen im wesentlichen gleichen Besteuerungsgegenständen (zur Übernahme der Kernelemente des bisherigen Besteuerungsmerkmals der "handelsüblichen Aufmachung" in das SchaumwZwStG vgl. Bundesfinanzhof ―BFH―, Urteil vom 9. Februar 1993 VII R 90/92, BFH/NV 1994, 58, 59 a.E.) entschieden hat, steht der nationalen Schaumweinbesteuerung weder das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung (Art. 30 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ―EGV―; ab 1. Mai 1999 Art. 28 EGV) noch das Diskriminierungsverbot gemäß Art. 95 Abs. 1 EGV (ab 1. Mai 1999 Art. 90 Abs. 1 EGV) entgegen (BFH-Urteil vom 28. Juli 1992 VII R 84, 85/91, BFHE 169, 266, m.w.N.). Ferner hat der Senat eingehend begründet, daß die deutsche Schaumweinbesteuerung keine i.S. des Art. 95 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 90 Abs. 2 EGV) unzulässige Schutzwirkung zugunsten des bei der Schaumweinherstellung verwendeten Stillweins deutscher Herkunft entfaltet (BFH-Beschluß vom 15. Februar 1995 VII B 100/94, BFH/NV 1995, 829; zustimmend Jatzke, a.a.O., S. 280 ff., 285). Die Richtigkeit und Fortgeltung dieser Ausführungen auch nach dem 1. Januar 1993 wird dadurch bestätigt, daß das harmonisierte EG-Richtlinienrecht zwar nicht alle Einzelheiten, jedoch die Kernelemente der bisherigen deutschen Schaumweinbesteuerungsmerkmale übernommen hat, wie ein Vergleich von § 1 Abs. 3 Nr. 1 SchaumwStG und Art. 8 Nr. 2 Strukturrichtlinie ohne weiteres ergibt.
Wie das FG verzichtet auch der Senat auf eine eingehende Prüfung der Frage, ob § 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SchaumwZwStG in seiner ursprünglichen, im Streitfall zur Anwendung kommenden Fassung und vorrangig die diesen Vorschriften zugrundeliegenden und vorstehend (Nr. 2. a - c) erörterten gemeinschaftsrechtlichen Sekundärvorschriften, insbesondere Art. 8 Nr. 2 Strukturrichtlinie, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Gemeinschaftsrechts, der vom EuGH als "Grund- prinzip des Gemeinschaftsrechts" bezeichnet wird und eine willkürliche Differenzierung gleicher Sachverhalte verbietet (vgl. Lenz/Borchardt, EG-Vertrag, Art. 164 Rz. 36 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH), vereinbar sind. Da der allgemeine Gleichheitssatz, wie er von der Rechtsprechung des EuGH für das Gemeinschaftsrecht entwickelt worden ist, nach dem derzeitigen Stand dieser Rechtsprechung (vgl. auch Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, § 8 Rz. 598) jedenfalls nicht weiter reicht als der allgemeine Gleichheitssatz des deutschen Verfassungsrechts (Art. 3 Abs. 1 GG), und insoweit ein Verfassungsverstoß, wie noch auszuführen sein wird (nachstehend Nr. 3.) nicht vorliegt, erübrigen sich an dieser Stelle nähere Ausführungen hierzu. Es sei lediglich bemerkt, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber ausweislich des bereits erwähnten 6. Erwägungsgrundes der Steuersatzrichtlinie die den Mitgliedstaaten eingeräumte Festsetzung unterschiedlicher Steuersätze für Schaumweine und nicht schäumende Weine offensichtlich nicht als Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ansieht und den Willkür ausschließenden objektiven Umstand zur Rechtfertigung der Differenzierung offensichtlich in den unterschiedlichen Verbrauchsgewohnheiten bei diesen Erzeugnissen sieht.
e) Nach alldem erscheint dem Senat die Vereinbarkeit der im Streitfall zur Anwendung kommenden Vorschriften des nationalen SchaumwZwStG mit dem Gemeinschaftsrecht im Ausmaß ihrer Entscheidungserheblichkeit klar und eindeutig, so daß er sich in Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 (EuGHE 1982, 3415) nicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 Abs. 3 EGV in der ab 1. Mai 1999 geltenden Fassung des Vertrages von Amsterdam für verpflichtet hält.
3. Die angegriffene Schaumweinbesteuerung widerspricht nach Auffassung des Senats auch nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz der Verfassung (Art. 3 Abs. 1 GG). Eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt daher nicht in Betracht.
a) Die Klägerin ist zunächst der Ansicht, die Aufrechterhaltung der Schaumweinsteuer als besondere Verbrauchsteuer neben der Umsatzsteuer als allgemeiner Verbrauchsteuer sei heutzutage willkürlich, d.h. verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen. Damit beruft sie sich augenscheinlich auf den auch vom BVerfG vertretenen Ansatz, wonach die Systemwidrigkeit einer Besteuerung, d.h. die Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz indiziere (vgl. BVerfG, Beschluß vom 7. November 1972 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103, 115).
Der Senat teilt diese Auffassung der Klägerin nicht. Wie der Senat bereits an anderer Stelle unter Berufung auf die Rechtsprechung des BVerfG ausgeführt hat (Urteil vom 26. Juni 1984 VII R 60/83, BFHE 141, 369, 381), läßt sich dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG keine Regel entnehmen, nach der es dem Gesetzgeber untersagt wäre, allein mit dem Ziel, den Finanzbedarf des Staates zu decken, eine bestimmte Steuer einzuführen, sofern die Steuer im übrigen den Anforderungen der Verfassung entspricht. Der Gesetzgeber hat bei der Erschließung von Steuerquellen und bei der Ausgestaltung von Steuergesetzen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Diese Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und kein einleuchtender Grund mehr für die vorgenommene Differenzierung besteht (Willkürverbot). Der Gleichheitssatz ist dagegen nicht verletzt, solange z.B. finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren, wobei es ausreicht, wenn einer der genannten Gründe die verschiedene Behandlung trägt (vgl. auch BFH-Urteil vom 27. August 1996 VII R 14/95, BFHE 181, 243, 249, unter Bezugnahme auf den BVerfG-Beschluß vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 354, m.w.N.). Willkür des Gesetzgebers kann nicht schon dann bejaht werden, wenn der Gesetzgeber unter mehreren möglichen Lösungen nicht die zweckmäßigste oder vernünftigste gewählt hat. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot kann nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (BVerfG, Beschluß vom 5. Oktober 1993 1 BvL 34/81, BVerfGE 89, 132, 141 f.). Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für die Beibehaltung einer Steuer.
Verbrauchsteuern, wie die Schaumweinsteuer, sind üblicherweise in erster Linie Fiskalzwecksteuern, welche die Aufgabe haben, zur Finanzierung des Staatshaushalts beizutragen. Allein die finanzpolitische Zielsetzung vermag daher die Aufrechterhaltung der Schaumweinsteuer zu rechtfertigen, wie der Senat bereits zum SchaumwStG 1971 entschieden hat (BFH-Urteil vom 25. April 1972 VII R 16/69, BFHE 105, 554, 559). Daran ist auch für das SchaumwZwStG festzuhalten. Zwar ist die Schaumweinsteuer mit einem Aufkommen von ca. 1,1 Mrd. DM pro Jahr, abgesehen von der hier zu vernachlässigenden Zwischenerzeugnissteuer, die Verbrauchsteuer mit der geringsten Einnahmenerzielung (vgl. den Jahresbericht der Zollverwaltung 1998, S. 17; Daten für 1997); doch kann schon angesichts des nicht sehr beträchtlichen Abstandes zur Biersteuer (1,7 Mrd. DM) und zur Kaffeesteuer (2,2 Mrd. DM) nicht von einer ausgesprochenen Bagatellsteuer die Rede sein, auf die der Staat ohne weiteres verzichten könnte.
Selbst wenn der Auffassung der Klägerin zu folgen wäre, wonach die Erhebung einer besonderen Verbrauchsteuer neben der allgemeinen Umsatzsteuer eine über die Finanzbedarfsdeckungsfunktion hinausgehende zusätzliche Rechtfertigung aufweisen müsse, d.h. sich insbesondere an dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu orientieren habe ―eine Auffassung, die zunehmend auch im Schrifttum vertreten wird (vgl. zum Stand der Diskussion bei Jatzke, a.a.O., S. 57 ff.)―, so folgte daraus lediglich, daß dem Gesetzgeber die steuerliche Belastung von lebensnotwendigen Waren des täglichen Bedarfs verwehrt wäre, falls nicht aus übergeordneten Gründen (Erzielung von Lenkungseffekten etwa gesundheits- oder umweltpolitischer Zielrichtung) ausnahmsweise doch eine Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips zu akzeptieren wäre (Jatzke, a.a.O., S. 64). Bei Luxusgütern oder Waren des gehobenen Bedarfs ist von vornherein eine gesteigerte steuerliche Leistungsfähigkeit des Konsumenten zu unterstellen. Schaumwein ist in diesem Sinne ―wie alle alkoholischen Genußmittel― kein existentiell notwendiges Wirtschaftsgut, sondern eine Ware des gehobenen Bedarfs; die (zusätzliche) Rechtfertigung der Besteuerung liegt daher in der Ausschöpfung der durch den Erwerb des Schaumweins indizierten besonderen steuerlichen Leistungsfähigkeit des Konsumenten.
b) Auch auf der Grundlage dieser erweiterten Basis der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Verbrauchsteuer ist es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht erforderlich, daß mit der Verbrauchsteuer die Lenkung von Konsumströmen oder das Erreichen umwelt- oder gesundheitspolitischer Ziele beabsichtigt sein muß. Auch eine insoweit neutrale Verbrauchsteuer ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf eine zweckgebundene Verwendung der Verbrauchsteuer kommt es ohnehin nicht an. Eine derartige Beschränkung des Steueraufkommens auf bestimmte Einsatzziele obliegt allein dem Willen des Gesetzgebers.
Die Klägerin irrt ferner, wenn sie meint, Steuermerkmal bei der Schaumweinsteuer sei allein das Vorhandensein eines bestimmten Kohlensäureüberdrucks bzw. alternativ das Vorhandensein eines Schaumweinstopfens. Die Steuer wird vielmehr erhoben auf ein alkoholisches Getränk, dessen Alkoholgehalt im Rahmen einer vorgegebenen Spanne liegt und mindestens 1,2 % vol. betragen muß, und welches schäumt. Die von der Klägerin genannten Steuermerkmale begründen als solche die Steuer nicht, denn nichtalkoholische kohlensäurehaltige Limonaden oder Mineralwässer sind nicht Gegenstand der Besteuerung. Die Merkmale dienen allein der Abgrenzung des Steuergegenstands zu anderen alkoholischen Getränken, die nach Auffassung des Gesetzgebers als nicht schäumende Weine nicht der Besteuerung unterliegen sollen.
Weshalb diese Merkmale nach dem Vortrag der Klägerin für die Besteuerung ungeeignet sein sollen, bleibt unerfindlich. Der geforderte Kohlensäureüberdruck von mindestens 3 bar ist eine eindeutig meßbare physikalische Größe und daher für eine steuertechnische Grenzziehungsregelung, bei der die Besteuerung eines alkoholischen Getränks beginnen soll, gut geeignet. Das alternative Merkmal, der durch eine besondere Haltevorrichtung befestigte Schaumweinstopfen, kraft dessen auch Weine mit einem Kohlensäureüberdruck von weniger als 3 bar von der Schaumweinbesteuerung erfaßt werden, hat, was die Rechtfertigung der Besteuerung angeht, keine eigenständige, sondern nur eine ergänzende Funktion. Dieses Besteuerungsmerkmal soll verhindern, daß sich ein Hersteller, der mit seinem Produkt im Verkehr den Eindruck erweckt, es handele sich um Schaumwein, weil aus der Sicht des Verbrauchers der Schaumweinstopfen wesentlich zur handelsüblichen Aufmachung eines Schaumweins gehört, und damit auf dem Markt in einen Wettbewerb mit den echten Schaumweinproduzenten, aber mit günstigeren Preisen für sein Produkt, zu treten vorgibt, der Besteuerung entziehen kann. Daß ein "Unterdruckprodukt" dieser Art allein durch seine handelsübliche Aufmachung als Schaumwein (Ersatz-)Steuergegenstand sein kann, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung zum früheren SchaumwStG bestätigt und damit die Erwägung des Gesetzgebers, daß eine mit der Nichtbesteuerung als Schaumwein verbundene ungerechtfertigte steuerliche Bevorzugung solcher (Substitutions)-Erzeugnisse beseitigt werden solle, gebilligt (BFH in BFHE 169, 266; BFH/NV 1994, 58; BFH-Urteil vom 17. Februar 1994 VII R 92/93, BFH/NV 1994, 905). Die Übernahme des Schaumweinstopfens als Kernbestandteil dieser früheren nationalen "Ersatzbesteuerung" in das gemeinschaftliche Richtlinienrecht erübrigt eine erneute Diskussion über die Frage der verfassungsrechtlichen Geeignetheit dieses Besteuerungsmerkmals.
c) Damit verengt sich die von der Klägerin aufgeworfene Problematik der Vereinbarkeit der Schaumweinbesteuerung mit Art. 3 Abs. 1 GG im wesentlichen auf die Frage, ob die Beibehaltung der Schaumweinsteuer bei gleichzeitiger Nichtbesteuerung des Stillweins und damit auch die Grenzziehung zwischen der Besteuerung unterworfenem schäumenden Wein und steuerfreiem nichtschäumenden Wein bei 3 bar Druck heutzutage noch als verfassungsrechtlich gerechtfertigt, d.h. nicht als willkürlich anzusehen ist. Für das alte SchaumwStG hat der Senat die Frage bejaht (BFH in BFHE 105, 554). Für das seit Verwirklichung des Binnenmarktes geltende neue SchaumwZwStG beurteilt der Senat die Rechtslage im Ergebnis in gleicher Weise.
Der Klägerin ist zunächst einzuräumen, daß die Entwicklung auf dem Sektor der kohlensäurehaltigen alkoholischen Überdruckerzeugnisse in den letzten Jahren, insbesondere infolge der zunehmenden Verbreitung des sog. italienischen Perlweins ("Frizzante"), der bei einem weinrechtlich auf 2,5 bar limitierten Überdruck noch zu den Stillweinen gehört, dazu geführt hat, daß Schaumwein und Stillwein sowohl von der Beschaffenheit als auch nach dem Herstellungsverfahren (unterstellt, daß auch bei der Perlweinherstellung eine zweite Gärung zulässig ist) eng nebeneinander liegen. Nicht zu Unrecht bemerkt Jarsombeck (Die Nichtbesteuerung des Stillweins - Überlegungen aus verbrauchsteuersystematischer und fiskalischer Sicht, ZfZ 1998, 105) voller Hintersinn hierzu, daß den Schaumwein von dem Stillwein 0,5 bar Überdruck trennen, die "nur von Genießern mit ausgeprägter Manumetersensorik nachvollzogen werden können". In der Anschauung weiter Kreise der Bevölkerung scheinen Schaumwein und Perlwein tatsächlich gegeneinander austauschbar geworden zu sein. Die Gründe dafür sind aber nicht allein, wie die Klägerin vorträgt, in dem günstigeren Preisniveau des Perlweins zu sehen, sondern sind gewiß vielschichtigerer Natur. Als Faktoren, die zur Beliebtheit des Perlweins in Deutschland beitragen, sind z.B. zu nennen: die Hochachtung, welche der italienischen Küche samt ihren Weinen in Deutschland zunehmend entgegengebracht wird, sowie der Anklang, welche die leichtere südländische Lebensart bei den Deutschen findet. Die von der Klägerin eingereichten Zeitschriftenartikel belegen dies ("Kein Getränk, sondern ein Glaubensbekenntnis"; "Deutschland als Prosecco-Hochburg"; vgl. Weinwirtschaft Nr. 18/28. August 1998, S. 54). Ferner mögen auch gesundheitliche Rücksichtnahmen dazu beitragen, wenn Leute, denen die Kohlensäure nicht so bekömmlich ist und diese daher ohnehin ganz oder teilweise aus dem Sekt herausquirlen, eher den weniger kohlensäurehaltigen Perlwein bevorzugen. Schließlich hat sicherlich auch die mit der Einführung des neuen Schaumweinsteuerrechts in Durchführung des EG-Richtlinienrechts vollzogene Auflockerung der ehemals sehr strengen deutschen "Ersatzbesteuerung" einen guten Anteil an der enormen Absatzsteigerung des Perlweins bei gleichzeitigem Verlust von Marktanteilen des deutschen Schaumweins. Bis auf den nach wie vor dem Schaumwein vorbehaltenen, durch eine besondere Haltevorrichtung (Agraffe) befestigten Schaumweinstopfen und die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Handelsbezeichnungen darf Perlwein jetzt wie Schaumwein aufgemacht und in den Verkehr gebracht werden. Hübsche Flaschenformen, farbige und spezifisch kühlschutzgeeignete Flaschen, Verzierungen, Bändchen und Kordelverschlüsse, ansprechende Etiketten usw. tragen zum großen Erfolg des Perlweins bei den Verbrauchern bei.
Eine Änderung des Verbraucherverhaltens bei schäumenden Weinen allein reicht nach Auffassung des Senats allerdings nicht aus, den Staat aus dem verfassungsrechtlichen Grund der Gleichbehandlung der Produzenten in diesem Sektor zu einer Änderung seiner einschlägigen Verbrauchsteuergesetzgebung zu zwingen. Folgende Gesichtspunkte sprechen hier für die Beibehaltung der Steuer: Bei der Schaumweinsteuer handelt es sich nicht um die Einführung einer neuen, bisher nicht erhobenen Verbrauchsteuer, deren Verfassungsgemäßheit möglicherweise unter Anlegung eines strengeren Maßstabes zu beurteilen wäre. Die Schaumweinsteuer ist vielmehr eine historisch gewachsene Steuer, die sich im Laufe ihrer Geschichte (vgl. dazu BFH in BFHE 105, 554) schon seit 1926 mit der Tatsache der Nichtbesteuerung des Stillweins arrangieren mußte. Die von der Klägerin aufgeworfene rechtliche Problematik ist also nicht neu; sie wird jetzt nur durch bestimmte wirtschaftliche Faktoren, die derzeit zu Ungunsten der Schaumweinhersteller wirken, besonders plastisch. Um eine eingefahrene Verbrauchsteuer aufgrund einer Änderung der wirtschaftlichen Umstände mit dem verfassungsrechtlichen Makel der Willkür zu belegen, so daß sie entweder abgeschafft oder, wie die Klägerin vorbringt, in ihren Auswirkungen durch die Einführung einer Steuer auf Stillwein abgemildert werden müßte, bedürfte es allerdings schwerwiegenderer Daten als der von der Klägerin ins Felde geführte Rückgang des Inlandsabsatzes deutschen Schaumweins von 415 Mio. Flaschen im Jahre 1992 auf 379 Mio. Flaschen im Jahre 1996. Willkür läge nur bei evidenter Sachwidrigkeit der Besteuerung vor. Eine solche kann der Senat in der deutschen Schaumweinbesteuerung unter den derzeitigen Umständen nicht sehen.
Für die Verfassungsgemäßheit der Schaumweinbesteuerung spricht auch, daß wesentliche Bestandteile der deutschen Schaumweinbesteuerung vom Gemeinschaftsgesetzgeber, wie ausgeführt, in das harmonisierte Verbrauchsteuerrecht übernommen worden sind, u.a. auch die Grenzziehung zwischen schäumenden und nicht schäumenden Weinen bei 3 bar Überdruck. Anderslautende Pläne der Kommission sind unbeachtlich, da sie nicht Recht geworden sind. Die Grenzziehung erschien dem Gemeinschaftsgesetzgeber jedenfalls geeignet, den Mitgliedstaaten auf dieser Grundlage weitestmögliche Freiheit bei der Festsetzung der Steuersätze für schäumenden und nicht schäumenden Wein zu belassen. Zur Rechtfertigung eines möglichen unterschiedlichen Steuersatzes für Schaumweine und nicht schäumende Weine genügte der Gemeinschaft der Hinweis auf die "anderen Verbrauchsgewohnheiten", denen Schaumweine im Gegensatz zu nicht schäumenden Weinen unterliegen (vgl. den 6. Erwägungsgrund der Steuersatzrichtlinie). Trotz der zwischenzeitlich zweifellos eingetretenen Änderungen in den Verbrauchsgewohnheiten bleibt aber zu beobachten, daß in der Gesellschaft verbreitet Schaumwein gegenüber Stillwein immer noch als Luxusgetränk, das höheren Ansprüchen genügen soll, angesehen wird. Dies zeigt auch die mit dem Schaumweinstopfen verbundene höhere Wertschätzung, ganz zu schweigen von der in bestimmten Kreisen zu beobachtenden Tendenz, auf noch höher eingeschätzten Sekt, wenn nicht gar französischen Champagner, auszuweichen. Möglicherweise wird gerade die gegenwärtige Schwemme von italienischen Prosecco-Weinen, die den deutschen Markt in ein gewisses Ungleichgewicht gebracht hat, zu einer Rückbesinnung des Verbrauchers auf den "echten" Schaumwein führen. Die von der Klägerin dem Senat vorgelegten Unterlagen geben erste Anzeichen in diese Richtung. Sollte es sich lediglich um eine vorübergehende Strukturkrise des Schaumweins handeln, so bräuchte der Gesetzgeber dem erst recht keine Rechnung durch Änderung seiner Schaumweinsteuergesetzgebung zu tragen.
Schließlich ist es in erster Linie Sache der Produzenten von verbrauchsteuerbelasteten Waren, festgestellten Änderungen der Verbrauchsgewohnheiten durch Änderungen ihrer Produktionspalette oder durch sonstige Maßnahmen (z.B. Werbeoffensiven, gefälligeres Flaschendesign usw.) Rechnung zu tragen. Dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Wenn es technisch möglich ist, den Kohlensäureüberdruck so zu steuern, daß er problemlos unter 3 bar eingestellt werden kann, so fragt es sich, weshalb die Klägerin hiervon keinen Gebrauch macht, um dadurch der Schaumweinbesteuerung zu entgehen. Bei den streitgegenständlichen Piccolo-Flaschen, die nicht mit einem Schaumweinstopfen, sondern mit einem Schraubverschluß versehen sind, wäre dieses Ziel leicht zu erreichen. Allerdings dürfte dann das Getränk nicht mehr als Schaumwein auf dem Markt angeboten werden. Sollte die Klägerin aus diesem Grund vor einer Änderung ihrer Produktion zurückschrecken und einen Absatzrückgang befürchten, wäre damit belegt, daß die "Verbrauchsgewohnheiten" doch noch eine tragende Rolle auf dem Markt spielen und damit nach wie vor die Besteuerung des Schaumweins als Luxusgetränk rechtfertigen. Im übrigen hat die Klägerin auch nicht dargelegt, daß sich die Änderungen in den Verbrauchsgewohnheiten gerade auch auf den Absatz der streitgegenständlichen Piccolo-Flaschen ―Besonderheit des Streitfalles― auswirken.
Die Schaumweinbesteuerung in Deutschland ist auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil sie sich etwa im europäischen Rahmen als unverhältnismäßig erweisen würde. Während die südeuropäischen typischen Weinerzeugerländer aus naheliegenden Gründen auf eine Besteuerung von Wein einschließlich von Schaumwein verzichten oder, wie Frankreich, lediglich eine symbolische Besteuerung durchführen, besteuern die nördlichen Länder Schweden und Finnland Stillwein und Schaumwein vornehmlich aufgrund gesundheitspolitischer Zielsetzung sehr hoch und einheitlich. Deutschlands Steuersatz für Schaumwein ist unter den verbleibenden EG-Mitgliedstaaten der niedrigste. Zwar erhebt Deutschland unter diesen Staaten als einziger keine Steuer auf Stillwein. Entscheidend ist jedoch die Differenz der Steuersätze auf Schaumwein und Stillwein. Hier liegt die deutsche Besteuerung (vgl. die Zusammenstellung bei Jarsombeck, ZfZ 1998, 105, 107; Stand: 1. Januar 1997) mit einer Differenz im Steuersatz von 138 ECU/hl in etwa mit derjenigen der Niederlande (120 ECU/hl) und Belgiens (116 ECU/hl) auf einer Linie. Unangemessene Nachteile für die Klägerin gegenüber ihren europäischen Konkurrenten ergeben sich daraus nicht.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß gute Gründe dafür sprechen mögen, daß der Gesetzgeber die Besteuerung alkoholischer Getränke auf eine neue Grundlage stellte, etwa unter Einbeziehung des Stillweins eine Besteuerung nach dem Alkoholgehalt ins Auge fassen könnte (vgl. Jarsombeck, ZfZ 1998, 105 ff.). Daß er dies bisher vornehmlich aus agrarpolitischen Gründen zur Schonung der Winzer nicht getan hat, weil nach seiner Auffassung die Einführung einer Weinsteuer in Deutschland allen politischen Intentionen widerspreche, ist eine von den Gerichten hinzunehmende politische Entscheidung, die solange von Verfassungs wegen nicht beanstandet werden kann, als die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Besteuerungssystems (noch) nicht, wie ausgeführt, als evident sachwidrig und damit willkürlich zu qualifizieren ist (so im Ergebnis auch Jatzke, a.a.O., S. 299).
Fundstellen
Haufe-Index 56353 |
BFH/NV 1999, 1568 |
BFHE 189, 223 |
BFHE 2000, 223 |
BB 1999, 1803 |
DStRE 1999, 929 |
HFR 1999, 919 |
StE 1999, 544 |
LEXinform-Nr. 0552035 |
BuW 1999, 900 |
ZfZ 1999, 374 |
RIW 2000, 75 |